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Liste der Stolpersteine in Berlin-Oberschöneweide

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Die Liste der Stolpersteine in Berlin-Oberschöneweide führt die Stolpersteine im Berliner Ortsteil Oberschöneweide im Bezirk Treptow-Köpenick auf. Sie erinnern an das Schicksal der Menschen, die im Nationalsozialismus ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden. Die Tabelle erfasst 9 Stolpersteine und ist teilweise sortierbar; die Grundsortierung erfolgt alphabetisch nach dem Familiennamen.

Bild Name Adresse und Koordinate () Verlege­datum Leben
Fritz Feldmann Tabbertstraße 12 3. März 2023 Fritz Feldmann

Am 1. September 1896 wurde Fritz als sechstes Kind in der Familie vom Färbereibesitzer Simon und Sophie Feldmann (geb. Wagner) in Berlin geboren. Damals wohnte die Familie noch in der Stralauer Straße 41.

Wie seine Geschwister ergriff Fritz einen praktischen Beruf. Nach dem Tod seines Vaters Simon im Jahr 1925 übernahm Fritz gemeinsam mit seiner Mutter die Führung der Färberei. Fritz führte den Betrieb weiter, so wie dieser von seinen Eltern aufgebaut wurde. Die Färberei hatte rund 100 Arbeiter und Angestellte. Nach den Erinnerungen von Willi Neumann Wagner, war diese Färberei in der Textilbranche sehr bekannt und angesehen.


Fritz heiratete Berta Lindheimer 1934 in Nassau (Lahn) und lebt mit ihr in der Tabbertstraße 14. Die Ehe blieb kinderlos.

In der Folge der antijüdischen Gesetze nimmt Fritz sich das Leben am 29.11.1938. Er wurde nur 42 Jahre alt. Die Aussagen zu seinem Tod sind widersprüchlich. Eine Quelle spricht, davon, dass er sich erschossen hat. Die andere Quelle, die Erinnerungen von Willi Neumann Wagner, sagt aus, dass er an Angina pectoris leidend, an Herzversagen gestorben ist. Willi Neumann beschreibt, dass er noch am 27. November 1938 in seiner Wohnung in der Güntzelstraße mit Fritz Feldmann ein Detail der Kapitalabgabe besprochen hat. Am 28. November 1938 ging Fritz Feldmann zum Finanzamt, um eine Aussetzung der Zahlung zu erreichen. Dieser Versuch war jedoch erfolglos. Am Nachmittag musste er sich hinlegen und beim Frühstück am nächsten Morgen ist er dann verstorben. Die Belegschaft, die teils mehr als drei Jahrzehnte in der Färberei gearbeitet hatte, durfte an der Beisetzung nicht teilnehmen.


Seine 15 Jahre jüngere Frau Berta flüchtete nach Belgien und heiratete erneut. Sie entkam aber trotzdem nicht der Verfolgung und wurde im August 1942 nach Auschwitz deportiert und ermordet.[1]


Ruth Feldmann Tabbertstraße 12 3. März 2023 Alice Ruth Feldmann

Alice Ruth Feldmann wird am 24.12.1899 als siebte und jüngste Tochter von Sophie und Simon Feldmann geboren. Ihre Eltern betreiben eine erfolgreiche Garnfärberei. Diese ist zuerst in der Stralauer Strasse 41 in Berlin Mitte angesiedelt. Im Jahre 1897 kauft ihr Vater ein Gelände in Oberschöneweide, das Ausflugslokal „Tabbert´s Waldschlösschen“ und angrenzendes Terrain. Er möchte seine Fabrik vergrößern und so wird Ruth, wie sie fortan gerufen wird, als einzige der Geschwister in Oberschöneweide geboren. Der Vater Simon engagiert sich in der Gemeindevertretung und wirkt hier unter anderem als Schöffe. Sein Unternehmen ist äußerst erfolgreich und so wachsen die Kinder in sehr guten wirtschaftlichen Verhältnissen auf.

Die Familie wohnt auf dem Gelände der Firma in einem Einfamilienhaus, welches auch zu den Gebäuden des Ausflugslokals „Tabbert´s Waldschlösschen“ gehörte und auf Veranlassung Simon Feldmanns für die Familie als Wohnhaus modernisiert wurde. Die Straße, an der sich die Firma befand hieß bis 1905 Hefnerstraße und wurde dann in Tabbertstraße umbenannt. Der Stadtteil entwickelte sich rasant, überall entstanden Fabriken und neue Gebäude. Schulen und Kirchen wurden gebaut und Vater Simon engagierte sich dafür, dass an der Gemeindeschule jüdischer Religionsunterricht stattfinden konnte. Ob seine Tochter hier in die Gemeindeschule oder auf Lyzeum ging, konnten wir nicht ermitteln.

Aber ihr Onkel schreibt darüber, dass es Simon Feldmann sehr wichtig war, dass alle seine Töchter einen richtigen Beruf erlernen und damit auf eigenen Füßen stehen können. Das ist in dieser Zeit, für Töchter aus wohlhabenden Familien, keine Selbstverständlichkeit.

So erlernte auch Ruth einen Beruf und arbeitete als Büroangestellte. Sie war lungenkrank, auch das nichts Ungewöhnliches. Die Luft im Ortsteil war sicherlich nicht gesundheitsfördernd. Sie blieb bis zu ihrem Tod unverheiratet und wohnte bei ihren Eltern in der Tabbertstraße 14.

Ruth war von den Verfolgungen und Diskriminierungen, denen Jüdinnen und Juden spätestens ab 1933 ausgesetzt waren, nicht verschont. Das Haus in der Tabbertstraße, in dem sie mit ihrer Mutter und anderen Verwandten, wohnte, wurde seit der Stilllegung der Fabrik nicht mehr richtig geheizt. Im Herbst 1939 brachen bereits die Wasserleitungen wegen der Kälte und warme Bekleidung war Mangelware. Jüdinnen und Juden mussten seit 1935 alle Pelzwaren und wollene Bekleidung abgeben. Es war ihnen nicht erlaubt, Textilien zu kaufen. Wovon auch, Konten waren eingefroren worden und von normaler Erwerbsarbeit waren sie ausgeschlossen. Das war für die lungenkranke Ruth sicherlich keine einfache Zeit. Nach dem Tode ihres Bruders Fritz verließ sie ihr Krankenlager nicht mehr. Auch der Versuch sie zu retten und zur Schweiz zur Behandlung zu schicken schlug fehl. Es gab die Möglichkeit, dass sie einen gutwilligen Holländer hätte heiraten können, um dadurch Schutz zu erhalten. Sie war aber längst nicht mehr in der Lage, mit der Eisenbahn transportiert zu werden.

Ihr Onkel Willi Neumann Wagner beschreibt in seinen Memoiren, dass es ihm gelang, Ruth durch die Freundlichkeit von Professor Umber im Oktober 1939 im Westhospital in der Joachimsthaler Strasse 20 in Berlin Charlottenburg unterzubringen. Das war ein großes Glück und zeugt von der Zivilcourage des Professors, denn um diese Zeit durften Jüdinnen und Juden nicht in einem deutschen oder arischen Krankenhaus behandelt werden. Trotz der guten und liebevollen Pflege, die sie hier genießen durfte starb Ruth am 12. November 1939 an Lungentuberkulose und Erschöpfung.[1]

Sophie Feldmann Tabbertstraße 12 3. März 2023 Sophie Feldmann (geb. Wagner)

Sophie Wagner wird am 30. Juli 1866 in Breslau, Schlesien (heute Polen) geboren. Ihr Vater David ist zu diesem Zeitpunkt 28 und ihre Mutter Cäcilie (geb. Auerbach in Danzig 24.1.1842 und gest. am 18.3.1909 in Breslau) 24 Jahre alt. Sie ist das erste Kind in der Familie Wagner.

Ihr Vater David Wagner (geb. in Milcz 29.10.1837und gest. 26.01.1910 in Breslau) führt eine Getreide-, Klee-, und Futtermittelgroßhandlung in Breslau, wo er fast das ganze Leben verbringt. Die Mutter Cäcilie führt den Haushalt und kümmert sich um Sophie und ihre sechs Geschwister, die noch geboren werden. Die Familie bewohnt eine große Wohnung in Breslau.

Am 7.3.1886 heiratet Sophie in Breslau den Färbereibesitzer Simon Feldmann, welcher am 06.05.1853 in Boskowitz (Mähren, damals Österreich) geboren wurde und in Berlin, in der Stralauer Straße 41, ein Wohn- und Fabrikgebäude besitzt. Als Simon Feldmann das alte Fabrikgebäude zu klein wurde, erwirbt er im Jahr 1898 im Berliner Vorort Schöneweide ein ausgedehntes, an der Spree gelegenes Grundstück zur Vergrößerung seines Betriebes. Sophie bekommt sieben Kinder, wobei zwei bereits im Kleinkindalter sterben. Elsa, Margarete, Charlotte und Fritz wachsen in Berlin und Ruth in Oberschöneweide auf. Alle Kinder müssen, auf Drängen des Vaters, einen praktischen Beruf erlernen. Das ist damals noch nicht Sitte in gutsituierten Familien.

Im Jahr 1925 stirbt Simon und Sophie und Fritz übernehmen die Leitung der Färberei und die Weiterführung des Unternehmens.

Mit der Machtergreifung der Nazis und vielen Repressalien können viele deutsche Juden kaum noch ihre Existenz halten. Sie werden systematisch ihres Vermögens und ihrer Existenzgrundlage beraubt, auch Sophie ist davon betroffen. Sie muss besondere Judensteuern und Abgaben zahlen und später wird der Betrieb stillgelegt. Ihr Sohn Fritz stirbt am 29.11.1938 in Folge der Repressalien an Herzversagen.

Nach seinem Tod ziehen Sophies Bruder Willy Wagner und seine Frau zu ihr nach Oberschöneweide. Ein Jahr später, am 12.11.1939 verliert Sophie ihre Tochter Ruth, die an den Folgen einer Lungentuberkulose und Erschöpfung stirbt. Auch Sophie ist mittlerweile schwer krank.

aus den Memoiren Willi Wagners

Am 10.1.1942 kommt ein Gestapobeamter in die Tabbertstraße 14, um die Anordnung für Sophies Ausweisung und Deportation zu klären. Willy Wagner kann hier zwar kurz einschreiten, aber die endgültige Deportationsaufforderung kann er nicht verhindern. Anfang Januar 1942 wird Fanny Salm, die letzte Haushaltshilfe von Sophie, aus der Tabbertstraße deportiert.

