Hans Hirzel (Politiker)
Hans Hirzel (* 30. Oktober 1924 in Untersteinbach; † 3. Juni 2006 in Wiesbaden) war ein deutscher Widerstandskämpfer, Politiker und Journalist. Er war Mitglied der Ulmer Abiturientengruppe im Umfeld der Widerstandsgruppe Weiße Rose. Von 1976 bis 1993 war er CDU-Mitglied. 1993 wechselte er zu den Republikanern, wurde deren stellvertretender Bundesvorsitzender[1] und kandidierte bei der Wahl des deutschen Bundespräsidenten 1994 für diese Partei.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Hirzel wurde am 30. Oktober 1924 in Untersteinbach, Deutschland, geboren.[2]
Hirzel lernte 1942 Hans Scholl kennen und verschickte und verteilte zusammen mit Franz J. Müller und seiner Schwester Susanne Hirzel Flugblätter der Weißen Rose.[3][4][5] Diese hochgeheime Aktion wurde in der Ulmer Martin-Luther-Kirche hinter dem Orgelprospekt vorbereitet. Der Vater Ernst Hirzel war damals an dieser Kirche Gemeindepfarrer.
Am 17. Februar 1943 wurde er von der Gestapo verhaftet, kam aber zunächst wieder frei und unterrichtete die Familie Scholl über Erkenntnisse der Gestapo über Hans und Sophie Scholl.[6][7][8] Kurze Zeit später wurde Hans Hirzel wieder verhaftet. Am 19. April 1943 wurde der damals 18-jährige Gymnasiast Hirzel im zweiten Prozess gegen die „Weiße Rose“ zusammen mit Franz J. Müller zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt, seine Schwester Susanne wurde zu sechs Monaten Haft verurteilt. Am Ende der NS-Diktatur kam Hirzel wieder frei.
In den fünfziger Jahren war Hirzel Redakteur der Zeitschrift Frankfurter Hefte, anschließend als Privatsekretär des katholischen Publizisten Walter Dirks, darauf als wissenschaftlicher Assistent bei Theodor W. Adorno am Frankfurter Institut für Sozialforschung.
Hirzel wurde 1976 CDU-Mitglied. Am 50. Jahrestag seiner Verurteilung, am 19. April 1993, wurde er Parteimitglied bei den „Republikanern“.[9] Er war stellvertretender Bundesvorsitzender der Republikaner[1] und kandidierte bei der Wahl des deutschen Bundespräsidenten 1994 für diese Partei, die acht Sitze in der Bundesversammlung hatte. Er trat in allen drei Wahlgängen an und erhielt jeweils die wenigsten Stimmen, nämlich 12 (1. Wahlgang) bzw. 11 (2. und 3. Wahlgang). Hirzel konnte wie auch alle anderen Kandidaten (mit einer Ausnahme) mehr Stimmen auf sich vereinigen als seine Partei Sitze in der Versammlung hatte.[10] 1997 wurde er Stadtverordneter in Wiesbaden. Den Ruhstorfer Abgrenzungsbeschluss gegenüber extremistischen und verfassungsfeindlichen Organisationen bezeichnete er in einem Artikel für die Zeitschrift Nation und Europa als schädlich für die Partei.[1] 2001 trat er aus der Partei und der Fraktion aus und blieb bis Mitte Februar 2006 parteiloser Stadtverordneter. Er unterstützte in dieser Zeit die CDU-FDP-Koalition und verhalf ihr so zu einer Ein-Stimmen-Mehrheit im Stadtparlament.[11]
Er schrieb für die Wochenzeitung Junge Freiheit. Dem Protest gegen deren Ausschluss von der Leipziger Buchmesse 2006 schloss er sich an.[12]
Hirzel starb nach langer schwerer Krankheit im Juni 2006 in Wiesbaden. Sein Grab befindet sich in Wiesbaden-Dotzheim auf dem dortigen Waldfriedhof. Er wird in der Ulmer DenkStätte Weiße Rose porträtiert.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Susanne Hirzel: Vom Ja zum Nein. Eine schwäbische Jugend 1933 bis 1945. Silberburg, Tübingen 2000, ISBN 3-87407-368-8.
