Pinsk

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Pinsk / Pinsk
Пінск / Пинск
(belarus.) / (russisch)
Wappen
Wappen
Wappen
Flagge
Flagge
Flagge
Staat: Belarus Belarus
Woblasz: Brest
Koordinaten: 52° 7′ N, 26° 6′ OKoordinaten: 52° 7′ N, 26° 6′ O
Fläche: 47,36 km²
 
Einwohner: 137.961 (1. Jan. 2018)
Bevölkerungsdichte: 2.913 Einwohner je km²
Zeitzone: Moskauer Zeit (UTC+3)
Telefonvorwahl: (+375) 165
Postleitzahl: BY – 225710
Kfz-Kennzeichen: 1
 
Webpräsenz:
Pinsk (Belarus)
Pinsk (Belarus)
Pinsk
Blick auf Pinsk von einer Brücke über die Pina

Pinsk (belarussisch Пінск; russisch Пинск; polnisch Pińsk; ukrainisch neben Пінськ auch Пинськ Pynsk oder Пинське Pynske) ist eine Stadt im Südwesten der Republik Belarus in der Breszkaja Woblasz mit etwa 138.000 Einwohnern (1. Januar 2018)[1], inmitten der Prypjatsümpfe, nahe der Grenze zur Ukraine. Die Stadt besitzt eine sehenswerte barocke Altstadt.

Nahe Pinsk mündet der Dnepr-Bug-Kanal in den Prypjat.

Beschreibung: In Rot ein nach links zielender gespannter goldener Bogen mit silber-gespitztem goldenem Pfeil.

Pinsk liegt an den beiden Flüssen Pina und Prypjat. Durch Kanalbauten Ende des 18. Jahrhunderts (noch unter Polen) wurden die beiden Flüsse miteinander verbunden, so dass Pinsk über den Wasserweg (von der Ostsee bis ins Schwarze Meer) direkte Verbindung zu den damaligen Weltstädten Kiew, Königsberg und Danzig hatte. Im Süden grenzt der Fluss Pina die Stadt gegen die am anderen Flussufer beginnende Sumpflandschaft der Region Polesien ab.[2]

Pinsk erscheint in den Chroniken erstmals 1097 als Pinesk im Besitz der Fürsten von Turow, Spätestens 1174 war es Zentrum eines eigenen Fürstentums Pinsk. 1319 wurde es von Litauen erobert. 1565 wurde das Fürstentum Pinsk in die Powiat Pinsk in der Woiwodschaft Brześć Litewski umgewandelt.

Von 1569 an gehörte die Stadt zu Polen-Litauen. Nach der zweiten Teilung Polens kam sie 1793 als Teil des Gouvernements Minsk unter die Herrschaft des Russischen Kaiserreiches. 1920 wurde Pinsk wieder Polen angegliedert und stand 1939/41 unter sowjetischer, 1941/44 unter deutscher Okkupation. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Pinsk 1945 der Weißrussischen SSR angeschlossen und damit Teil der Sowjetunion. Seit deren Zerfall ist sie eine belarussische Stadt.

Pinsk war bis zum Holocaust ein bedeutendes Zentrum des Judentums. Im Jahr 1900 waren 77 Prozent der Einwohner aschkenasische Juden. Pinsk galt als die Stadt mit den meisten jüdischen Bewohnern im Russischen Zarenreich.[2] Hier entwickelte sich der Chassidismus, eine besonders strenge mystische Bewegung innerhalb des Judentums.[2] In den 1920er Jahren siedelten einige Juden aus ökonomischen Gründen an das Schwarze Meer sowie nach Wien, Budapest und die Vereinigten Staaten um. Im Jahr 1939 waren 27.000 der 30.000 Einwohner von Pinsk Juden.