Aufgrund dieser Ereignisse nimmt sich Sophie mit einer hohen Dosis Schlafmittel das Leben und entzieht sich damit ihrer Deportation. Sie stirbt am 15.01.1942.[1]

Berta Lindheimer Tabbertstraße 12 3. März 2023 Berta Lindheimer wurde am 29.11.1911 in Nassau-Lahn als ältestes Kind der Familie geboren. Ihre Eltern sind Rega Lindheimer geb. Stern aus Meudt in Rheinland-Pfalz und Markus-Moritz Lindheimer aus Nassau, vom Beruf Metzger. Ihr Bruder Siegfried kam 1913 dazu. Sie verlebte ihre Kindheit im Kreise der dort seit Mitte des 19. Jahrhunderts etablierten jüdischen Gemeinde, die aus ca. 70–80 Personen bestand.

Im Jahre 1934, mit 23 Jahren, heiratete Berta den Färbereibesitzer Fritz Feldmann aus Berlin-Schöneweide. Sie zog zu ihm in die Tabbertstr.14, auf das Gelände des Unternehmens, dass der Schwiegervater Simon Feldmann um 1900 gründete.

Als ihr Vater 1936 starb, entschied sich Bertas Mutter Rega Lindheimer nach Berlin, zur Tochter, zu ziehen. Bruder Siegfried arbeitete bereits seit geraumer Zeit trotz inzwischen erschwerter Bedingungen für Juden als kaufmännischer Angestellter in Berlin.


Um dem Ziel der Vertreibung der deutschen Juden und der Beschlagnahme ihrer Vermögen näher zu kommen, bot es sich an, die Ermordung des Pariser Botschafters Ernst von Rath am 7.11.38 durch Herschel Gruenspan auszunutzen. Der junge Mann reagierte auf die unangekündigte Ausweisung seiner Familie, im Rahmen der sog. „Polenaktion“, bei der Ende Oktober 1938 mind. 17 000 polnische, meist staatenlose Juden, die schon lange in Deutschland lebten, in polnische Lager transportiert wurden. Am 12.11.1938 wurde das Gesetz über die Judenvermögensabgabe erlassen, dass den jüdischen Unternehmen die Existenzgrundlage raubte. Es handelte sich um eine willkürliche Sonderabgabe, eine „Sühneleistung“, die auch dazu diente, der finanziellen Schieflage des Deutschen Reiches beizukommen. Für das Unternehmen der Feldmanns bedeutete es den finanziellen Ruin. Die Sorge um die Färberei mit ihren ca. 100 Angestellten bedrückte Fritz Feldmann derart, dass er am 29.11.1938 an einem Herzinfarkt verschied.

Die Reichsprogromnacht am 9.11.38 führte u. a. dazu, dass „arische“ Unternehmen keine jüdischen Angestellten mehr beschäftigen durften. Als die Firma, wo Bruder Siegfried arbeitete, ins Visier genommen wurde, floh dieser am 16./17.2.1938 nach Brüssel zu Verwandten.

Für die Familie Feldmann war die Entwicklung eine große Katastrophe. Wer sollte die Firma weiterführen?

Schließlich entschlossen sich Berta und ihre Mutter am 19.7.1938 zur Flucht nach Brüssel. Der genaue Anlass ist nicht bekannt, aber zu einen versuchten sie sicherlich etwas vom Vermögen zu retten, um im Ausland zu überleben.

Zum anderen bot ihnen der Bruder ihrer Mutter, Leopold Stern, möglicherweise Unterkunft in der belgischen Hauptstadt. Leo Stern selbst war bis mind. 1937 Kaufmann in Aachen, dann aber unternehmerisch in Brüssel tätig.

Brüssel war zu dieser Zeit schon lange Anziehungspunkt jüdischer Flüchtlinge aus den Niederlanden, Polen und Deutschland. Belgien führte keine Registrierungen durch. Solange man nachweisen konnte, sich ernähren zu können, wurden Visa verteilt. Es lebten mit Beginn des Krieges zwischen 50 000–60 000 Juden im Land. Nur 7 % besaßen die belgische Staatsangehörigkeit. Meist versuchten sie sich mit prekären Arbeitsmöglichkeiten (Textilien, Lebensmittel) über Wasser zu halten.

Wie die Verhältnisse waren, in denen Berta und ihre Mutter in Brüssel lebten, lässt sich nicht mehr ermitteln, aber erstmal gab ihr sicherlich ihre Heirat mit dem Kaufmann Walter Simon Rubens, am 27.12.1939, neue Hoffnung. Er stammte ebenfalls einer Metzgerfamilie und zwar aus Haaren bei Aachen.

Mit Einmarsch der deutschen Truppen am 10.5.1940 verschlechterte sich die Lage für die Flüchtlinge dramatisch. Als erstes wurde Bruder Siegfried zusammen mit ca. 6–8000 anderen „Verdächtigen“ - Ausländern, Kommunisten, flämischen Nationalisten etc. - durch die belgische Regierung verhaftet und nach Frankreich deportiert.


Ab Oktober mussten sich die Juden entsprechend deutscher Gesetze registrieren lassen (28.10.1940 „Definition der Kriterien des Jüdischseins“). Wir wissen nicht, ob Berta Rubens und ihr Mann das taten, aber oftmals war es ein notwendiger Schritt, um Anspruch auf Lebensmittelkarten zu erhalten.


Im Juli 1941 entschlossen sich Berta und Walter Rubens zu einer riskanten Reise. Sie wollten unbedingt Walters Mutter, Selma Rubens, geb. Mayer, aus Haaren zu sich holen.

Mit Sicherheit wußten sie bereits von den ersten Deportationen aus dem Deutschen Reich in den Osten oder nach Frankreich.

Dafür mussten sie auf deutsches Staatsgebiet. Hier gerieten die beiden Frauen in die Fänge der SS, die in der Hergelsmühle bei Haaren bereits ab Juni 1941 ein Lager für Juden aus der Umgebung eingerichtet hatte. Noch einmal wendete sich das Schicksal zum Guten: die beiden Frauen und Walter konnten nach Brüssel, in die Rue d’Eglise 40, entkommen (Nahe Marktplatz Place Domun Stokkel - Bezirk Woluwe - St. Pierre).


Ab diesem Zeitpunkt haben wir keine genaueren Informationen über Familie Rubens/Lindheimer in Brüssel. Wahrscheinlich mussten sie mehrfach die Wohnung wechseln. Die untergetauchten Juden versuchten mit wechselnden Schlafstellen und falschen Papieren zu überleben; dabei waren die deutschen Besatzungsorgane sehr effektiv, dazu kamen Denunziationen und die Unterstützung der belgischen Polizei.

Die deutschen Behörden, mal mehr, mal weniger von der belgischen Militärverwaltung unterstützt, versuchten so viele Juden wie möglich zu internieren und deren Vermögen zu beschlagnahmen. Dabei spielte vor allem das Devisenschutzkommando, eine Dienststelle des Reichsfinanzministeriums, eine wichtige Rolle. Mit Hilfe von V-Leuten versuchten sie herauszufinden, welche Juden die Flucht planten, sperrten deren Konten, machten Hausdurchsuchungen, stellten Fallen, fingierten Devisenvergehen. Die V-Leute bekamen einen Anteil an der „Beute“, ein Großteil der beschlagnahmten Gelder wurde auf belgischen Banken blockiert, der andere diente zur Finanzierung des Internierungslagers Mechelen bzw. der Deportationen nach Auschwitz.

Am 11.7.1942 wurde in Berlin, im Reichssicherheitshauptamt, die Deportation u. a. von 10.000 Juden aus Belgien festgelegt. Die formal notwendige Zustimmung der belgischen Militärverwaltung bezog sich vorerst nur auf nicht-belgische Juden. Davon kam man aber später ab. Als notwendige Voraussetzung für diese Aktionen galt der offizielle Start des Durchgangslagers Mechelen (franz. Malines) am 15.7.1942, praktischerweise zwischen Brüssel und Antwerpen, den Städten mit den größten jüdischen Minderheiten gelegen, Es handelte sich um die Nutzung der alten österreichischen Infanteriekaserne „Dossin“.

In den „Cent jours de la deportation“ zwischen August und Oktober 42 gelang es den Behörden in Belgien etwa zwei Drittel der versteckten Juden zu ergreifen und sie über Mechelen nach Auschwitz zu transportierten. Danach wurde es sehr viel schwieriger, weil sich die übrigen gut versteckten bzw. der jüdische Widerstand zunahm.


Für Berta Rubens, ihren Ehemann Walter, ihre Mutter Rega Lindheimer sowie ihre Schwiegermutter Selma Rubens kam jede Hilfe zu spät. Bereits mit dem ersten Transport (998 Menschen) am 4.8.1942 wurden sie nach Auschwitz ins Gas geschickt.

Das Sterbedatum von Berta Rubens ist nicht bekannt. Ihr Mann starb am 22. 8.1942, ihre Schwiegermutter bereits am 5.8.1942.[1]

Rega Lindheimer Tabbertstraße 12 3. März 2023 Rega Lindheimer wurde am 16.12.1889 in Meudt, Rheinland-Pfalz als Tochter von Simon Stern und Jeanette Strauß geboren. Im Ort gab es seit mind. 150 Jahren eine jüdische Gemeinde, eine Synagoge und einen jüdischen Friedhof. Mitglieder der Familie Stern waren als Kolonialwarenhändler und in anderen Branchen dort gut integriert. Rega heiratete am 27.12.1910 den Metzger Markus Moritz Lindheimer aus Nassau. Gemeinsam mit ihm und ihren beiden Kindern - Berta (geb. 1911) und Siegfried (geb. 1913) - lebte sie in diesem Ort. Nachdem ihr Ehemann 1936 an den Folgen einer OP in Berlin starb, zog die Witwe zu ihrer Tochter Berta nach Berlin-Oberschöneweide in die Tabbertstr.14. Dort lebte Berta mit ihrem Ehemann, dem Färbereibesitzer Fritz Feldmann. Regas Sohn Siegfried arbeitete als kaufmännischer Angestellter ebenfalls in Berlin.

