Diskussion:Tiento
Tiento
[Quelltext bearbeiten]Danke für die gute Ausarbeitung des Artikels Tiento. Die Ursprungsversion war von mir, aber ich hatte sie damals nur oberflächlich hingeworfen. Ein paar Dinge habe ich nun wieder korrigiert und habe noch ein paar Fragen/Anmerkungen dazu:
- Woher hast Du die konkreten Beispiele für die Registrierungen? Sollte es Corneta VI (6f.) oder IV (4f.) heißen?
- Es gibt auch dreistimmige Tientos de medio registro (zumindest de mano derecha). Ich habe die Tabelle - statt zu ergänzen - jetzt in einen Satz zusammengefasst, sonst wäre die Aufzählung doch sehr umständlich geworden.
- Kennst du eine Quelle, die die Wahl der Soloregistrierung auf Zungen oder Terzen einschränkt? Correa spricht z.B. auch vom Lleno und von der „Mixtur (mixtura), die dem Organisten am besten erschiene“. Bei Soler gibt es z.B. auch ein Flauto Traverso-Solo – allerdings nennt der seine Stücke ja nicht mehr Tiento.
- Die "Registrierpause" ist m.E. nur ein Nebeneffekt der an die Vokalmusik angelehnten mehrteiligen Form und der Regeln der Polyphonie. Es gibt auch Tientos, in denen es kaum möglich ist, zwischen den Abschnitten umzuregistrieren, auch wenn es musikalisch sinnvoll erscheint. --Feijoo 18:00, 3. Apr 2006 (CEST)
- zu 1.: Es ist ein 6-faches Kornett gemeint, was in spanischen Orgeln weit verbreitet ist.
- zu 2.: bitte eine Quelle. Ich kenne nämlich keins.
- zu 3. Correa, ich nehme an, dass Francisco Correa de Araujo (~1575-1654) gemeint ist, hatte noch nicht die Orgeln zur Verfügung, für die die spanischen Komponisten des Barock ihre Tientos geschrieben haben. In seiner Wirkungszeit begann sich gerade die Schleifenteilung bei c'/c#' zu etablieren. Soler als Frühklassiker ist außen vor.
- zu 4. Nein, eine Quelle kenne ich nicht. Aber unter den Organisten, die sowas auf LP/CD eingespielt haben, scheint diesbezüglich große Einigkeit zu herrschen. Ich hatte auch einmal selbst für mehrere Stunden Zugriff auf eine spanische Orgel (Neustädter Hof- und Stadtkirche, Hannover). Eine Solostimme beim Tiento ohne Zungenregister oder terzhaltige Mischung zu registrieren ist nach meiner Erfahrung stinklangweilig. Außerdem besteht dann die Gefahr, dass die Solostimme(n) mit den Begleitstimmen zu stark verschmelzen. Da muss schon ein deutlicher klanglicher Kontrast herrschen, damit das nicht passiert.
- zu 5. Es gibt hier sowohl als auch. Tientos ohne Pausen, Tientos mit Pausen als Nebeneffekt, aber auch Tientos mit so auffälligen Pausen, dass ein bloßer Nebeneffekt hier sehr unwahrscheinlich ist.
- --Arnulf zu Linden 18:47, 4. Apr 2006 (CEST)
- Das Thema finde ich sehr interessant, danke für die Antworten. Hier meine Informationen:
- zu 2. Andrés do Sola (1634-1696), Tiento de 1° Tono de Mano Derecha, zu finden in: Vox Humana – Spanien/Portugal, das ist ein sehr empfehlenswerter Band vom Bärenreiter-Verlag.
- zu 3. Genau den Correa meine ich. Die ersten Tientos de medio registro sind bei Erscheinen seiner Orgelschule Facultad Orgánica 1626 allerdings schon seit etwa drei Jahrzehnten im Umlauf, das erste geteilte Register in einer spanischen Orgel wird auf 1567 veranschlagt, und Correa ist wohl schon mit der c'/c#'-Teilung aufgewachsen. 37 der 69 Orgelwerke in der Facultad sind für geteilte Register, Correa hat mit dem Druck dieses Werkes einen wesentlichen Beitrag zur Verbreitung dieser Art von Literatur geleistet. Die Stücke von Soler, die ich meinte, sind allerdings keine Tientos, zugegeben.
