Eisenbahnunfall von Nidareid
Der Eisenbahnunfall von Nidareid war ein Frontalzusammenstoß zweier Personenzüge bei Nidareid in Norwegen in der Nacht des 18. auf den 19. September 1921. Mit sechs Toten war es der schwerste Eisenbahnunfall, der sich in diesem Land bis zu diesem Zeitpunkt ereignet hatte.
Ausgangslage
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nidareid ist ein Ortsteil von Trondheim, der westlich des Stadtzentrums liegt. Die von Süden kommende, gemeinsame Trasse der Bahnstrecken Dovrebanen und Rørosbanen verläuft hier. Am 17. September 1921 war der letzte Abschnitt der Dovrebahn zwischen Støren und Trondheim eröffnet worden. Am Sonntag, den 18. September 1921, hatten weitere Festlichkeiten in Trondheim stattgefunden, woran auch eine Reihe hochrangiger Vertreter aus der Hauptstadt Kristiania teilgenommen hatten.[1] Auch König Haakon VII. und Kronprinz Olav waren anwesend.[2]
Am Abend sollte ein Sonderzug zahlreiche Gäste der Eröffnungsfeier nach Kristiania zurückbringen. Dies war der Sonderzug der Klasse D mit der Zugnummer 36, bestand aus den beiden Lokomotiven 365 und 364 der Baureihe 30b, einem Güterwagen – wohl als Schutz- und Gepäckwagen – hinter den Lokomotiven, sieben Schlafwagen und einem am Zugschluss laufenden Dienstwagen für den Zugführer.[3] Unter den Reisenden befanden sich auch Ministerpräsident Otto Albert Blehr, der Außenminister Johan Ludwig Mowinckel und viele Spitzenbeamte und Parlamentsabgeordnete.[4] Der Zug verließ den Hauptbahnhof von Trondheim um 23:45 Uhr.[1] Im Zug befanden sich 96 Reisende.[2]
In der Gegenrichtung verkehrte Tagschnellzug Nr. 361 von Kristiania nach Trondheim (noch über die Rørosbane), der etwa 20 Minuten Verspätung hatte. Er bestand aus der Lokomotive 182 der Baureihe 21a und führte nur einen Gepäckwagen, zwei Sitzwagen und einen Dienstwagen.[2]
Die Kreuzung der Züge war im Bahnhof Marienborg[Anm. 2] vorgesehen. Der Lokomotivführer des Schnellzuges hatte einen schriftlichen Befehl dazu erhalten.[1] Dieser war nicht eindeutig formuliert. Es war von einer Zugkreuzung „Montagnacht“ die Rede, da aber (noch) Sonntag war, nahm das Personal an, dass die nächst folgende Nacht gemeint sei.[2]
Unfallhergang
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eisenbahnunfall von Nidareid | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Der Schnellzug von Kristiania erreichte den Bahnhof Marienborg zuerst. Dort war die Signalanlage defekt. Der örtliche Fahrdienstleiter gab mit einer Signalleuchte ein „Halt“-Signal, was aber weder von der Lokmannschaft noch von dem Zugführer wahrgenommen wurde: Der Lokomotivführer erwartete das Signal links vom Zug, der Fahrdienstleiter aber stand rechts, der Heizer war gerade mit der Feuerung beschäftigt und der Zugführer kämpfte gegen ein klemmendes Fenster, das sich nur schwer öffnen ließ. So verpassten alle das Signal. Statt die Kreuzung in Marienborg abzuwarten, fuhr der Zug durch den Bahnhof durch, schnitt die Ausfahrweiche des Überholungsgleises auf und fuhr in das Streckengleis ein.
Der Lokführer der vorderen Lokomotive des Sonderzuges sah, als sein Zug durch den Nidareidtunnel fuhr, den aus Süden kommenden Zug auf sich zufahren und leitete eine Schnellbremsung ein.[1][2] Sekunden später, gegen 23:57 Uhr, ereignete sich vor der südlichen Ausfahrt des Tunnels die Frontalkollision. Der Güterwagen hinter den beiden Lokomotiven des Sonderzuges entgleiste, der folgende Schlafwagen wurde weitgehend zertrümmert und in den nachfolgenden Schlafwagen geschoben, der auf die Seite stürzte und dessen Dach teilweise abriss.[1] Beim Schnellzug aus Christiania wurde vor allem der hinter der Lokomotive laufende Dienstwagen beschädigt und der Zugführer erlitt Verletzungen.[2]
Folgen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Sechs Menschen starben[5], darunter der Politiker, ehemalige Verteidigungsminister und Direktor des Telegrafenamtes Thomas Thomassen Heftye, zwölf weitere Menschen wurden darüber hinaus verletzt.
Am Abend des 19. September wurden die Särge mit den sechs Toten in einem Trauerzug vom Trondheimer Krankenhaus zum Bahnhof getragen. Zwischen 2000 und 3000 Menschen nahmen an dem Trauerzug teil, darunter auch König Haakon VII. und Kronprinz Olav.[1] Der König soll auch in der Nacht noch die Bergungsarbeiten besucht haben.[2] Die Hinterbliebenen der Verstorbenen erhielten eine jährliche Zusatzrente aus der Staatskasse in Höhe von 3000 Kronen zugesprochen.
Vier Personen wurden im Zusammenhang mit dem Eisenbahnunfall strafrechtlich verfolgt und angeklagt: Der Lokomotivführer, der Heizer und der Zugführer des Schnellzuges und der Fahrdienstleiter des Bahnhofs Marienborg. Das Verfahren endete 1922 für alle mit einem Freispruch, da keinem schuldhaftes Handeln nachgewiesen werden konnte.[2]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Mogens Juul Rasmussen: Togulykken på Nidareid. Dovrebanen 100 År. In: Dovrebanen jernbanehistorisk forening (Hrsg.): Dovrebanen. Band 16. Oppdal 2021, ISSN 1880-7156 (norwegisch, bibsok.no).
- Ole Mjelva: Faksimiler av artikler i På Sporet. Nidareid-ulykken. In: På Sporet. Februar 1981, S. 27–37, abgerufen am 12. September 2023.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Nidareid Train Disaster. In: academic-accelerator.com. Academic accelerator, abgerufen am 11. September 2023 (englisch).
Anmerkungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Das linke Gleis ist ein Dreischienengleis wegen der kapspurigen Züge der Rørosbane.
- ↑ Der 1999 für den Personenverkehr stillgelegte Bahnhof ist ein Betriebsbahnhof, in dem die Güterumfahrung für Trondheim, die Stavnebane, abzweigt.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c d e f Mogens Juul Rasmussen: Togulykken på Nidareid. Dovrebanen 100 År. In: Dovrebanen jernbanehistorisk forening (Hrsg.): Dovrebanen. Band 16, 2021, ISSN 1890-7156, S. 89 (norwegisch).
- ↑ a b c d e f g h Nidareid Train Disaster. In: academic-accelerator.com. Academic accelerator, abgerufen am 11. September 2023 (englisch).
- ↑ Ole Mjelva: Nidareid-ulykken. In: På Sporet. Februar 1981, S. 32, abgerufen am 12. September 2023.
- ↑ Katastrofen. In: nb.no. Aftenposten, 20. September 1921, S. 1, abgerufen am 11. September 2023 (norwegisch).
- ↑ Fryketlig ulykke paa Dovebanen. In: media.østafor.no. Dagbladet, 19. September 1921, abgerufen am 11. September 2023 (norwegisch).
Koordinaten: 63° 25′ 45,5″ N, 10° 22′ 21,3″ O