Kronospan
Kronospan Holdings Limited
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Rechtsform | Limited |
Gründung | 1897 |
Sitz | Nikosia, Zypern |
Leitung | Peter Kaindl |
Mitarbeiterzahl | 14.000[1] |
Umsatz | 4 Mrd. Euro[2] |
Branche | Holzprodukte |
Website | www.kronospan-worldwide.com |
Die Kronospan Holdings Limited ist die Konzernobergesellschaft der Kronospan-Gruppe, einem Hersteller von Spanplatten und Laminaten mit finanztaktischem Sitz in Nikosia auf Zypern und tatsächlichem Sitz in Wals im Bezirk Salzburg-Umgebung.
Kronospan gilt als weltgrößter Hersteller von Spanplatten und befindet sich seit Gründung im Besitz der Familie Kaindl.
Hintergrund
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die aus Österreich stammende Unternehmerfamilie Kaindl gründete 1897 in Lungötz bei Salzburg ein Sägewerk; ab 1948 erzeugte das Sägewerk Sperrholz für die Möbelindustrie, 1959 folgten Spanplatten. Die Firma wurde nach dem Tod von Matthias Kaindl gemeinsam von dessen Söhnen, Ernst und Matthias Kaindl, geführt. 1966 gründet Ernst Kaindl die Swiss Krono Group als AG für Holzindustrie 1966 in Menznau bei Luzern in der Schweiz. 1987 erfolgte die Spaltung der Familiengesellschaft in die Krono Gruppe Schweiz, Kern der Swiss Krono Group, unter Führung von Ernst Kaindl und der Kronospan-Gruppe unter der Führung von Matthias Kaindl und dessen Sohn Peter.[3] Im Jahr 2007 übernahm Kronospan die Unternehmen Sprela GmbH aus Spremberg und Falco Zrt. aus Ungarn von Constantia. Der geplante Kauf von FunderMax konnte aufgrund des Einspruchs der zuständigen Kartellbehörde nicht vollzogen werden.[4][5]
Nach eigenen Angaben ist Kronospan der weltgrößte Hersteller von holzbasierten Verkleidungselementen.[6] Unter dem Namen Kronochem werden auch Chemikalien für die Holzverarbeitung angeboten.[7][8][3] Die tatsächlichen Besitzverhältnisse sind aufgrund einer komplexen Unternehmensstruktur mit Holdinggesellschaften auf Zypern und den Kanalinseln schwer zu überschauen.[1][9] Die Kronospan-Unternehmen agieren recht eigenständig und betreiben zusammengenommen 40 Werke in Europa und teilweise auch in Asien und Nordamerika.[10] Das walisische Kronospan-Werk in Chirk, Wrexham, UK gehört zu den zehn größten verarbeitenden Betrieben des Landes.
Kritik und Kontroversen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Kronospan steht aufgrund seiner Geschäftspraktiken und der Schadstoffausstöße seiner Fabriken an mehreren Standorten in der Kritik. Wegen Umweltverschmutzungen protestierten 2015 Anwohner des rumänischen Standorts in Sebeș und 2018 Bewohner der polnischen Stadt Mielec gegen das Unternehmen und für striktere Umweltauflagen.[2]
Standort Chirk
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Am Kronospan-Standort in Chirk, Wales äußerten sich Anwohner bereits mehrfach kritisch über die schlechten Verkehrsverhältnisse und Wasserverschmutzungen, die durch Kronospan hervorgerufen werden.[11][12] Durch Sägemehl wurden 2017 größere Flächen der Gemeinde verunreinigt.[13]
Auf dem Werksgelände in Chirk kam es bereits zu mehreren Bränden, in deren Folge Kronospan teilweise Strafzahlungen auferlegt wurden. Im März 2002 brannten 8.000 Tonnen Abfallholz und im Juni desselben Jahres musste ein Feuer in einem Heizraum gelöscht werden. Im April und September 2007 und im September 2010 brachen jeweils Feuer aus. Weiterhin brannte es im Juni, zweimal im Juli und ein weiteres Mal im Oktober 2012. Im April 2014 brach ein Feuer aus, welches erst nach 11 Stunden vollständig gelöscht werden konnte.[14]
Aufgrund von Verfehlungen in Angelegenheiten des Arbeitsschutzes wurden weitere Strafzahlungen angeordnet.[15]
Standort Bischweier
