Lindblad-Gleichung
In der Quantenmechanik bezeichnet die Kossakowski-Lindblad-Gleichung (benannt nach Andrzej Kossakowski und Göran Lindblad) oder Mastergleichung in Lindblad-Form den allgemeinsten Typ einer zeit-homogenen Mastergleichung. Sie beschreibt eine nicht-unitäre Evolution des Dichteoperators , welche spurerhaltend und komplett positiv für jede Anfangsbedingung ist.
Hintergrund
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Lindblad-Gleichung für eine auf das -dimensionale (Teil-)System reduzierte Dichtematrix kann geschrieben werden als:
Dabei bezeichnet
- der erste Summand den reversiblen Teil der Zeitentwicklung mit
- der imaginären Einheit
- der reduzierten Planck-Konstante
- einem (hermiteschen) Hamilton-Operator ; ist jedoch nicht notwendigerweise gleich dem Hamilton-Operator des Systems, sondern beinhaltet zusätzlich die effektive unitäre Dynamik der Wechselwirkung zwischen System und Umgebung.
- die Summe den irreversiblen Teil mit
- den Konstanten , die die Dynamik festlegen. Sie bilden eine Koeffizientenmatrix , die positiv semidefinit sein muss, um sicherzustellen, dass die Gleichung spurerhaltend und komplett positiv ist.
- den Operatoren , die eine beliebige lineare Basis im Hilbertraum des Systems bilden.
Die Summation läuft nur über , weil wir proportional zum Identitätsoperator genommen haben, wodurch der Summand verschwindet. Unsere Konvention impliziert, dass die für spurlos sind.
Die Terme in der Summation, bei denen gilt, können mit Lindblad-Superoperatoren beschrieben werden:
Falls die Terme alle Null sind, reduziert sich die Lindblad-Gleichung auf die Von-Neumann-Gleichung, das Quanten-Analogon der klassischen Liouville-Gleichung. Eine verwandte Gleichung, das Ehrenfest-Theorem, beschreibt die zeitliche Entwicklung der Erwartungswerte der Observablen.
Auch die folgenden Gleichungen für Quantenobservablen werden Lindblad-Gleichungen genannt:
Diagonalisierung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Da die Matrix positiv semidefinit ist, kann sie mit einer unitären Transformation diagonalisiert werden:
wobei die Eigenwerte nicht negativ sind.
Wenn wir eine andere orthonormale Operator-Basis definieren:
können wir die Lindblad-Gleichung in diagonaler Form umschreiben:
Diese Gleichung ist invariant unter unitärer Transformation der Lindblad-Operatoren und -Konstanten,
und auch unter inhomogener Transformation
Allerdings zerstört die erste Transformation die Orthonormalität der Operatoren (solange nicht alle identisch sind) und die zweite die Spurlosigkeit. Folglich, bis auf Entartung der , sind die der Diagonalform der Lindblad-Gleichung eindeutig bestimmt durch die Dynamik, solange wir von ihnen fordern orthonormal und spurlos zu sein.
Beispiel Harmonischer Oszillator
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ein häufiges Beispiel ist die Beschreibung der Dämpfung eines quantenmechanischen harmonischen Oszillators. Für diesen gilt
Hier ist
- die mittlere Anzahl von Anregungen im Reservoir, die den Oszillator dämpfen, und
- die Zerfallsrate.
Zusätzliche Lindblad-Operatoren können hinzugefügt werden, um diverse Formen von Dephasierung und Vibrationsdämpfung (vibrational relaxation) zu modellieren. Diese Methoden sind in gitterbasierte Dichteoperator-Propagationsmethoden zur Beschreibung offener Quantensysteme aufgenommen.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- A. Kossakowski: On quantum statistical mechanics of non-Hamiltonian systems. In: Reports on Mathematical Physics. Band 3, Nr. 4, 1972, doi:10.1016/0034-4877(72)90010-9, bibcode:1972RpMP....3..247K.
- G. Lindblad: On the generators of quantum dynamical semigroups. In: Communications in Mathematical Physics. Band 48, Nr. 2, 1. Juni 1976, ISSN 0010-3616, S. 119–130, doi:10.1007/BF01608499, bibcode:1976CMaPh..48..119L.
- Vittorio Gorini, Andrzej Kossakowski, E. C. G. Sudarshan: Completely positive dynamical semigroups of N‐level systems. In: Journal of Mathematical Physics. Band 17, Nr. 5, 1. Mai 1976, ISSN 0022-2488, S. 821–825, doi:10.1063/1.522979 (aip.org).
- G. Lindblad: Non-Equilibrium Entropy and Irreversibility. Springer Verlag, 1983, ISBN 1-4020-0320-X (books.google.com).
- Thomas Banks, Leonard Susskind, Michael E. Peskin: Difficulties for the evolution of pure states into mixed states. In: Nuclear Physics B. Band 244, Nr. 1, 1984, doi:10.1016/0550-3213(84)90184-6, bibcode:1984NuPhB.244..125B.
- Quantum dynamical semigroups and applications. Springer Verlag, Berlin 1987, ISBN 0-387-18276-4.
- Roman S. Ingarden, A. Kossakowski, M. Ohya: Information dynamics and open systems. Classical and quantum approach. Springer Verlag, Berlin 1997, ISBN 0-7923-4473-1.
- Luigi Accardi, Yun Gang Lu, Igor V. Volovič: Quantum theory and its stochastic limit. Springer Verlag, Berlin/ Heidelberg/ New York/ Barcelona/ Hong Kong/ London/ Mailand/ Paris/ Tokyo 2002, ISBN 3-540-41928-4.
- The Theory of Open Quantum Systems. Oxford University Press, New York 2002, ISBN 0-19-852063-8.
- Open quantum systems. 2. The Markovian approach. Springer Verlag, Berlin/ Heidelberg/ New York 2006, ISBN 3-540-30992-6.
- Quantum mechanics of non-Hamiltonian and dissipative systems. Elsevier Science, Amsterdam/ Boston/ London/ New York 2008, ISBN 978-0-08-055971-1.
- C.W. Gardiner, Peter Zoller: Quantum noise. A handbook of Markovian and non-Markovian quantum stochastic methods with applications to quantum optics (= Springer Series in Synergetics). 3. Auflage. Springer Verlag, Berlin/ Heidelberg 2010, ISBN 978-3-642-06094-6.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- The Lindblad master equation ( vom 23. Februar 2015 im Internet Archive) (englisch)