Fossil-Lagerstätte Montceau-les-Mines
Die Fossil-Lagerstätte Montceau-les-Mines befindet sich in der französischen Region Bourgogne-Franche-Comté des Département Saône-et-Loire bei der Gemeinde Montceau-les-Mines. Die Lagerstätte zeichnet sich aus durch gut erhaltene, dreidimensionale Fossilien in runden Knollen (Konkretionen) aus Siderit und ist aufgrund ihrer exzeptionellen Erhaltung eine sogenannte Konservatlagerstätte. Günstige Gegebenheiten zum Zeitpunkt der Fossilisation wie rasche Einbettung unter anoxischen Bedingungen trugen maßgebend zum Erhalt von sowohl Hart- und Weichteilen der Tiere und Pflanzen bei.[1]
Geographische Lage
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Montceau-les-Mines Lagerstätte befindet sich in der Region Bourgogne-Franche-Comté im Zentrum von Frankreich. Diese Lagerstätte liegt im Kohlebecken von Blanzy-Montceau, westlich der früheren Bergbaustadt Montceau-les-Mines. Die Fossilien stammen aus den drei Tagebauminen Saint-Louis (46° 41′ 25″ N, 4° 22′ 33″ O), Sainte-Hélène (46° 40′ 1″ N, 4° 20′ 38″ O) und Saint-Francois (46° 41′ 7″ N, 4° 21′ 40″ O), welche sich entlang des Nordost-Südwest verlaufenden Kohlebeckens befinden.[2]
Geologie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Geologischer Rahmen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Fossillagerstätte liegt im Nordosten des französischen Zentralmassivs, welches in Folge der Variszischen Orogenese entstand. Zum Zeitpunkt der Entstehung befand sich die Lokation an Äquatorialer Lage. Während dem Gebirgsbildungsprozess faltete sich das Gebiet, wodurch sich lokal eine Nordost-Südwestlich verlaufende Störungszone bildete. Entstandene Becken an jener Störungszone, bildeten unter anderem die Basis für eine hohe Rate an Sedimenteinträgen und Pflanzenmaterial für das lokale Kohlevorkommen und die Fossilien in Montceau-les-Mines.[1]
Entstehungsgeschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die heutige Lagerstätte entstand im späten Karbon (Stefanium / spätes Pennsylvanium) und war ein Pflanzenreiches Becken mit tropischem Klima. Für die damalige Umgebung wird ein sumpfiges Süßwasser-Ökosystem mit vielen Flüssen und Seen angenommen.[1]
Die Pflanzen- und Tierfossilien wurden schnell unter feinkörnigen Sedimenten wie tonigem Schluff und schluffigen Tonsteinen sowie unter Anwesenheit von eisenhaltigen Karbonaten eingebettet. Aufgrund schneller Sedimentation stellen sich anoxische Bedingungen ein, die den Zersetzungsprozess des Lebewesens verlangsamen oder gar verhindern. Im Wasser vorhandenes Eisen formt mit CO2 schließlich das Eisenkarbonat Siderit, welches sich am Fossil anlagert.
In weiteren Schritten werden Hohlräume durch Kalzit und Pyrit ausgefüllt. Unter stärker werdendem Druck und fortschreitender Diagenese entstanden schließlich rundliche Konkretionen die das Fossil schützen. Bei den in der Lagerstätte gefundenen Fossilien konnten unterschiedlich weit fortgeschrittene Stadien der Konkretionsbildung beobachtet werden.[3] Die meisten Konkretionen sind in der Kohleflöz-reichen 500 – 700 m mächtigen „Great Seams“ – Formation zu finden. Dabei befand sich der Großteil der Konkretionen zwischen den „1st Seam“ und den „Toit Seam“ Einheiten in schluffigen Tonsteinen unter Anwesenheit von Eisenkarbonat-haltigen Schichten.[1]
Datierung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Datierung von Fossilien der Lagerstätte ergab ein Alter von 303–307 Millionen Jahren. Damit kann sie dem Karbon, genauer dem späten Pennsylvanium zugeordnet werden.[1][4]
Taphonomie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Fossilien in Montceau-les-Mines sind außergewöhnlich gut erhalten, oft mit feinen anatomischen Details, weswegen man hier von einer Konservatlagerstätte sprechen kann.