Im September 1939 wurde die Stadt zunächst durch sowjetische Truppen besetzt. Einige Tage nach dem Überfall auf die Sowjetunion eroberte die deutsche Wehrmacht am 4. Juli 1941 Pinsk und ließ kurz darauf einen Judenrat einsetzen. Anfang August rückte das 2. SS-Kavallerieregiment unter dem Kommando von Franz Magill in die Stadt ein. Zwischen dem 5. und 9. August 1941 erschossen die Männer des Kavallerieregiments bei Posenitschi, rund sechs Kilometer außerhalb der Stadt, an die 9000 jüdische Männer.[3] Die am Leben gebliebenen Pinsker Juden, eigentlich nur mehr Frauen und Kinder, mussten am 1. Mai 1942 auf Befehl der deutschen Besatzungsverwaltung in das Ghetto Pinsk umziehen, in dem zuletzt bis zu 20.000 Menschen auf engstem Raum lebten.[4] Das Ghetto existierte lediglich ein halbes Jahr. Am 29. Oktober 1942 begann nach einem entsprechenden Befehl Heinrich Himmlers die Liquidierung des Ghettos durch das II. Bataillon des Polizeiregimentes 15, das bisherige Polizei-Bataillon 306, die Polizei-Reiter-Abteilung 2 und eine Kompanie des Polizei-Regimentes 11. Allein an diesem Tag wurden rund 10.000 Juden ermordet. Zwischen 30. Oktober und 1. November 1942 wurde das Ghetto erneut täglich durchkämmt. Insgesamt wurden laut Bericht des mit der Leitung dieser „Aktion“ beauftragten Hauptmanns der Ordnungspolizei, Helmut Saur, 15.000 Juden zusammengetrieben, um sie außerhalb der Stadt Pinsk zu erschießen. Rund 1200 weitere Juden, insbesondere Kranke und Kinder, waren bereits im Ghetto getötet worden. Nicht ganz klar ist, ob die Getöteten des 29. Oktober in der Zahl der zusammengetriebenen Juden enthalten sind oder nicht. Im ersten Fall würde sich die Anzahl der Opfer auf etwa 16.200 belaufen, im anderen Fall auf etwa 26.200.[5] Fazit bleibt, dass mit den Tötungsaktionen der Jahre 1941 und 1942 nahezu die gesamte jüdische Bevölkerung von Pinsk ausgelöscht worden war.[6]

In der Nachkriegszeit ließ die sowjetische Stadtverwaltung einige der im Krieg zerstörten Gebäude abreißen, darunter die 1640 erbaute Große Synagoge und die ehemals größte Kirche der Stadt. Über dieses Gotteshaus äußerte der in Pinsk geborene Autor Butrymowisz in seinen Erinnerungen: „An diesem Platz steht auch eine große, wirklich sehr große Kirche, die größte in der ganzen Stadt. Man muss den Kopf schon tief in den Nacken legen, um zu sehen, wo die Kirche endet und wo der Himmel beginnt.“[2]

Infolge der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl im Jahr 1986 wurden große Teile von Belarus durch radioaktiven Niederschlag kontaminiert. Das zuständige Ministerium gibt regelmäßig Strahlenwerte für die Region bekannt, um die Menschen vor dem Verzehr von belasteten Lebensmitteln zu warnen. Das wirkt sich auch auf das Marktgeschehen im Ort aus.[2]

Nach der Auflösung der Sowjetunion und der Unabhängigkeit von Belarus blieben die meisten Betriebe und Landwirtschaftseinrichtungen in Staatshand.[2]

Der Belarussische Ministerrat wählte Pinsk im Jahr 2017 zur Stadt der Wissenschaft.[7]

Sehenswürdigkeiten

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Söhne und Töchter der Stadt

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In Pinsk geboren

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Mit Pinsk verbunden

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Pinsk wurde nach der Tschernobyl-Katastrophe Partnerstadt der deutschen Stadt Altena (Westf.).[13]

Der Komponist Richard Mohaupt schuf 1936/1937 die Oper in drei Akten Die Wirtin von Pinsk, Text von Kurt Naue frei nach Carlo Goldonis La locandiera. Karl Böhm leitete die Uraufführung des Werks am 10. Februar 1938 an der Dresdner Semperoper.[14]

Pinsk ist Sitz des römisch-katholischen Bistums Pinsk.

