Hafermilch

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Hafermilch in Glasflaschen

Hafermilch ist eine Form der Getreidemilch aus Saat-Hafer. Bei klassischer Hafermilch wird hierbei Hafer mit Wasser vermahlen, homogenisiert und durch Fermentation unter Zusatz von Enzymen die Stärke im Hafer in Malzzucker umgewandelt.[1][2][3] Hafermilch kann außerdem mit Calcium, Vitamin B12, Vitamin D und Iod angereichert sein.[4]

Handelsbezeichnung

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Verschiedene Haferdrinks aus einem deutschen Bio-Supermarkt, rechts eine Packung Hafercuisine

„Hafermilch“ ist die im allgemeinen Sprachgebrauch übliche Bezeichnung. Als Handelsbezeichnung werden andere Begriffe wie „Haferdrink“ verwendet, denn Milchersatz darf in der EU nicht mit der Bezeichnung „Milch“ in Verkehr gebracht werden. Nach Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 ist der Begriff Milch „ausschließlich dem durch ein- oder mehrmaliges Melken gewonnenen Erzeugnis der normalen Eutersekretion, ohne jeglichen Zusatz oder Entzug, vorbehalten“.[5] In der Schweiz und Liechtenstein gelten vergleichbare rechtliche Bestimmungen.[6]

Der schwedische Professor für Lebensmitteltechnologie Rickard Öste[7] entwickelte in den 1990er Jahren an der Universität Lund eine Methode, Hafergetränke herzustellen. Er beschäftigte sich damals mit Laktoseintoleranz und ökologischer Landwirtschaft. Kurz darauf gründete er mit seinem Bruder Björn und einigen Investoren das Unternehmen Oatly zur Herstellung des Getränks.[8] Unternehmen der Molkereibranche sahen 2019 in Hafermilch einen Wachstumsmarkt.[9]

Zunächst werden die gewünschte Menge Trinkwasser und ca. 10 % Haferflocken vermengt und entweder für mehrere Stunden eingeweicht oder gekocht. Anschließend wird die Masse püriert, bis eine homogene Flüssigkeit entsteht. Abschließend können die festen Bestandteile herausgefiltert werden, etwa mittels eines Seihtuches. Die dabei anfallenden Filterrückstände, ähnlich dem Trester beim Pressen von Früchten, sind ebenfalls zum Verzehr geeignet. Das Ergebnis dieser Zubereitungsmethode unterscheidet sich in Geschmack und Eigenschaften jedoch deutlich von industriell hergestellter Hafermilch.

Um auch bei manueller Zubereitung einen vergleichbaren Geschmack und Eigenschaften wie bei Hafermilch aus dem Supermarkt zu erreichen, gibt es praktische Enzymlösungen für den Heimgebrauch, womit durch die Zugabe von Enzymen (Amylasen und Peptidasen) ein vergleichbares Ergebnis ermöglicht wird wie bei industriell hergestellter Hafermilch.[4] Diese Enzyme, die auch im menschlichen Speichel enthalten sind, zerlegen die im Hafer enthaltenen Vielfachzucker (wie Stärke) in einfachere Zucker, wie zum Beispiel Maltose.[10] Bei diesem Prozess handelt es sich um eine enzymgesteuerte Hydrolyse, die auch Fermentation (Ferment: veraltet für Enzym) genannt wird. Dadurch schmeckt die Hafermilch süßer als der Hafer selbst, ist etwas sämiger und dickt auch beim Erhitzen nicht an.[11][2]

