Andrea Röpke
Andrea Röpke (* 1965) ist eine deutsche Politologin und Journalistin mit dem Themenschwerpunkt Rechtsextremismus.
Tätigkeit
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Andrea Röpke publiziert seit Anfang der 1990er Jahre zum Neonazismus und ist insbesondere durch ihre Insider-Reportagen dazu bekannt. Ihre Arbeiten, etwa über Freie Kameradschaften oder die Heimattreue Deutsche Jugend, wurden bisher beispielsweise in den TV-Magazinen Panorama, Fakt oder Spiegel TV sowie in überregionalen Zeitschriften und Magazinen wie dem Spiegel,[1] der Süddeutschen Zeitung, dem Focus oder dem Stern veröffentlicht. Ihre Reportagen sind Teil des Angebots der Bundeszentrale für politische Bildung. Sie schreibt außerdem für die Zeitschrift Der Rechte Rand. Röpke ist Mitglied der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten.[2]
Anlässlich einer Vorstellung ihres Dokumentarfilms Ferien im Führerbunker stellte sie Untersuchungen zur Erziehung von Kindern durch politisch rechtsextrem eingestellte Eltern vor.[3] Nach der Auflösung der Heimattreuen Deutschen Jugend durch den Bundesminister des Innern Wolfgang Schäuble warnte Röpke davor, die Wirksamkeit des Verbotes überzubewerten.[4]
Im Zuge ihrer Recherchen über die rechtsextreme Szene wurde Andrea Röpke mehrfach tätlich angegriffen,[5] so anlässlich einer Zusammenkunft der Heimattreuen Deutschen Jugend im November 2006 in einem Supermarkt von deren Vorsitzenden Sebastian Räbiger, der dafür wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt wurde.[6] Auf rechtsextremen Internetportalen wurde überdies ein Steckbrief veröffentlicht.[7][8]
In verschiedenen parlamentarischen Untersuchungsausschüssen zur rechtsextremen Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund war Röpke als Sachverständige geladen.[9]
Affäre um Datenspeicherung durch den Verfassungsschutz Niedersachsen und das Landeskriminalamt Niedersachsen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Am 9. März 2005 trat Röpke auf einer Veranstaltung von Bündnis 90/Die Grünen Bremen auf, bei der der Film Neonazistische Umtriebe in Bremen gezeigt wurde. Ein Bürger erstattete Anzeige gegen die Journalistin, weil sie erklärt haben soll, sie werde „gegen den Faschismus in jeder Form kämpfen“. Die Staatsanwaltschaft Bremen leitete daraufhin wegen des Verdachts der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten ein Verfahren ein, das kurze Zeit später eingestellt wurde. Da Röpke ihren Wohnsitz in Niedersachsen hat, leitete das Bremer Landesamt für Verfassungsschutz eine förmliche Polizeimitteilung an den niedersächsischen Verfassungsschutz weiter. Daraufhin legte der Verfassungsschutz Niedersachsen eine Akte über sie an. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius sprach von einer unrechtmäßigen Überwachung.[10][11] Auf Anfrage von Röpke teilte der Verfassungsschutz im Jahr 2012 mit, dass keine Daten über Röpke gespeichert seien. Tatsächlich wurden die Einträge nach der Anfrage gelöscht. Röpke stellte Strafanzeige wegen des Verdachts der Urkundenunterdrückung.[12] 2014 reichte sie Klage gegen den niedersächsischen Verfassungsschutz beim Verwaltungsgericht Stade ein, um Einsicht aller ihrer Akten zu erzwingen.[13]
