Eiertanz

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Pieter Aertsen, Der Eiertanz (1552)

Das Wort Eiertanz wird heutzutage zumeist in der Redewendung „einen Eiertanz aufführen/vollführen“ verwendet, was so viel heißt wie sehr vorsichtig oder/und kompliziert vorgehen, um etwas (z. B. „um den heißen Brei“, um ein Problem etc.) herumreden, den Kern einer Sache umgehen, vermeiden. Der Duden definiert Eiertanz als umgangssprachlich für „sehr vorsichtiges, gewundenes Verhalten, Taktieren in einer heiklen Situation“, ursprünglich wurde damit ein „kunstvoller Tanz zwischen ausgelegten Eiern“ bezeichnet.[1]

Begriffsgeschichte

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der erste Beleg des Wortes findet sich 1795 in Johann Wolfgang von Goethes Wilhelm Meisters Lehrjahre, in dem Mignon mit verbundenen Augen zwischen auf dem Boden ausgelegten Eiern tanzt. Pierer’s Universal-Lexikon von 1858 beschreibt diesen Tanz als eine „Kunstleistung von Seiltänzern u. ähnlichen Artisten, indem sie mit verbundenen Augen zwischen, in Distanzen gelegten Eiern tanzen, od. wohl auch, nachdem sie solche mit den Füßen verrückt haben, groteske Tänze ausführen, ohne eins derselben zu berühren.“[2]

Gegenwärtig werden häufig ähnliche Begriffe wie „Herumeiern“ und „Herumgeeiere“ verwendet, womit ein Herumwinden bzw. inkonsequentes Taktieren in schwierigen, komplexen Situationen gemeint ist. Der Ausdruck German Eiertanz floss laut der Nachrichtenagentur Bloomberg 2011 als Lehnwort in den englischen Wortschatz ein, um die zögerliche Haltung Deutschlands in der Eurokrise zu umschreiben.[3]

Wörterbuch- und lexikalische Artikel

  • Band 5: Des–Ekk. In: Meyers großes Taschenlexikon. in 25 Bänden, mit CD-ROM. 8. Auflage. BI-Taschenbuchverlag, Mannheim / Leipzig / Wien / Zürich 2001, ISBN 3-411-11058-9.
  • Eiertanz. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Hrsg.): Deutsches Wörterbuch. Band 7: Gewöhnlich–Gleve – (IV, 1. Abteilung, Teil 4). S. Hirzel, Leipzig 1949, Sp. 356 (woerterbuchnetz.de).
  • Friedrich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Bearbeitet von Elmar Seebold. 25. Auflage. de Gruyter, Berlin u. a. 2011, S. 208, ISBN 978-3-11-022364-4.
  • Heinz Küpper: Wörterbuch der deutschen Umgangssprache. 1. Auflage. 6. Nachdruck. Stuttgart 1997, S. 194
  • Lutz Röhrich: Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten. Band 2. 4. Auflage. Freiburg 1999, S. 361–363.

Sekundärliteratur

  • Eiertanz. In: Hans von der Au: Das Volkstanzgut im Elsaß. In: Oberdeutsche Zeitschrift für Volkskunde, 1941, 15. Jahrgang, Heft 1/3, S. 14–25, hier S. 23.
    • Zum Eiertanz. In: Das deutsche Volkslied. 45/1943, S. 14 f.
  • Ludwig Göhring: Volkstümliche Redensarten und Ausdrücke. Deutung noch unerklärter, unvollständig oder gar unrichtig erklärter volkstümlicher Redensarten und Ausdrücke. München 1937, S. 145 (Nr. 266 „Wie auf Nadeln gehen“).
  • Karl M. Klier: Der Eiertanz. In: Deutsche Volkskunde, 2. Jg., 2. Heft, 1940, S. 86–89.
  • Otto Ladendorf: Schlagwörterstudien. In: Zeitschrift für den deutschen Unterricht. 24/1910, S. 473–481 („Eiertanz“ auf S. 475).
  • L. Schmidt: Der Eiertanz und seine Ausführung. In: Volkslied – Volkstanz – Volksmusik. 48, Wien 1947, S. 26–28.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Eiertanz. duden.de; abgerufen am 27. September 2011.
  2. Eiertanz. In: Heinrich August Pierer, Julius Löbe (Hrsg.): Universal-Lexikon der Gegenwart und Vergangenheit. 4. Auflage. Band 5: Deutschland–Euromos. Altenburg 1858, S. 533 (Digitalisat. zeno.org).
  3. “German Eiertanz” zieht ins Englische ein. In: Frankfurter Rundschau, 27. September 2011.