Leuzismus

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Balzender leuzistischer Blauer Pfau, genannt Weißer Pfau (Pavo cristatus mut. alba)
Die meisten Katzen mit weißem Fell sind leuzistisch.

Leuzismus (von altgriechisch λευκός (leukós, „weiß“)) ist eine Defektmutation bei Tieren, die dazu führt, dass das Fell weiß und die darunterliegende Haut rosa ist, da die Haut keine Melanozyten (farbstoffbildende Zellen) enthält. Im Gegensatz dazu sind beim Albinismus die Zellen zwar vorhanden, aber unfähig, den Farbstoff Melanin zu bilden.

Gene, deren Mutation zu Leuzismus führt, wurden früher üblicherweise mit „W“ abgekürzt. Sie bewirken in der frühembryonalen Entwicklung eine Fehlentwicklung von Strukturen der Neuralleiste, die dazu führt, dass keine oder sehr wenige Melanoblasten aus der Neuralleiste auswandern. Damit gibt es an der Körperoberfläche keine pigment­bildenden Zellen mehr. Bereiche, die mit dem Zentralnervensystem unmittelbar zusammenhängen, besonders die Augen, haben meist zumindest eine gewisse Anzahl pigmentbildender Zellen, sodass die Augen von leuzistischen Tieren hellbraun oder dunkelblau bis orange (bei Schlangen dunkelblau (fast schwarz) bis blau) gefärbt sind, je nachdem, wie hoch die Anzahl der Pigmentzellen ist. Es gibt leuzistische Gene, die gesundheitliche Beeinträchtigungen hervorrufen, insbesondere wenn sie homozygot vorliegen, aber auch solche, die keine Beeinträchtigungen mit sich bringen, hier ist manchmal die Kombination mit anderen Genen bedeutsam.

Die meisten Formen der Scheckung sind auf abgeschwächte Formen des Leuzismus zurückzuführen.

Inzwischen ist bekannt, dass es mehrere unterschiedliche Gene gibt, deren Mutationen zu Leuzismus führen können. Dazu gehört der Endothelin-Rezeptor-B-Gen (EDNRB), das Paired Box Gen 3 (PAX3), SOX10, der Microphthalmie-assoziierter Transkriptionsfaktor (MITF), c-Kit und der Steel-Locus (codiert MGF).

Mutationen einzelner Genorte

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Endothelin-Rezeptor-B-Gen

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Das Endothelin-Rezeptor-B-Gen (EDNRB) codiert einen G-Protein-gekoppelten Rezeptor, der in diversen Zelltypen produziert wird und für die Differenzierung der Melanozyten und Nervenzellen des Darmes zuständig ist, die die Neuralwülste schon vor der völligen Schließung des Neuralrohrs und der vollständigen Ausbildung der Neuralleiste verlassen.

Mutationen des Endothelin-Rezeptor-B-Gens führen deshalb zu Scheckung oder Leuzismus (rosa Haut und weißes Fell) und oft auch einer Überdehnung des Dickdarms (Megacolon) aufgrund fehlender Nervenzellen im Darm (Aganglionose). Der Megacolon führt innerhalb weniger Stunden bis Tage nach der Geburt zum Tod.

Menschen (EDNRB)

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Ein kleiner Teil der Fälle von Morbus Hirschsprung sind auf Mutationen des Endothelinrezeptors zurückzuführen.

Ebenfalls eine Mutation des Endothelin-Rezeptors führt zum Waardenburg-Shah-Syndrom oder WS4.

Lethal-White-Syndrom bei Pferden (LWS)

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Frame-Overo-Scheckung

Heterozygote Träger einer Mutation des Endothelinrezeptors bei Pferden haben fast immer eine durch dieses Gen hervorgerufene Frame-Overo-Scheckung. Fohlen, die homozygot für das Frame-Overo-Gen sind, sind völlig weiß und sterben innerhalb von 24 Stunden nach ihrer Geburt an Darmverschluss aufgrund der fehlenden Darminnervation. Das nennt man Lethal-White-Syndrom.

Bei den Spotting-lethal-Ratten sind die Flecken etwa so verteilt, wie bei diesen Tieren, nur dass der Schwanz teilweise schwarz ist.

