Holzheim (Haunetal)

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Holzheim
Gemeinde Haunetal
Koordinaten: 50° 47′ N, 9° 40′ OKoordinaten: 50° 46′ 56″ N, 9° 40′ 16″ O
Höhe: 319 (315–335) m ü. NHN
Fläche: 4,34 km²[1]
Einwohner: 250 (2015)[2]
Bevölkerungsdichte: 58 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. August 1972
Postleitzahl: 36166
Vorwahl: 06673

Holzheim ist ein Ortsteil der Marktgemeinde Haunetal im osthessischen Landkreis Hersfeld-Rotenburg.

Geographische Lage

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Holzheim liegt in der Vorderrhön bzw. den Haune-Hochflächen an der alten Höhenstraße zwischen Hersfeld und Fulda und am Barberbach, einem Zufluss der Haune. Durch den Ort verläuft die Landesstraße 3431.

Nachbarorte sind Hilperhausen im Norden, Kruspis im Süden und Neukirchen im Südosten.

Die älteste bekannte schriftliche Erwähnung von Holzheim erfolgte im Jahr 1402,[1] wahrscheinlich ist der Ort erheblich älter.[3] Schon um die Mitte des 12. Jahrhunderts bestand eine kleine, wohl von Ortsadeligen errichtete Burg mit steinernem Wohnturm, der bereits einen hölzernen Vorgänger hatte, und in ihrem Umfeld dürfte sich auch eine Siedlung befunden haben.

Die Ebenezer Kapelle in Holzheim

Im Jahre 1419 wird ein landgräflich-hessischer Amtmann in Holzheim urkundlich, der dort zwei Wächter, einen Pförtner und fünf wehrhafte Knechte halten musste und dafür außer den Amtsgefällen 8 Malter Korn, 4 Fuder Bier, 4 Kühe und 4 Seiten Speck erhielt.[4] 1428 wurde Ludwig (Lutz) von Hattenbach in Holzheim als landgräflicher Amtmann eingesetzt.[5] Und 1435 verpfändete Landgraf Ludwig I. den Brüdern Hermann und Heinrich Gerwig, die ihm 500 Gulden geliehen hatten, das Schloss (gemeint ist wohl die Burg) Holzheim, mit Ausnahme des Teiles, den Ludwig von Hattenbach daran hatte.[6]

Noch im 15. Jahrhundert wurde dann ein aus Wenigentaft abgewanderter Spross der Herren von Romrod, Lehnsmannen der Abtei Fulda und des Stifts Hersfeld, von den hessischen Landgrafen im Jahre 1440 als neuer Amtmann mit der Burg und einem Hofsitz und 1458 mit dem Gesamtlehen des Orts belehnt. Zwei landgräfliche Dokumente vom 30. Dezember 1491 belegen die erneute Belehnung der Brüder Asmus und Kaspar von Romrod mit dem Schloss (wobei wohl wiederum die Burg gemeint war) und dessen Zubehör sowie mit der dortigen Kemenate als Mannlehen; Schloss und Kemenate sollte Offenhaus des Landgrafen bleiben, wobei Torhüter, Pförtner und Wächter in diesem Falle vom Landgrafen verköstigt werden sollten.[7] Bis 1686 besaßen die Herren von Romrod den größten Teil des Dorfes. Ihr Wappen ist noch heute am jetzigen Eingang zum Wohnturm zu sehen. Nachdem der letzte Romroder zu Holzheim, Melchior Christian, im Jahre 1661 ohne direkte Nachkommen gestorben war, verkauften seine Vettern und Erben, die Brüder Lukas Wilhelm, Wolf Adam und Johann Heinrich von Romrod, 1686 ihre Güter, Zinsen und Gerechtsame in und außerhalb des Amts Landeck, und damit auch ihren Restbesitz in Holzheim, an Landgraf Karl von Hessen-Kassel.[8]

Während der Zeit des kurzlebigen napoleonischen Königreichs Westphalen, 1807–1813, war Holzheim Hauptort des Kantons Holzheim und Sitz des Friedensgerichts. Ab 1813 war der Ort wieder hessisch. Mit der Annexion des Kurfürstentums Hessen 1866 durch Preußen wurde auch Holzheim preußisch. Seit 1945 ist es wieder hessisch.