Das Ausgangsmaterial sind Haferkörner, rund 100 g je Liter Endprodukt.[12] Diese werden vor der Weiterverarbeitung entspelzt. Anschließend werden sie mit Wasser vermengt und gemahlen. Um die gewünschte Süße zu erreichen, wird bei vielen Produkten unter Zusatz von Enzymen durch Fermentation ein Teil der Stärke des Hafers in Malzzucker umgewandelt. Produkte, die als zuckerfrei deklariert werden, enthalten aufgrund einer Spitzfindigkeit des Lebensmittelrechts dennoch bis zu 10 % Maltose und Glucose.[3] Deklariert werden muss nämlich nur der hinzugefügte Zucker, nicht jedoch natürlich vorhandener Zucker oder Zucker, der während des Produktionsverfahrens auf natürliche Art und Weise aus der Haferstärke entstanden ist.[13] Abschließend wird die Masse homogenisiert, die festen Bestandteile werden herausgefiltert. Die dabei anfallenden Filterrückstände, darunter die Kleie, sind ebenfalls zum Verzehr geeignet. Diese werden bei industrieller Produktion in Form von Haferpülpe als hochwertiges Futter an viehhaltende Betriebe geliefert. So gibt z. B. der Lebensmittelhersteller Oatly laut eigenen Angaben jährlich ca. 60 % der anfallenden Pülpe (= ca. 50.000 Tonnen) an schweinehaltende Landwirtschaftsbetriebe ab. Der verbleibende Rest wird als Gärsubstrat zur Energiegewinnung in Biogasanlagen verwendet.[14][15] Je nach gewünschtem Geschmack der Hafermilch können Süßungsmittel, Enzyme (Amylasen und Peptidasen), Speisesalz und andere Würzmittel sowie Aromen bei der Verarbeitung hinzugegeben werden.

Zum Teil enthalten die Endprodukte weitere Stoffe wie Pflanzenöle, Konservierungsmittel, Verdickungsmittel, Säuerungsmittel, Vitamine, etwa Vitamin B12, und Mineralstoffe, beispielsweise Calcium. Calciumsalze werden hinzugefügt, damit Hafermilch als Ersatz für Milch verwendet werden kann.[16] Überwiegend werden die Produkte ultrahocherhitzt, wodurch die Hafermilch haltbar gemacht wird und auch ohne Kühlung gelagert werden kann.

Im europäischen Durchschnitt verbrauchte Ressourcen für 1 Liter sind:[17][18]

Hafermilch Kuhmilch
CO2-Äquivalente 0,6 kg 2,2 kg
Phosphat-Äquivalente 1,4 g 9,2 g
Wasserverbrauch 3,4 Liter 248 Liter
Landverbrauch 0,8 m2 9 m2

Gründe für die Verwendung von Hafermilch anstelle von tierischer Milch können gesundheitlicher Natur sein, beispielsweise eine Milcheiweißallergie oder Milchzuckerunverträglichkeit, Hafermilch ist zudem cholesterinfrei. Ökologische oder ethische Überlegungen können auch eine Rolle spielen, etwa die im Vergleich zu Kuhmilch geringeren Auswirkungen auf Umwelt und Klima sowie Erwägungen des Tierwohls.[19]

2020 wurden in Deutschland 127 Millionen Liter Hafermilch verkauft, doppelt so viel wie 2019.[18] 2021 war Hafermilch mit 55,9 % die meistverkaufte Milchalternative, auf dem zweiten Platz lag Sojamilch.[20]

Hafermilch wird gelegentlich mit der Kennzeichnung „Ohne Zucker“, „zuckerfrei“ oder „Ohne Hinzufügen von Zucker hergestellt“ versehen. Bei genauer Untersuchung sind jedoch bis zu 10 % Zucker enthalten, die aufgrund lebensmittelrechtlicher Bestimmungen nicht deklariert werden müssen. Dadurch kann beim Verbraucher der falsche Eindruck entstehen, es handle sich um ein kalorienarmes Getränk.[3][13]

Im Schnitt enthält Hafermilch 6 g Zucker pro 100 ml und ist damit vergleichbar mit dem Zuckergehalt von Kuhmilch. Durchschnittlich liegt der Kaloriengehalt unter der von Kuhmilch.[21]

Inzwischen gibt es verschiedene Hafermilchsorten, bei welchen der Hafer nicht fermentiert wird und deshalb auch keinerlei Zucker enthalten ist.[22]