Heterozygote Tiere mit dem spotting lethal (sl)-Gen, bei dem es sich um eine Mutation des Endothelinrezeptors handelt, sind gescheckt. Die farbigen Flecken befinden sich auf dem Kopf, Schwanz und bilden einen schwarzen Rückenstreifen. Abgesehen davon sind sie gesund.

Für dieses Gen homozygote Ratten (slsl) sind völlig weiß mit dunklen Augen. Manchmal haben sie kleine Flecken auf Kopf und Hüften. Sie bekommen einen Megacolon aufgrund fehlender Nerven und sterben daran gewöhnlich innerhalb der ersten Lebenswoche.

Japanwachtel (Coturnix japonica) (EDNRB)

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Bei der Japanwachtel (Coturnix japonica) ist eine der beiden Varianten des EDNRB-Gens bei Vögeln, nämlich EDNRB2 für die Farben Panda und Dotted white verantwortlich.[ednrb 1][ednrb 2]

c-Kit ist eine transmembrane Rezeptor-Tyrosinkinase aus der Familie der Plättchen-Wachstumsfaktor- (PDGF)- und CSF-1 (colony stimulating factor-1) Rezeptoren.

c-Kit ist beim malignen Melanom als Proto-Onkogen wirksam. Eine c-Kit-Expression wurde bei einigen soliden Tumoren nachgewiesen. Defekte von c-Kit führen zu myeloische Leukämien.

Der c-Kit-Rezeptor ist an der Vermehrung, Differenzierung, funktionellen Reifung sowie am Erhalt einer Vielzahl an differenzierten Zellen beteiligt. Seine Mutationen können Anämien und Sterilität verursachen. Außerdem sind sie für verschiedene Formen des Leuzismus und der Scheckung verantwortlich.

Weiße Stirnlocke beim Piebaldismus

Piebaldismus – weiße Flecken auf der Haut, meist verbunden mit einer weißen Stirnlocke – wird beim Menschen ebenfalls durch den KIT-Locus hervorgerufen.

Mäuse mit verschiedenen Mutationen des Kit-Locus, oben jeweils heterozygote Tiere, unten homozygote Tiere.

Der c-Kit-Locus der Maus ist unter anderem unter folgenden Namen bekannt: c-kit, belly-spot, dominant spotting, spotted sterile male, Steel Factor Receptor, Dominant white spotting, proto-oncogene protein.

Die meisten Mutationen dieses Genorts sind unvollständig dominant.

Homozygote oder Mäuse mit zwei unterschiedlichen c-Kit Mutationen auf den Allelen sind meist dunkeläugig und völlig weiß. Je nach schwere der Mutation ist es im unterschiedlichen Maße mit weiteren Gesundheitsproblemen wie Sterilität, Leberschäden und Anämie verbunden. Viele sterben im Mutterleib oder kurz nach der Geburt. Nur wenn eine ausreichende Restfunktion von c-Kit erhalten ist, sind sie überlebensfähig. Die Belly-Spot-Mutante hat auch homozygot nur einen weißen Fleck unter dem Bauch und ist sonst gesund. Heterozygote Mäuse sind lebensfähig und in unterschiedlichem Ausmaß gefleckt vor allem an Bauch und Schwanz.

White Spotting

Der Kit-Locus befindet sich auf Chromosom 3 des Pferdes (ECA3).

Eine von mehreren Formen der Sabinoscheckung wird durch eine Mutation des c-KIT-Locus hervorgerufen.

Dasselbe trifft auf das Roan-Gen zu das in heterozygoter Form zu stichelhaarigen Pferden führt, bei denen weiße und farbige Haare gemischt auftreten. Homozygot ist das Roan-Gen letal.

Auch für die Tobianoscheckung ist nachgewiesen, dass sie entweder durch den Kit-Locus selbst oder durch einen Genort, der auf demselben Chromosom in direkter Nachbarschaft liegt hervorgerufen wird.

Außerdem wurde nachgewiesen, dass die White Spotting ebenfalls auf diesen Locus zurückzuführen ist.

