Hermann I. (Thüringen)
Hermann I. oder Hermann von Thüringen (* um 1155; † 25. April 1217 in Gotha) aus der Familie der Ludowinger war Pfalzgraf von Sachsen und Landgraf von Thüringen.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Hermann war der jüngere Sohn Ludwigs II. von Thüringen und dessen Gemahlin Jutta, einer Halbschwester Kaiser Friedrich Barbarossas. Vermutlich wurde Hermann gemeinsam mit seinem älteren Bruder, dem späteren Ludwig III., unter anderem am Hof Ludwigs VII. von Frankreich erzogen.[1] Ludwig II. habe vorgehabt, nacheinander alle seine vier Söhne nach Paris zu schicken, um zu erfahren, welcher sich am ehesten für die Wissenschaft eigne. Hiermit ist der Standard des deutschen Laienadels überschritten und es wird ein Bildungsanspruch sichtbar, der zuvor eher unüblich war.[2] 1181 erhielt Hermann von Ludwig III. die Pfalzgrafschaft Sachsen. Nachdem Ludwig III. 1190 beim Dritten Kreuzzug gestorben war, erbte Hermann auch die Landgrafschaft.
1197 beteiligte sich Hermann am Kreuzzug seines Cousins Kaiser Heinrichs VI., der nach dem überraschenden Tod Heinrichs vorzeitig abgebrochen wurde.
Nach dem Tod Heinrichs VI. 1197 rangen die beiden gewählten Könige Philipp von Schwaben und Otto IV. im Deutschen Thronstreit um die Anerkennung ihrer Königsherrschaft. Landgraf Hermann wechselte dabei mehrmals die Seiten. Er bemühte sich, durch diese Wechsel sein Herrschaftsgebiet zu vergrößern und geschlossener zu gestalten. Dem gleichen Ziel diente die von ihm fortgesetzte Heiratspolitik der Thüringer: Er war selbst der Cousin des Königs Ottokar von Böhmen und verheiratete seinen Sohn Ludwig mit der ungarischen Prinzessin Elisabeth. 1211 entschied er sich, Barbarossas Enkel Friedrich II. bei dessen Bewerbung um die deutsche Königskrone zu unterstützen.
Durch seine zeitweise Erziehung in Paris war er mit zeitgenössischer französischer Literatur bekannt, deren deutsche Neubearbeitung er förderte. Am Landgrafenhof entstanden unter anderem Heinrich von Veldekes Eneasroman, Wolfram von Eschenbachs Willehalm, möglicherweise auch Teile des Parzival und Herbort von Fritzlars Liet von Troye. Die Wartburg wurde unter seiner Herrschaft endgültig zum Hauptsitz der Ludowinger. 1206 soll dort der – fiktive – Sängerkrieg stattgefunden haben, an dem so bedeutende Minnesänger wie Walther von der Vogelweide und Wolfram von Eschenbach teilgenommen haben sollen.
Am 25. April 1217 starb Hermann I. in Gotha. Er wurde im Katharinenkloster zu Eisenach beigesetzt. Nachfolger wurde sein Sohn Ludwig IV.
