Hans Bodenstedt

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Hans Bodenstedt (* 25. Oktober 1887 in Magdeburg-Sudenburg; † 10. Dezember 1958[1] in Feldafing, Bayern) war ein deutscher Rundfunkpionier. Bodenstedt arbeitete als Programmleiter, Autor und Sprecher und tat viel für die Entwicklung der Rundfunkreportage und des Hörspiels. Bodenstedt verfasste Libretti, bearbeitete Operetten für die Aufführung im Rundfunk, schrieb Märchentexte und war der Schöpfer der populären Kinderfunk-Figur „Funkheinzelmann“.

Bodenstedt war Sohn des Louis Bodenstedt und der Wilhelmine geb. Schmidt[2]. Er wurde mit 18 Jahren Redakteur beim „Harzer Kurier“. 1915 veröffentlichte er Earl of Munchhousens Abenteuer im Weltkriege, eine Sammlung von losen Kriegsabenteuern der Figur des Barons Münchhausen im Ersten Weltkrieg, der hier als englischer Royalist erscheint und statt auf einer Kanonenkugel auf einem Torpedo reitet, letztlich eine Propagandaschrift zur Entlarvung der „verbrecherischen“ Absichten der Engländer und anderer Nationen.[3]

Es folgten Aufenthalte in Berlin und München. 1922, mit 35 Jahren, wurde er Journalist bei den Hamburger Nachrichten. Er begeisterte sich für die Entwicklung des Hörfunks und begleitete sie unter dem Pseudonym Sindbad journalistisch, was den Aufsichtsratsvorsitzenden der Nordischen Rundfunk AG (NORAG) auf ihn aufmerksam machte.[4]

1924 übernahm Bodenstedt sowohl die Leitung der künstlerischen und wissenschaftlichen Abteilung sowie als Direktor die Gesamtleitung der NORAG und holte dorthin auch Hans Freundt als Autor, Regisseur und Sprecher. Ab 1. Juni 1929 war er Intendant der NORAG. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde Bodenstedt im Zuge der Gleichschaltung der deutschen Rundfunkgesellschaften am 28. Juni 1933 entlassen. Bodenstedt war zum 1. Mai 1933 der NSDAP beigetreten (Mitgliedsnummer 2.997.983)[5] und wurde Direktor der NS-Verlage „Blut und Boden“, „Zucht und Sitte“ und „Ährenlese“. Außerdem fungierte er als Schriftleiter der Zeitschriften „Odal“ und „Zucht und Sitte“. Trotz seiner Parteimitgliedschaft konnte er nach Ende des Zweiten Weltkrieges wieder als Mitarbeiter beim Kinderfunk des NWDR in Hamburg arbeiten.

Der Funkheinzelmann, dessen Autor und Sprecher Hans Bodenstedt selbst war, wird als sein „Lieblingskind“ bezeichnet. Die Märchen vom Funkheinzelmann waren wohl die früheste Kinderserie des deutschen Rundfunks, sie erschienen auch als Bücher (1924 u. 1925) und als Schallplatten. Der Funkheinzelmann ist eines der frühesten Beispiele für die Vermarktung einer Rundfunkfigur und ein Beispiel für einen gut funktionierenden Medienverbund.

Zwischen 1939 und 1944 war er Herausgeber von 26 Bänden der Reihe „Die Bücher der Ährenlese“, die im „Verlag Blut und Boden“ in Goslar erschien. 1946 nannte Max Grundig seinen legendären ersten Radio (-bausatz) Heinzelmann, wobei mit großer Wahrscheinlichkeit der Funkheinzelmann als Pate gelten kann.

Hans Bodenstedt war der zweite Ehemann von Alice Fliegel[6]. Aus gesundheitlichen Gründen nahm er 1953 Abschied vom Rundfunk und übersiedelte nach Oberbayern, wo er im 71. Lebensjahr verstarb.