Ähnliche pflanzliche Getränke

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  • L. Cui, Q. Jia, J. Zhao, D. Hou, S. Zhou: A comprehensive review on oat milk: from oat nutrients and phytochemicals to its processing technologies, product features, and potential applications. In: Food & function. Band 14, Nummer 13, Juli 2023, S. 5858–5869, doi:10.1039/d3fo00893b, PMID 37317702 (Review).
Commons: Hafermilch – Sammlung von Bildern und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG EP 4 193 842 A1. 2. Dezember 2020, abgerufen am 22. April 2024.
  2. a b Zhang K, Dong R, Hu X, Ren C, Li Y. Oat-Based Foods: Chemical Constituents, Glycemic Index, and the Effect of Processing. In: Foods. 2021;10, no. 6: 1304. doi:10.3390/foods10061304
  3. a b c Zucker in Haferdrink | Lebensmittelklarheit. In: Lebensmittelklarheit.de. 19. November 2020, abgerufen am 20. August 2023.
  4. a b Sarah Helmanseder: Beste Hafermilch selber machen (wie aus dem Supermarkt). 21. März 2023, abgerufen am 26. März 2023.
  5. Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007 des Rates, abgerufen am 10. Oktober 2020
  6. Michael Beer: Informationsschreiben 2020/3.1: Vegane und vegetarische Alternativen zu Lebensmitteln tierischer Herkunft. (PDF; 218 KB) BLV, 30. September 2021, abgerufen am 29. August 2023.
  7. researchgate.net: Rickard ÖSTE, professor emeritus, Lund University, Department of Food Technology, Engineering and Nutrition
  8. A. Hitchens: Hey, Where’s My Oat Milk? In: The New Yorker. 6. August 2018, abgerufen am 3. Februar 2019 (englisch).
  9. Gerd Lache: Lebensmittel: Schwarzwaldmilch will mit Hafer-Getränken wachsen. In: suedkurier.de. 17. Oktober 2019, abgerufen am 18. Oktober 2019.
  10. Ruppersberg, Klaus: Stärkeverdauung durch Speichel - was kommt eigentlich dabei heraus? Ein einfacher Maltose-Nachweis am Ende der enzymatischen Hydrolyse von Amylose und die überraschende Anwesenheit von Glucose im Verhältnis 1:15. 24. Februar 2021, doi:10.25656/01:15097 (pedocs.de [abgerufen am 4. Juli 2024]).
  11. Inés Oort Alonso: Oat Milk - How It’s Made. 27. Februar 2024, abgerufen am 22. April 2024 (englisch).
  12. Pflanzliche Drinks als Alternativen zu Milch. In: oekolandbau.de. BLE, 14. Januar 2020, abgerufen am 1. September 2023.
  13. a b Klaus Ruppersberg, Hanne Rautenstrauch: Voll im Trend: Haferdrink und Co? Band 34, Nr. 193. Friedrich Verlag, Hannover 2023, S. 21–25.
  14. The Oatly Sustainability Update 2022. (PDF) In: Oatly.com. 2023, S. 28, abgerufen am 9. März 2024 (englisch).
  15. Sebastian Balzter: Milchersatz: Was Hafermilch und Schweinestall verbindet. In: FAZ.net. 8. März 2024, abgerufen am 9. März 2024.
  16. O. E. Mäkinen, V. Wanhalinna, E. Zannini, E. K. Arendt: Foods for Special Dietary Needs: Non-dairy Plant-based Milk Substitutes and Fermented Dairy-type Products. In: Critical reviews in food science and nutrition. Band 56, Nummer 3, 2016, S. 339–349, doi:10.1080/10408398.2012.761950, PMID 25575046 (Review).
  17. Haferdrinks im Test. (PDF; 1,43 MB) In: test.de. Stiftung Warentest, 12. Mai 2020, abgerufen am 29. August 2023.
  18. a b Milch. In: food:labor. IPN, abgerufen am 29. August 2023.
  19. Pflanzenmilch: Wie umweltfreundlich und schmackhaft sind Hafermilch und Co. wirklich? Bayerischer Rundfunk, 7. September 2021, abgerufen am 25. Dezember 2021.
  20. statista.com: Absatzverteilung von Milchersatzprodukten nach Art
  21. Lena Rauschecker Kategorien: Ernährung: Zucker in Hafermilch: Wie viel steckt wirklich drin? 11. Juli 2023, abgerufen am 4. Juli 2024 (deutsch).
  22. Haferdrink "ohne Zucker" enthält trotzdem Kohlenhydrate | Lebensmittelklarheit. Abgerufen am 4. Juli 2024.