Ab 1938 verschlechterten sich die Lebensbedingungen für Juden in Deutschland dramatisch. Das Gesetz über die Judenvermögensabgabe (12.11.1938) bedeutete für das Unternehmen der Feldmanns den finanziellen Ruin. Der Schwiegersohn sah keinen anderen Ausweg als den Suizid. Er verstarb an 29.11.1938. Aus Angst vor weiterer Verfolgung flüchtete Rega Lindheimer gemeinsam mit ihrer Tochter Berta im Juli 1939 nach Brüssel zu Verwandten, möglicherweise zum Bruder Leopold Stern. Für kurze Zeit hoffte die Familie Nazideutschland entkommen zu sein. Berta heiratete in Brüssel sogar ein zweites Mal (am 27.12.1939): den Kaufmann Walter Simon Rubens aus Haaren (Aachen), der ebenfalls einer Metzgerfamilie entstammte. Als Berta und ihr Ehemann allerdings im Juli 1941 Walters Mutter, Selma Rubens, zu sich holen wollten, gerieten sie in die Fänge der SS, die in der Hergelsmühle bei Haaren bereits ein Lager für Juden eingerichtet hatte. Noch einmal wendete es sich aber zum Guten: die beiden Frauen und Walter konnten nach Brüssel, in die Rue d’Eglise 40, entkommen.

Aber der Krieg holte Belgien ein. Ab Mai 1940 war es bereits deutsch besetzt. Ab Oktober mussten sich die Juden registrieren lassen, ab Januar 1941 war keine Ausreise für belgische Juden mehr möglich, im April 1942 mussten alle Wertgegenstände abgegeben werden. Die Rubens und Rega Lindheimer mussten wahrscheinlich mehrfach die Wohnung wechseln. Ihr Status als Nicht-Belgier stellte zusätzlich eine Gefährdung dar. Im Juli 1942 richtete die SS dann in Mechelen zwischen Brüssel und Antwerpen ein SS-Sammellager ein. Dorthin wurden Berta, Walter Simon und Selma Rubens und Rega Lindheimer verschleppt und mit dem ersten Transport, am 4.8.1942, nach Auschwitz deportiert und ermordet.[1]

Fanny Salm Tabbertstraße 12 3. März 2023 Fanny Lehmann wurde am 15. Oktober 1889 in Köln geboren. Ihr Vater Benjamin und ihre Mutter Bertha hatten neben ihr noch 4 weitere Kinder.

Fanny heiratete 1912 in Andernach bei Koblenz den Kaufmann und Rohprodukthändler Leopold Salm (Jg. 1889). Er selbst stammte aus einer Metzgerfamilie. Seine Familie war schon seit längerem in Andernach ansässig.

Fanny und Leopold gründeten eine Familie. Es wurden eine Tochter Erna (1914) und ein Sohn Rolf (1920) geboren. Leider blieb das Familienglück nicht ungetrübt. Leopold war nach Aussagen seiner Familie ein hartnäckiger Spieler und so ließ sich Fanny um 1926 herum von ihm scheiden. Die näheren Umstände sind nicht bekannt, aber Fanny verließ 1926 Andernach und zog nach Berlin. Die gemeinsamen Kinder kamen in einem Waisenhaus in Köln unter.

Bereits 1938 wurde die Familie Lehmann durch die Rassengesetze und die Brutalität des Nazi-Regimes gegenüber der jüdischen Bevölkerung direkt betroffen. Fannys Vater, Benjamin Feldmann (Jg. 1855), verweigerte SS-Männern den Zutritt zu seiner Wohnung. Dabei kam es zu einer Auseinandersetzung, bei der der alte Herr schwer auf den Kopf stürzte und am 9.10.1938 in Krefeld verstarb.

Fanny war zum Zeitpunkt des Zensus, dem 17.5.1939, sowohl in Mitte, Kastanienallee 54, als auch in Oberschöneweide, Tabbertstr.14 angemeldet. In letzterer arbeitete sie, nach Aussagen von Willy Neumann Wagner, im Haushalt seiner Schwester Sophie Feldmann, Witwe des Färbereibesitzers Simon Feldmann.

Fanny Salm wurde Anfang Januar 1942 aus der Tabbertstr.14 abgeholt und am 19.01.1942 vom Bahnhof Berlin-Grunewald aus mit dem 9. Osttransport nach Riga deportiert. Der Transport bestand aus rund 1000 Menschen, davon überlebten nach heutigem Kenntnisstand 19! Der Zug kam am 23.01.1942 bei strengstem Frost am Bahnhof Skirotava an. Danach verliert sich die Spur von Fanny Salm. Man weiß heute, dass es bei Ankunft eine große Selektion gab. Ein Teil der jüdischen Menschen wurden sofort mit Gas erstickt oder im Wald von Rumbula erschossen. Die ins Rigaer Ghetto gebrachten Personen mussten Zwangsarbeit leisten. Mehrere 1000 starben im Rahmen der „Aktion Dünamünde“, einer Erschießungsaktion im Frühjahr 1942. Das Ghetto wurde im Herbst 1943 aufgelöst und die verbleibenden Inhaftierten nach Auschwitz oder Stutthof deportiert.

Ihr Sohn Rolf Salm wurde ebenfalls Opfer des Dritten Reiches. Gemeinsam mit seinem Vater Leopold und dessen 2. Ehefrau Lucia Ritterband wurde er von Köln aus am 20.7.1942 mit dem VI. Transport nach Maly Trostinec bei Minsk (Belorußland) deportiert. Der Zug traf dort am 24.7.1942 ein. Die überwiegende Anzahl der Menschen wurde sofort nach Ankunft in Gaswagen ermordet oder in der Vernichtungsstätte Blagowschtschina erschossen. Fannys Tochter Erna gelang 1938 die Flucht nach Australien. Ihre Nachfahren (wir konnten Kontakt zu ihrer Ururenkelin Pauline Rapaport aufnehmen) unterstützen das Anliegen, einen Stolperstein in der Tabbertstr.14 für Fanny Salm, geb. Lehmann zu verlegen[1]

Else Schierhorn Zeppelinstraße 9 26. März 2015 Else Schierhorn wurde am 23. Februar 1898 in Essen geboren, ihr Mädchenname war Dierberg. Am 17. März 1943 wurde sie aus der Ansbacher Str. 47 in Berlin-Schöneberg in das KZ Theresienstadt deportiert[2] und am 28. Oktober 1944 weiter in das KZ Auschwitz. Dort wurde sie zu einem unbekannten Zeitpunkt ermordet.[3]


· geboren am 23.02.1898 in Essen

· um 1900 geht die Familie zurück ins heimatliche Berlin, wo Else in Neukölln/Rixdorf aufwächst

· der evangelische Vater ist Klempner, die jüdische Mutter ist Näherin

· sie hat neun Geschwister, ihr ältester Bruder Rudolf stirbt im ersten Weltkrieg in Frankreich

· die Kinder lernen vorwiegend Handwerksberufe, Else arbeitet als Fabrikarbeiterin

· im September 1920 ist ihre Hochzeit mit dem Mechaniker Arthur Wilhelm geplant

· vermutlich durch die Krankheit der Mutter die im Mai 1921 stirbt wird die Hochzeit verschoben und findet im Juni 1921 statt

· der Ehemann stirbt 1926 und 1929 2. Hochzeit mit Erich Schierhorn, diese Ehe wird 1935 geschieden

· 1940 Austritt aus der jüdischen Gemeinde


Else wächst vor allem in Rixdorf, Berlin-Neukölln auf, zur Zeit ihrer Geburt wohnt die Familie einige Jahre in Essen. Später wohnt sie in Kreuzberg und Neukölln. Um die Zeit ihrer Scheidung zieht sie nach Oberschöneweide in die Zeppelinstraße 9. Vermutlich zunächst zu ihrem Bruder Arthur und später zu einem Nachbarn im Haus zur Untermiete. 1943 muss sie in eine Judenwohnung in Schöneberg umziehen. Von dort wird sie im März 1943 nach Theresienstadt deportiert. Im Oktober 1944 wird sie von dort nach Auschwitz geschickt und dort ermordet. Ein genaues Todesdatum ist nicht bekannt.[1]

Berta Skotzki Tabbertstraße 12 3. März 2023 Bertha Wagner wird am 10. Januar 1868 in Breslau als zweite Tochter des David Wagner (1837–1909) und seiner Frau Cäcilie Auerbach (1842–1912) geboren. Der Vater betreibt damals schon seit einigen Jahren in der aufblühenden Stadt eine Getreide-, Klee- und Futtermittel-Grosshandlung. Die Mutter entstammt einer Kürschner- und Pelzhändler-Familie aus Danzig.

Später kommen neben der erstgeborenen Sophie (geb. 1866) noch 5 weitere Geschwister dazu: Elisabeth(geb.1869), Ottilie (geb.1870), James John (geb.1872), Kurt (1880–1903) sowie Willi Neumann (geb.1882).

Man lebt in einer großzügigen Wohnung in der Innenstadt. Bertha lernt wie ihre Schwestern das Klavierspiel im Salon und wird - in dieser Zeit noch ganz selbstverständlich - auf ihre Rolle als Hausfrau und Mutter vorbereitet, während die Brüder später Ausbildungen verschiedenster Art beginnen. Es ist die Zeit der sog. Gründerjahre.

Bertha heiratet 1891 den Breslauer Kaufmann Philip Skotzki (1859–1917). Er ist in der Textilbranche tätig. Gemeinsam haben sie drei Kinder: Walter Jakob (geb. 1892), Edith (geb.1893) und Günther (geb.1898). Nach dem Tod ihres Ehemanns führt Bertha zusammen mit ihren Söhnen die Geschäfte weiter. So finden sich im Breslauer Adressverzeichnis Eintragungen über Berthas Inhaberschaft einer Nähseiden-, später einer Stickgarnfabrik. Um 1934 führt dann ihr Sohn Günther eine Steppdeckenfabrik unter dem Namen seines Vaters in Breslau. Walter Jakob ist inzwischen als Architekt in Breslau und Berlin tätig.