2018 erstattete ein Papenburger Ratsherr der Partei AfD über die Onlinewache der Polizei eine Strafanzeige gegen Röpke wegen übler Nachrede in Verbindung mit beleidigenden Inhalten, weil sie ihn in einer Veröffentlichung in der SPD-Parteizeitung Vorwärts im Zusammenhang mit der nationalsozialistischen Vereinigung Nordadler genannt hatte. Das Ermittlungsverfahren wurde von der Staatsanwaltschaft Verden nach § 170 StPO eingestellt, da ein Verfahrenshindernis wegen fehlenden Strafantrags durch den Geschädigten vorlag. Das Landeskriminalamt Niedersachsen speicherte aufgrund der Strafanzeige die Daten von Andrea Röpke in der bundesweiten Verbunddatei INPOL-FALL Innere Sicherheit. Als Röpke 2018 die Löschung ihrer Daten beantragte, wurde dies 2019 vom Landeskriminalamt abgelehnt, weil sie in staatsschutzrechtlichen Verfahren regelmäßig in Erscheinung treten würde. Das Verwaltungsgericht Stade gab der Klage von Röpke mit Urteil vom 28. April 2022 (Az.: 10 A 553/19) statt und stellte fest, dass die Speicherung ebenso rechtswidrig wie die Verweigerung der Löschung der Daten war.[14] Anschließend erklärte das Landeskriminalamt, dass der Behörde Fehler unterlaufen seien, und kündigte eine Prüfung auf mögliche weitere Falschspeicherungen im System an.[15] Die Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen Niedersachsen forderte von Innenminister Boris Pistorius (SPD), die Speicherpraxis des Landeskriminalamtes durch eine externe Kommission und die Landesdatenschutzbeauftragte überprüfen zu lassen.[16]
Ausschluss von der Berichterstattung über den AfD-Landesparteitag
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Auf dem Landesparteitag der AfD Mecklenburg-Vorpommern im Februar 2016 wurde von einem Parteimitglied der Ausschluss Röpkes beantragt und mit einer großen Mehrheit beschlossen. Sie wurde daraufhin von der Berichterstattung über die Versammlung ausgeschlossen. Journalistenverbände kritisierten den Ausschluss als Angriff auf die Pressefreiheit.[17][18]
Schriften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Braune Kameradschaften. Die neuen Netzwerke der militanten Neonazis. Berlin, Ch. Links Verlag 2004, ISBN 3-86153-316-2.
- „Wir erobern die Städte vom Land aus!“ Schwerpunktaktivitäten der NPD und Kameradschaftsszene in Niedersachsen. Braunschweig, Bildungsvereinigung Arbeit und Leben 2005, ISBN 3-932082-15-X.
- „Retterin der weißen Rasse“. Rechtsextreme Frauen zwischen Straßenkampf und Mutterrolle. Braunschweig, Bildungsvereinigung Arbeit und Leben 2006, ISBN 3-932082-17-6.
- Stille Hilfe für braune Kameraden. Das geheime Netzwerk der Alt- und Neonazis. Berlin, Ch. Links Verlag 2002, ISBN 3-86153-231-X / Berlin, Aufbau Taschenbuch Verlag 2006, ISBN 3-7466-7054-3.
- Ferien im Führerbunker. Die neonazistische Kindererziehung der „Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ)“. Braunschweig, Bildungsvereinigung Arbeit und Leben 2007, ISBN 978-3-932082-31-3.
- mit Andreas Speit: Neonazis in Nadelstreifen: Die NPD auf dem Weg in die Mitte der Gesellschaft. Ch. Links Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-86153-467-9.
- mit Andreas Speit: Mädelsache! Frauen in der Neonazi-Szene. Berlin, Ch. Links Verlag 2011, ISBN 978-3-86153-615-4.
- Braune Kameradin – Frauen in der Neonazi-Szene, Dokumentarfilm auf DVD, Braunschweig, Bildungsvereinigung Arbeit und Leben 2011, ISBN 978-3-932082-45-0.
- mit Andreas Speit (Hrsg.): Blut und Ehre. Geschichte und Gegenwart rechter Gewalt in Deutschland. Berlin 2013, ISBN 978-3-86153-707-6.
- Gefährlich verankert – Rechtsextreme Graswurzelarbeit, Strategien und neue Netzwerke in Mecklenburg-Vorpommern, Schwerin, SPD-Landtagsfraktion MV, ISBN 978-3-00-048292-2.
