Ehrenbrief (Püterich)

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Autorenbild im Cgm 9220

Der Ehrenbrief des Jakob Püterich von Reichertshausen (1400–1469) ist ein gereimter Brief an die Fürstin Mechthild von der Pfalz aus dem Jahr 1462.

Der bayerische Adelige huldigt darin der literarisch interessierten Herrscherin, die in Rottenburg am Neckar residierte. Das in 148 Titurel-Strophen verfasste Werk besteht vor allem aus einem Gespräch mit der Adressatin, einem Verzeichnis des bayerischen turnierfähigen Adels (zu dem Püterichs Familie nicht gehörte) und Mitteilungen zu literarischen Werken und den Bibliotheken Püterichs und Mechthilds.

Scherzhaft-ironisch inszeniert Püterich sich als Minne-Ritter und Büchernarr. Der kunstvoll stilisierte Text gilt als "spätes Musterstück höfischer Kultiviertheit".[1] Literaturgeschichtlich von Bedeutung sind die Aussagen über die eigene große Bibliothek Püterichs von 164 Bänden und über die Bücher Mechthilds, von der er ein Verzeichnis erhalten hatte. Während er selbst nur die alten Werke der mittelhochdeutschen Klassik schätzte, war Mechthild auch für die zeitgenössische Literatur aufgeschlossen. Der Ehrenbrief ist, so Thomas Cramer, "das ausführlichste Zeugnis für adlige Literaturinteressen im 15. Jahrhundert".[2]

„Die erste ausdrückliche Reflexion auf literarische Interessen aus dem deutschen (Stadt-) Adel, die erste Beschreibung einer adeligen Büchersammlung, die ersten Überlegungen zur Authentizität der Überlieferung, insgesamt so etwas wie der erste literarische Briefwechsel in deutscher Sprache (mag er auch fingiert sein und nur zur einen Hälfte erhalten)“

Klaus Grubmüller 1999[3]

Als einzige Überlieferung des Ehrenbriefs galt eine 1997 für die Bayerische Staatsbibliothek erworbene Handschrift aus der Zeit um 1600 (Cgm 9220[4]), bis Klaus Graf 2015 die mutmaßliche Vorlage dieses Manuskripts in der sogenannten Trenbach-Chronik (1590) des Niederösterreichischen Landesarchivs auffand.[5]

  • Der Ehrenbrief des Püterich von Reichertshausen. Hrsg. von Fritz Behrend/Rudolf Wolkan. Weimar 1920 (Ausgabe und Schwarzweiß-Faksimile) (online).
  • Christelrose Rischer: Literarische Rezeption und kulturelles Selbstverständnis in der deutschen Literatur der „Ritterrenaissance“ des 15. Jahrhunderts. Untersuchungen zu Ulrich Füetrers „Buch der Abenteuer“ und dem „Ehrenbrief“ des Jakob Püterich von Reichertshausen. Stuttgart u. a. 1973 (Dissertation München 1971).
  • Martha Mueller: Der Ehrenbrief Jakob Pütrichs von Reichertshausen, die Turnierreime Johann Hollands, der Namenkatalog Ulrich Fuetrers: Texte mit Einleitung und Kommentar. Dissertation City University of New York 1985 (mit Ausgabe).
  • Klaus Grubmüller: Püterich, Jakob, von Reichertshausen. In: Verfasserlexikon 2. Auflage Bd. 7 (1989), Sp. 918–923.
  • Bayerische Staatsbibliothek Jakob Püterich von Reichertshausen. Der Ehrenbrief. Cgm 9220. München 1999 (mit Farbfaksimile des Ehrenbriefs).

Einzelnachweise

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  1. Grubmüller 1989, Sp. 922.
  2. Thomas Cramer: Geschichte der deutschen Literatur im späten Mittelalter. München 1990, S. 88.
  3. Klaus Grubmüller in: Bayerische Staatsbibliothek. Jakob Püterich von Reichertshausen. Der Ehrenbrief 1999, S. 7
  4. http://www.handschriftencensus.de/8840. Digitalisat.
  5. Klaus Graf: Fiktion und Geschichte: Die angebliche Chronik Wenzel Grubers, Greisenklage, Johann Hollands Turnierreime und eine Zweitüberlieferung von Jakob Püterichs Ehrenbrief in der Trenbach-Chronik (1590). In: Frühneuzeit-Blog der RWTH vom 10. Februar 2015.