Eva Quistorp
Eva-Maria Quistorp (* 27. August 1945 in Detmold) ist eine deutsche Mitbegründerin und Aktivistin der deutschen Friedens-, Frauen- und Umweltbewegung und ist zudem Gründungsmitglied der Grünen, die sie im Europäischen Parlament vertrat.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eva Quistorp entstammt der seit dem 17. Jhdt. von Theologen geprägten Familie Quistorp. Sie ist die Tochter des evangelischen Pfarrers Heinrich Quistorp (1911–1987) und seiner (ersten) Frau Elfriede, geb. Thilo (1916–2007).[1] Nach dem Abitur 1965 in Minden studierte sie an der Freien Universität Berlin Germanistik, Politologie und Evangelische Theologie, unter anderem bei Helmut Gollwitzer und wurde Studienreferendarin und Gymnasiallehrerin.
Quistorp betreute zeitweise ein Mädchen aus Afghanistan mit dem Namen Modina, das nun mit ihrem Vater in Berlin lebt, und schrieb regelmäßig darüber.[2]
Politische Funktionen und Aktivitäten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Mit Petra Kelly, Roland Vogt und Joseph Beuys gehörte Eva Quistorp 1979/80 zu den Gründungsmitgliedern der Grünen. Sie war von 1986 bis 1988 Mitglied des Bundesvorstands. 1980/1981 gehörte sie dem Bundesvorstand des Bundesverbandes Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) an. Als Sprecherin der Gruppe Anstiftung der Frauen zum Frieden sprach sie am 10. Oktober 1981 auf einer der Auftaktkundgebungen zur Friedensdemonstration im Bonner Hofgarten 1981.[3] Von 1981 bis 1986 war sie Mitglied der Geschäftsführung des Koordinierungsausschusses der Friedensbewegung der Bundesrepublik Deutschland. Sie war Mitglied des Vorstandes des internationalen Friedensbüros, von UNIFEM Deutschland, Attac und dem Haus für die Vereinten Nationen. Sie ist Beraterin des IPB (international peace bureau) und des Weltzukunftsrates.
Dem Europaparlament gehörte sie für Die Grünen von 1989 bis 1994 an, dem Fraktionsvorstand der Europafraktion 1992/1993. 2000 gründete sie mit Sven Giegold Attac und war 2004 Mitgründerin der Grünen Alten. Seitdem ist sie Mitglied der Vereinigung ehemaliger Europaabgeordneter.[4]
Eva Quistorp ist Gastautorin beim Perlentaucher, bei The European und bei der Achse des Guten.[5] Sie ist Mitglied der Kulturpolitischen Gesellschaft (Bonn).[6]
Ehrungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ehrenmitglied der Gesellschaft für bedrohte Völker am 3. November 2012
- Bundesverdienstkreuz für ihren „[intensiven] persönliche[n] Einsatz [...] für Frauenrechte, Gewaltfreiheit, Frieden und Völkerverständigung“ sowie „als Mitbegründerin und Impulsgeberin in vielen lokalen und globalen Netzwerken für eine gerechtere und solidarische Welt“, am 7. Dezember 2017 von der Senatorin für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung, Dilek Kolat, überreicht[7]
- Blauer Bär für das jahrzehntelange Engagement für Europa, am 26. Oktober 2020 in Berlin, in der Ufa fabrik durch Gerry Woop, Staatssekretär für Europa und Kultur des Berliner Senats und den Vertreter der EU-Kommission in Berlin[8]
Publikationen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Handbuch Leben. Frauen wehren sich gegen Umweltzerstörung. Burckhardthaus-Laetare-Verlag, Gelnhausen 1981, ISBN 3-7664-0104-1.
- Frauen für den Frieden. Analysen, Dokumente und Aktionen aus der Frauenfriedensbewegung. Päd-Extra-Buchverlag, Frankfurt/M., 1982, ISBN 3-88704-101-1.
- Der Macht die Bewunderung entziehen. In: Zukünfte. 1984.