Sohn Günther heiratet 1926 Charlotte Feldmann, die Tochter ihrer großen, in Berlin -Oberschöneweide mit dem Färbereibesitzer Simon Feldmann verheirateten Schwester, Sophie Feldmann. Günther und Charlotte leben mit ihren zwei Töchtern Helga (geb.1927) und Inge (geb.1928) vorwiegend in Breslau. Seit 1936 betreibt Günther eine Strickgarn- und Knopfleistenfabrik in der Tabbertstr.14 - immer noch unter dem Namen seines Vaters.

Mit Beginn der Nazi-Herrschaft verändert sich die Gesellschaft immens. Für die jüdischen Mitbürger beginnt eine schwere Zeit. Sie werden drangsaliert, ständig werden neue Gesetze erlassen, um die Menschen um ihre Menschenwürde und um ihr Hab und Gut zu bringen, sie auszugrenzen und letztlich sie zu vernichten. Willi Neumann, der jüngste Bruder von Bertha, berichtet in seinen Memoiren, dass Bertha und ihre Schwester Ottilie, verheiratete Schwedenberg, die als einzige der Geschwister Wagner noch in Breslau leben, darunter außerordentlich leiden. Sie fühlen aber keine Kraft mehr, ihr Heim und Heimat zu verlassen.

Ihre Kinder machen sich auf. Der älteste Sohn, Walter Jakob, emigriert bereits 1935 nach Israel. Tochter Edith, verheiratet mit Lutz Singer, wandert Ende 1938 mit Mann und Tochter Ruth Marianne (geb.1926 in Breslau) in die USA aus.

Die Tochter von Berthas Schwester Ottilie Schwedenberg, emigriert mit Mann und zwei kleinen Kindern von Glogau über die Niederlande nach Chile. Berthas jüngerer Sohn Günther, beabsichtigt mit seiner Familie am 13. Mai 1939 von Hamburg aus mit der „St.Louis“ nach Kuba zu flüchten. Es wird eine Odyssee. Nirgends dürfen die Passagiere von Bord gehen, kein sicheres Land nimmt sie auf. Das Schiff kehrt um und Günther Skotzki mit Frau und Berthas Enkelinnen landen unfreiwillig in Frankreich.

Berthas Schwester Sophie Feldmann verliert in Berlin in kürzester Zeit ihren Sohn Fritz (Ende 1938), der die Färberei nach dem Tod seines Vaters weiterführte, sowie ihre Tochter Ruth (Ende 1939). Beide sind Opfer der Verfolgung. Daraufhin flüchten Sophies Schwiegertochter Bertha geb. Lindheimer mit ihrer Mutter Rega Lindheimer im Sommer 1939 nach Belgien. Sie werden später in Auschwitz ermordet.

Bertha wohnt 1939 mehrere Monate in Berlin, um ihre Schwester Sophie zu unterstützen.

Die Repressionen nehmen zu, jüdische Mitbürger müssen den gelben Stern tragen, dürfen nicht mehr in der Öffentlichkeit erscheinen, werden aus ihren Wohnungen geworfen, müssen Zwangsarbeit leisten, werden in Vernichtungslager deportiert.

Im Januar 1942 begeht Sofie Feldmann Suizid um der drohenden Deportation zu entgehen.

Bertha Skotzki wird gemeinsam mit ihrer Schwester Ottilie Schwedenberg aus Breslau am 26.7.1942 nach Theresienstadt deportiert und stirbt dort am 27.12.1942.

Ottilie Schwedenberg wird im Herbst 1942 in das Vernichtungslager Treblinka deportiert.

Berthas Schwester Elisabeth Bein und ihre Tochter Annie werden 1943 in Theresienstadt bzw. Auschwitz ermordet.

Günther Skotzki und seine Familie werden in Frankreich längere Zeit versteckt. So stehen die Kinder auf einer Liste versteckter jüdischer Kinder (im Chateau Montintin-Haute Vienne 1940), fallen dann aber der Gestapo in die Hände. Sie werden in das berüchtigte Lager Drancy bei Casseneuil (Lot-et-Garonne) deportiert. Von dort aus werden seine Frau und seine Töchter am 9.9.1942 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Er selbst kommt in das KZ Groß-Rosen und Buchenwald. Dort stirbt er am 9./10.2.1945.

Berthas Brüder James John Wagner und Willi Neumann Wagner können der Verfolgung entkommen.[1]

Manfred Stargardter Schillerpromenade 7a Welt-Icon 26. März 2010 Manfred Stargardter, geboren am 21. Mai 1920 in Berlin.[4] Er floh 1941 im Alter von 20 Jahren mit seiner Verlobten nach Brüssel, wo 1942 der Sohn Thomas zur Welt kam. Er wurde aber 1943 von der Gestapo verhaftet, in das KZ Auschwitz deportiert und dort ermordet. Das Todesdatum ist unbekannt.[5] Sein Sohn hielt bei der Verlegung des Stolpersteins eine Rede.[6]

· geboren 21.05.1920 in Berlin-Oberschöneweide

· die Eltern sind Kaufleute und betreiben das Spielzeug- und Haushaltsartikelgeschäft „Berliner Bazar“ in der Wilhelminenhofstraße 33

· Schulbesuch in Oberschöneweide und aktiver Ruderer im Ruderclub

· späterer Berufswusch ist Arzt, da er nicht mehr studieren darf, wird er Automechaniker

· ab 1941 muss er Zwangsarbeit bei der Firma Ehrich&Graetz leisten

· auch 1941 flieht er illegal mit seiner Verlobten Klara Baufeld nach Belgien, wo sie illegal leben

· 1942 wird sein Sohn Thomas geboren, der mit seiner Mutter illegal in den Ardennen überlebt und nach der Befreiung mit ihr in Belgien lebt

· die Mutter stirbt 1952 in Berlin-Neukölln, der Vater arbeitet als jüdischer Ordner und auch als Greifer für die Gestapo, er wird dafür 1945 von der sowjetischen Militäradministration zum Tode verurteilt und 1946 hingerichtet


Manfred wird in Oberschöneweide geboren und wächst hier auf. Er wohnt bis zu seiner Flucht in der Schillerpromenade 7a. Vermutlich ab 1942 wohnen die Eltern in der Tabbertstrasse 14. Im Jahr 1941 flieht er nach Belgien, wo er illegal mit Klara und seinem Sohn lebt. Von hier wird er im Juli 1943 über Mechelen nach Auschwitz deportiert. Ein genaues Todesdatum ist nicht überliefert. Sein Sohn und seine Verlobte überleben versteckt in den Ardennen.[1]

Hans Schindler Griechische Allee 13 26. April 2024 Hans Hermann Schindler

· geboren am 04.04.1879 in Orzech Kreis Tarnowitz

· Bruder von Alfred Schindler

· seine Eltern betreiben in Orzech eine Gastwirtschaft

· nach dem Besuch der Volksschule erlernt er den Schlosserberuf

· um 1900 kommt er nach Berlin

· nach der Hochzeit mit Rosalie Wagner im Jahr 1903 ziehen sie nach Oberschöneweide

· hier bauen sich die Eheleute eine Existenz auf, gründen eine Familie und finden eine Wohnung

· Hans arbeitet viele Jahre als Schlosser, Monteur oder Ankerwickler

· während der Weltwirtschaftskrise um 1923 arbeitet er als Vertreter (Reisender), 1926 eröffnen sie gemeinsam ein Radio- und Elektrogeschäft

· im Jahr 1940 müssen sie diese Wohnung verlassen und kommen in der Plönzeile 10 unter


Hans und Rosalie Schindler wohnen spätestens seit 1907 in Oberschöneweide. Vermutlich im Jahr 1914 ziehen sie mit ihren beiden Kindern in die Rathausstraße 46, die heutige Griechische Allee 13. Dort bleiben sie bis zu ihrer Vertreibung wohnen. Als die Tochter Elfriede heiratet, wohnt sie mit ihrem Ehemann und später auch mit dem Sohn weiter in der elterlichen Wohnung. Ende des Jahres 1939 flieht Elfriede mit Mann und Sohn nach Vilnius, Abrams Heimatstadt. Dort müssen sie später im Ghetto in der Strachunostraße 10 wohnen. Ihre Spur verliert sich im Ghetto, sehr wahrscheinlich werden sie dort ermordet. Die Eltern werden aus ihrer Wohnung vertrieben und kommen in der Luisenstraße 10 (heute Plönzeile 10) unter. Hans Schindler stirbt am 12.06.1940 im Jüdischen Krankenhaus. Seine Frau Rosalie wird im September 1942 nach Theresienstadt deportiert und im Mai 1944 weiter nach Auschwitz, wo sie ermordet wird. Ein genaues Todesdatum ist nicht bekannt.[1]

Rosalie Schindler ge. Wagner Griechische Allee 13 26. April 2024 Rosalie Schindler geb. Wagner

· geboren am 15.01.1874 in Posen

· die Eltern betreiben in Posen eine Eisenwarenhandlung

· sie wächst rund um den Posener Marktplatz auf

· mit ihren Geschwistern steht sie zeitlebens in engem Kontakt

· sie besucht die Schule und erlernt den Beruf einer Buchhalterin

· im Jahr 1903 Hochzeit mit Hans Schindler in Berlin

· Geburt ihrer Kinder Elfriede im Jahr 1905 und Fritz im Jahr 1907

· der Sohn Fritz verstirbt 1920 im Königin-Elisabeth-Hospital

· sie lebt 25 Jahre lang mit ihrer Familie in der Griechischen Allee

· gemeinsam betreiben die Eheleute in Oberschöneweide ein Radio- und Elektrogeschäft

· im Jahr 1940 müssen sie diese Wohnung verlassen und kommen in der Plönzeile 10 unter

Hans und Rosalie Schindler wohnen spätestens seit 1907 in Oberschöneweide. Vermutlich im Jahr 1914 ziehen sie mit ihren beiden Kindern in die Rathausstraße 46, die heutige Griechische Allee 13. Dort bleiben sie bis zu ihrer Vertreibung wohnen. Als die Tochter Elfriede heiratet, wohnt sie mit ihrem Ehemann und später auch mit dem Sohn weiter in der elterlichen Wohnung. Ende des Jahres 1939 flieht Elfriede mit Mann und Sohn nach Vilnius, Abrams Heimatstadt. Dort müssen sie später im Ghetto in der Strachunostraße 10 wohnen. Ihre Spur verliert sich im Ghetto, sehr wahrscheinlich werden sie dort ermordet. Die Eltern werden aus ihrer Wohnung vertrieben und kommen in der Luisenstraße 10 (heute Plönzeile 10) unter. Hans Schindler stirbt am 12.06.1940 im Jüdischen Krankenhaus. Seine Frau Rosalie wird im September 1942 nach Theresienstadt deportiert und im Mai 1944 weiter nach Auschwitz, wo sie ermordet wird. Ein genaues Todesdatum ist nicht bekannt.[1]

