Luis Amplatz
Luis Amplatz (* 28. August 1926 in Gries, Bozen; † 7. September 1964 bei Saltaus in Passeier)[1] war ein Südtiroler Landwirt, Aktivist und Mitglied des Südtiroler Befreiungsausschusses (BAS).[2][3] Er setze sich in den 1950er- und 1960er-Jahren gewaltsam für die Autonomie Südtirols bzw. den Anschluss an Österreich ein. Er verstand sich dabei als Freiheitskämpfer, wurde aber teils als Terrorist eingeordnet und verurteilt.[2][4][5]
Aktivitäten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Luis Amplatz gerät 1948 zum ersten Mal mit dem Gesetz in Konflikt und wird wegen unerlaubten Waffenbesitzes und Bedrohung zu 24 Tagen Haft und drei Monaten Arrest verurteilt. 1957 wird er zusammen mit der Gruppe um Hans Stieler angeklagt, Sprengstoffanschläge verübt zu haben, aber mangels Beweisen freigesprochen. Im April 1959 wird er im Zusammenhang mit einem Sprengstoffanschlag von Josef Fontana auf einen Rohbau in der Bozner Sassaristraße als Verdächtiger verhört.[1]
Als Gründungsmitglied der Schützenkompanie „Major Josef Eisenstecken“ Gries bei der Wiedergründung im Jahre 1959 war Luis Amplatz einer der treibenden Kräfte beim Wiederaufbau des Vereinswesens in Gries bei Bozen.
Amplatz war 1959 zusammen mit Sepp Kerschbaumer und Georg Klotz auch Gründungsmitglied des Befreiungsausschusses Südtirol, der mit Anschlägen die „Befreiung“ Südtirols, also die Loslösung von Italien, zu erzwingen versuchte. Im Frühjahr 1961 begann die Bozner Staatsanwaltschaft gegen ihn zu ermitteln, woraufhin Amplatz nach Innsbruck floh.[1] Im Juni 1961 kehrte er jedoch illegal nach Bozen zurück und verübte während der Feuernacht und den folgenden Tagen mehrere Anschläge.[1] Er war an Anschlägen gegen Einrichtungen des italienischen Staates, der Infrastruktur und faschistische Denkmäler, sowie an bewaffneten Angriffen auf Carabinieri beteiligt. Um einer Verhaftung zu entkommen, flüchtete er 1961 nach Österreich, kehrte jedoch die nächsten Sommer immer wieder heimlich nach Südtirol zurück und verübte 1963 mit Rudolf Kofler erneut drei Anschläge in Bozen.[1] Amplatz zählt zu den 17 flüchtigen Angeklagten im Mailänder Sprengstoff-Prozess, denen 1963 Hochverrat, 77 Anschläge auf Hochspannungsmasten, 14 Anschläge auf Bahnstrecken, acht Anschläge auf private Wohnhäuser, ein Mord und zwei Mordversuche angelastet wurden.[2]
Er kehrte auch im Jahr 1964 mit Georg Klotz nach Südtirol zurück, obwohl er in Italien im gleichen Jahr wegen Terrorismus in Abwesenheit zu 25 Jahren Haft verurteilt worden war.[5] Klotz und Amplatz befanden sich bei der Grenzüberquerung in Begleitung eines Nordtirolers namens Christian Kerbler, welcher ein Agent des italienischen militärischen Geheimdienst SIFAR war und Luis Amplatz in einer gemeinsamen Geheimdienstoperation der Bozner Quästur, des Ufficio Affari Riservati (UAR) und des SIFAR ermordete.[1]
Tod