  • Werner Müller (Hrsg.): Aus dem Feuer gerissen. Die Geschichte des Pjotr Ruwinowitsch Rabzewitsch aus Pińsk. Dittrich, Köln 2001, ISBN 3-920862-30-9.
  • Torsten Schäfer: „Jedenfalls habe ich auch mitgeschossen“. Das NSG-Verfahren gegen Johann Josef Kuhr und andere ehemalige Angehörige des Polizeibataillons 306, der Polizeireiterabteilung 2 und der SD-Dienststelle von Pinsk beim Landgericht Frankfurt am Main 1962–1973. Eine textanalytische Fallstudie zur Mentalitätsgeschichte. LIT-Verlag, Münster 2007, ISBN 978-3-8258-0604-0. (Zugleich Dissertation an der TU Darmstadt 2006.)
  • LG Braunschweig, 20. April 1964. In: Justiz und NS-Verbrechen. Sammlung deutscher Strafurteile wegen nationalsozialistischer Tötungsverbrechen 1945–1966, Bd. XX, bearbeitet von Irene Sagel-Grande, H. H. Fuchs, C. F. Rüter. Amsterdam : University Press, 1979, Nr. 570, S. 23–105 Verfahrensgegenstand: Massenerschiessung tausender Juden im Pripjetgebiet, darunter mindestens 4500 Juden aus dem Ghetto Pinsk
  • Diana Siebert: Herrschaftstechniken im Sumpf und ihre Reichweiten. Landschaftsinterventionen und Social Engineering in Polesien von 1914 bis 1941. Harrassowitz Verlag, Wiesbaden, 2019, ISBN 978-3-447-11229-1.
  • Pinsk, in: Guy Miron (Hrsg.): The Yad Vashem encyclopedia of the ghettos during the Holocaust. Jerusalem : Yad Vashem, 2009, ISBN 978-965-308-345-5, S. 588–591.
  • Martin Cüppers: Die Shoah in Pinsk. Eskalation und Friktionen bei Massenerschießungen im August 1941. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Bd. 71 (2023), Heft 11, S. 893–914.
Commons: Pinsk – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Численность населения на 1 января 2018 г. и среднегодовая численность населения за 2017 год по Республике Беларусь в разрезе областей, районов, городов, поселков городского типа (russisch)
  2. a b c d e f g h i j k Stefan May: Wo Lenin noch von den Plätzen grüßt. In: Berliner Zeitung, 14./15. Oktober 2017, S. B2.
  3. Vgl. dazu Martin Cüppers: Wegbereiter der Shoah. Die Waffen-SS, der Kommandostab Reichsführer SS und die Judenvernichtung 1939–1945 (Veröffentlichungen der Forschungsstelle Ludwigsburg der Universität Stuttgart, Bd. 4). 2., unveränderte Aufl., Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2011, ISBN 978-3-89678-758-3, S. 154–161.
  4. Anzumerken ist, dass die „Bevölkerungszahlen“ der Ghettos stark fluktuierten, da nahezu permanent Bewohner ausgesondert und ermordet oder an andere Orte „evakuiert“ wurden, um nach entsprechenden Arbeitseinsätzen dann dort ermordet zu werden. Im Gegenzug erhielten die Ghettos auch steten Zuzug (teils erzwungen, teils auch freiwillig, weil die Juden oft nicht wussten, wohin sie sonst gehen sollten) ganzer Kontingente „neuer“ Juden, die letztlich das Schicksal ihrer Vorgänger teilten. Daher ist die Gesamtzahl der Ermordeten in diesem Fall auch höher als die genannte Gesamtzahl der Ghettobevölkerung.
  5. Vgl. dazu Christian Gerlach: Kalkulierte Morde. Die deutsche Wirtschafts- und Vernichtungspolitik in Weißrussland 1941 bis 1944. Hamburger Edition, 2. Aufl., Hamburg 2012, ISBN 978-3-930908-63-9, S. 720f., wo angemerkt wird, dass die quellenimmanente Interpretation aber die höhere Opferzahl plausibler erscheinen lässt. Der Autor erwähnt auch, dass einer der an den Massenexekutionen Beteiligten damit prahlte, in diesem Zusammenhang seinen 2000. Juden erschossen zu haben.
  6. Wegen dieser Verbrechen fand von 1962 bis 1973 ein Strafverfahren am Landgericht Frankfurt am Main statt. Vgl. dazu: P. R. Magocsi: Historical Atlas of Central Europe. University of Washington Press, Seattle 2002, S. 109; Torsten Schäfer: „Jedenfalls habe ich auch mitgeschossen“. Das NSG-Verfahren gegen Johann Josef Kuhr und andere ehemalige Angehörige des Polizeibataillons 306, der Polizeireiterabteilung 2 und der SD-Dienststelle von Pinsk beim Landgericht Frankfurt am Main 1962–1973 (= Dissertationsreihe des Evangelischen Studienwerks e. V. Villigst, Band 11), LIT-Verlag, Hamburg 2007, S. 14ff.
  7. Указ № 481 от 23 декабря 2016 г.: Об объявлении 2017 года Годом науки (dt.: Beschluss Nr. 481 vom 23. Dezember 2016: Über die Ausrufung des Jahres 2017 zum Jahr der Wissenschaft) (Memento des Originals vom 6. Oktober 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.pinsk.gov.by, abgerufen am 31. Oktober 2017.
  8. Heilige am Fluss Pina (belarussisch/englisch), abgerufen am 31. Oktober 2017.
  9. Mateusz's Butrimovich Palace (englisch/belarussisch), abgerufen am 31. Oktober 2017.
  10. a b Sights of Pinsk
  11. In Erinnerung an den Krieg (belarussisch/englisch), abgerufen am 31. Oktober 2017.
  12. Mateusz Butrymowicz, sejm-wielki.pl (polnisch)
  13. Altena.de: Partnerstädte und Patenschaften
  14. http://www.universaledition.com/Die-Wirtin-von-Pinsk-Richard-Mohaupt/komponisten-und-werke/komponist/485/werk/2083