- zu 4. Spanische Orgeln sind bei Weitem zu vielfältig, um die Möglichkeiten der Registrierung so stark eingrenzen zu können. Jedes geteilte oder halbe Register kann ja einem solchen Zweck dienen. Es bringt natürlich nichts, zwei gleichartige bzw. gleich starke Mischungen von Registern zu benutzen. Aber selbst ein flautado zu einem violón kann schon den Solo-Effekt bewirken, oder etwa ein 11/3' zu den Grundstimmen – genau wie man es bei Choralvorspielen auf zwei Manualen machen kann. Da es nicht viele Quellen gibt, halten sich die Organisten, die spanische Musik spielen, oft an das, was als allgemein anerkannt gilt. Tatsächlich geben die wenigen Quellen aber kein einheitliches Bild ab. Eigentlich genau wie bei der deutschen Orgelmusik des Barock.
- zu 5. Ich gehe schon dahin mit, dass die Komponisten verschiedene Registrierungen für kontrastierende Abschnitte eines Tientos erwartet hätten. Aber das geht mit der Struktur der Komposition Hand in Hand, es erfordert nicht den gezielten Einbau einer Registrierpause. Das scheint jetzt nur eine sprachliche Feinheit zu sein, aber kompositionstechnisch gesehen ist da schon ein Unterschied.
- Ein Manualwechsel stattdessen ist übrigens auch möglich, manchmal sogar überzeugender. Denn die größeren Orgeln (an denen die bedeutenden Organisten und Orgelkomponisten saßen) hatten auch mehrere Manuale. (Dass das registro partido hauptsächlich dazu gedient hätte, die leider nur einmanualigen iberischen Orgeln zu erweitern, stimmt einfach nicht.) --Feijoo 10:35, 5. Apr 2006 (CEST)
- Den Artikel habe ich noch einmal dem Diskussionsstand angepasst. Beim lleno muss man jedoch sortieren:
- lleno kann eine vielchörige Mixtur sein, die für Soloregistrierungen denkbar ungeeignet ist.
- lleno kann eine wenigchörige Mixtur sein, die für Soloregistrierungen bedingt geeignet ist. Klanglich bessere Ergebnisse erziehlt man aber meist mit der wenigchörigen und höher liegenden cimbala (Zimbel).
- lleno kann eine wenigchörige und terzhaltige Mixtur sein, die beim Diskantsolo schon fast kornettartig klingt.
- --Arnulf zu Linden 21:27, 6. Apr 2006 (CEST)
- Den Artikel habe ich noch einmal dem Diskussionsstand angepasst. Beim lleno muss man jedoch sortieren:
- Völlig richtig, weiß nur leider nicht, welche Mixturen Anfang des 17. Jahrhunderts z.B. in andalusischen Orgeln üblich waren. Die Orgel der Kathedrale von Sevilla hatte zu dieser Zeit gar kein Mixturregister, auch keine Terzen oder Kornette. Für diese Orgel sind Registrierungen überliefert, bei denen in der Begleitung mindestens zwei 8'-Register (evtl. ein 4' dazu) gezogen werden und im Solo eine Mischung aus Prinzipalen, Flöten und Trompete bzw. Regal. Eine besonders ausgefallene Diskant-Solo-Mischung kommt ohne Zungenstimme aus und enthält die Quinte zum 16', jedoch keinen 16'. Als lleno ist dort ein normales Prinzipalplenum mit oder ohne Trompete bezeichnet. Ich würde daraus schließen, dass man weder die spanischen Orgeln dieser Zeit noch die Registrierungen verallgemeinern kann. Correa gibt konkret eben nur an, dass man als Begleitung den Prinzipal (flautado) und als Solo das lleno, bzw. im Bass auch die trompeta, verwenden soll. --Feijoo 12:31, 7. Apr 2006 (CEST)
- Correa de Arauxo ist für mich nicht Maß aller Dinge, zumal er die voll ausgebaute spanische Barockorgel nicht mehr kennen gelernt hat. Seine Beschreibungen erwecken z.T. eher den Eindruck, dass er sich noch mit umgebauten Orgeln aus spätgotischer Zeit rumplagen musste. Ein Diskantsolo mit 8'+51/3'+? scheint uns vielleicht merkwürdig, aber nicht in allen Ländern wurden und werden die Organisten so engstirnig erzogen wie in Deutschland. Für das Basssolo kenne ich z.B. auch 4'+22/3'+2'+13/5', begleitet wird je nach Stück im Diskant mit flautado oder violón zu 8' oder auch nur 4'. Besonders bei sehr schnellen Läufen im Basssolo ist diese Kombination brauchbar. Und zur tolosana (2f.: 51/3'+31/5' oder 31/5'+22/3') im Diskant wird auch nicht immer ein 16' gezogen, sondern nur 8'+4'.