Ehen und Nachkommen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Hermann heiratete 1182 in erster Ehe Sophia von Sommerschenburg († 1189/90), die Witwe des Grafen Heinrich I. von Wettin, mit der er zwei Töchter hatte:
- Jutta (* 1184; † 1235)
- ⚭ 1197 Markgraf Dietrich von Meißen (* 1162; † 1221, genannt der Bedrängte)
- ⚭ 1223 Graf Poppo VII. von Henneberg (* 1185/90; † 1245)
- Hedwig († 1247)
- ⚭ um 1211 Graf Albrecht von Orlamünde, Graf von Holstein
1196 heiratete er Sophia (* 1170; † 1238), Tochter Herzog Ottos I. von Bayern. Der Ehe entstammen weitere sechs Kinder:
- Irmgard (* 1196; † 1244)
- ⚭ 1211 Fürst Heinrich I. von Anhalt
- Hermann (* vor 1200; † 1216)
- Ludwig IV. (* 1200; † 1227), 1217–1227 Landgraf in Thüringen
- ⚭ 1221 Elisabeth (1207–1231, 1235 heiliggesprochen), Tochter König Andreas’ II. von Ungarn
- Heinrich Raspe (1204–1247), 1227–1247 Landgraf von Thüringen, 1246/47 römisch-deutscher Gegenkönig
- Agnes (* 1205; † vor 1247)
- ⚭ 1225 Heinrich von Babenberg, genannt der Grausame oder der Gottlose (* 1208; † 1228)
- ⚭ 1229 Herzog Albrecht I. von Sachsen (* um 1175; † 1261)
- Konrad (* 1206/07; † 1240), 1239/40 Hochmeister des Deutschen Ordens
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Hans Eberhardt: Hermann I., Landgraf von Thüringen. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 8, Duncker & Humblot, Berlin 1969, ISBN 3-428-00189-3, S. 642 f. (Digitalisat).
- Ernst Kirmse: Die Reichspolitik Hermanns I., Landgraf von Thüringen. In: Zeitschrift des Vereins für thüringische Geschichte und Altertumskunde. Neue Folge. Band 19, Heft 2, (Jena) 1909, S. 317–349 (Digitalisat).
- Peter Neumeister: Hermann I., Landgraf von Thüringen (1190–1217). In: Eberhard Holtz, Wolfgang Huschner (Hrsg.): Deutsche Fürsten des Mittelalters. Edition Leipzig, Leipzig 1995, ISBN 3-361-00437-3, S. 276–291.
- Gabriele Schlütter-Schindler: Sophie von Wittelsbach. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 24, Duncker & Humblot, Berlin 2010, ISBN 978-3-428-11205-0, S. 595 f. (Digitalisat).
- Helga Wäß: Figurengrabplatten der Landgrafen von Thüringen. Form und Wahrnehmung mitteldeutscher Gedächtnisskulptur im 14. Jahrhundert. Ein Beitrag zu mittelalterlichen Grabmonumenten, Epitaphen und Kuriosa in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Nord-Hessen, Ost-Westfalen und Südniedersachsen. Band 2: Katalog ausgewählter Objekte vom Hohen Mittelalter bis zum Anfang des 15. Jahrhunderts. Tenea, Berlin 2006, ISBN 3-86504-159-0, S. 532 ff.
- Eduard Winkelmann: Hermann, Landgraf von Thüringen. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 12, Duncker & Humblot, Leipzig 1880, S. 155–157.
- Christian Haeutle: Landgraf Hermann I. von Thüringen und seine Familie. Friedrich Frommann, Jena 1862 (Digitalisat).
- Steffen Raßloff, Lutz Gebhardt: Die Thüringer Landgrafen. Geschichte und Sagenwelt. Ilmenau 2017, ISBN 978-3-95560-055-6.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Sylvia Weigelt: Hermann I. – Landgraf von Thüringen und Pfalzgraf von Sachsen. Hrsg.: Detlef Ignasiak. Hain-Verlag, Rudolstadt 1994, ISBN 3-930215-01-2, S. 61 f.
- ↑ Ursula Peters: Fürstenhof und höfische Dichtung. Der Hof Hermanns von Thüringen als literarisches Zentrum. Universitätsverlag Konstanz, Konstanz 1981, ISBN 3-87940-197-7, S. 18 f.
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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Ludwig III. | Pfalzgraf von Sachsen 1181–1217 | Ludwig IV. |
Ludwig III. | Landgraf von Thüringen 1190–1217 | Ludwig IV. |
Personendaten | |
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NAME | Hermann I. |
KURZBESCHREIBUNG | Landgraf von Thüringen, Pfalzgraf von Sachsen |
GEBURTSDATUM | um 1155 |
STERBEDATUM | 25. April 1217 |
STERBEORT | Gotha |