Gefährdendes Verbreiten personenbezogener Daten

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Das gefährdende Verbreiten personenbezogener Daten ist ein in § 126a des deutschen Strafgesetzbuches normiertes Vergehen, das mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft wird.

Der mit Wirkung zum 22. September 2021 eingeführte Tatbestand[1] richtet sich dabei insbesondere gegen das Verbreiten sogenannter Todes- oder Feindeslisten (sog. Doxing).[2] Bereits 1992 rief die rechtsextreme Broschüre Der Einblick dazu auf, „möglichst viele personenbezogene Daten über die antifaschistischen Gewalttäter sowie deren Unterstützer bis hin ins bürgerliche Lager zu sammeln und abrufbar zu dokumentieren“.[3] Das Phänomen etablierte sich unter anderem in der rechtsextremen Szene und wurde vom Mittel der Wahl in privaten Fehden im Netz zur politischen Waffe gegen Politiker, Prominente und Journalisten.[4] Unmittelbarer Anstoß für den Gesetzesentwurf war dann die 2018 bekannt gewordene Feindesliste des rechtsextremen Netzwerks Nordkreuz.

Kritisiert wird, dass der Straftatbestand eine Vorverlagerung der Strafbarkeit darstelle. Auch bestehe die Gefahr der Kriminalisierung unliebsamer journalistischer oder zivilgesellschaftlicher Berichterstattung.[5][6]

(1) Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) personenbezogene Daten einer anderen Person in einer Art und Weise verbreitet, die geeignet und nach den Umständen bestimmt ist, diese Person oder eine ihr nahestehende Person der Gefahr

1. eines gegen sie gerichteten Verbrechens oder

2. einer gegen sie gerichteten sonstigen rechtswidrigen Tat gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder gegen eine Sache von bedeutendem Wert auszusetzen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Handelt es sich um nicht allgemein zugängliche Daten, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.

(3) § 86 Absatz 4 gilt entsprechend.

Durch den Verweis auf § 86 StGB, der das Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger und terroristischer Organisationen unter Strafe stellt, ist auch das gefährdende Verbreiten personenbezogener Daten nicht strafbar, wenn es sozialadäquat ist und „die Handlung der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dient“ (§ 86 Abs. 4 StGB).[7]

Kriminologie / Statistik

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In der Polizeilichen Kriminalstatistik wurde zu Beginn des Jahres 2022 der Schlüssel 620016 mit dem Text „Strafbarkeit sogenannter Feindeslisten § 126a StGB“ eingeführt. Ab 2022 sollten diese Delikte also unter dem Schlüssel 620000 subsumiert werden.[8][9] Nordrhein-Westfalen berichtet in ihren PKS für 2022[10] von 9 Fällen und 2023[11] von 37 Fällen. Rechnet man das als repräsentativ für Gesamtdeutschland hoch, so ergeben sich jährlich deutschlandweit 41 bis 171 Fälle.

Einzelnachweise

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  1. vgl. Art. 1 Nr. 7 des Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes gegen sogenannte Feindeslisten, Strafbarkeit der Verbreitung und des Besitzes von Anleitungen zu sexuellem Missbrauch von Kindern und Verbesserung der Bekämpfung verhetzender Inhalte sowie Bekämpfung von Propagandamitteln und Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen vom 14. September 2021, BGBl. I S. 4250, 4251
  2. Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes gegen sogenannte Feindeslisten. In: bmj.de. Bundesministerium der Justiz, 21. September 2021, abgerufen am 14. August 2024.
  3. Oliver Schröm, Andrea Röpke: Stille Hilfe für braune Kameraden: Das geheime Netzwerk der Alt- und Neonazis. Ein Inside-Report. Ch. Links Verlag, 2012, ISBN 978-3-86284-085-4 (google.de [abgerufen am 29. Juni 2023]).
  4. Jannis Brühl: Private Daten im Netz: Doxing - eine alte Hacker-Waffe trifft den deutschen Mainstream. Süddeutsche Zeitung, 8. Januar 2019.
  5. Janine Patz: (K)eine Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes gegen Feindeslisten? – Leerstellen und ungenutzte Handlungspotenziale anlässlich des neu geschaffenen Straftatbestandes. In: Kriminalpolitische Zeitschrift. 29. Juli 2021, abgerufen am 29. Juni 2023.
  6. Charlotte Korenke, Marius Kühne, Sebastian Golla: Gefährdung via Retweet: Der Fall Pudding zeigt die Schwächen von § 126a StGB. In: Verfassungsblog. Berlin 29. Juni 2023 (verfassungsblog.de [abgerufen am 29. Juni 2023]).
  7. Sören Schneider: Aktueller Begriff: Der strafrechtliche Schutz gegen sog. Feindeslisten nach § 126a StGB. Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, 8. November 2021.
  8. PKS-Jahrbuch 2022 Brandenburg
  9. PKS-Jahrbuch 2022 Niedersachsen
  10. PKS 2022 Nordrhein-Westfalen
  11. PKS 2023 Nordrhein-Westfalen