- 2017 Jahrbuch rechte Gewalt. Chronik des Hasses, Droemer Knaur, München 2017, ISBN 978-3-426-78904-9.
- 2018 Jahrbuch rechte Gewalt. Chronik des Hasses, Droemer Knaur, München 2018, ISBN 978-3-426-78913-1.
- mit Andreas Speit: Völkische Landnahme. Alte Sippen, junge Siedler, rechte Ökos, Berlin, Ch. Links Verlag 2019, ISBN 978-3-86153-986-5.
- Online-Publikationen der Bundeszentrale für politische Bildung
- Mitten in der Öffentlichkeit. Journalisten als Opfer. Bundeszentrale für politische Bildung, 15. Dezember 2006
- Wichtig für den Stimmenfang? Oder nur zum Wäschewaschen? Rechte Frauen in der Männerwelt der NPD. Bundeszentrale für politische Bildung, 11. Oktober 2007
- Braune Parallelwelt. Die ideologische Arbeit der HDJ. Bundeszentrale für politische Bildung, 17. Juni 2008
- Im Untergrund, aber nicht allein. Aus Politik und Zeitgeschichte (APuZ 18-19/2012), 30. April 2012
Auszeichnungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]2005 erhielt sie zusammen mit René Schulthoff den Journalistenpreis des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz für ihre buten-un-binnen-Reportage „Gedenkstätten wider Willen“ über das Stammlager bei Sandbostel.
Für das Jahr 2006 wurde sie als „Reporterin des Jahres“ durch das Medium Magazin ausgelobt.
2007 wurde sie gemeinsam mit Anton Maegerle und Thomas Kuban mit dem durch das Netzwerk Recherche gestifteten Leuchtturm-Preis für „besondere publizistische Leistungen“ ausgezeichnet.[19]
Im Oktober 2008 erhielt sie den Otto-Brenner-Preis in der Kategorie Newcomer-/Medienprojekt für ihre Recherchen zum Thema Rechtsextremismus. Ihre Arbeit, so das Urteil der Jury, sei „praktizierter Verfassungsschutz – journalistische Nothilfe für Demokratie und Grundrechte“.
Am 25. April 2009 bekam sie den Preis „Das unerschrockene Wort“ des Bundes der Lutherstädte.[20] Ebenfalls 2009 erhielt Andrea Röpke den Alternativen Medienpreis[21] und am 11. März 2009 als eine der Endrundenteilnehmerinnen der Region Europa den International Women of Courage Award des US-Außenministeriums.[22]
2012 wurde sie von der Branchenzeitschrift Medium Magazin als Journalistin des Jahres 2011 in der Fachkategorie Politik ausgezeichnet. In der Laudatio heißt es: Ihre Hartnäckigkeit und der Mut, für ihre Recherchen immer wieder auch persönliche Gefahren in Kauf zu nehmen, sind ein Vorbild für alle Kollegen.[23]
Der Zentralrat der Juden in Deutschland verlieh ihr 2015 den Paul-Spiegel-Preis für Zivilcourage,[24] im gleichen Jahr erhielt sie auch den Alfred-Müller-Felsenburg-Preis für aufrechte Literatur.[25]
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Andrea Röpke im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Kurzbiografie und Rezensionen zu Werken von Andrea Röpke bei Perlentaucher
- Trailer zum Film Braune Kameradin – Frauen in der Neonazi-Szene auf YouTube
- Andrea Röpke bei IMDb
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Maik Baumgärtner, Andrea Röpke: Kindheit am rechten Rand. In: Spiegel Online. 21. Juli 2011, abgerufen am 21. Juli 2011.
- ↑ Aufruf zum Antikriegstag in Bremen 2001: Nie wieder Faschismus – Nie wieder Krieg! In: Der Bremer Antifaschist. Nr. 09, 2001, ZDB-ID 1386803-2, S. 7.
- ↑ Joachim Gries: Neonazis erziehen ihre Führungskader. In: Cellesche Zeitung. 23. September 2010.
- ↑ Philipp Wittrock: Rechtsextreme Kinderfänger organisieren sich neu. In: Spiegel Online. 31. März 2009.