- Das Kreuz mit dem Frieden. Christen in der Friedensbewegung. Neue Gesellschaft für bildende Kunst, Berlin 1982.
- Frauen für den Frieden in Ost und West. In: Frieden in Deutschland. Goldmannverlag, 1983.
- Lieder für den Frieden. Burckhardthaus-Laetare-Verlag, Gelnhausen 1985, ISBN 3-7664-7036-1 (mit Eckart Bücken und Mo Klicker-Dittmann)
- Die Grünen und die Religion. Mit Petra Kelly, Rainer Langhans, Christa Nickels, Rolf Schwendter und Gunter Hesse (Hrsg.). Athenäum, Frankfurt am Main 1987, ISBN 3-610-08480-4.
- Scheherazade. Stimmen von Frauen gegen die Logik des Krieges. Luchterhand, Hamburg 1992, ISBN 3-630-71027-1
- Die bosnische Tragödie. Gewalt, Vertreibung, Völkermord. Verlag Traum Taum, Berlin 1993, ISBN 3-929346-02-8.
- Frauen, Umwelt, Entwicklung. 1001 Frauenprojekte. Grüner Versand, Bonn 1993, Archiv Grünes Gedächtnis
- Wasser und Wasserpolitik in Europa, Berlin 1993, Archiv Grünes Gedächtnis
- Umweltstandards in Ost und Mitteleuropa vor der Rio-Agenda, Berlin 1991, Archiv Grünes Gedächtnis
- Herrenhaus Europa-zu Frauenpolitik in der EU, Berlin 1993, Archiv Grünes Gedächtnis
- Kultur und Medienlandschaften in Europa, Berlin 1994, Archiv Grünes Gedächtnis
- Solidarität im Treibhaus, Dokumente der ersten globalen Frauenklimakonferenz zur Unokonferenz in Berlin, April 1995
- Was die Welt zusammenhält: die Liebe, in: Zukünfte – Zeitschrift für Zukunftsgestaltung und vernetztes Denken, Berlin 1999
- Weltoffenes Deutschland?, Herderverlag 2018
- Die Waffen nieder? Zum Erbe der Friedensbewegung der 80er Jahre im von Putin Angriffskrieg bedrohten Europa, Juli 2022
- Die Waffen nieder! Bertha von Suttner, Neuausgabe mit einem Vorwort von Eva Quistorp: Die Waffen nieder? Mai 2023
- Artikel
- Die Waffen nieder? Der Streit um das Erbe der Friedensbewegung der 1980er Jahre in einem von Putins Angriffskrieg bedrohten Europa. In: Deutschland Archiv. 14. Juli 2022 .
- Ur-Grüne kritisiert Umgang mit Islam: „Zu viel Political Correctness hat für Verwirrung gesorgt“. In: Cicero. 3. Februar 2015 .
- Perlentaucher-Autor Eva Quistorp. In: Perlentaucher.
- # Eva Quistorp. In: Starke Meinungen.
- Köpfe: Eva Quistorp. In: The European. Archiviert vom am 17. Mai 2019 .
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ilse Lenz: Die Neue Frauenbewegung in Deutschland. Abschied vom kleinen Unterschied. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2008, ISBN 978-3-531-14729-1, S. 851–853
- Interview mit Eva Quistorp: Die Seele der Grünen. In: Heinrich-Böll-Stiftung (Hrsg.): Die Gründungsgeneration der Grünen: Acht Interviews. Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin 2018, ISBN 978-3-86928-172-8, S. 55–77.
- Dialog-Gespräch mit Eva Quistorp, der Mitbegründerin und Aktivistin der deutschen Friedens-, Frauen- sowie Umweltbewegung und Gründungsmitglied der Grünen. In: Dialog. Heft 136: Die Macht der Frauen – Siła Kobiet. Oktober 2021, S. 46–59 (biografisches und frauenpolitisches Interview mit Eva Quistorp; deutsch/polnisch).