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Als Luis Amplatz, Georg Klotz und Christian Kerbler die Nacht vom 6. auf den 7. September 1964 in der Heuhütte „Brunner Mahder“ oberhalb von Saltaus in Passeier verbrachten, erschoss Kerbler um etwa 2:30 Uhr Amplatz im Schlaf und streckte Klotz mit zwei Kugeln nieder, diesem gelang es jedoch, mit einer Kugel in der Brust und einer Wunde im Gesicht zu Fuß zurück nach Österreich zu fliehen. Der Mörder Christian Kerbler wurde am 21. Juni 1971 von einem italienischen Schwurgericht in Perugia in Abwesenheit zu 22 Jahren Gefängnis verurteilt.[6] Am 9. Juni 1972 bestätigte das Berufungsgericht das Urteil.[6] Kerbler wurde jedoch nie gefasst, obwohl er noch 1976 in London beim Ladendiebstahl verhaftet wurde.[1][6] Das Urteil gegen Kerbler wurde am 14. Januar 1973 rechtskräftig und ist damit als nicht verbüßte Strafe nach italienischem Recht am 14. Januar 2003 verjährt.[6] Dem italienischen Geheimdienst wird vorgeworfen, Christian Kerbler gedeckt zu haben, sodass dieser nicht gefasst werden konnte und die Aufarbeitung der Tat im allgemein vertuscht zu haben.[1][6]
Luis Amplatz wurde auf dem Oberauer Friedhof in Bozen begraben,[3] über 5.000 Tiroler besuchten sein Begräbnis, einige in Trachten und mit Traditionsfahnen.[4] An vielen Andreas-Hofer-Gedenkstätten wurden Kränze niedergelegt. Redner verkündeten, man wolle für die gleiche Sache, „für die Amplatz eintrat, weiterkämpfen“, – nicht für die Südtiroler Autonomie, sondern für den Anschluss an Österreich.[4]
In der Bundesrepublik Deutschland bildete sich 1965 der Verein „Luis-Amplatz-Spende“.[7][8]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Christoph Franceschini: Geheimdienste, Agenten, Spione. Raetia, Bozen 2020, ISBN 978-88-7283-735-1, S. 408–461.
- Günther Obwegs: Freund, der du die Sonne noch schaust. Effekt, Neumarkt an der Etsch 2014, ISBN 978-88-97053-33-0.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c d e f g h Christoph Franceschini: Geheimdienste, Agenten, Spione: Südtirol im Fadenkreuz fremder Mächte. Edition Rætia, Bozen 2020, ISBN 978-88-7283-735-1 (google.de).
- ↑ a b c Peter Neuhauser, Dr. Jochen Becher: „Die Italiener haben uns das Land gestohlen“. Interview mit dem Südtiroler Partisanenanführer Luis Amplatz. In: Der Spiegel. Nr. 10, 1964, S. 79–85 (online – 4. März 1964).
- ↑ a b Begräbnis des Südtiroler Freiheitskämpfer Luis Amplatz, 1964. In: Süddeutsche Zeitung Photo. Abgerufen am 7. Juli 2024 (deutsch).
- ↑ a b c Noch keine Ruhe in Südtirol. In: Die Zeit (Archiv). 18. September 1964, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 7. Juli 2024]).
- ↑ a b Claus Gatterer: Die "Braunen" von Südtirol. In: Die Zeit. 25. September 1964, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 7. Juli 2024]).
- ↑ a b c d e Christian Kerbler - Mörder des Südtiroler Freiheitskämpfers Luis Amplatz (Erwirkung eines internationalen Haftbefehls). Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres. Parlament Österreich, abgerufen am 9. Juli 2024.
- ↑ Verein „Luis-Amplatz-Spende“ – Eduard Widmoser: Südtirol A-Z. Band 1, Südtirol-Verlag Herbert Neuner, Innsbruck, München 1982, Stichwort „Luis Amplatz“, S. 56.
- ↑ Verein „Luis-Amplatz-Spende“ – Zeitschrift: Der Tiroler 1979 und Folgejahre, Herausgeber Kameradschaft der ehemaligen Südtiroler Freiheitskämpfer, Mitherausgeber Verein: „Luis-Amplatz-Spende, Bonn“
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Personendaten | |
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NAME | Amplatz, Luis |
KURZBESCHREIBUNG | italienischer Südtirol-Aktivist |
GEBURTSDATUM | 28. August 1926 |
GEBURTSORT | Gries bei Bozen |
STERBEDATUM | 7. September 1964 |
STERBEORT | Saltaus, Passeier |