  • Earl of Munchhousens Abenteuer im Weltkriege. Mit 3 Abbildungen und einer Kartenskizze. Deutsche Zeitungsgesellschaft, Berlin [1915], 79 S. (auf Umschlag: Münchhausen im Weltkriege).
  • 8 Tage im Harz: das Buch der Wanderungen, Sagen und Märchen. Thale am Harz: Verl. des „Harzer Kurier“, ca. 1921
  • Die Phantasien der Amati. Verfasser: Hans Bodenstedt. 20 S. kl. 8°. Verlag: Blankenburg a. H., Chr. Fr. Vieweg's Verlh. 1921.
  • Märchen vom Funkheinzelmann von Hans Bodenstedt; Bilder von Johannes Magerfleisch; Musik von F. Uders.158 p.: ill.; 22 cm. Hamburg: Von Danckelmann, cop. 1924.
  • Funkheinzelmann, der Wanderbursch: Neue Märchen von Hans Bodenstedt; mit Zeichnungen von Hanns Gröninger, 16 Bl. Ill. 4°. Berlin, Springborn-Verl. [1925] (= Märchen vom Funkheinzelmann, / Hans Bodenstedt; 2).
  • „Der Herr der Erde. Grossfunkspiel in 6 Sdgn.“ von Hans Bodenstedt; Alice Fliegel. Musik von Horst Platen. Führer mit Texten; 40 S. mit Abb. 4°. Hamburg: Rufu-Verlagsgesellschaft [Leipzig] [G. Brauns] 1926
  • Das Goldene Buch der Jungen. Hrsg. von Hans Bodenstedt. Mitarb.: Graf Arco; Hermann Bahr; Henry Barrelet [u. a.] 266 S. Mit 48 Bildseiten [Taf.] gr. 8°. Berlin, Eigenbrödler-Verlag 1928
  • Funkheinzelmanns Harz-Märchen: ein Buch von Freude und Sonne für klein und groß. Thale (Harz): Funkheinzelmann-Verlag Welchert, ca. 1929
Libretti
  • Der keusche Benjamin. Schwank-Operette (zusammen mit Max Steiner-Kaiser). Musik: Leon Jessel. UA 1923 Hamburg
  • Orpheus in der Unterwelt / Orphée aux enfers: Eine Parodie nach Hector Cremieux. Für d. Rundfunk bearb. v. Hans Bodenstedt. Musik v. Jacques Offenbach. 48 S.; kl. 8°. Hamburg: Rufu-Verlagsges., 1925 (= Rufu-Textbücher, Jg. 2, H. 13.)
  • Leichte Kavallerie, musikalisches Volksspiel in drei Akten, von Hans Bodenstedt. Musik: Franz von Suppè; musikalische Neufassung von Horst Platen. Neurevision. Klavierauszug. 93 p. Verlag: Berlin, E. Bote & G. Bock [©1952]
  • Grete Minde, Oper. Musik: Eugen Engel. UA 2022 Magdeburg