Filme
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Doris Metz (Regie), Birgit Schulz (Produzentin): Petra Kelly - ACT NOW! 2024, mit Interviews mit Eva Quistorp, Lukas Beckmann, Otto Schily, Luisa Neubauer u. a.[9]
- Ruth Zylberman: 1968. Dokumentarfilm, Paris 2008 (ausgestrahlt bei Arte am 30. April 2008), mit einem Interview mit Eva Quistorp
- Dorian Raßloff: Mit Jesus auf die Barrikaden – Christ*innen in der 68er Revolte. Mit Interviews mit Gretchen Dutschke-Klotz, Katja Ebstein, Eva Quistorp, Konstantin Wecker, Pfarrer Manfred Engelbrecht, Hans-Christian Ströbele u. a., Deutschland 2017 (75 Min.)
- Schicksalsjahre einer Stadt. Berlin, 1983 beim RBB 2019 neu verfilmt
- Geschichte der Bundesrepublik. ARD Filmreihe „30 Jahre Grundgesetz“, 2019
- Als wir jung waren – die 80er Jahre. WDR, 2019
- 1979-artefilm mit Interviews mit Lech Walesa und Eva Quistorp, 2019
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Eva Quistorp im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Eva Quistorp in der Abgeordneten-Datenbank des Europäischen Parlaments
- Eva Quistorp im Zeitzeugenportal (12 Videos)
- Interviews
- Stephan Löwenstein: Gründung der Grünen: „Die Zeit dafür war reif“. In: faz.net. 12. Januar 2010 (Interview mit Eva Quistorp).
- Christoph Becker-Schaum, Robert Camp: Die Seele der Grünen. In: Jahrbuch Grünes Gedächtnis. 2010 (Interview mit Eva Quistorp).
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Achim Quistorp: Familie Quistorp: Der Ducherower Familienzweig. In: quistorp.de. Archiviert vom am 26. Dezember 2017; abgerufen am 1. September 2022.
- ↑ Eva Quistorp: Flüchtlinge: Wie ein afghanisches Mädchen Deutschland erlebt. In: welt.de. 30. Dezember 2015, archiviert vom am 18. September 2016; abgerufen am 19. Dezember 2020.
Eva Quistorp: Integration eines Flüchtlingskindes als Pfingstwunder. In: Welt.de. 15. Mai 2016, archiviert vom am 18. September 2016; abgerufen am 19. Dezember 2020.
Eva Quistorp: Flüchtlinge: Mädchen Modina kommt in die Schule. In: Welt.de. 1. September 2017, archiviert vom am 3. September 2017; abgerufen am 19. Dezember 2020. - ↑ Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste, Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (Hrsg.): Bonn 10.10.81. Friedensdemonstration für Abrüstung und Entspannung in Europa. Reden, Fotos... Lamuv Verlag, Bornheim 1981, ISBN 3-921521-46-7, S. 55.
- ↑ FMA Members List. In: formermembers.eu. Archiviert vom am 24. September 2015; abgerufen am 1. September 2022 (französisch).
- ↑ Gastautor Eva Quistorp. In: Achse des Guten. Abgerufen am 1. September 2022.
- ↑ Kulturpolitische Gesellschaft e. V. Mitgliederinfo 3 • 2020 Seite 15: Personalia
- ↑ Dilek Kolat übergibt Bundesverdienstkreuz an Eva Quistorp. In: berlin.de. 7. Dezember 2017, abgerufen am 2. September 2022.
- ↑ „Blauer Bär“: EU-Kommission und Land Berlin zeichnen Europa-Engagement aus. In: europa.eu. 27. Oktober 2020, abgerufen am 2. September 2022.
- ↑ REALFICTIONFILME - Petra Kelly - Act Now! Abgerufen am 16. September 2024.
Personendaten | |
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NAME | Quistorp, Eva |
ALTERNATIVNAMEN | Quistorp, Eva-Maria (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | deutsche Politikerin (Grüne), MdEP |
GEBURTSDATUM | 27. August 1945 |
GEBURTSORT | Detmold |