- ↑ Andrea Röpke: Mitten in der Öffentlichkeit. In: Bundeszentrale für politische Bildung. 15. Dezember 2006, abgerufen am 24. März 2011.
- ↑ Andreas Speit: Prügel im Supermarkt. In: die Tageszeitung. 12. Dezember 2008, abgerufen am 24. März 2011.
- ↑ Holger Kulick: Wenn Redaktionen Flagge zeigen. In: Bundeszentrale für politische Bildung. 25. Mai 2007, abgerufen am 18. Dezember 2010.
- ↑ Susanne Führer: Andrea Röpke: Rechtsextremismus in Westdeutschland wird unterschätzt. In: Deutschlandradio Kultur. 16. Dezember 2008, abgerufen am 24. März 2011.
- ↑ Beispielsweise im ersten NSU-Ausschuss des Bundestages in der Sitzung am 22. März 2012: Protokolle des NSU-Untersuchungsausschusses im Bundestag. Bundeszentrale für politische Bildung, 12. März 2014.
- ↑ Teresa Havlicek & Andreas Speit: Überwachte Journalistin wehrt sich: Geheimniskrämerei verklagt. In: die Tageszeitung. 31. Januar 2014.
- ↑ Verfassungsschutz: Journalistin besteht auf Auskunft. In: Der Spiegel. Nr. 7, 2014, S. 16 (online).
- ↑ Andreas Speit: Überwachung der Journalistin Röpke: Vom Verfassungsschutz belogen. In: die Tageszeitung. 19. September 2013.
- ↑ Hoffnung auf Akteneinsicht: Journalistin Röpke klagt gegen Verfassungsschutz. In: Süddeutsche Zeitung. 30. Januar 2014.
- ↑ Verwaltungsgericht Stade – Urteil vom 28.04.2022 – Az.: 10 A 553/19
- ↑ Stefan Schölermann, Angelika Henkel: Fehler im Fall Röpke: LKA will Staatsschutz-Akten durchleuchten, NDR, 2. August 2022
- ↑ Mandy Sarti: Fall Röpke: Grüne wollen LKA-Datenspeicherung aufklären, NDR, 3. August 2022
- ↑ Journalistin fliegt bei AfD-Parteitag raus. In: Welt Online. 20. Februar 2016 (welt.de [abgerufen am 20. Februar 2016]).
- ↑ Journalistenverband: AfD verletzt Pressefreiheit. In: NDR.de. 22. Februar 2016 (ndr.de [abgerufen am 22. Februar 2016]).
- ↑ "Leuchtturm für besondere publizistische Leistungen" 2007 für Andrea Röpke, Anton Maegerle und Thomas Kuban. In: Netzwerk Recherche.
- ↑ Andrea Röpke – die Preisträgerin 2009. In: Stadt Worms. Abgerufen am 19. November 2008.
- ↑ Malte Burdekat: Ferien im Führerbunker. ( vom 4. Oktober 2013 im Internet Archive) In: Alternativer Medienpreis, Mai 2009 (PDF; 36 kB).
- ↑ Journalistin Andrea Röpke im Rahmen des “International Women of Courage Award” von der US-Botschaft in Berlin geehrt. In: germany.usembassy.gov. 11. März 2009, archiviert vom am 27. Mai 2010; abgerufen am 18. Dezember 2010.
- ↑ Die Journalisten des Jahres 2011. In: Medium Magazin. Abgerufen am 31. Januar 2012.
- ↑ Zentralrat der Juden in Deutschland verleiht Paul-Spiegel-Preis 2015. 21. April 2015.
- ↑ „Alfred-Müller-Felsenburg-Preis für aufrechte Literatur“ geht an die Journalistin Andrea Röpke. In: Westfalen heute. 13. Juli 2015, archiviert vom am 20. Juli 2018; abgerufen am 20. Juli 2018.
Personendaten | |
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NAME | Röpke, Andrea |
KURZBESCHREIBUNG | deutsche Politologin und Journalistin |
GEBURTSDATUM | 1965 |