Sie kommen hauptsächlich dreidimensional erhalten in Form von rundlichen eisenhaltigen Konkretionen vor, aber auch in flacher Form in Schiefern.[1][5]
Die durch Konkretionen erhaltenen Fossilien zeigen nur selten disartikulierte Exemplare und oft eine gute Erhaltung von Weichteilen und anderen fragilen Details, welche für gewöhnlich schneller verloren gehen. Die außergewöhnlich gute Erhaltung ist hauptsächlich auf die Schnelle sedimentäre Einbettung und schnelle Einstellung von anoxischen Bedingungen zurückzuführen. Zusätzlich führen weitere begünstigende Faktoren wie eine frühe Sideritbildung sowie Phosphatisierung von Weichteilen zu einem besseren Erhalt der Lebewesen.[1][3]
Funde
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Flora
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Es wurden zahlreiche Pflanzenfossilien identifiziert, darunter hauptsächlich Bärlapppflanzen (Lycopodiopsida), Equisetopsida (Sphenopsida), Pteridospermen, Farne und Cordaitales, welche typisch für tropische Klimazonen im Karbon sind.[1][6]
Fauna
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Wirbellose
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Lagerstätte enthält darüber hinaus viele Tierfossilien, wovon hauptsächlich Gliederfüßer (Arthropoden) den Großteil der bisher identifizierten Tierfossilien ausmachen wie z. B. Insekten, Tausendfüßler (Myriapoden), Krebstiere (Crustacea), Cheliceraten darunter Spinnentieren (Arachniden) sowie Pfeilschwanzkrebse (Xiphosura).
Weitere gefundene Wirbellose Lebewesen sind unter anderem Stummelfüßer (Onychophora), Ringelwürmer (Annelida) und Muscheln (Bivalvia)[1][4][7][8]
Fische und Amphibien
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Identifizierte Vertreter der Fische sind Knochenfische (Osteichthyes) mit Exemplaren von den am häufigsten vorkommenden Strahlenflossern und Fleischflossern. Darüber hinaus gibt es Funde von Rundmäulern, darunter Schleimaale (Myxinidae) und Neunaugen (Petromyzontida).
Forschungsgeschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Wissenschaftliche Ausgrabungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Wissenschaftliche Ausgrabungen der Montceau-les-Mines Lagerstätte begannen in den 1970er Jahren. Zunächst wurden in den dortigen Kohle-Tagebau Minen (Saint-Louis, Sainte-Hélène und Saint-Francois) erste Konkretionen entdeckt, woraufhin Daniel Sotty und sein Team weitere Ausgrabungen in Zusammenarbeit mit dem örtlichen Museum von Autun organisierte. Zwischen 1979 und 1982 wurden mehr als 120.000 Konkretionen gesammelt, viele davon nun im Museum von Autun, wobei viele bis heute ungeöffnet blieben. Schnell ergaben sich neue internationale Kooperationen für weitere Studien. Nachdem in den 1990er Jahren die Minen schlossen, wurden sie verschüttet oder geflutet, weswegen die fossilienreichen Schichten nicht mehr zugänglich sind.[1]
2024 konnte anhand exzeptionell gut erhaltener Fossilien der Kopf des Riesen-Tausendfüssers Arthropleura rekonstruiert werden, was Rückschlüsse auf die Verwandtschaftsverhältnisse zwischen Arthropleuriden und rezenter Myriapodengruppen zuliess.[9]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Perrier V., Charbonnier S. (2014): The Montceau-les-Mines Lagerstätte (Late Carboniferous, France), https://doi.org/10.1016/j.crpv.2014.03.002
- Lheritier M. et al. (2023): Fossils from the Montceau-les-Mines Lagerstätte (305 Ma) shed light on the anatomy, ecology and phylogeny of Carboniferous millipedes,
- Charbonnier S., Chabard D. (2014): The nodules from the Late Carboniferous Montceau-les-Mines Lagerstätte, France: History of the Collection Sotty 2. Annales de Paléontologie Volume 100, Issue 2, April–June 2014, Pages 99–102, https://doi.org/10.1016/j.annpal.2013.08.001
- Garwood R. J. et al. (2016): Carboniferous Onychophora from Montceau-les-Mines, France,and onychophoran terrestrialization. Invertebrate Biology 135(3): 179–190. DOI:10.1111/ivb.12130
- Racheboeuf P. R., Vannier J., Anderson L.I. (2002), A New Three-Dimensionally Preserved Xiphosuran Chelicerate from the Montceau-Les-Mines Lagerstätte (Carboniferous, France). Palaeontology, 45: 125–147. https://doi.org/10.1111/1475-4983.00230
- Garwood R. J. et al. (2016): Almost a spider: a 305-million-year-old fossil arachnid and spider origins. https://doi.org/10.1098/rspb.2016.0125
- Heyler D., Poplin C. M. (1988): The Fossils of Montceau-les-Mines, Scientific American, Vol. 259, No. 3, pp. 104–111 (8 pages), https://www.jstor.org/stable/24989233
- Germain D. et al. (2014): The presumed hagfish Myxineidus gononorum from the Upper Carboniferous of Montceau-les-Mines (Saône-et-Loire, France): New data obtained by means of Propagation Phase Contrast X-ray Synchrotron Microtomography, Annales de Paléontologie, Volume 100, Issue 2, Pages 131–135, https://doi.org/10.1016/j.annpal.2013.12.003
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c d e f g h i j Vincent Perrier, Sylvain Charbonnier: The Montceau-les-Mines Lagerstätte (Late Carboniferous, France). In: Comptes Rendus Palevol. Band 13, Nr. 5, Juli 2014, S. 353–367, doi:10.1016/j.crpv.2014.03.002 (cr-palevol.fr [abgerufen am 30. Juli 2024]).