Elfriede Laznik geb. Schindler Griechische Allee 13 26. April 2024 Elfriede Laznik geb. Schindler

· geboren am 18.04.1905 in Oberschöneweide

· sie ist die Tochter von Hans und Rosalie Schindler

· wächst in Oberschöneweide auf und besucht hier die Schule

· arbeitet als Händlerin, vermutlich im elterlichen Geschäft

· im Jahr 1937 Hochzeit mit Abram Laznik in Berlin

· im Jahr 1938 wird der Sohn Ralph geboren

· vermutlich Ende des Jahres 1939 flieht sie mit Sohn und Ehemann nach Vilnius

Hans und Rosalie Schindler wohnen spätestens seit 1907 in Oberschöneweide. Vermutlich im Jahr 1914 ziehen sie mit ihren beiden Kindern in die Rathausstraße 46, die heutige Griechische Allee 13. Dort bleiben sie bis zu ihrer Vertreibung wohnen. Als die Tochter Elfriede heiratet, wohnt sie mit ihrem Ehemann und später auch mit dem Sohn weiter in der elterlichen Wohnung. Ende des Jahres 1939 flieht Elfriede mit Mann und Sohn nach Vilnius, Abrams Heimatstadt. Dort müssen sie später im Ghetto in der Strachunostraße 10 wohnen. Ihre Spur verliert sich im Ghetto, sehr wahrscheinlich werden sie dort ermordet. Die Eltern werden aus ihrer Wohnung vertrieben und kommen in der Luisenstraße 10 (heute Plönzeile 10) unter. Hans Schindler stirbt am 12.06.1940 im Jüdischen Krankenhaus. Seine Frau Rosalie wird im September 1942 nach Theresienstadt deportiert und im Mai 1944 weiter nach Auschwitz, wo sie ermordet wird. Ein genaues Todesdatum ist nicht bekannt.[1]

Abram Laznik Griechische Allee 13 26. April 2024 Abram Laznik

· geboren am 26.07.1896 in Vilnius

· die Familie wohnt seit vielen Generationen in Vilnius, der Vater arbeitet als Kesselflicker

· er wächst in Vilnius auf

· in der Familie wird Wert auf die Bildung der Kinder gelegt

· eine Schwester arbeitet als Lehrerin und reist 1923 mit dem Vater nach Deutschland

· Abram arbeitet als Rauchwarenhändler (Fellhändler) und wohnt mindestens ab 1928 in Berlin

· im Jahr 1937 Hochzeit mit Elfriede Schindler

· im Jahr 1938 wird der Sohn Ralph geboren

· vermutlich Ende des Jahres 1939 flieht er mit seiner Familie zu seinen Verwandten nach Vilnius

Hans und Rosalie Schindler wohnen spätestens seit 1907 in Oberschöneweide. Vermutlich im Jahr 1914 ziehen sie mit ihren beiden Kindern in die Rathausstraße 46, die heutige Griechische Allee 13. Dort bleiben sie bis zu ihrer Vertreibung wohnen. Als die Tochter Elfriede heiratet, wohnt sie mit ihrem Ehemann und später auch mit dem Sohn weiter in der elterlichen Wohnung. Ende des Jahres 1939 flieht Elfriede mit Mann und Sohn nach Vilnius, Abrams Heimatstadt. Dort müssen sie später im Ghetto in der Strachunostraße 10 wohnen. Ihre Spur verliert sich im Ghetto, sehr wahrscheinlich werden sie dort ermordet. Die Eltern werden aus ihrer Wohnung vertrieben und kommen in der Luisenstraße 10 (heute Plönzeile 10) unter. Hans Schindler stirbt am 12.06.1940 im Jüdischen Krankenhaus. Seine Frau Rosalie wird im September 1942 nach Theresienstadt deportiert und im Mai 1944 weiter nach Auschwitz, wo sie ermordet wird. Ein genaues Todesdatum ist nicht bekannt.[1]

Ralph Laznik Griechische Allee 13 26. April 2024 Ralph Laznik

· geboren am 27.02.1938 in Berlin Oberschöneweide

· er ist der Sohn von Elfriede und Abram Laznik und lebt mit seinen Eltern in der Wohnung seiner Großeltern Hans und Rosalie Schindler

· vermutlich Ende des Jahres 1939 flieht er mit seinen Elternnach nach Vilnius

Hans und Rosalie Schindler wohnen spätestens seit 1907 in Oberschöneweide. Vermutlich im Jahr 1914 ziehen sie mit ihren beiden Kindern in die Rathausstraße 46, die heutige Griechische Allee 13. Dort bleiben sie bis zu ihrer Vertreibung wohnen. Als die Tochter Elfriede heiratet, wohnt sie mit ihrem Ehemann und später auch mit dem Sohn weiter in der elterlichen Wohnung. Ende des Jahres 1939 flieht Elfriede mit Mann und Sohn nach Vilnius, Abrams Heimatstadt. Dort müssen sie später im Ghetto in der Strachunostraße 10 wohnen. Ihre Spur verliert sich im Ghetto, sehr wahrscheinlich werden sie dort ermordet. Die Eltern werden aus ihrer Wohnung vertrieben und kommen in der Luisenstraße 10 (heute Plönzeile 10) unter. Hans Schindler stirbt am 12.06.1940 im Jüdischen Krankenhaus. Seine Frau Rosalie wird im September 1942 nach Theresienstadt deportiert und im Mai 1944 weiter nach Auschwitz, wo sie ermordet wird. Ein genaues Todesdatum ist nicht bekannt.[1]

Alfred Schindler Wilhelminenhofstraße 35 26. April 2024 Alfred Schindler


· geboren am 02.11.1886 in Orzech im Kreis Tarnowitz

· Bruder von Hans Schindler

· seine Eltern betreiben in Orzech eine Gastwirtschaft

· er besucht bis zum 14. Lebensjahr die Volksschule und macht anschließend eine Schlosserlehre

· nachdem in verschiedenen Betrieben in Oberschlesien gearbeitet hat, kommt er 1905 nach Berlin und arbeitet in der Kronleuchterfabrik Frister

· nach der Militärzeit arbeitet er bei der AEG in Oberschöneweide, bis er als Soldat am Ersten Weltkrieg teilnimmt

· im Jahr 1919 Hochzeit mit Minka Lentschütz in Königshütte/OS

· nach der Teilung Oberschlesiens ziehen die Eheleute nach Berlin und erwerben das Haus in der Wilhelminenhofstraße 35, in dem sie auch wohnen

· Alfred betreibt nebenbei verschiedene handwerkliche und kaufmännische Unternehmungen und kümmert sich, gemeinsam mit Minka, um die Verwaltung des Hauses

· die Ehe bleibt kinderlos

· 1938 wird das Haus zwangsverkauft und Alfred arbeitet wieder als Schlosser, später muss er auch Zwangsarbeit leisten

Minka und Alfred wachsen in verschiedenen Orten Oberschlesiens als Gastwirtskinder auf. Bedingt durch die politische Entwicklung im Polen der zwanziger Jahre verlassen sie die Heimat und ziehen nach Berlin-Oberschöneweide, wo bereits Alfreds Bruder Hans wohnt. Hier wohnen sie fortan in ihrem eigenen Haus in der Wilhelminenhofstrasse 35. Von hier werden sie zusammen, im März 1943, nach Theresienstadt deportiert. Dort nimmt sich Minka am 20.10.1944 das Leben, weil sie die Verhältnisse nicht mehr ertragen kann. Alfred überlebt, weil er im Januar 1945 mit 1000 anderen Gefangenen aus Theresienstadt freigekauft wird und in die Schweiz kommt. Dort stirbt er am 18.10.1968 im jüdischen Altersheim in Vevey.[1]

Minka Schindler geb. Lentschütz Wilhelminenhofstraße 35 26. April 2024 Minka Schindler geb. Lentschütz

· geboren am 21.08.1886 in Königshütte / OS

· ihre Eltern betreiben eine Gastwirtschaft

· im Jahr 1899 wird der Vater ermordet und die Mutter führt die Gastwirtschaft ihrem ältesten Sohn weiter

· nach ihrer Hochzeit im Jahr 1919 mit Alfred Schindler führt sie mit ihm die Gastwirtschaft weiter

· im Jahr 1921 verkaufen sie den Gasthof und ziehen nach Berlin, ihre Geschwister ziehen in den deutschen Teil Oberschlesiens

· in Berlin kaufen die Eheleute von Minka´s Geld das Haus in der Wilhelminenhofstrasse 35 und bauen sich eine neue Existenz auf,die auch die Verwaltung des Hauses einschließt

· die Ehe bleibt kinderlos

· 1938 wird das Haus zwangsverkauft und sehr wahrscheinlich muss Minka Zwangsarbeit leisten

Minka und Alfred wachsen in verschiedenen Orten Oberschlesiens als Gastwirtskinder auf. Bedingt durch die politische Entwicklung im Polen der zwanziger Jahre verlassen sie die Heimat und ziehen nach Berlin-Oberschöneweide, wo bereits Alfreds Bruder Hans wohnt. Hier wohnen sie fortan in ihrem eigenen Haus in der Wilhelminenhofstrasse 35. Von hier werden sie zusammen, im März 1943, nach Theresienstadt deportiert. Dort nimmt sich Minka am 20.10.1944 das Leben, weil sie die Verhältnisse nicht mehr ertragen kann. Alfred überlebt, weil er im Januar 1945 mit 1000 anderen Gefangenen aus Theresienstadt freigekauft wird und in die Schweiz kommt. Dort stirbt er am 18.10.1968 im jüdischen Altersheim in Vevey.[1]

Johanna Cohn Wattstraße 11 26. Januar 2024 Johanna Cohn

• am 14. Oktober 1881 in Groß Stepenitz am Stettiner Haff geboren

• heiratet 1905 den Steindrucker Ludwig Herlitz aus Leobschütz (Oberschlesien)

