Fieber unklarer Genese
Klassifikation nach ICD-10 | |
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R50 | Fieber unbekannter Ursache |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Fieber unklarer Genese, auch Fieber unbekannter Ursache (engl. fever of unknown origin (FUO), lat. febris e causa ignota (febris E.C.I.)) genannt, ist die Bezeichnung für eine zu verschiedenen Zeitpunkten gemessene Körpertemperatur von mehr als 38,3 °C über die Dauer von mehr als drei Wochen, ohne dass bei mehrfacher ärztlicher Diagnostik die Ursache bestimmt werden konnte.
Die Diagnose Fieber unklarer Genese ist keine eigenständige Krankheit, sondern vielmehr eine durch begrenzte diagnostische Möglichkeiten gestellte „Verlegenheitsdiagnose“. FUO ist – wie Fieber allgemein – ein Symptom vieler verschiedener Erkrankungen. In den meisten Fällen kann im weiteren Verlauf die dem Fieber zugrundeliegende Erkrankung diagnostiziert werden.
Definition
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ursprünglich wurde Fieber unklarer Genese 1961 durch Robert G. Petersdorf und Paul B. Beeson – die auch den angelsächsischen Begriff fever of unexplained origin prägten – wie folgt definiert:[1][2]
- Der Patient ist mindestens drei Wochen krank.
- Das Fieber war in dieser Zeit mehrfach höher als 38,3 °C.
- Trotz intensiver Untersuchung in stationärem Aufenthalt von einer Woche kann keine das Fieber auslösende Erkrankung diagnostiziert werden.
30 Jahre nach dieser Definition wurde 1991 durch D. T. Durack und A. C. Street das dritte Kriterium des Fiebers unklarer Genese neu definiert, indem nun ein dreitägiger stationärer Krankenhausaufenthalt oder drei ambulante Besuche ausreichen.[3]
Außerdem nahmen sie dabei eine Einteilung in vier Klassen vor, die nach wie vor gültig ist:[2]
- klassisches Fieber unklarer Genese
- nosokomiales Fieber unklarer Genese
- neutropenisches Fieber unklarer Genese und Fieber unklarer Genese bei Immunsuppression
- Fieber unklarer Genese bei HIV-Patienten
Das klassische Fieber unklarer Genese lässt sich wiederum in fünf Kategorien unterteilen: in Infektionen, Krebserkrankungen, Autoimmunerkrankungen, Manipulationen (vorgetäuschtes Fieber, Medikamentenfieber) sowie ungeklärte Ursachen.
Autoimmunerkrankungen sind neueren Studien zufolge die häufigste Ursache für Fieber unklarer Genese.[4] Darunter fallen Bindegewebserkrankungen, Vaskulitiden und granulomatöse Erkrankungen. Krebserkrankungen sind ebenfalls eine sehr häufige Ursache für Fieber unklarer Genese.
Diagnose
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Fieber unklarer Genese lässt sich anhand der Definition leicht durch wiederholte Messung der Körpertemperatur über den mindestens dreiwöchigen Zeitraum bestimmen. Allerdings ist Fieber nur ein Symptom einer Erkrankung und das primäre Ziel bei FUO ist es, die dem Fieber zugrundeliegende Erkrankung diagnostisch zu ermitteln, um eine geeignete Therapie einzuleiten. Allerdings existieren derzeit keine Leitlinien, um die Ursache von FUO evidenzbasiert zu diagnostizieren. Eine detaillierte Medizin, klinische Untersuchung und Labordiagnostik sind die Basis für alle weiteren Untersuchungen.[5][6]
Ein hilfreiches, allerdings auch sehr aufwändiges, Diagnoseverfahren ist die Positronen-Emissions-Tomographie mit Fluordesoxyglucose (FDG-PET).[7][8][9][10] Mit diesem bildgebenden Verfahren lassen sich sowohl Krebserkrankungen als auch Entzündungen und Infektionen lokalisieren.[11]
Therapie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Solange nicht die Ursache des Fieber ermittelt wurde und der Patient nicht akut krank ist, sind therapeutische Maßnahmen weitgehend sinnlos. Unspezifische Therapiemaßnahmen haben nur einen geringen Nutzen und sind für die Diagnosestellung meist eher hinderlich.[12]
Prognose
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Ursache für FUO sind sehr vielschichtiger Natur. Entsprechend stark hängt die Prognose von der das Fieber verursachenden Erkrankung ab. Wurde nach über sechs Monaten keine Erkrankung diagnostiziert, so ist die Prognose im Allgemeinen gut.[13]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- W. Handrick: Fieber unklarer Genese: Definition, Hinweise, diagnostisches Vorgehen. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, 2006, ISBN 3-8047-2287-3.
