Kosmodrom Wostotschny

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Koordinaten: 51° 49′ N, 128° 18′ O

Karte: Russland
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Kosmodrom Wostotschny

Das Kosmodrom Wostotschny (russisch Космодром Восточный; deutsch „Östlicher Weltraumbahnhof“) ist ein russischer Weltraumbahnhof in der Amur-Region gut 100 km östlich der Grenze zu China. Das Kosmodrom befindet sich auf dem Gelände des ehemaligen Raketenstartplatzes Swobodny im Nordosten der Stadt Ziolkowski (bis 2015 Uglegorsk). Wostotschny ergänzt das auf kasachischem Gebiet liegende Kosmodrom Baikonur und soll die Abhängigkeit von Kasachstan verringern.

Modell des Startplatzes 1S auf dem Kosmodrom Wostotschny auf der MAKS 2013

Am 21. November 2007 unterzeichnete Präsident Wladimir Putin den Erlass zur Konstruktion des Weltraumbahnhofs.[1] Der genaue Standort wurde Ende 2008 festgelegt und befindet sich im östlichen Bereich des kurz zuvor geschlossenen Kosmodroms Swobodny, etwa 150 km nördlich von Blagoweschtschensk im Bereich des Flusses Pera, etwa 250 m über dem Meeresspiegel. Das Kosmodrom sollte nach damaliger Planung eine Fläche von 750 km² umfassen;[2] die Bauarbeiten sollten im Jahr 2010 beginnen, acht Jahre dauern und in drei Etappen erfolgen. Tatsächlich wurde mit dem Bau Mitte 2012 begonnen. Die nötige Investitionssumme für die erste Etappe wurde auf 251 Milliarden Rubel – damals umgerechnet etwa 6,3 Milliarden Euro – geschätzt.[3] Verantwortlich für den Bau war der ehemalige RKK-Energija-Chef Nikolai Sewastjanow.

Nach Bauverzögerungen übernahm Vizeministerpräsident Dmitri Rogosin 2014 die Koordination der Baustelle.[4] Trotz der nunmehr offenkundigen Priorität seitens der russischen Regierung für den neuen Weltraumbahnhof schien sich das Projekt nicht entsprechend den Planvorgaben zu entwickeln, da im April 2015 Arbeiter auf der Baustelle wegen ausbleibender Lohnzahlungen in einen Hungerstreik getreten waren.[5]

Im Oktober 2015 wurde bekanntgegeben, dass Teile der für die Sojus-2 vorgesehenen Montagehallen zu klein für die Rakete seien.[6] Zudem wurden mehrere Fälle von Korruption und Misswirtschaft bekannt. Es fehlte weiterhin an einer gesicherten Strom-, Wasser- und Wärmeversorgung.[7] Die für Dezember 2015 geplante Eröffnung konnte daher nicht stattfinden.

Am 12. April 2016 wurde der Weltraumbahnhof offiziell eröffnet. Bemannte Starts mit Sojus-Raumschiffen zur ISS sind von dort allerdings – anders als ursprünglich geplant[8] – nicht möglich, da die Sojus nur für Landungen an Land ausgelegt ist. Die Flugbahn von Wostotschny führt in der Aufstiegsphase über das Ochotskische Meer, die Halbinsel Kamtschatka und den Pazifischen Ozean, sodass bei einem Startabbruch eine Wasserung nötig sein könnte.[9]

Von August bis Oktober 2018 wurde auf dem Gelände des Kosmodroms eine Waldfläche gerodet, um Platz für eine weitere Startrampe zu schaffen. Im Mai 2019 begann die zweite Phase der Konstruktion des Kosmodroms mit der Errichtung einer weiteren Startrampe für schwere Raketen des Typs Angara. Heftige Regenfälle und Veruntreuung von Geldern für den Kauf von Maschinen verzögerten die Konstruktion. Im Zuge von Anti-Korruptions-Untersuchungen wurden über 100 Strafverfahren eingeleitet.[10][11]

Es sind mehrere Startrampen geplant. Die Wichtigsten sind:

  • Rampe 1S – Sojus-2, in Betrieb seit 2016
  • Rampe 1A – Angara A5, in Betrieb seit 2024

Die erste Sojus-2-Rakete wurde, noch ohne Nutzlast, am 21. März 2016 zu Testzwecken zur Startrampe 1S gebracht.[12] Am 28. April um 02:01 UTC startete sie in Anwesenheit des Staatspräsidenten Wladimir Putin die beiden Satelliten Michail Lomonossow und AIST 2D. Der Start war am Vortag wegen eines Ventilfehlers verschoben worden, Putin war vor Ort geblieben.[13][14][15]