Hessische Gebietsreform (1970–1977)

Mit der Gebietsreform in Hessen verlor die Gemeinde Holzheim ihre Selbständigkeit und wurde am 1. August 1972 kraft Landesgesetz zum Ortsteil der Großgemeinde Haunetal.[9][10] Für Holzheim wurde, wie für die übrigen bei der Gebietsreform nach Haunetal eingegliederten Gemeinden, ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung gebildet.[11]

Verwaltungsgeschichte im Überblick

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Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten, denen Holzheim angehört(e):[1][12]

Einwohnerstruktur 2011

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Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Holzheim 228 Einwohner. Darunter waren keine Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 39 Einwohner unter 18 Jahren, 90 zwischen 18 und 49, 42 zwischen 50 und 64 und 54 Einwohner waren älter.[15] Die Einwohner lebten in 93 Haushalten. Davon waren 24 Singlehaushalte, 21 Paare ohne Kinder und 39 Paare mit Kindern, sowie 9 Alleinerziehende und 3 Wohngemeinschaften. In 18 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 54 Haushaltungen lebten keine Senioren.[15]

Einwohnerentwicklung

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Holzheim: Einwohnerzahlen von 1834 bis 2015
Jahr  Einwohner
1834
  
326
1840
  
330
1846
  
305
1852
  
330
1858
  
397
1864
  
273
1871
  
289
1875
  
290
1885
  
289
1895
  
245
1905
  
235
1910
  
245
1925
  
249
1939
  
219
1946
  
329
1950
  
334
1956
  
269
1961
  
256
1967
  
253
1970
  
249
1980
  
?
1990
  
?
2000
  
?
2011
  
228
2015
  
250
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: [1][2]; Zensus 2011[15]

Historische Religionszugehörigkeit

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• 1885: 289 evangelische (= 100 %) Einwohner[1]
• 1961: 220 evangelische (= 85,94 %), 36 katholische (= 14,06 %) Einwohner[1]

Kultur und Sehenswürdigkeiten

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Für die unter Denkmalschutz stehenden Objekt im Ort, siehe die Liste der Kulturdenkmäler in Holzheim.

Der Dicke Turm – Rest der Burg Holzheim

In der Dorfmitte steht ein mächtiger Wehrturm mit quadratischem Grundriss und fünf Geschossen, der Dicke Turm genannt. Es ist der Rest der mittelalterlichen Burg Holzheim. Der Turm ist heute in Privatbesitz und wird als Wohnanlage genutzt. Er wurde in der Mitte des 12. Jahrhunderts als Wohnturm der Burg errichtet. Einer Sage nach wurde bei seinem Bau ein Kind lebendig eingemauert. Die drei in etwa 12 m Höhe an der Außenwand sichtbaren steinernen Köpfe zeigen einen Mann, eine Frau und ein Kind und werden mit dieser Sage in Verbindung gebracht.

Als bei der Umgestaltung des „Dicken Turms“ zur Wohnanlage in seinem Umfeld umfangreiche Bodenarbeiten notwendig waren, wurde dies zu archäologischen Untersuchungen genutzt. Dabei wurden Mauerzüge von Vorgängerbauten und, bisher vollkommen unbekannt, weil hierzu keinerlei schriftliche Hinweise vorhanden waren, die Überreste einer kleinen mittelalterlichen Kirche gefunden. In den Fundamentsteinen, bzw. dem Mauerwerk des Turms fand man runde Pfostenlöcher; der ursprüngliche Vorgängerbau war also ein Holzturm, der möglicherweise, wie die ebenfalls aufgefundenen Keramikscherben, bereits in der merowingischen Zeit um 650 errichtet wurde. Der später an seiner Stelle erbaute steinerne Turm dürfte wohl frühestens im 10. oder 11. Jahrhundert erbaut worden sein, als steinerne Turmbauten dieser Art in Deutschland üblich wurden, stammt aber vermutlich erst aus dem 12. Jahrhundert. Die ehemalige Kirche stammt wahrscheinlich erst aus dem Hochmittelalter.