• Hausfrau; wohnt mit Kindern Henriette, (Charlotte Frieda - früh verstorben), Frida Rosa, Dorothea und Oskar in einer 2-Zimmer-Wohnung Wattstr.11

• Zwillingsschwester Selma, Bruder Emil und Mutter Rosa Cohn wohnen zeitweise fußläufig

• Ehemann Ludwig verstirbt Anfang 1933

• Tochter Frida Rosa heiratet einen „Arier“ und verlässt die elterliche Wohnung

• vermietet ein Zimmer an Fremde und das zweite Zimmer später an Sohn und Schwiegertochter

• lebt 1942 mit den Töchtern Dorothea und Henriette in der Küche

• verfügt nicht über die finanzielle Möglichkeit, sich rechtzeitig ins Ausland zu retten

• gemeinsam mit Tochter Dorothea wird sie am 13. Juni 1942 mit dem sog. Osttransport XV vom Bahnhof Grunewald in das Vernichtungslager Sobibor deportiert

• Todesdatum unbekannt[1]

Henriette Herlitz Wattstraße 11 26. Januar 2024 Henriette Herlitz

• geboren am 21. Oktober 1906 in Oberschöneweide

• Näherin

• wohnt bis etwa 1940 zur Untermiete in Neukölln

• zieht spätestens 1942 zur Mutter in die Wattstr.11 zurück, Umstände unbekannt

• keine finanziellen Möglichkeiten um sich rechtzeitig ins Ausland zu retten

• zur Zwangsarbeit bei der Fa. Rose&Co. (Altpapier, Alteisen, Metalle) verpflichtet

• als alle anderen Familienmitglieder deportiert sind, muss sie im Herbst 1942 die Wohnung Wattstr.11 verlassen und in eine sog. Judenwohnung am Spittelmarkt ziehen

• Im Rahmen der sog. Fabrikaktion Ende Februar 1943 wird sie am Arbeitsplatz verhaftet und im Sammellager „Clou“, Berlin-Mitte, Mauerstr., interniert

• sie wird am 3. März 1943 mit dem 33. Osttransport nach Auschwitz deportiert

• Todesdatum unbekannt[1]

Dorothea Herlitz Wattstraße 11 26. Januar 2024 Dorothea Herlitz

• geboren am 2. Juni 1913 in Oberschöneweide

• Berufsausbildung unbekannt, arbeitet als Hausangestellte in der Stallschreiberstraße in Mitte

• sie wohnt spätestens seit 1942 in der Wattstr.11 und teilt sich mit Mutter und Schwester Henriette die Küche als gemeinsamen Wohnbereich

• keine finanziellen Möglichkeiten um sich rechtzeitig ins Ausland zu retten

• sie ist zur Zwangsarbeit in den Norddeutschen Kabelwerken Berlin-Neukölln am Oberhafen verpflichtet

• gemeinsam mit ihrer Mutter wird sie am 13. Juni 1942 mit dem sog. Osttransport XV vom Bahnhof Grunewald in das Vernichtungslager Sobibor deportiert

• Todesdatum unbekannt[1]

Oskar Herlitz Wattstraße 11 26. Januar 2024 Oskar Herlitz

• geboren am 19. März 1917 in Oberschöneweide als jüngstes Kind der Familie Herlitz

• Fahrstuhlmonteur

• heiratet etwa 1940 Inge Jacobsohn und wohnt bei der Mutter zur Untermiete

• keine finanziellen Möglichkeiten um sich rechtzeitig ins Ausland zu retten

• zur Zwangsarbeit verpflichtet arbeitet er bei den Siemens-Schuckart-Werken

• er wird am 15. August 1942 vom Güterbahnhof Putlitzstr./Quitzowstr. in Berlin-Moabit gemeinsam mit seiner Frau Inge mit dem Transport 18 nach Riga/Lettland deportiert

• nach Ankunft am 18. August 1942 am Bahnhof Riga-Skirotava wird er im Wald von Bikernieki erschossen und in bereits angelegten Massengräbern verscharrt[1]

Inge Herlitz

geb. Jacobsohn

Wattstraße 11 26. Januar 2024 Inge Herlitz geb. Jacobsohn

• am 23. Juli 1922 in Berlin-Mitte als einzigstes Kind des Textilkaufmanns Leo Jacobsohn und seiner Frau Charlotte Rosenberg geboren

• beide Eltern versterben krankheitsbedingt 1933

• wächst bei der Schwester ihres Vaters in Neukölln auf

• zieht später zur Schwester ihrer Mutter nach Oranienburg

• heiratet etwa 1940 Oskar Herlitz und zieht zu ihm in die Wattstr.11

• im Neuköllner Germania Spiralfederwerk ist sie zur Zwangsarbeit verpflichtet

• sie wird am 15. August 1942 vom Güterbahnhof Putlitzstr./Quitzowstr. in Berlin-Moabit gemeinsam mit ihrem Mann Oskar mit dem Transport 18 nach Riga/Lettland deportiert

• nach Ankunft am 18. August 1942 am Bahnhof Riga-Skirotava wird sie im Wald von Bikernieki erschossen und in bereits angelegten Massengräbern verscharrt[1]

Armin Friedmann Schillerpromenade 12 23. September 2024 Lebensgeschichte Armin Friedmann

Armin Friedmann wird am 10.2.1886 in Budapest, Ungarn, geboren. Vor der Jahrhundertwende zieht die Familie nach Berlin, zunächst nach Mitte und ab 1898 wohnen die Eltern mit den Kindern in Berlin-Oberschöneweide. Armin ist das drittälteste Kind. Pauline wird im Jahr 1883 geboren und Ludwig im Jahr 1884.

Familie Friedmann erhält am 5.1.1920 durch den Naturalisationsakt die preußische Staatsangehörigkeit und sie sind somit deutsche Staatsangehörige.

Armin wächst überwiegend in Schöneweide auf und besucht hier die Schule. Im Alter von 20 Jahren, also 1906, ist er als Kaufmann bei der AEG angestellt. Erst arbeitet er im AEG Kabelwerk, später für die AEG Transformatorenfabrik.

Die AEG zeichnet ihn 1931 für seine 25-jährige Betriebszughörigkeit mit der „Silbernen Rathenau-Medaille“ aus. Er ist Abteilungsleiter im Einkauf und Stellvertreter des kaufmännischen Direktors. Am 1.4.1933, also zwei Jahre nach der Auszeichnung erhält Armin die Kündigung. Das Kündigungsdatum 1.4.1933 ist bemerkenswert, da zwar am 1.4. zum „Boykott jüdischer Geschäfte“ aufgerufen wird, jedoch das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ erst am 7.4.1933 verabschiedet wird. Seine Frau schreibt später in den Unterlagen an die Entschädigungsbehörde, „er hatte ein Gehalt von RM 1.300,- monatlich und war pensionsberechtigt. Er war bei der A.E.G beschäftigt gewesen, und es besteht kein Zweifel, dass er ohne die nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen seine Stellung nicht verloren hätte. Bei seinem zwangsweisen Ausscheiden im April 33 bekam er eine Abfindung von RM 15.000.“

Seit seinem zwölften Lebensjahr wohnt Armin in Schöneweide, zunächst in der Wilheminenhofstr. 6 mit seinen Eltern und nach dem Tod des Vaters zusammen mit seiner Mutter in der Wilhelminenhofstrasse 35.

Am 30.4.1913 heiraten Armin und Julianna Kafka in Berlin. Sie haben zwei Kinder: Hans Ludwig, der am 20.4.1914 geboren wird und Edith Henriette die am 7.9.1916 geboren wird.

Nach dem Tod der Mutter, der Heirat und der Familiengründung wohnt er mit seiner Familie zunächst in der Rathausstr. 4 (heutige Griechische Allee 10) und danach 6 Jahre in der Köllnischen Str. 54 in Niederschöneweide. Um 1924 ziehen sie in die 1. Etage der Schillerpromenade 12, wo sie bis zur Emigration 1933 wohnen bleiben.

Das Gebäude Schillerpromenade 12 gehört der AEG und ist „Privatbeamten“ (leitenden AEG-Angestellten) vorbehalten. Da Armin eine leitende Position besetzt, kann er dort eine Wohnung beziehen. Das Gebäude wurde Anfang der 1920er errichtet. Wahrscheinlich sind Armin und seine Familie die Erstnutzer der Wohnung. Es handelt sich um eine 5-Zimmerwohnung inklusive „Mädchenzimmer“. Zur repräsentativen bürgerlichen Wohnungsausstattung gehören u. a. Buffet, Anrichte, Bilder, Bibliothek, Schlafzimmer, Schreibtisch, Clubsofa und -sessel sowie Radio und Grammophon.

Im August 1933 emigriert Armin im Alter von 48 Jahren gemeinsam mit seinem Sohn Hans nach Frankreich. Seine Frau und Tochter kommen später nach. Er plant in Frankreich ein Geschäft zu kaufen, wozu er einen Devisenantrag beim Landesfinanzamt Berlin über 7.000 RM stellt. Die Pläne erfüllen sich nicht, denn seine Ehefrau schreibt über das Leben in Frankreich: „Wir wanderten damals nach Frankreich aus, und in Frankreich gelang es meinem Mann mangels französischer Sprachkenntnisse nicht, Fuß zu fassen. Er hatte kein regelmäßiges Einkommen. Wir haben in der Wohnung Kuchen gebacken und an andere Emigranten verkauft.“ Sie schreibt außerdem, dass das für den Lebensunterhalt nicht reicht und die Familie auf die Unterstützungen jüdischer Wohlfahrtsorganisationen angewiesen ist. Die Familie wohnt fast sieben Jahre in Paris. Im September 1939 ändert sich für die deutschen Emigranten in Paris sehr viel. Alle Männer im Alter von 18 bis 55 Jahren werden zur Personenfeststellung in einem Stadion unter freien Himmel festgehalten. Das betrifft auch Arnim, der jedoch aufgrund seines Gesundheitszustandes in ein Krankenhaus eingeliefert und behandelt wird. Von dort aus, wird er nach Hause entlassen. Später wird er in Tence in der Nähe von Le Puy, interniert. Im Oktober 1940 wird er entlassen und kommt mit seiner Frau, Schwiegertochter und Tochter in Le Puy unter.