Stand der Liste: 31. Oktober 2024

Zeitpunkt (UTC) Rakete Start­rampe Nutzlast Orbit Anmerkungen
28. April 2016 02:01 Sojus-2.1a / Wolga 1S Michail Lomonossow (Gammateleskop)
Aist 2D
SamSat 218
LEO Erfolg
28. Nov. 2017 02:41 Sojus-2.1b / Fregat 1S Meteor-M 2-1
18 Kleinsatelliten
Fehlschlag 1
1. Feb. 2018 02:07 Sojus-2.1a / Fregat 1S Kanopus-V 3 und 4 LEO Erfolg
27. Dez. 2018 02:07 Sojus-2.1a / Fregat 1S Kanopus-V 5 und 6 LEO Erfolg
5. Juli 2019 05:41 Sojus-2.1b / Fregat 1S Meteor-M 2-2
8 Lemur-2
24 Kleinsatelliten
LEO Erfolg
18. Dez. 2020 12:26 Sojus-2.1b / Fregat 1S OneWeb 4 LEO Erfolg
25. März 2021 02:47 Sojus-2.1b / Fregat 1S OneWeb 5 LEO Erfolg
25. April 2021 22:14 Sojus-2.1b / Fregat 1S OneWeb 6 LEO Erfolg
28. Mai 2021 17:38 Sojus-2.1b / Fregat 1S OneWeb 7 LEO Erfolg
1. Juli 2021 12:48 Sojus-2.1b / Fregat 1S OneWeb 8 LEO Erfolg
14. Okt. 2021 09:40 Sojus-2.1b / Fregat 1S OneWeb 11 LEO Erfolg
22. Okt. 2022 19:57 Sojus-2.1b / Fregat 1S Gonets-M 33/34/35 (Block 18)
Skif-D
LEO Erfolg
26. Mai 2023 21:14 Sojus-2.1a / Fregat 1S Kondor-FKA-1 LEO Erfolg
27. Juni 2023 11:34 Sojus-2.1b / Fregat 1S Meteor-M 2-3
42 Kleinsatelliten
SSO Erfolg
10. Aug. 2023 23:10 Sojus-2.1b / Fregat 1S Luna 25 (Mondlandesonde) TLI Erfolg 2
29. Feb. 2024 05:43 Sojus-2.1b / Fregat 1S Meteor-M 2-4
Pars-1
ca. 20 Kleinsatelliten
LEO Erfolg
11. April 2024 09:00 Angara A5 / Orion 1A GMM-KA (Massesimulator)
Gagarinets (Werbe-CubeSat)
GEO
LEO
Erfolg
1 
Die erstmals von Wostotschny gestartete Fregat-Oberstufe war versehentlich mit den Startkoordinaten des Kosmodroms Baikonur programmiert worden. Dadurch flog sie in die falsche Richtung und erreichte keine Erdumlaufbahn. Alle Nutzlasten gingen verloren.[16]
2 
Die Raumsonde Luna-25 zerschellte nach erfolgreichem Start beim Landeanflug auf den Mond.
Commons: Kosmodrom Wostotschny – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Putin Signs Off on New Cosmodrome. Space.com, 21. November 2008 (englisch)
  2. FliegerRevue Juni 2009, S. 39–41, Russlands neuer Weltraumbahnhof
  3. Russlands neues Sternenstädtchen zum Tag der Raumfahrt. .RUFO, 12. April 2013, abgerufen am 4. September 2014.
  4. Gerhard Kowalski: Baustelle Wostotschnij: Schlamperei auf Putins Weltraumbahnhof. Spiegel Online, 16. September 2014, abgerufen am 16. September 2014.
  5. Unfallserie: Russische Raumfahrt-Chefs sollen persönlich für Pannen haften. spiegel.de, 18. Mai 2015, abgerufen am 28. April 2016.
  6. Radio Echo Moskau: Размещение ракеты-носителя «Союз-2» на космодроме „Восточный“ пока остается под вопросом. 1. Oktober 2015, abgerufen am 5. Oktober 2015 (russisch): „По его словам, сооружение, где должны были производиться мойка и обогрев пребывающих на космодром блоков, запроектировано под другую модификацию ракеты-носителя «Союз» и не соответствует габаритам доставленного на космодром изделия. Теперь, как пояснил собеседник агентства, «Союз-2» будут пытаться перевезти в зал Восточного по резервной схеме. […] Однако, как сообщал ранее „Интерфакс“, работы в испытательном комплексе нельзя начать до ввода штатных коммуникаций и монтажа систем. В частности, до сих пор не сданы в эксплуатацию краны для сборки ракеты, системы вентиляции, пожаротушения и ряд других.“
  7. Gerhard Kowalski: Russischer Weltraumbahnhof: Putins größte Baustelle. spiegel.de, 27. Oktober 2015, abgerufen am 28. April 2016.
  8. Neuer Weltraumbahnhof: Russland plant ersten Raketenstart ab 2018. sputniknews.com, 30. August 2010, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 9. September 2010.@1@2Vorlage:Toter Link/de.sputniknews.com (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  9. Gerhard Kowalski: Kosmodrom Wostotschnij: Putins Weltraumbahnhof hat ein Problem. spiegel.de, 26. April 2016, abgerufen am 28. April 2016.
  10. Schlenz, Chiara: Kosmodrom Wostotschny: Bauarbeiten ziehen sich in die Länge. 5. September 2021, abgerufen am 13. April 2023.
  11. Russlands Weltraumbahnhof: Jetzt aber Tempo. 4. September 2021, abgerufen am 13. April 2023.
  12. РОСКОСМОС. КОСМОДРОМ ВОСТОЧНЫЙ – «СУХОЙ ВЫВОЗ» РН «СОЮЗ-2» ИДЕТ ШТАТНО. Roskosmos, 21. März 2016, abgerufen am 23. März 2016 (russisch).
  13. boj/AFP: Wostotschnij: Erster Raketenstart am neuen russischen Weltraumbahnhof verschoben. spiegel.de, 27. April 2016, abgerufen am 28. April 2016.
  14. Russland startete erstmals Rakete von neuem Weltraumbahnhof. orf.at, 28. April 2016, abgerufen am 28. April 2016.
  15. TASS: Putin congratulates Roscosmos, Vostochny builders on successful rocket launch. tass.ru, 28. April 2016, abgerufen am 28. April 2016.
  16. Stephen Clark: Russian official blames Nov. 28 launch failure on botched software programming. In: Spaceflight Now. 30. Dezember 2017, abgerufen am 7. September 2019.