Jetins
Die Jetins sind kleinwüchsige Fabelwesen aus der bretonischen Mythologie, die zur Kategorie der Lutins gehören. Sie werden vor allem in den Küstenregionen der Ille-et-Vilaine in der Bretagne und auf der Kanalinsel Guernsey erwähnt.
Ursprung und Charakteristik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Name „Jetins“ leitet sich vom französischen Verb jeter (werfen) ab, was auf ihre Fähigkeit hinweist, große Steine zu werfen.[1] Varianten des Namens sind J'tins oder J'tuns.[2] Es wird vermutet, dass sie wie die verwandten Fions von den englischen fairies abstammen. Dafür spricht ihr Lebensraum in Meereshöhlen, den houles (von engl. hole für Loch).[3]
Die Jetins werden als kleine Männlein von etwa anderthalb Fuß (45 cm) beschrieben.[4][5] Sie tragen rustikale Kleidung, einen behaarten Hut und silberne Holzschuhe.[1] Ihre hervorstechendste Eigenschaft ist ihre enorme Kraft, die es ihnen ermöglicht, hausgroße Steine über große Entfernungen zu schleudern. Dies diente in der bretonischen Folklore als Erklärung für das Vorhandensein großer Felsbrocken auf den Feldern.[6]
Lebensraum und Verhalten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Jetins bewohnen vorwiegend Küstenhöhlen (houles) und Felsspalten entlang der Küste von Ille-et-Vilaine und auf Guernsey. Sie sind besonders an den Ufern des Flusses Rance anzutreffen.[7] Trotz ihres Lebensraums in den houles teilen sie diesen nicht mit den Höhlenfeen.
Jetins gelten als verspielt und gesellig. Nachts verlassen sie ihre Höhlen, um in der Landschaft Schabernack zu treiben, z. B. Pferdemähnen zu verfilzen oder Hühnerställe zu öffnen.[8] Trotz ihrer Streiche sind sie im Grunde gutmütig und geben jedem Brot, Speck und Wurst, der sie darum bittet.[9]
Ein wichtiger Aspekt der Jetin-Folklore ist ihre angebliche Praxis, menschliche Babys zu entführen und durch ihre eigenen, gealterten Wechselbälger zu ersetzen. Diese Wechselbälger wachsen nicht und saugen ständig an der Brust. Es gibt überlieferte Geschichten, wie Eltern ihre Kinder zurückbekommen, indem sie den Wechselbälgern mit dem Tod drohen.[6][10]
Moderne Interpretationen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In der zeitgenössischen Literatur wurden die Jetins von Autoren wie Pierre Dubois aufgegriffen und ausgeschmückt. In seiner Grande Encyclopédie des lutins („Große Enzyklopädie der Lutins“) schreibt er ihnen zusätzliche Eigenschaften zu, wie die Versiegelung des Zugangs zum Palast der Höhlenfeen, nachdem diese die Bretagne verlassen hatten.[11]
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b Pierre Dubois: Fions, Jetins et Fois. In: La Grande Encyclopédie des lutins. Hoëbeke, Paris 1992, ISBN 978-2-84230-325-9, S. 175 (französisch).
- ↑ Françoise Morvan: Vie et mœurs des lutins bretons (= Babel). Actes Sud, Arles / Montréal 2005, ISBN 2-7427-5793-7, S. 353 (französisch).
- ↑ Françoise Morvan: Vie et mœurs des lutins bretons (= Babel). Actes Sud, Arles / Montréal 2005, ISBN 2-7427-5793-7, S. 222 (französisch).
- ↑ Paul Sébillot: Le folklore de la mer. Ancre de Marine, Saint-Malo 1997, ISBN 2-84141-115-X, S. 114 (französisch).
- ↑ Philippe Le Stum: Fées, Korrigans & autres créatures fantastiques de Bretagne. Ouest-France, Rennes 2003, ISBN 2-7373-2369-X, S. 89 (französisch).
- ↑ a b Paul Sébillot: Le folklore de la mer. Ancre de Marine, Saint-Malo 1997, ISBN 2-84141-115-X, S. 115 (französisch).
- ↑ André-François Ruaud: Jetins. In: Le Dico féérique: Le Règne humanoïde (= Bibliothèque des miroirs. Band 1). Les moutons électriques, 2010, ISBN 978-2-36183-030-4 (französisch).
- ↑ Paul Sébillot: Croyances, mythes et légendes des pays de France. Omnibus, Paris 2002, ISBN 2-258-05989-5, S. 337 (französisch).
- ↑ Paul Sébillot: Croyances, mythes et légendes des pays de France. Omnibus, Paris 2002, ISBN 2-258-05989-5, S. 336 (französisch).
- ↑ Gérard Hubert, Pierre Jalbert: L'heure du doute : insémination artificielle, enjeux et problèmes éthique (= Éthique et Sciences). John Libbey Eurotext, Montrouge / London / Rom 1994, ISBN 2-7420-0049-6, S. 102 (französisch).
- ↑ Pierre Dubois: Fions, Jetins et Fois. In: La Grande Encyclopédie des lutins. Hoëbeke, Paris 1992, ISBN 978-2-84230-325-9, S. 174 (französisch).