Das sogenannte Schloss

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Das ehemalige Jagdschlösschen Holzheim

Mit Burg, Hofsitz und Gesamtlehen von Holzheim erlangten die Herren von Romrod auch die so genannte Kemenate im Ort, die sie zu einem Herrenhaus ausbauten, dessen Erdgeschoss das Fundament des heutigen Jagdschlosses Holzheim bildet. Nachdem Mitte des 16. Jahrhunderts die benachbarte Burg Hauneck verfallen war, wurde 1560 der landgräflich-hessische Amtmann und Schultheiß nach Holzheim versetzt, wo er für die zusammengefassten Ämter Hauneck, Schildschlag und Johannesberg im früheren Schloss der Romrods amtierte.[16] Von 1562 bis 1818 sind die Amtmänner bzw. Schultheißen lückenlos nachweisbar.[17] Im Dreißigjährigen Krieg brannte das kleine Schloss bis auf das massive Erdgeschoss ab, wurde aber wieder aufgebaut. 1686 kam es durch Kauf in den Besitz des Landgrafen Karl von Hessen-Kassel. Sein Sohn, Landgraf Friedrich von Hessen-Kassel bzw. dessen in Kassel für ihn regierender Bruder Wilhelm VIII., ließ es in den Jahren 1732 bis 1735 zum Jagdschloss um- und ausbauen. Von dieser Umgestaltung stammen eine barocke zweiflügelige Tür unter feststehendem Oberlicht mit C-förmigen Voluten, das Fachwerk-Obergeschoss und ein Treppenhaus mit Hängetreppe. Aus der ehemaligen Zehntscheune wurde ein Pferdestall, an dessen Eingang noch heute Friedrichs Monogramm aus dem Jahr 1739 von diesem Umbau zeugt.[17][18]

Nach der preußischen Annexion Kurhessens 1866 ließ der bisherige Schultheiß als nunmehriger preußischer Amtsrichter die Fenster eines Raumes im Untergeschoss vergittern und als Gefängnis herrichten. Schon kurz darauf wurde das Amtsgericht jedoch nach Niederaula verlegt, und das Gebäude diente dann bis 1963 als Revierförsterei. Heute ist das auf ummauertem Grundstück mit Stufenweg in der Turmstraße stehende Haus in Privatbesitz. Auf dem massiven Erdgeschoss befinden sich ein Obergeschoss aus Fachwerk sowie zwei Dachgeschosse unter dem einfachen Satteldach.

Für Holzheim besteht ein Ortsbezirk (Gebiete der ehemaligen Gemeinde Holzheim) mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung. Der Ortsbeirat besteht aus fünf Mitgliedern. Bei den Kommunalwahlen in Hessen 2021 betrug die Wahlbeteiligung zum Ortsbeirat 79,89 %. Alle Kandidaten gehören der „Gemeinschaftsliste Holzheim“ an.[19] Der Ortsbeirat wählte Heiko Wiegand zum Ortsvorsteher.[20]

Dorfgemeinschaftshaus

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1965 wurde das Dorfgemeinschaftshaus erbaut.

