Immaterielles Gut

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Immaterielle Güter sind in der Betriebswirtschaftslehre und Volkswirtschaftslehre nicht-körperliche, nicht-stoffliche Güter. Gegensatz sind die Sachgüter. Knappe Güter werden als Wirtschaftsgüter bezeichnet und in zwei Gruppen unterteilt, und zwar in Realgüter und Nominalgüter. Immaterielle Güter werden in dieser Klassifizierung zu den Realgütern gerechnet.

Die Interdependenz und Interaktion von beiden Güterarten zeigt sich beim Autokauf: das Realgut Auto wird mit dem Nominalgut Geld als Gegenleistung bezahlt. In einer Geldwirtschaft werden im Regelfall nicht Realgüter untereinander ausgetauscht (etwa die Arbeitsleistungen eines Arbeitnehmers gegen Produkte des Arbeitgebers beim Deputatlohn), sondern Realgüter werden gegen das allgemeinste Wirtschaftsgut, das Nominalgut, getauscht.[1] Ein Wirtschaftsgut liegt vor, wenn technische Eignung, Vorhandensein, Verfügbarkeit, Übertragbarkeit, relative Knappheit und ökonomische Eignung erfüllt sind.[2] Seit der Güterklassifizierung von Erich Kosiol im Jahre 1966 sind Realgüter die „Objekte der produktiven Transformationsprozesse“.[3] Realgüter sind Bestandteil der Realwirtschaft, die sich mit der Produktion, dem Vertrieb und dem Konsum von Gütern und Dienstleistungen befasst. Nominalgüter wie Geld oder Geldsurrogate gehören zur Finanzwirtschaft.

Die Unterscheidung zwischen materiellen und immateriellen Gütern ergibt folgende Übersicht:

                                        Güter
                      ┌───────────────────┴───────────────────┐
                 Materielle                              immaterielle
                            ┌─────────────────────────────────┴───────────────────────────┐
                     Dienstleistungen                                                  Rechte
             ┌──────────────┴──────────────┐                              ┌───────────────┴───────────────┐
       Investitionsgüter            Konsumgüter                Investitionsgüter                     Konsumgüter

Die Produktionsgüter dienen Unternehmen oder dem Staat beispielsweise zur Herstellung von Konsumgütern, während die Konsumgüter unter den immateriellen Gütern vom Privathaushalt zum Zwecke der direkten Bedürfnisbefriedigung konsumiert werden.

Als Beispiel für Dienstleistungen, die als Konsumgüter verwendet werden, gelten Leistungen für den privaten Haushalt (bereitgestellt durch Rechtsanwalt oder Arzt). Dienstleistungen, die den Produktionsgütern zugeordnet werden, können zum Beispiel Unternehmensberater oder Wirtschaftsprüfer sein.

Für den Bereich Rechte sind Konzessionen, Lizenzen, Patente, Warenzeichen, Markenzeichen gewerbliche Schutzrechte, Firmenwerte und Urheberrechte zu erwähnen.

Immaterielle Güter lassen sich in drei Kategorien einteilen:

Güter werden in der Volkswirtschaftslehre im Hinblick auf ihre physische Beschaffenheit unterteilt in Sachgüter (materielle Güter), immaterielle Güter (Dienstleistungen) und digitale Güter.[7] Digitale Güter sind eine moderne Güterart, die erst durch Digitalisierung entstanden ist und digitale Daten enthält. Hierzu gehören außer Software auch Bilddateien, Computerprogramme, E-Books, Musikdateien, Videodateien oder Online-Zeitungen.

Sachgüter werden als materielle Güter von Sachleistungsunternehmen und als immaterielle Güter von Dienstleistungsunternehmen hergestellt. Dabei wird nach der Art der Leistung unterschieden:[8]

Sachleistungsunternehmen Gewinnungsunternehmen, Aufbereitungsunternehmen, Energiewirtschaft,

Veredelungsunternehmen, Verarbeitungsunternehmen, Handwerk

Dienstleistungsbetriebe Handelsbetriebe, Kreditinstitute, Verkehrsbetriebe, Versicherungsbetriebe,
sonstige Dienstleistungsbetriebe

Diese Betriebsformen können noch weiter untergliedert werden, so etwa der Handel in Groß- und Einzelhandel.