Tondokumente (Auswahl)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Homocord 4-2360 (M 19163): Funkheinzelmann stellt sich vor. Funkheinzelmann-Märchen, erzählt vom Funkheinzelmann Hans Bodenstedt, Vortrag. Musikalische Illustration: Fritz Gartz. A 1.12.27 Youtube
  • Homocord 4-2360 (M 19245): Funkheinzelmann beim Ticketick. Funkheinzelmann-Märchen, erzählt vom Funkheinzelmann Hans Bodenstedt, Vortrag. Musikalische Illustration: Fritz Gartz. A 1.12.27 Youtube
  • Homocord 4-2361 (M 19164): Funkheinzelmann im Glockenland. Funkheinzelmann-Märchen, erzählt vom Funkheinzelmann Hans Bodenstedt. Musikal. Ill. Fritz Gartz. A … 27 Youtube
  • Homocord 4-2361 (M 19311): Die güldene Trompete. Funkheinzelmann-Märchen, erzählt vom Funkheinzelmann Hans Bodenstedt. Musikal. Ill. Fritz Gartz. A … 27
  • Homocord 4-2661 (M 19982) Der Vogelpeter. Funkheinzelmann-Märchen, erzählt vom Funkheinzelmann Hans Bodenstedt. A … 28 Youtube
  • Homocord 4-2362 (M 19246): Wenn das Fräulein Violine Hochzeit macht. Funkheinzelmann-Märchen, erzählt vom Funkheinzelmann Hans Bodenstedt. Musikal. Ill. Fritz Gartz. A 25.10.28 Youtube
  • Homocord 4-2362 (M 19310): Der singende Baum. Funkheinzelmann-Märchen, erzählt vom Funkheinzelmann Hans Bodenstedt, mit Gesang von Kurt Rodeck. Musikalische Illustration: Fritz Gartz, A 24.10.28
  • Homocord 4-2662 (T. M 20058): Der Grillengeiger. Funkheinzelmann-Märchen, erzählt vom Funkheinzelmann Hans Bodenstedt, A 17.6.28
  • Homocord 4-2662 (T. M 20059): Der Singepuck. Funkheinzelmann-Märchen, erzählt vom Funkheinzelmann Hans Bodenstedt, A 16.6.28
  • Deutsche Mainacht der Hitlerjugend und des Bundes deutscher Mädel in der Hitlerjugend am 30. April 1933 im Harz (Deutscher Rundfunk 30. April 1933)[7]
  • Florian Cebulla (Hrsg.): Rundfunk und Ländliche Gesellschaft 1924–1945 (= Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft. Band 164, Reihe Arbeiten Zur Religionspädagogik). Vandenhoeck & Ruprecht, 2004, ISBN 3-525-35145-3, S. 146, 147, 156 und 314.
  • Robert Volz: Reichshandbuch der deutschen Gesellschaft. Das Handbuch der Persönlichkeiten in Wort und Bild. Band 1: A–K. Deutscher Wirtschaftsverlag, Berlin 1930, DNB 453960286.
  • Michael Gunrem, Walter Roller: Deutsche National-Discographie. Discographie der deutschen Sprachaufnahmen, Band 1. Herausgeber: Rainer E. Lotz. Verlag B. Lotz, 1995, ISBN 3-9803461-4-5, S. 36.
  • Horst O. Halefeldt: Ein Sender für acht Länder – Die NORAG. Regionaler Rundfunk in der Weimarer Republik. In: Archiv für Sozialgeschichte. Band XXXXI (2001) (Zusammenfassungen online)
  • Ulrich Heitger: Vom Zeitzeichen zum politischen Führungsmittel: Entwicklungstendenzen und Strukturen der Nachrichtenprogramme des Rundfunks in der Weimarer Republik 1923-1932. LIT Verlag, Münster 2003, ISBN 3-8258-6853-2, S. 146, Anm. 79; S. 237, Anm. 569 und 570; S. 240, Anm. 594.
  • Wilhelm Kosch, Carl Ludwig Lang, Konrad Feilchenfeldt: Deutsches Literatur-Lexikon das 20. Jahrhundert. Biographisches-bibliographisches Handbuch. Band 3. Saur, Zürich 2002, S. 206 f. Digitalisat
  • Künstler am Rundfunk. Ein Taschen-Album der Zeitschrift »Der deutsche Rundfunk« auf das Jahr 1931. Unseren Lesern gewidmet. Verlag Rothgießer & Diesing, Berlin 1931.
  • Kate Lacey: Feminine Frequencies.Gender, German Radio, and the Public Sphere, 1923-1945. (Social History, Popular Culture and Politics in Germany Series). University of Michigan Press, 1996, ISBN 0-472-06616-1, S. 64, 77 und 291.
  • Joachim-Felix Leonhard (Hrsg.): Programmgeschichte des Hörfunks in der Weimarer Republik. Band 1. (= dtv-Taschenbücher Wissenschaftliche Reihe; Bd. 4702). Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1997. ISBN 3-423-04702-X, S. 77, 322 u. 508.
  • Enrico Pigorsch: Der Funkheinzelmann erzählt. In: Der Schalltrichter (Deutscher Grammophon-Club e. V.), 17/2002.
  • Fred K. Prieberg: Handbuch Deutsche Musiker 1933–1945. CD-ROM-Lexikon, Kiel 2009, 2. Auflage, S. 619f. online
  • Irmela Schneider: Formationen der Mediennutzung II. Verlag transcript, 2007, ISBN 3-89942-742-4, S. 48, 50, 51.
  • Friederike Weimar, Dirk Hempel: „Himmel auf Zeit“. Die Kultur der 1920er Jahre in Hamburg. Verlag Wachholtz, 2010, ISBN 978-3-529-02849-6, S. 179, 191 und 196.
Abbildungen

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Stiftung Deutsches Rundfunkarchiv in Frankfurt am Main: Geburts- und Sterbedatum
  2. Ancestry.com. Magdeburg, Deutschland, Geburtsregister 1874-1903 [Datenbank online], Standesamt Sudenburg, Registernummer 740/1887
  3. Nessun Saprà: Lexikon der deutschen Science Fiction & Fantasy 1870-1918. Utopica, Oberhaid 2005, ISBN 3-938083-01-8, S. 48.
  4. Hans Bausch (Hrsg.): ARD Jahrbuch 83. 60 Jahre Radio 1923-1983, Verlag Hans-Bredow-Institut, Hamburg 1983. ISSN 0066-5746 (S. 41)
  5. Bundesarchiv R 9361-IX KARTEI/3410538
  6. Mit ihr verfasste er 1926 das Großfunkspiel „Der Herr der Erde“, das sich über 6 Sendeabende erstrecken sollte.
  7. Joseph Wulf: Presse und Funk im Dritten Reich. Rowohlt, Reinbek 1966, (Anhang - Schallaufnahmen), S. 282 f.