Das weiße Gesicht der Herefordrinder ist durch den c-Kit-Locus hervorgerufen, und es besteht aufgrund dieser Mutation eine erhöhte Anfälligkeit für einen schnell wachsenden Krebs der Nickhaut (3. Augenlid). Das ebenfalls weiße Gesicht der Simmentaler Kühe ist auf eine andere Mutation zurückzuführen, deren Genort noch nicht bestimmt wurde. Sehr wahrscheinlich ist die typische Scheckung, die man von Holsteinern und Schwarzbunten Niederungsrindern kennt, ebenfalls auf den Kit-Locus zurückzuführen.

Schwein (c-Kit)

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Sowohl die rosa Farbe der meisten Hochleistungsrassen, als auch verschiedene Scheckmuster als auch die Gürtelzeichnung einiger Schweinerassen werden durch Mutationen des c-Kit-Locus hervorgerufen.

Die weißen Handschuhe der Birma-Katze werden durch eine Mutation des c-Kit-Locus hervorgerufen. Das helle Körperfell und die blauen Augen sind dagegen Folgen eines Teilalbinismus, da hier zwar die Melanozyten vorhanden sind, diese aber aufgrund eines veränderten Enzyms nur noch an den kühleren Körperstellen Melanin produzieren können.

Die Gene, die für die weißen Flecken normaler Hauskatzen verantwortlich sind, sind zurzeit (2011) noch nicht identifiziert.

Das Pax3-Gen (paired box gene 3, auch paired domain gene 3 oder paired box homeotic gene 3) ist daran beteiligt, die frühe Embryonalentwicklung als Transkriptionsfaktor zu steuern.

Es gehört zur Gruppe der Pax-Gene, die typischerweise eine Paired-Box-Domäne und eine paired type homeodomain haben.

Leichte Mutationen dieses Lokus führen zu verschiedenen Formen der Scheckung und des Leuzismus. Andere Mutationen führen zu Taubheit. Es gibt schwere Missbildungen von Gehirn und Nervensystem, bei denen sich oft die Wirbelsäule bis zur Geburt nicht schließt (Spina bifida) oder der Schädel offen bleibt. Ebenso schwer kann das Kreislaufsystem betroffen sein, so dass viele der Hauptarterien an der falschen Stelle beginnen, Adern, die normalerweise zurückgebildet werden, erhalten bleiben und dergleichen. Schwere Mutationen des Gens führen deshalb noch vor der Geburt zum Tod.

Beim Menschen rufen Mutationen des Gens das Waardenburg-Syndrom Typ 1 und 3 (WS1 und WS3), das Schädel-Gesicht-Schwerhörigkeit-Hand-Syndrom (Sommer-Young-Wee-Frye-Syndrom) und das Rhabdomyosarkom hervor.

Die meisten Erkenntnisse über das Pax3-Gen wurden durch Mutationen der Maus gewonnen.

Neben Mutationen, die aufgrund schwerer Missbildungen von Nerven- und Kreislaufsystem noch im Mutterleib oder kurz nach der Geburt zum Tod führen, gibt es auch Tiere, die nur gescheckt und sonst gesund sind.

Häufige Merkmale sind weiße Füße, ein Knick im Schwanz, ein offenes Neuralrohr, verschiedene Fehlbildungen und Verlagerungen der Hauptarterien.

Microphthalmie-assoziierter Transkriptionsfaktor (MITF)

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Der Microphthalmie-assoziierte Transkriptionsfaktor (MITF) ist ein Protein aus der Gruppe der Transkriptionsfaktoren. Mutationen seines Gens können zu verschiedenen Formen des Leuzismus (der Scheckung) führen. Außerdem treten Fehlbildungen der Augen (Mikrophthalmie) auf. Im Unterschied zu den meisten Formen des Leuzismus haben Tiere, die aufgrund einer Mutation dieses Locus leuzistisch oder gescheckt sind, oft keine blauen oder braunen, sondern rote oder rosa Augen.

Beim Menschen liegt das MITF-Gen auf dem Chromosom 3 (GeneID 4286) und verursacht das Tietz-Syndrom und das Waardenburg-Syndrom Typ 2 (WS2). Darüber hinaus wird die Aktivität des MITF-Gens im metastasierten Melanom in 10 – 16 % aller Fälle nachgewiesen. Die genaue Rolle von MITF in der Melanomentstehung und in der Progression ist aber noch ungeklärt.