  • Harald Neuber: Die Geschichte des Dorfes und Amtssitzes Holzheim.(304 Seiten), Haunetal, 2002
  • Wolfgang Henry Sturt: Die Holzheimer Linie der von Romrod. Auf- und Abstieg einer Familie. In: Hessische Familienkunde, Bd. 21 (1992/93), S. 187–206
  • Literatur über Holzheim nach Register nach GND In: Hessische Bibliographie
Commons: Holzheim (Haunetal) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen und Einzelnachweise

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Anmerkungen

  1. Trennung zwischen Justiz, Landgericht Hersfeld und Verwaltung.
  2. Am 1. August 1972 als Ortsbezirk zur Gemeinde Haunetal.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Holzheim, Landkreis Hersfeld-Rotenburg. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 16. Oktober 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. a b Haushaltsplan 2016. In: Webauftritt. Gemeinde Haunetal, S. 50, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 23. August 2021; abgerufen im Oktober 2020.
  3. In der Dorfgemarkung wurden sogar Funde aus der Alt- oder der Mittelsteinzeit gemacht.
  4. Regesten der Landgrafen von Hessen, Regest-Nr. 3211, 8. November 1419: Werner von Bila wird für ein Jahr Amtmann in Holzheim. Regesten der Landgrafen von Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  5. Schlitzer Bote, 18. März 2002: „Burg Holzheim im Mittelalter eine Schlitzer Burg?“ (Memento vom 16. April 2014 im Internet Archive)
  6. Sie sollten es bis zur Rückzahlung der 500 Gulden innehaben, jedoch durfte die Rückzahlung erst nach vier Jahren geschehen. Die Brüder sollten die Kemenate, Planken, Zäune und Gräben in Stand halten. (Regesten der Landgrafen von Hessen, Regest-Nr. 3026, 22. Juni 1435: Die Brüder Gerwig erhalten Burg Holzheim amtsweise. Regesten der Landgrafen von Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).)
  7. Regesten der Landgrafen von Hessen, Regest-Nr. 7703, 30. Dezember 1491: Asmus von Romrod erhält Schloss Holzheim. Regesten der Landgrafen von Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).; Regesten der Landgrafen von Hessen, Regest-Nr. 7726, 30. Dezember 1491: Kaspar von Romrod erhält eine Hofstatt in Holzheim als Lehen. Regesten der Landgrafen von Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  8. Ernst Wenzel: Die Herren von Romrod: Das v. Romrodsche Schlösschen zu Müs; in: Fuldaer Geschichtsblätter, 22 Jahrgang, 1929 Nr. 1
  9. Gesetz zur Neugliederung der Landkreise Hersfeld und Rotenburg (GVBl. II 330-13) vom 11. Juli 1972. In: Der Hessische Minister des Innern (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1972 Nr. 17, S. 217, § 15 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 1,2 MB]).
  10. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 398 (Digitalisat in: Statistische Bibliothek des Bundes und der Länder [PDF]).
  11. Hauptsatzung. (PDF; 52 kB) § 5. In: Webauftritt. Gemeinde Haunetal, abgerufen im März 2020.
  12. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  13. Kur-Hessischer Staats- und Adress-Kalender: 1818. Verlag d. Waisenhauses, Kassel 1818, S. 78 f. (online bei Google Books).
  14. Verordnung vom 30sten August 1821, die neue Gebiets-Eintheilung betreffend, Anlage: Übersicht der neuen Abtheilung des Kurfürstenthums Hessen nach Provinzen, Kreisen und Gerichtsbezirken. Sammlung von Gesetzen etc. für die kurhessischen Staaten. Jahr 1821 – Nr. XV. – August. (kurhess GS 1821) S. 75.
  15. a b c Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,8 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 18 und 74, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. Oktober 2020;.
  16. Regnerus Engelhard: Erdbeschreibung der Hessischen Lande Casselischen Antheiles …, Zweyter Theil, Kassel, 1778, S. 603
  17. a b Ehemaliges Jagdschloss derer von Romrod, Haunetal – Holzheim (Haunetal) , Turmstraße 12, Flurstück: 52/03, Parzelle: 3 auf bildindex der Kunst und Architektur.
  18. Ehemaliges Jagdschloss derer von Romrod, Haunetal – Holzheim (Haunetal)
  19. Ortsbeiratswahl Holzheim. In: Votemanager. Kommunales Gebietsrechenzentrum, abgerufen im Februar 2023.
  20. Ortsbeirat Holzheim. In: Webauftritt. Gemeinde Haunetal, abgerufen im Februar 2023.