Materielle und immaterielle Güter

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Immaterielle Güter sind nicht mit dem sachenrechtlichen Eigentum an materiellen Gütern gleichzusetzen.

Gemeinsamkeiten

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  • Die im Sachenrecht geltenden Grundsätze finden auch im Immaterialgüterrecht Anwendung:
    • geistiges Eigentum und Sacheigentum gewähren ein absolutes Recht, das es dem Inhaber erlaubt, das Immaterialgut zu nutzen und jeden Dritten von der Nutzung dieses Gegenstands auszuschließen.
    • Es können nur solche Rechte erworben werden, welche der Gesetzgeber geschaffen hat (Typenzwang), etwa Patentrecht oder Gebrauchsmuster, Urheberrecht oder Designs, Markenrecht. Gegenstand (welche Immaterialgüter sind schutzfähig) und Inhalt des Rechts sind durch den Gesetzgeber vorgegeben. Davon abweichende Rechte können vertraglich nicht vereinbart werden;
    • das Trennungs- und Abstraktionsprinzip ist auch im Recht des geistigen Eigentums zu beachten (umstritten für das Urheberrecht, z. B. dagegen: Schricker, § 31, Rn. 2);
    • die vermögensrechtliche Zuordnung knüpft an ein nach außen offenkundiges Ereignis an, etwa durch die Eintragung in ein öffentliches Register (Offenkundigkeits- oder Publizitätsprinzip). Das Urheberrecht entsteht allerdings bereits mit der Schöpfung des Werkes und nicht erst mit der Aufführung oder Veröffentlichung.
    • Der Gegenstand, an dem das Immaterialgüterrecht besteht, muss hinreichend bestimmt sein (Bestimmtheitsgrundsatz)
  • Sacheigentum kann in der Regel vollständig vom Rechteinhaber auf eine andere Person übertragen werden (abgeleiteter oder derivativer Rechtserwerb) und es können einzelne Befugnisse zur Nutzung eingeräumt werden (ursprünglicher oder originärer Rechtserwerb). Dies gilt grundsätzlich auch für geistiges Eigentum. Eine Ausnahme stellt jedoch das Urheberrecht in Deutschland dar, welches von einem Rechtsvorgänger nur im Wege des Erbrechts erworben werden kann.
  • Die Nutzung geistigen Eigentums und Sacheigentums kann gesetzlich beschränkt werden, z. B. durch rechtliche Schranken zugunsten Dritter oder der Allgemeinheit. Dabei können auch zwangsweise Nutzungsrechte eingeräumt werden (z. B. Notwegerecht, Zwangslizenzen im Patentrecht).
  • Soweit geistiges Eigentum in einem Persönlichkeitsrecht (französisch droit moral) besteht, ist es im Gegensatz zum Sacheigentum in der Regel nicht auf eine andere Person übertragbar (z. B. Urheberpersönlichkeitsrecht, s. §§ 12 ff., 29 UrhG, oder Erfinderpersönlichkeitsrecht, s. §§ 37, 63 PatG).
  • Immaterialgüter sind ubiquitär (allgegenwärtig). Dadurch kann ein Immaterialgut verschiedenen Rechtsordnungen gleichzeitig unterliegen. Daher müssen geistige Eigentumsrechte gegebenenfalls in mehreren Ländern angemeldet werden (soweit Anmeldung erforderlich). Das Sacheigentum unterliegt dagegen nur dem Recht des Ortes, an dem sich die Sache belegen ist.
  • Immaterialgüter können nicht-rivalisierend, von beliebig vielen Personen gleichzeitig, genutzt werden (öffentliche Güter). Erst durch die Zuweisung von Monopolrechten wird eine künstliche Knappheit geschaffen, während die Ausschließlichkeit der Nutzung bei körperlichen Gegenständen ständig und untrennbar durch ihre Natur bewirkt wird.
  • Der strafrechtliche Schutz des geistigen Eigentums erfolgt durch die jeweiligen Schutzgesetze. Die Vorschriften der Eigentumsdelikte (Diebstahl, Raub usw.) von Sachen finden hingegen im Immaterialgüterrecht keine Anwendung.
  • Es gibt einen großen Anteil Immaterialgüter, denen die Rechtsordnung kein Immaterialgüterrecht zuweist. Dies sind z. B. im Urheberrecht gemeinfreie Werke, zum Beispiel einzelne Worte oder Akkorde (geringe Schöpfungshöhe), oder Werke, deren Schutzdauer abgelaufen ist (Aufhebung der Schutzrechte, Freigabe). Dagegen sind herrenlose Sachen die Ausnahme.
  • Herrenlose Sachen können wieder Gegenstand des Eigentums werden. Gemeinfreie Werke und die Nutzung abgelaufener Patente bleiben dagegen auf Dauer frei.
  • Geistiges Eigentum ist zeitlich begrenzt, und die Einschränkungen bei den zugeordneten Rechten sind erheblich umfangreicher und weitgehender als beim Sacheigentum. Sacheigentum dagegen bleibt bis zum Untergang der Sache bestehen.
  • Da die Nutzung von Immaterialgütern nur selten den Besitz eines Werkexemplars voraussetzt, kann, im Vergleich zum Sachgut, sehr viel leichter auf das Immaterialgut durch jedermann zugegriffen werden. Der Schutz von Rechten, die am Immaterialgut bestehen, stellt daher andere Anforderungen als der Schutz von Rechten am Sacheigentum.
  • Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Arten von Immaterialgütern. Dadurch ist es möglich, dass ein Immaterialgut unter verschiedenen Gesichtspunkten mehreren unterschiedlichen Immaterialgüterrechten zugleich unterliegt (z. B. kann ein Logo durch das Urheberrecht und das Markenrecht geschützt sein). Zusätzlich besteht sehr häufig noch ein Eigentumsrecht an der Verkörperung. Der Inhaber des Sacheigentums ist regelmäßig ein anderer als der Inhaber des Immaterialgüterrechts. Eine nicht-triviale Komplexität in den möglichen Rechtsansprüchen ist somit eher die Regel als die Ausnahme. Diese Vielfalt erfordert weiterhin die Ausgestaltung durch ähnlich vielfältige, unterschiedliche, gesetzliche Regelungen.