Taufliege (Mitf)

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Mutationen dieses Gens führen auch bei Taufliegen (Drosophila melanogaster) zu Fehlbildungen der Augen, was die Theorie stützt, dass Facettenauge und Linsenauge sich nicht unabhängig voneinander entwickelt haben.

Leuzistische Mäuse mit Mutationen des Mitf-Gens können ebenso rosa Augen haben wie diese Albinos.

Mutationen der Maus durch dieses Gen reichen von Tieren, die weiß, aufgehellt oder gescheckt, aber sonst gesund sind und aufgehellte, rote oder rosa Augen haben, bis hin zu Tieren mit schweren Fehlbildungen oder mit einem völligen Fehlen der Augen- und Knochenverdichtung in unterschiedlichem Ausmaß. Außerdem gibt es Tiere, die taub sind.

Sox 10 ist ein Transkriptionsfaktor, der für die Herausbildung der Neuralleiste in der Embryonalentwicklung notwendig ist. Er ist notwendig für die Entwicklung der Melanozyten und der Oligodendrozyten, die im zentralen Nervensystem die Axone der Nervenzellen voneinander isolieren. Er spielt außerdem eine Schlüsselrolle in der Entwicklung des peripheren und des Eingeweide-Nervensystems.

Mutationen des Sox10-Locus rufen beim Menschen das Waardenburg-Syndrom Typ 4, das Yemenite deaf-blind hypopigmentation syndrome und die neurologische Variante des Waardenburg-Shah-Syndroms hervor, das den Megakolon des Morbus Hirschsprung mit den Symptomen des Waardenburg-Syndroms kombiniert.

Schwerere Mutationen führen dazu, dass das Kind im Mutterleib noch während der Embryonalentwicklung abstirbt.

Neben verschiedenen Mutationen, die zu Leuzismus oder Scheckung ohne weitere Krankheitszeichen führen, gibt es auch bei der Maus Mutationen mit einem Megakolon, die dazu führen, dass die Jungtiere kurz nach der Geburt sterben.

Der Steel-Locus (Steel factor, SF, Steel) arbeitet eng mit dem c-Kit-Locus zusammen und wird deshalb auch Kitl (Kitlg, Kit ligand) genannt. Weitere Namen und Abkürzungen für den Steel-Locus sind: Sl; SLF; contrasted (Con), cloud gray (Clo), grizzle-belly (Gb), stem cell factor (SCF), mast cell growth factor (Mgf).

Wie alle Leuzismus-Loci führt er zu Leuzismus in unterschiedlicher Ausprägung.

Der Steel-Faktor spielt eine wesentliche Rolle in der Entwicklung der Zellen der Keimbahn zu fertigen Ei- und Samenzellen und bei ihrer Wanderung zu den späteren Geschlechtsorganen. Deshalb führen viele Mutationen dieses Locus zu Unfruchtbarkeit. Weitere häufige Folgen von Mutationen dieses Locus sind eine zu hohe Knochendichte und Anämie aufgrund verringerter Blutbildung. Da Steel auch die Entwicklungen der Mastzellen beeinflusst, können Mutationen zu Störungen des Immunsystems führen. Auch Taubheit kommt vor.

Stark aufgehellte Mutationen führen zu Tieren mit weißem Fell und normalfarbigen Augen. Geringfügig aufgehellte Tiere sind entweder gleichmäßig grau oder haben an Ohren, Füßen, Schwanzspitze und auf dem Bauch hellere Stellen oder weiße Flecken.

Neben Tieren, die außer dem hellen Fell in jeder Hinsicht gesund sind, gibt es einige Mutationen, die mit Unfruchtbarkeit und Blutarmut verbunden sind oder bei denen homozygote Tiere noch im Mutterleib sterben.

Die Farbe aus gemischten weißen und dunklen Haaren des Weißblauen Belgiers und des Shorthorn-Rindes wird durch eine Mutation des Steel-Locus hervorgerufen. Bei homozygoten Tieren führt die Mutation zu völlig weißem Fell und Unfruchtbarkeit eines Teils der Kühe (white heifer disease), da der Uterus nicht voll ausgebildet ist.

Commons: Leuzismus – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Endothelinrezeptor

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