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der deutsche Standort in Bischweier, der 2001 übernommen und 2008 für über 160 Millionen Euro erweitert wurde, liegt seit 2011 aufgrund einer unrentablen Produktion still.[16] Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zum theoretischen Betrieb der Anlage wurde bis 2020 verlängert, dies unter der Auflage, dass der Betrieb erst nach der Planung und Umsetzung eines Sanierungskonzeptes wieder aufgenommen werden darf.[17][18]
Kronospan erhielt 2016 vom Regierungspräsidium eine Betriebserlaubnis zur Aufbereitung von Altholz. Gegen diese Genehmigung legte die Gemeinde Bischweier Widerspruch ein und bekam mit diesem Recht. Insbesondere die Risiken durch die mögliche Verarbeitung von schadstoffbelastetem Altholz wurden kritisch gesehen.[19]
Im Oktober 2019 begann die Demontage der Produktionsanlagen in Bischweier. Nach deren Abbau sollten vor Ort nur noch Anlagen zur Beschichtung von Spanplatten verbleiben, was die Gemeinde Bischweier jedoch ebenfalls verhindern möchte. Laut Bürgermeister Robert Wein sei das erklärte Ziel, dass Kronospan Bischweier verlässt.[20][21]
Standort Jihlava
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Am tschechischen Standort in Jihlava baute Kronospan ab 2018 die erste Holzrecyclinganlage Europas. Hier sollte Altholz, beispielsweise aus alten Möbeln, aufbereitet und zu Spanplatten weiterverarbeitet werden. In der Stadt Jihlava und der umliegenden Region wurde dieses Vorhaben äußerst kritisch gesehen, da man mit steigenden Schadstoffausstößen durch die Freisetzung von Formaldehyd und anderen Chemikalien im zu verarbeitenden Altholz rechnete. Bereits vor der Werkserweiterung klagten mehrere Anwohner über Hautausschläge und Atemprobleme. Eine erhöhte Anzahl von Krebserkrankungen wird durch die Bevölkerung mit dem Kronospan-Werk in Verbindung gebracht. Eine Umweltorganisation bezeichnete Kronospan als den zweitgrößten Emittenten von krebserregenden Stoffen in Tschechien. Im Jahr 2019 wurde bekannt, dass es sich bei der Werkserweiterung Kronospans nach tschechischem Recht um einen Schwarzbau handeln soll. Kronospan bestreitet diese Vorwürfe. Im Falle eines Rechtsverstoßes würde Kronospan eine Strafzahlung von umgerechnet 40.000 Euro drohen. In den vergangenen Jahren musste das Unternehmen bereits zwölf solcher Geldstrafen wegen anderer Vergehen bezahlen.[2]
Korruption und illegaler Holzschlag in der Ukraine
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Laut einem Bericht der ukrainischen Zeitung Kyiv Post ist die Kronospan in Korruption und illegalen Holzhandel mit der Ukraine verstrickt. Laut der Zeitung hat das Londoner Umweltüberwachungsunternehmen Earthsight herausgefunden, dass die österreichischen Holzunternehmen Schweighofer, Kronospan, Lenzing, JAF Group sowie das Schweizer Unternehmen Swiss-Krono und eine polnische Fabrik des amerikanischen Konzerns International Paper in illegale Machenschaften rund um den Import von ukrainischem Holz in die EU verwickelt seien. Die Untersuchung brachte Beweise dafür, dass Rundholz aus der Ukraine in Zollanmeldungen als Brennholz falsch bezeichnet wurde, um das seit 2015 geltende Verbot von Rundholzexporten und das seit 2017 geltende Verbot von Kiefernholzexporten zu umgehen.
Zuvor fanden journalistische Untersuchungen von Reportern der Kiewer Post und des Projekts zur Berichterstattung über organisierte Kriminalität und Korruption Beweise für die Beteiligung der österreichischen Firma Schweighofer am illegalen Holzeinschlag in der Ukraine. Schweighofer hat auch die Europäische Union aufgefordert, Druck auf die ukrainischen Regierungsbeamten auszuüben, um das Moratorium aufzuheben, so die Untersuchungsergebnisse.[22][23]
Auch die österreichische Egger Group war von gleichlautenden Vorwürfen betroffen, sieht sich jedoch aufgrund einer unabhängigen Untersuchung der Schweizer Société Générale de Surveillance als entlastet an.