- Inge Scholl: Die Weiße Rose. Fischer, Frankfurt am Main 1993, ISBN 3-596-11802-6.
- Tödlicher Irrtum. In: Der Spiegel. Nr. 9, 2003 (online).
- Hans Hirzel: Im Umfeld der »Weißen Rose«. Erinnerungen an die Jahre 1942 bis 1945. Verlag Antaios, Schnellroda 2014, ISBN 978-3-944422-40-4.
Film
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Die weiße Rose, deutscher Spielfilm von 1982, Regie: Michael Verhoeven
- Die Widerständigen – Zeugen der Weißen Rose, deutscher Dokumentarfilm von 2009, Buch und Regie: Katrin Seybold
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Hans Hirzel im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Hans Hirzel bei IMDb
- Hans Hirzel. In: Quellen zu »Weissen Rose« im Jahr 1943: Ein quellenkritisches Kompendium. Martin Kalusche, abgerufen am 18. November 2024.
- Junge Freiheit: „Unser Widerstand war ausgesprochen patriotisch“. Weiße Rose: Hans Hirzel über seinen Weg in den Widerstand, den Kampf für Deutschland und die notwendige Besinnung auf Bismarck, 21. Februar 2003
- Kirsten Schulz: Die weiße Rose und ihre Unterstützer., Onlinetext auf Homepage der Bundeszentrale politische Bildung, 2o. April 2005.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c Bayerisches Staatsministerium des Innern: Verfassungsschutzbericht 2000, S. 50
- ↑ Hans Hirzel. In: Spartacus Educational. Abgerufen am 1. Februar 2022 (englisch).
- ↑ Inge School: The White Rose : Munich, 1942-1943. In: Wesleyan University Press. 2011 (englisch).
- ↑ CWRS Staff: The indictment. In: White Rose History: January 1933 - October 1943. 8. April 1943, abgerufen am 24. Januar 2022 (englisch).
- ↑ German Resistance Memorial Center -15 The White Rose. In: www.gdw-berlin.de. Abgerufen am 1. Februar 2022.
- ↑ Heidrun Holzbach: "Das war der reinste Selbstmord". Spiegel Online, 9. Mai 2001, abgerufen am 21. Oktober 2024.
- ↑ Elizabeth Bush: We Will Not Be Silent: The White Rose Student Resistance Movement That Defied Adolf Hitler by Russell Freedman. In: Bulletin of the Center for Children's Books. 2016 (englisch).
- ↑ Jud Newborn.: Sophie Scholl and the White Rose. Oneworld Publications, 2017 (englisch).
- ↑ taz.de
- ↑ Vgl. Werner Billing: Der Kampf um die Besetzung des höchsten Staatsamtes: Auswahl und Wahl des Bundespräsidenten 1994. In: Zeitschrift für Parlamentsfragen, 26 (1995) 4, S. 595–620, hier: S. 617.
- ↑ Pressedienst der Republikaner: Abschied von Hans Hirzel ( vom 8. Oktober 2007 im Internet Archive), 13. August 2006
- ↑ Appell für die Pressefreiheit gegen die von der Leipziger Buchmesse ausgesprochene politisch motivierte Ausladung der Wochenzeitung Junge Freiheit
Personendaten | |
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NAME | Hirzel, Hans |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Politiker (CDU, REP), Mitglied der Weißen Rose |
GEBURTSDATUM | 30. Oktober 1924 |
GEBURTSORT | Untersteinbach |
STERBEDATUM | 3. Juni 2006 |
STERBEORT | Wiesbaden |
- Journalist (Deutschland)
- Zeitungsjournalist
- Person der Weißen Rose
- Opfer der NS-Justiz
- Politiker (Wiesbaden)
- REP-Mitglied
- CDU-Mitglied
- Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten (Deutschland)
- Person (Pfedelbach)
- Württemberger
- Deutscher
- Geboren 1924
- Gestorben 2006
- Mann
- Parteifunktionär (Deutschland)
- Ratsmitglied (Deutschland)