Ab 1941 verschlechtert sich Armins Gesundheitszustand rapide. Es werden verschiedene Untersuchungen durchgeführt. Er hat Magenkrebs und wird erfolglos operiert. Er stirbt am 20.9.1941 in Le Puy.[1]

Julianna Friedmann geb. Kafka Schillerpromenade 12 23. September 2024 Lebensgesschichte Julianna Friedmann geb. Kafka

Julianna Friedmann wird als Julianna Kafka am 22.2.1891 in Wien geboren. Der Vater ist Mathias Kafka geb. ca. 1849 und gest. 21.4.1905 in Wien. Er ist Privatbeamter (Angestellter). Ihre Mutter ist Johanna Werner geb. ca. 1861 und gest. 2.2.1906 in Wien. Johanna und Mathias heiraten 1890 in Wien und Julianna ist ihr einziges Kind.

Julianna ist Kontoristin. Am 30.4.1913 heiraten Julianna und Armin Friedmann in Oberschöneweide. Nach der Heirat übt sie keine Erwerbstätigkeit mehr aus.

Familie Friedmann erhält am 5.1.1920 durch den Naturalisationsakt die preußische Staatsangehörigkeit und sind somit deutsche Staatsangehörige.

Armin und Julianna haben zwei Kinder: Hans Ludwig, der am 20.4.1914 geboren wird und Edith Henriette die am 7.9.1916 geboren wird. Die Familie wohnt zuerst in der Rathausstr. 4 (heutige Griechische Allee 10) und danach 6 Jahre in der Köllnischen Str. 54 in Niederschöneweide. Um 1924 ziehen sie in die 1. Etage der Schillerpromenade 12, wo sie bis zur Emigration 1933 wohnen bleiben.

Das Gebäude Schillerpromenade 12 gehört der AEG und ist „Privatbeamten“ (leitenden AEG-Angestellten) vorbehalten. Da ihr Ehemann Armin eine leitende Position besetzt kann die Familie dort eine Wohnung beziehen. Das Gebäude wurde Anfang der 1920er errichtet. Vielleicht ist die Familie der Erstnutzer der Wohnung. Es handelt sich um eine 5-Raumwohnung inklusive „Mädchenzimmer“. Zur repräsentativen bürgerlichen Wohnungs-ausstattung gehören u. a. Buffet, Anrichte, Bilder, Bibliothek, Schlafzimmer, Schreibtisch, Clubsofa und -sessel sowie Radio und Grammophon.

Am 1.4.1933 erhält Armin die Kündigung der AEG. Er bekommt eine Abfindung von 15.000 RM. Im August 1933 emigrieren der Ehemann und der Sohn Hans nach Frankreich. Julianna und die Tochter Edith bleiben noch in Berlin und regeln die Auflösung der Wohnung und behördliche Formalitäten. Zur Wohnungseinrichtung findet sich in den Entschädigungsunterlagen Folgendes: „Das Ehepaar habe im Jahre 1933 die Wohnung aufgeben müssen und die Möbel und Einrichtungsgegenstände in Kisten verpackt bei der Firma Handel & Cie. am Lehrter Bahnhof in Berlin auf Lager gegeben. Im Jahre 1936, als die Eheleute die Kisten mit den Inneneinrichtungsgegenständen beim Spediteur abberufen hätten, hätten sie festgestellt, dass schon ein Teil der Gegenstände fehlte, nämlich ein großer Perserteppich und sämtliche Handarbeiten.“ Die Speditionsfirma hat, da die laufenden Lagerkosten nicht bezahlt wurden, die fehlenden Gegenstände unrechtmäßig verwertet.

In Frankreich wohnt die Familie in Paris. Julianna und ihr Mann backen Kuchen und verkaufen diesen an andere Emigranten. In den Entschädigungsunterlagen schreibt sie über diese Zeit, dass es trotzdem für den Lebensunterhalt nicht reicht und die Familie auf Unterstützungen jüdischer Wohlfahrtsorganisationen angewiesen ist.

Im September 1939 ändert sich für die deutschen Emigranten in Paris sehr viel. Ihr Ehemann Armin wird in Tence interniert. Ab Mai 1940, also mit dem deutschen Angriff auf Holland, Belgien, Luxemburg und Frankreich werden auch die deutschen Frauen zwischen 18 und 55 Jahren zur Registrierung in Sportstadien festgehalten. Und ab Juni 1940 mit Lastwagen und Zügen in Lager gebracht, u. a. auch in das Lager Gurs.

Im Lager Gurs trifft Julianna auf ihre Tochter Edith und ihre Schwiegertochter Eva. Alle werden nach kurzem Aufenthalt wieder entlassen, da ihre Männer Angehörige der französischen Armee sind. Zuerst kommen sie in Le Puy unter. Das ist im unbesetzten Teil Frankreichs. Auch ihr Sohn Hans und seine Frau Eva leben später dort in der Nähe. Dort wird 1942 auch ihr Enkelsohn Roger (der Sohn von Hans und Eva) geboren und das Kind von Tochter Edith und Schwiegersohn Max Lichtenstein. Als Hans und Eva im Herbst 1942 in die Schweiz flüchten, lassen sie den kleinen Roger bei ihr. Bald kann sie nicht mehr für seine Sicherheit garantieren, und so wird er bei hilfsbereiten Franzosen versteckt.

Über die Zeit in Le Puy schreibt Julianna in den Entschädigungsunterlagen: „Wir lebten unter den furchtbarsten Bedingungen…Ich bin Volljüdin im Sinne der Hitlergesetzgebung. Während des Krieges musste ich, um der Deportation zu entgehen, versteckt leben. Bis Mitte März 1943 versteckte ich mich nur unregelmäßig, wenn ich gerade gehört hatte, dass große Razzien im Zuge waren. Von Mitte März 1943 bis zum 19.8.1944 lebte ich 3 km von Le Puy entfernt in Beauregard in einem abgelegenen Haus.“ Sie lebt unter dem Namen Marie Jean Taure mit falschen Papieren, die jedoch sinnlos sind, da jeder sofort erkennen musste, dass sie keine gebürtige Französin ist. Sie traut sich oft monatelang nicht auf die Straße aus Angst vor Verhaftung. Sie lebt von der Barmherzigkeit von Franzosen, die ihr Lebensmittel bringen. Sie empfindet dieses Leben, dass sie gemeinsam mit ihrer Tochter Edith und deren Sohn lebt, menschenunwürdig und haftähnlich. Mit der Befreiung am 19.8.1944 geht Julianna zurück nach Paris. „Dort musste ich feststellen, dass unsere dortige Wohnung, Paris 14, av. Paul Appel, von den Hitlerbehörden während der deutschen Besetzung völlig aus geplündert war“, so schreibt sie in den Entschädigungsunterlagen von 1954.

Julianna stellt ab 1953 Entschädigungsanträge für Schäden, die sie, ihren Mann und das gemeinsame Eigentum betreffen. Sie erhält ab Mitte der 1950er Jahre Einmalzahlungen und ab 1956 bis zum Tod eine monatliche Rente.

Von 1948 an wohnt die 57-jährige Julianna bei ihrem Sohn und seiner Familie in St. Germain en Laye in der Nähe von Paris. Um 1956 zieht Julianna zu ihrer Tochter und deren Familie in das rund 1.000 km entfernte Agen. Einen schweren Schicksalsschlag erleidet sie, als ihre Tochter Edith mit 55 Jahren 1972 bei einem Autounfall stirbt.

Julianna wird 86 Jahre alt. Sie stirbt am 22.6.1977 in Nancy.[1]

Hans Friedmann Schillerpromenade 12 23. September 2024 Lebensgeschichte Hans Friedmann

Hans Ludwig Friedmann wird am 20.4.1914 in Berlin geboren. Sein Rufname ist Hans. Der Vater ist Armin Friedmann geb. am 10.2.1886 in Ungarn und gest. 20.9.1941 in Frankreich. Die Mutter ist Julianna Friedmann, geborene Kafka, geb. am 22.2.1891 in Österreich und gestorben am 22.6.1977 in Frankreich. Hans hat eine jüngere Schwester Edith, die am 7.9.1916 geboren wird und im März 1972 in Frankreich stirbt.

Hans erhält am 5.1.1920 durch den Naturalisationsakt seiner Familie die preußische Staatsangehörigkeit und ist somit deutscher Staatsangehöriger.

Er wächst in Schöneweide auf. Er besucht das Realgymnasium Treptow (die heutige Isaac Newton Schule) und erlangt die Oberprimarreife. Hans beginnt im April 1932 eine kaufmännische Lehre beim Kaufhaus Nathan Israel, dem großen bekannten Kaufhaus im Nikolaiviertel in Berlin - Mitte. Dort besucht er die firmeneigene Handelsschule. Die Lehre kann er wegen der Emigration nach Frankreich im August 1933 nicht beenden. In seinem Zeugnis vom 30.9.1933 heißt es, dass er in verschiedenen Abteilungen der Firma eingesetzt war und über „eine leichte Auffassungsgabe verfügt und die ihm übertragenen Aufgaben an jeder Stelle zur Zufriedenheit ausführt.“ Hans konnte in Frankreich die Ausbildung nicht fortsetzen und hat auch später nicht die Möglichkeit, eine Ausbildung zu machen. So muss er als Ungelernter seinen Lebensunterhalt in Frankreich verdienen. Er arbeitet von 1933 bis 1940 unter anderem als Nachtwächter, Bäcker, Holzfäller und in der Landwirtschaft. Später wird es ihm auf Grund dieser Erfahrung wichtig sein, dass seine Kinder einen Beruf erlernen können.

Im April 1934 lernt Hans seine spätere Frau Eva Dosmar auf einer Veranstaltung des „Vereins der jüdischen Flüchtlinge aus Deutschland in Frankreich“ (Association des Emigrés d ´Israélites d ´Allemagne en France), kurz genannt "Asso", kennen. Evas Eltern sind Martin Dosmar und Elisabeth Dosmar, geb. Praeger. Ihre Eltern verlassen 1933 mit ihrem Bruder Berlin. Sie ziehen zuerst in die Schweiz, wo Eva bereits lebt, und von dort weiter nach Paris. Hans und Eva heiraten am 2.4.1939 in Paris.