Nach dem neuesten Bericht des World Wide Fund for Nature (WWF) wird bis zu einem Viertel des Karpatenholzes illegal geschlagen – ohne Genehmigung und in unbefugten Gebieten wie Nationalparks. Das entspricht einer Million Kubikmeter Holz pro Jahr.[24][25][26]
Vergleichszahlung an rumänische Wettbewerbsbehörde
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Töchter der österreichischen Holzkonzerne Egger Group, HS Timber Group und Kronospan (und weiterer Firmen) mussten im Zuge von Vergleichen aufgrund von wettbewerbsrechtlichen Verstößen Summen in Höhe von jeweils 4,7, etwa 12 und 9,5 Millionen Euro für den untersuchten Zeitraum 2011 bis 2016 an die Wettbewerbsbehörde in Rumänien zahlen. Der WWF Österreich kritisiert die Abholzung in Urwäldern und Natura 2000-Gebieten Rumäniens und mangelnde Kontrolle durch österreichische Behörden.[27]
Zwischenfälle
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Am 14. Februar 2002 flog beim Sarsuragletscher eine Beechcraft King Air 300 der Firma Kronospan (Luftfahrzeugkennzeichen D-ICBC) in einen Berg. Die Maschine war im Anflug auf den Schweizer Flugplatz Samedan. Die Piloten verloren jedoch bei kritischen Sichtbedingungen (Wolkendecke, Nebel über Schnee) die räumliche Orientierung; das Flugzeug kollidierte mit dem Gelände. Beide Piloten, die einzigen Insassen, wurden getötet, die Maschine zerstört, der Gletscher mit Kerosin verschmutzt.[28][29]
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b Wiener Zeitung: Glattes Parkett, 19. August 2014, abgerufen am 19. September 2018
- ↑ a b c salzburg.orf.at: Kronospan droht Geldstrafe in Tschechien, 22. Juli 2019, abgerufen am 23. Juli 2019
- ↑ a b Bilanz: Die Späne fliegen, (PDF; 2,8 MB), Unternehmensporträt der Swiss Krono Group, 10. Januar 2011, abgerufen am 28. Mai 2018.
- ↑ moebelkultur.de: Fundermax: Kronospan übernimmt Teile des Unternehmens abgerufen am 2. August 2019.
- ↑ derstandard.at: EU: Fundermax darf nicht Kronospan werden abgerufen am 2. August 2019.
- ↑ Kronospan: Kronology abgerufen am 19. September 2018
- ↑ Kronospan: Chemicals abgerufen am 19. September 2018.
- ↑ Kaindl: Kaindl Geschichte abgerufen am 19. September 2018
- ↑ meinbezirk.at: Kaindl: Der unauffällige Weltkonzern abgerufen am 19. September 2018.
- ↑ Kronospan: Kontaktdaten abgerufen am 19. September 2018.
- ↑ leaderlive.co.uk: Angry Chirk residents 'had enough' over Kronospan factory traffic and pollution abgerufen am 19. September 2018.
- ↑ The Ends Report: Kronospan fined £60,000 for water pollution abgerufen am 19. September 2018.
- ↑ BBC: Kronospan wood plant fault sees sawdust 'rain' on Chirk abgerufen am 19. September 2018.
- ↑ Kronospan Wrexham factory sees third fire in three years. In: bbc.co.uk. 13. Januar 2020, abgerufen am 4. Februar 2024 (englisch).
- ↑ https://www.safteng.net/index.php/consulting/28-incident-alert-archives/lockout-tagout-accidents-includes-machine-guarding
- ↑ Kronospan: Kronology abgerufen am 19. September 2018.
- ↑ Badische Neueste Nachrichten: Kronospan kriegt mehr Zeit abgerufen am 19. September 2018.
- ↑ holzkurier.com: Kronospan GmbH mottet Werk in Bischweier ein abgerufen am 19. September 2018.
- ↑ Badische Neueste Nachrichten: Wie David gegen den Riesen Goliath abgerufen am 19. Juli 2019.
- ↑ ra-today.de: Robert Wein: “Der Abbau des Kamins ist ein Meilenstein” abgerufen am 28. April 2020.
- ↑ Badische Neueste Nachrichten: Jahrelanger Kampf mit der Gemeinde: Aus für Kronospan in Bischweier – was kommt danach? abgerufen am 28. April 2020.
- ↑ euwid-holz.de: Egger-Holzeinkauf in der Ukraine ist EUTR-konform. Abgerufen am 24. April 2019.
- ↑ tirol.orf.at: Egger durch Überprüfung von Vorwurf entlastet. Abgerufen am 24. April 2019.
- ↑ UK researchers, Ukraine officials face off over illegal timber exports to EU | KyivPost. In: KyivPost. 9. November 2018 (kyivpost.com [abgerufen am 28. November 2018]).
- ↑ Romana Puiulet and Anna Babinets: Clear Cut Crimes. Abgerufen am 28. November 2018 (englisch).
- ↑ EU presses Ukraine to end lumber export ban - Dec. 09, 2016. In: KyivPost. 9. Dezember 2016 (kyivpost.com [abgerufen am 28. November 2018]).
- ↑ Millionen-Strafen für Egger in Rumänien orf.at, 20. Jänner 2021, abgerufen am 20. Jänner 2021.
- ↑ Büro für Flugunfalluntersuchungen: Schlussbericht Nr. 1874 des Büros für Flugunfalluntersuchungen. In: sust.admin.ch. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 21. November 2014; abgerufen am 29. August 2016. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Unfallbericht King Air 300 D-ICBC, Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 27. November 2019.