- D. C. Knockaert: Recurrent fevers of unknown origin. In: Infectious disease clinics of North America. Band 21, Nummer 4, Dezember 2007, S. 1189–211, xi, ISSN 0891-5520. doi:10.1016/j.idc.2007.08.004. PMID 18061093. (Review).
- M. J. Kortbus, K. C. Lee: Sinusitis and fever of unknown origin. In: Otolaryngologic clinics of North America. Band 37, Nummer 2, April 2004, S. 339–346, ISSN 0030-6665. doi:10.1016/S0030-6665(03)00183-X. PMID 15064066. (Review).
- S1-Leitlinie Fieber unklarer Genese der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ). In: AWMF online (Stand 2013)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ R. G. Petersdorf und P. B. Beeson: Fever of unexplained origin: report on 100 cases. In: Medicine. Band 40, Februar 1961, S. 1–30, ISSN 0025-7974. PMID 13734791.
- ↑ a b F. Thalhammer: DFP-Allgemeinmedizin: Fieber unbekannter Ursache In: Ärztemagazin 2, 2008
- ↑ D. T. Durack, A. C. Street: Fever of unknown origi – reexamined and redefined. In: Current clinical topics in infectious diseases. Band 11, 1991, S. 35–51, ISSN 0195-3842. PMID 1651090. (Review).
- ↑ S. Vanderschueren, D. Knockaert, T. Adriaenssens, W. Demey, A. Durnez, D. Blockmans, H. Bobbaers: From prolonged febrile illness to fever of unknown origin: the challenge continues. In: Archives of internal medicine. Band 163, Nummer 9, Mai 2003, S. 1033–1041, ISSN 0003-9926. doi:10.1001/archinte.163.9.1033. PMID 12742800.
- ↑ E. Märler-Hermann und J. F. Riemann: Fieber unklarer Genese. In: Der Internist 50, 2009, S. 653–655. doi:10.1007/s00108-009-2412-0
- ↑ J. Williams, R. Bellamy: Fever of unknown origin. In: Clinical medicine. Band 8, Nummer 5, Oktober 2008, S. 526–530, ISSN 1470-2118. PMID 18975488. (Review).
- ↑ D. C. Knockaert, S. Vanderschueren, D. Blockmans: Fever of unknown origin in adults: 40 years on. In: Journal of Internal Medicine. Band 253, Nummer 3, März 2003, S. 263–275, ISSN 0954-6820. PMID 12603493. (Review).
- ↑ E. Andres, L. Federici, A. Imperiale: Value of 18 FDG-PET/CT in clinical practice in patients with fever of unknown origin and unexplained prolonged inflammatory syndrome. In: European journal of radiology. Band 75, Nummer 1, Juli 2010, S. 122, ISSN 1872-7727. doi:10.1016/j.ejrad.2009.04.067. PMID 19497693.
- ↑ L. Federici, C. Blondet, A. Imperiale, J. Sibilia, J. L. Pasquali, F. Pflumio, B. Goichot, G. Blaison, J. C. Weber, D. Christmann, A. Constantinesco, E. Andrès: Value of (18)F-FDG-PET/CT in patients with fever of unknown origin and unexplained prolonged inflammatory syndrome: a single centre analysis experience. In: International journal of clinical practice. Band 64, Nummer 1, Januar 2010, S. 55–60, ISSN 1742-1241. doi:10.1111/j.1742-1241.2008.01774.x. PMID 18479364.
- ↑ J. Meller, C. O. Sahlmann, O. Gürocak, T. Liersch, B. Meller: FDG-PET in patients with fever of unknown origin: the importance of diagnosing large vessel vasculitis. In: The quarterly journal of nuclear medicine and molecular imaging. Band 53, Nummer 1, Februar 2009, S. 51–63, ISSN 1824-4785. PMID 19182728. (Review).
- ↑ C. P. Bleeker-Rovers, J. W. van der Meer, W. J. Oyen: Fever of unknown origin. In: Seminars in nuclear medicine. Band 39, Nummer 2, März 2009, S. 81–87, ISSN 1558-4623. doi:10.1053/j.semnuclmed.2008.10.002. PMID 19187801. (Review).
- ↑ D. A. Warrell u. a. (Hrsg.): The Oxford Textbook of Medicine. Oxford University Press, 2003, ISBN 0-19-262922-0.
- ↑ C. S. Bryan, D. Ahuja: Fever of unknown origin: is there a role for empiric therapy? In: Infectious disease clinics of North America. Band 21, Nummer 4, Dezember 2007, S. 1213–20, xi, ISSN 0891-5520. doi:10.1016/j.idc.2007.08.007. PMID 18061094. (Review).