Immaterielle Güter als Ware

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Es gibt Unternehmen, die nur ihr geistiges Eigentum als Wirtschaftsgut vermarkten. Solche Unternehmen stellen keine Waren im eigentlichen Sinne her (fabless), sondern – im weitesten Sinne – Baupläne und lizenzieren sie an Herstellerunternehmen. Einige Beispiele:

Im Patentbereich werden Patentinhaber, welche ihr Monopolrecht in unangemessener Weise benutzen, gelegentlich als Patent-Troll bezeichnet. Dazu zählen insbesondere Patentinhaber, welche nicht selbst forschen oder Waren herstellen (englisch non practicing entities). Aus wettbewerblicher Sicht wird deren Machtausübung überwiegend abgelehnt.[9]

Einzelnachweise

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  1. Dieter Farny, Versicherungsbetriebslehre, 2011, S. 175 f.
  2. Erich Kosiol, Einführung in die Betriebswirtschaftslehre, 1968, S. 136 f.
  3. Erich Kosiol, Die Unternehmung als wirtschaftliches Aktionszentrum, 1972, S. 120 f.; ISBN 978-3-322-98144-8
  4. Volker Häfner, Gabler Volkswirtschafts-Lexikon, 1983, S. 120
  5. Ute Arentzen/Eggert Winter, Gabler Wirtschafts-Lexikon, Band 2, 1997, S. 1815
  6. Insa Sjurts, Gabler Lexikon Medien Wirtschaft, 2004, S. 248
  7. Katrin Alisch/Ute Arentzen/Eggert Winter (Hrsg.), Gabler Wirtschafts-Lexikon, 2004, S. 1321
  8. Günter Wöhe/Ulrich Döring, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 25. Auflage, 2013, S. 31; ISBN 978-3-8006-4687-6
  9. D. P. Majoras (FTC): A Government Perspective on IP and Antitrust law.@1@2Vorlage:Toter Link/www.fiw-online.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven) Vortrag 4. Juli 2006 am Forschungsinstitut für Wirtschaftsverfassung und Wettbewerb e. V. – FIW mwN.