- ↑ Mindat.org. Abgerufen am 12. August 2024.
- ↑ a b Sylvain Charbonnier, Dominique Chabard: Les nodules du Carbonifère supérieur du Lagerstätte de Montceau-les-Mines, France : historique de la Collection Sotty 2. In: Annales de Paléontologie. Band 100, Nr. 2, April 2014, S. 99–102, doi:10.1016/j.annpal.2013.08.001 (elsevier.com [abgerufen am 30. Juli 2024]).
- ↑ a b Mickael Lheritier, Jean Vannier, Gilles Escarguel, Vincent Perrier: 3D models related to the publication: Fossils from the Montceau-les-Mines Lagerstätte (305 Ma) shed light on the anatomy, ecology and phylogeny of Carboniferous millipedes. In: MorphoMuseuM. Band 9, Nr. 1, 21. Februar 2023, ISSN 2274-0422, S. e179, doi:10.18563/journal.m3.179.
- ↑ Patrick R. Racheboeuf, Jean Vannier, Lyall I. Anderson: A New Three‐Dimensionally Preserved Xiphosuran Chelicerate from the Montceau‐Les‐Mines Lagerstätte (Carboniferous, France). In: Palaeontology. Band 45, Nr. 1, Januar 2002, ISSN 0031-0239, S. 125–147, doi:10.1111/1475-4983.00230 (wiley.com [abgerufen am 30. Juli 2024]).
- ↑ Daniel Heyler, Cecile M. Poplin: The Fossils of Montceau-Les-Mines. In: Scientific American. Band 259, Nr. 3, September 1988, ISSN 0036-8733, S. 104–110, doi:10.1038/scientificamerican0988-104.
- ↑ Russell J. Garwood, Gregory D. Edgecombe, Sylvain Charbonnier, Dominique Chabard, Daniel Sotty, Gonzalo Giribet: Carboniferous Onychophora from Montceau‐les‐Mines, France, and onychophoran terrestrialization. In: Invertebrate Biology. Band 135, Nr. 3, September 2016, ISSN 1077-8306, S. 179–190, doi:10.1111/ivb.12130, PMID 27708504, PMC 5042098 (freier Volltext) – (wiley.com [abgerufen am 30. Juli 2024]).
- ↑ Russell J. Garwood, Jason A. Dunlop, Paul A. Selden, Alan R. T. Spencer, Robert C. Atwood, Nghia T. Vo, Michael Drakopoulos: Almost a spider: a 305-million-year-old fossil arachnid and spider origins. In: Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences. Band 283, Nr. 1827, 30. März 2016, ISSN 0962-8452, S. 20160125, doi:10.1098/rspb.2016.0125, PMID 27030415, PMC 4822468 (freier Volltext) – (royalsocietypublishing.org [abgerufen am 30. Juli 2024]).
- ↑ Mickaël Lhéritier, Gregory D. Edgecombe, Russell J. Garwood, Adrien Buisson, Alexis Gerbe, Nicolás Mongiardino Koch, Jean Vannier, Gilles Escarguel, Jérome Adrien, Vincent Fernandez, Aude Bergeret-Medina, Vincent Perrier: Head anatomy and phylogenomics show the Carboniferous giant Arthropleura belonged to a millipede-centipede group. In: Science Advances. Band 10, Nr. 41, 11. Oktober 2024, ISSN 2375-2548, doi:10.1126/sciadv.adp6362, PMID 39383233, PMC 11463278 (freier Volltext) – (science.org [abgerufen am 21. Oktober 2024]).