--Arnulf zu Linden 03:44, 8. Apr 2006 (CEST)
Jetzt fang' ich mal wieder linksbündig an, sonst wird's unleserlich.
- Hast Du für diese Registrierungen eine Quelle? Ich gebe wirklich viel auf Erfahrungswerte und weiß, dass die Angaben in den Quellen nicht immer zuverlässig und übertragbar sind – gebe dir völlig recht, was die Engstirnigkeit deutscher Organisten angeht! Nur ist das Geschriebene unsere einzige Verbindung zu dieser Zeit.
- Natürlich kann ein Komponist von vielen nicht das Maß aller Dinge sein, ich kenne bloß keine andere so umfassende Quelle aus dem 17. Jahrhundert wie Correas Facultad, noch dazu verbunden mit einer solchen Anzahl hochwertiger praktischer Beispiele.
- Was die Vielfalt der Mixturen (auch die der Zungenstimmen) angeht, so haben sich diese Eigenarten spanischer Orgeln zwar erst im Laufe des 17. Jahrhunderts herausgebildet. Je später man allerdings den „voll ausgebauten“ Orgeltypus ansetzt, desto weniger Komponisten hätten ihn zur Voraussetzung nehmen können. Was ist z.B. mit Aguilera, Jiménez, Peraza, Bruna? Der Tiento de medio registro ist schließlich schon um 1600 entstanden. Übrigens ist mir bis jetzt keine Orgel begegnet, auf der die Registrierung mit einer hellen (das auf alle Fälle) Mixtur für ein Diskantsolo nicht funktionieren würde.
- Es hat sich bei den Instrumenten in Correas Umgebung auch wohl kaum um umgebaute spätgotische Orgeln gehandelt, sondern um vom damaligen modernen flämischen Orgelbau beeinflusste Instrumente, die es seit dem letzten Drittel des 16. Jahrhunderts dort gab. Die Disposition der erwähnten Orgel der Kathedrale von Sevilla scheint sogar eine ziemlich innovative Neukonzeption zu sein. Es waren damals übrigens auch französische, deutsche, sogar noch arabischstämmige Orgelbauer in Spanien am Werk, so dass kein allzu homogenes Bild der spanischen Orgel dieser Zeit (1. Hälfte 17. Jahrhundert, s.o.) zu zeichnen ist. --Feijoo 11:03, 8. Apr 2006 (CEST)
- Zu den Registrierungen habe ich keine historische Quelle, allerdings habe ich mit der jetzigen Formulierung im Artikel auch kein Problem. Solche Registrierungen sind aber auf den meisten CD- und LP-Einspielungen sowie bei Konzerten mit iberischen Barockmusik zu hören. Und jetzt wird es generell:
- In wie weit gelten Audioaufnahmen als Quellen? Seit der Möglichkeit der Tonaufzeichnung ist Musik ja nicht mehr generell eine "flüchtige" Kunst. Andererseits sind Tonträger im Gegensatz zu Büchern in der Regel nicht frei verfügbar, sondern müssen im Rahmen der legalen Beschaffung gekauft werden. Und wie sieht es eigentlich mit gedruckten Notenheften aus? Anders als Bücher haben die keine ISBN oder etwas Vergleichbares. Wie sieht es hier mit der freien Zugänglichkeit aus? (Anm.: In Hannover geht das seit Jahren nicht mehr, die Musikabteilung der Stadtbibliothek wurde komplett eingestampft.) Es geht hier natürlich nicht um die X-te Auflage mit Bachs BWV 565, sondern nur um exemplarische Sachen, also Faksimikedrucke, Urtextausgaben oder eben seltenere Sachen. Für die Tientos de medio registro wäre das z.B. "Gerhard Doderer: Organa hispanica, Heft V, Tientos de medio registro, WM 2235 SM" oder in einem anderen Fall das "Livre d'orgue" von Thomas Babou (1656-1739), von dem es meines Wissens nur die (damals) schwierig zu beschaffende Ausgabe von Hubert Schoonbroodt gibt.--Arnulf zu Linden 01:45, 7. Jun. 2008 (CEST)
Die Aufnahmen dokumentieren ja nur die Aufführungspraxis unserer Zeit. Gerade weil bei iberischer Orgelmusik Registrierangaben so rar sind, wird da meistens mit viel Fantasie gearbeitet. Die „Altmeister“ wie Uriol und Torrent haben aus ihrem eigenen musikalischen Empfinden heraus auch klangliche Maßstäbe gesetzt, die bei jüngeren Organisten einfach fortwirken. Was nicht heißt, dass alles grundfalsch ist, was da gemacht wird, aber es geht eben oft nicht auf die Quellen zurück.