In den Memoiren von Eva heißt es über die Hochzeit: „Da wir nicht die finanziellen Mittel hatten, um in einer Synagoge in Paris zu heiraten, da diese sehr teuer war, gab es einen Gottesdienst bei uns zu Hause. Unser Nachbar im Obergeschoss hatte einen sehr großen Raum, in dem mein Vater eine kleine Synagoge eingerichtet hatte. Wir hatten einen sehr schönen Gottesdienst mit unseren Eltern und engen Freunden. Nach der Zeremonie gab es einen kleinen Empfang bei uns zu Hause. Meine Eltern haben uns eine Mini-Reise nach Fontainebleau geschenkt und nach der Rückkehr bezogen wir eine kleine Wohnung in der Nähe des Hauses meiner Eltern. Jeder arbeitete bei seinen Eltern und so begann unser Leben zu zweit. Im August fuhren wir für ein paar Tage zum Urlaub in die Normandie. Auch das war ein Geschenk zur Hochzeit von meinen Eltern.“

Im September 1939 wird Hans, wie alle männlichen Flüchtlinge ab 18 Jahren in Frankreich, interniert. Während der Internierung wird er für die französische Armee mobilisiert und ist als Armeeangehöriger bis Oktober 1940 als Koch in Algerien eingesetzt. Die Militärzeit bringt im Nachhinein drei Vorteile. Erstens erhält er eine finanzielle Abfindung nach dem Ende der Militärzeit, zweitens ist seine Militärzeit entscheidend für den Erhalt der französischen Staatsangehörigkeit und drittens wird Eva nach kurzer Internierung, aufgrund von Hans Militärangehörigkeit, aus dem Internierungslager Gurs entlassen.

Nach der Demobilisation trifft Hans in Le Puy wieder auf seine Familie. Seine Frau Eva die, wie viele andere im Lager Gurs interniert wurde, trifft im Lager auf Julianna, ihre Schwiegermutter und Edith, ihre Schwägerin. Nach der Entlassung kommen sie in Le Puy, im unbesetzten Teil Frankreichs, unter.

Im Jahr 1941 ziehen Hans, Eva sowie Evas Eltern weiter nach Pau, wo Anfang 1942 Evas Vater stirbt. Wenige Wochen später wird Hans und Evas Sohn Roger geboren. Seine Schwiegermutter kümmert sich intensiv um Roger, was ihr über den Verlust ihres Mannes hinweg hilft. Um Geld zum Überleben zu verdienen, arbeitet Hans in der Holzwirtschaft und abends übersetzen Eva und Hans wissenschaftliche Texte. Im Herbst 1942 flüchten Hans, Eva sowie Evas Bruder und Mutter in die Schweiz. Den Sohn Roger lassen sie bei Hans Mutter und der Schwester Edith in Le Puy, da eine Flucht mit einem Baby zu gefährlich ist. Es wird alles verkauft, was sich zu Geld machen lässt, um die Schleuser zu bezahlen. Am Grenzübergang verlangen die Schleuser nochmals Geld, was die Flüchtenden auch zahlen. In der Schweiz angekommen, werden sie auf verschiedene Lager verteilt. Einen wichtigen Anteil am Gelingen der Flucht und die positive Situation in der Schweiz hat Herr Dr. Mensch, ein Bekannter der Familie Dosmar aus der Zeit vor 1933. Erst im August 1943 kann Roger mit anderen Kindern in die Schweiz gebracht werden. Nach einer Quarantänezeit wird die Familie zusammengeführt. Es vergehen noch zwei Jahre, bis die Familie die Schweiz in Richtung Paris verlassen kann. In dieser Zeit sind sie in vielen sehr verschieden, z. T. sehr ungünstigen Flüchtlingslagern untergebracht. Hans arbeitet meist als Koch in den Lagern.

Nach Paris kommen sie mittellos. Sie erhalten jedoch eine unerwartete „Starthilfe“ der französischen Bahn für einen verloren gegangenen Koffer. Diese 25.000 Francs sichern für die ersten Tage das Leben. In den Memoiren von Eva Dosmar heißt es über diese Zeit: „Als wir unser Frühstück am nächsten Morgen einnehmen wollten, sagte Roger zu uns: "Wir können noch nicht frühstücken, die Glocke hat noch nicht geläutet!" Er ist in Lagern aufgewachsen und kannte keine andere Art zu leben.“


Hans beginnt sofort mit der Arbeit als Vertreter. Er bereist Ostfrankreich und verkauft Federkiele und später Arbeitskleidung. Im Februar 1947 wird Hans und Evas Tochter Yvette geboren. Im April 1947 kann die Familie nach Saint Germain des Laye ziehen. In den Entschädigungsanträgen von 1953 gibt er an, dass er aufgrund der zwei eigenen Kinder nicht in der Lage ist, eine Ausbildung nachzuholen, da er den Lebensunterhalt der Familie sichern muss. Zu dieser Zeit ist Hans 39 Jahr alt.

Die Entschädigungsbehörde erlässt endlich einen Bescheid über eine Einmalzahlung. Diese erhält aber nicht Hans, sondern die jüdische Hilfsorganisation URO als Rückzahlung für geleistete Unterstützungen.

Im Jahr 1959 macht er sich in Versailles mit einer eigenen Gebäudereinigungsfirma selbständig. Die Firma wird ein großer wirtschaftlicher Erfolg und hat zeitweilig rund 300 Angestellte. In den 1980er Jahren übernimmt der Sohn Roger die Geschäfte.

Hans stirbt im Alter von 81 Jahren am 2.12.1995 in Versailles.[1]

Edith Friedmann Schillerpromenade 12 23. September 2024 Lebensgeschichte Edith Friedmann

Edith Henriette Friedmann wird am 7.9.1916 in Berlin geboren. Ihr Rufname ist Edith. Der Vater ist Armin geb. am 10.2.1886 in Ungarn und gest. 20.9.1941 in Frankreich. Die Mutter ist Julianna Friedmann, geborene Kafka, geb. am 22.2.1891 in Österreich und gestorben am 22.6.1977 in Frankreich. Edith hat einen älteren Bruder Hans, der am 20.4.1914 geboren und am 2.12.1995 in Frankreich gestorben ist.

Edith erhält am 5.1.1920 durch den Naturalisationsakt ihrer Familie die preußische Staatsangehörigkeit und ist somit deutsche Staatsangehörige.

Edith wächst in Schöneweide auf. 1933 emigriert die Familie nach Frankreich. Der Vater fährt mit ihrem Bruder Hans bereits im September 1933. Die 17-jährige Edith und ihre Mutter lösen den Haushalt in Berlin-Oberschöneweide auf und kümmern sich um die Formalitäten mit den Behörden. Dann folgen sie den Männern nach Frankreich. In Paris lebt die Familie vom Verkauf selbstgebackenen Kuchens an andere Flüchtlinge und von den Unterstützungen jüdischer Wohlfahrtsorganisationen.

Im September 1939 ändert sich für die deutschen Emigranten in Paris sehr viel. Alle Männer von 18 bis 55 Jahren werden zur Personenfeststellung in einem Stadion unter freien Himmel festgehalten. Das betrifft auch Ediths Vater Arnim und den Bruder Hans. Zum Kampf um das tägliche Überleben kommt nun die Sorge um die Männer und deren Versorgung mit Nahrungsmitteln und Kleidung.

Ab Mai 1940, also mit dem deutschen Angriff auf Holland, Belgien, Luxemburg und Frankreich, werden auch die deutschen Frauen zwischen 18 und 55 Jahren zur Registrierung in Sportstadien festgehalten und ab Juni 1940 mit Lastwagen und Zügen in Lager gebracht, vor allem nach Gurs. Auch Edith wird interniert und kommt mit ihrer Mutter in das Lager in Gurs.

Dort trifft sie ihre Schwägerin Eva wieder. Die drei Frauen werden nach kurzem Aufenthalt wieder entlassen, da ihre Männer Angehörige der französischen Armee sind. Zuerst kommen sie in Le Puy, im unbesetzten Teil Frankreichs, unter.

Im Frühjahr 1941 heiraten Edith und Max Lichtenstein. Beide kennen sich bereits aus der Zeit vor dem 2. Weltkrieg. Ihr Bruder Hans und dessen Frau Eva ziehen 1941 nach Pau. Am 4.3.1942 wird der Sohn von Edith und Max geboren. Im Herbst 1942 flüchtet ihr Bruder Hans mit seiner Frau Eva, deren Bruder und Mutter in die Schweiz. Den Sohn Roger lassen sie bei Julianna, Edith und Max in Le Puy. Sie kümmern sich um Roger, können aber bald nicht mehr für seine Sicherheit garantieren, da sie selbst untertauchen müssen. Er wird bei hilfsbereiten französischen Bauern versteckt und kann erst im August 1943 mit anderen Kindern in die Schweiz gebracht werden. Bis zum Ende des Krieges leben Edith und ihre Familie versteckt in Le Puy.

Edith erhält nach dem Krieg von der Entschädigungsbehörde eine Entschädigung für Schaden an Körper und Gesundheit. Sie leidet schwer unter einer reaktiven Depression, deren Auslöser schmerzhafte Erlebnisse bzw. extreme Belastungssituationen sind, eine Folge der vergangenen Erlebnisse.

Edith und ihr Mann Max gründen in Agen eine Metzgerei, die sie bis zu seinem Tod betreiben. Später kümmert sie sich um ihre Mutter Julianna, die zu Edith und ihrer Familie zieht. Ihr Mann Max stirbt mit 69 Jahren im Jahr 1969. 
Überraschend und tragisch stirbt Edith bei einem Autounfall 1972 mit 55 Jahren. Die Enkelin Lilly kümmert sich danach um ihre Oma Julianna.[1]

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y Recherche der Stolpersteingruppe Schöneweide
  2. Transportliste 4. großer Alterstransport. statistik-des-holocaust.de
  3. Stolpersteinverlegung Zeppelinstraße 26. März 2015. (Memento vom 17. April 2015 im Internet Archive) zentrum-für-demokratie-hic.de
  4. Fotografie Manfred Stargardter. In: Give Them a Face portrait collection. kazernedossin.eu
  5. Stargardter, Manfred. In: Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden. Bundesarchiv.
  6. Rede des Sohnes von Manfred Stargardter bei der Legung des Stolpersteins. (Memento des Originals vom 3. Mai 2019 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/archiv.dielinke-treptow-koepenick.de DIE LINKE Treptow-Köpenick, 2. April 2010