Ähnlich ist das ja bei der Bach-Registrierung: vor zwanzig Jahren war es bei den meisten Organisten doch noch völlig normal, Manualwechsel in jedem Präludium und in jeder Fuge zu machen und Trios mit Spaltklängen zu spielen. Man hielt es für unsinnig, manchmal auch unerträglich, alles mit einer Plenums-Registrierung zu spielen und hatte kaum eine Vorstellung davon, welche Orgelklangfarben zu Bachs Zeit gebräuchlich waren. Heute hat man aufgrund der Beschäftigung mit den Quellen einen ganz anderen Blick darauf.
Zu den Büchern und Noten als Quellen: Sofern es sich um Sekundärquellen handelt, ist es unerheblich, wie schwer die im Einzelfall zu beschaffen sind. Es wird ohnehin immer leichter: es gibt genaue Bibliothekskataloge sowie Verlage und Antiquariate zum Bestellen im Internet. Und manches taucht auch schon gratis auf, allerdings ist da die wissenschaftliche Fundierung nicht garantiert. Letztlich habe ich noch jedes Dokument irgendwie in die Hand bekommen, und durchaus immer legal.
Wichtig für WP ist dabei, dass es sich nicht um eigene Forschung aus Primärquellen handelt, sondern dass es schon eine weitere Referenz für die jeweilige Information gibt, eben eine Sekundärquelle. Bei den Aufnahmen ist das Problem, dass sie in der Regel gar keine Sekundärquelle darstellen, weil nicht erkennbar ist, ob sie sich überhaupt auf eine Primärquelle stützen.
P.S.: Organa hispanica ist doch ganz normal im Handel erhältlich.
--Feijoo 10:07, 7. Jun. 2008 (CEST)
- Nach dass es sich nicht um eigene Forschung aus Primärquellen handelt, was in diesem Fall (Aufnahmen) nicht so richtig weiter hilft, würde ich gedruckte Noten, sofern es sich dabei um Musik von längst Verstorbenen handelt (bei heutigen Werken gibt es u.U. als Primärquelle keine handgeschriebenen Noten oder Drucke von anno knips mehr, sondern das geht dann gleich vom Notensatzprogramm zum Urdruck), durchweg als Sekundärquellen einstufen. Das "schwierig" bezieht sich auf den Babou (wäre als Quelle in einem Artikel nicht uninteressant). Auf die Noten wartete ich damals (Ende der 1980er Jahre) gut sechs Monate. "Organa hispanica" kann man im Handel erwerben, das bestreite ich nicht. Unter "freier Verfügbarkeit" verstehe ich jedoch Quellen, auf die man ohne Kauf, also z.B. über öffentliche Bibliotheken zugreifen kann. Auch dazu lässt sich WP nicht aus. Und da weiß ich eben nicht, wie das bei Noten generell aussieht. Bei den Aufnahmen stellt sich mir die Frage, ob die zu Grunde liegenden verwendeten Noten nicht die vorhergehende (nicht notwendigerweise primäre) Quelle darstellen. Natürlich muss bei den Aufnahmen immer der Hinweis auf die Aufführungspraxis aus der Entstehungszeit der Aufnahme dabei sein. OT: Das mit der Bach-Registrierung würde mich auch mal interessieren (das Beschriebene "vor zwanzig Jahren" kommt mir nämlich sehr bekannt vor), sollte aber auf meiner Diskussionsseite fortgesetzt werden.--Arnulf zu Linden 19:36, 7. Jun. 2008 (CEST)
Fortsetzung hier: Benutzer Diskussion:Arnulf zu Linden --Feijoo 09:10, 8. Jun. 2008 (CEST)