Ginseldorf

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Marburg-Ginseldorf)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Ginseldorf
Stadt Marburg
Koordinaten: 50° 50′ N, 8° 49′ OKoordinaten: 50° 50′ 21″ N, 8° 49′ 10″ O
Höhe: 197 (193–227) m ü. NHN
Fläche: 8,14 km²[1]
Einwohner: 742 (31. Dez. 2019)[2]
Bevölkerungsdichte: 91 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Juli 1974
Postleitzahl: 35043
Vorwahl: 06421
Karte
Lage von Ginseldorf in Marburg
Ginseldorf mit Lahnbergen
Ginseldorf mit Lahnbergen

Ginseldorf ist ein Stadtteil der Universitätsstadt Marburg im mittelhessischen Landkreis Marburg-Biedenkopf.

Geografische Lage

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Westlich an den Ortsrand schließen sich die Nordausläufer der Lahnberge an. Der nächste etwas größere Fluss ist die Ohm, von der ein Abschnitt nur wenige hundert Meter nördlich des Dorfs verläuft; sie mündet nur etwas weiter westlich in die Lahn.

St. Johannes der Täufer, neugotische katholische Kirche erbaut um 1448 (Chor) und 1898 (Schiff)[3]

Die Geschichte Ginseldorfs reicht bis ins 13. Jahrhundert zurück. Der Ort wurde, soweit bekannt, erstmals im Jahre 1253 unter dem Namen Gunzellendorf in einer Urkunde der Deutschordensballei Hessen erwähnt und feierte demzufolge 2003 sein 750-jähriges Bestehen.[4]

Nachdem auch Ginseldorf im Zuge der Einführung der Reformation in der Landgrafschaft Hessen protestantisch wurde, wurde es bereits 1595 wieder katholisch. Danach gehörte es bis 1801 zum kurmainzischen Amt Amöneburg und kam dann durch den Reichsdeputationshauptschluss, der den Frieden von Lunéville umsetzte, zur Hessen-Kassel, blieb aber weiterhin katholisch.

Hessische Gebietsreform (1970–1977)

Ginseldorf war bis zur Gebietsreform in Hessen eine selbstständige Gemeinde mit eigenem Bürgermeister und eigener Verwaltung. Zum 1. Juli 1974 wurde Ginseldorf durch Landesgesetz ein Stadtteil von Marburg.[5][6] Für den Stadtteil Ginseldorf wurde ein Ortsbezirk eingerichtet.[7]

Verwaltungsgeschichte im Überblick

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten,[Anm. 1] denen Ginseldorf angehört(e):[4][8]

Gerichte seit 1821

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bis zur Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung (1807–1813 und endgültig 1822) sind die Ämter neben der Verwaltung für die Rechtsprechung (meist Niedere Gerichtsbarkeit bzw. Erste Instanz) zuständig. Mit Edikt vom 29. Juni 1821 wurden in Kurhessen Verwaltung und Justiz getrennt. Nun waren Justizämter für die erstinstanzliche Rechtsprechung zuständig, die Verwaltung wurde von Kreisen übernommen. Der Kreis Marburg wurde für die Verwaltung eingerichtet und das Landgericht Marburg war als Gericht in erster Instanz für Ginseldorf zuständig. 1850 wurde das Landgericht in Justizamt Marburg umbenannt. Das Oberste Gericht war das Oberappellationsgericht in Kassel. Untergeordnet war das Obergericht Marburg für die Provinz Oberhessen. Es war die zweite Instanz für die Justizämter.[11]

Nach der Annexion Kurhessens durch Preußen wurde das Landgericht Marburg 1867 zum königlich Preußischen Amtsgericht Marburg. Im Juni 1867 erging eine königliche Verordnung, die die Gerichtsverfassung in den zum vormaligen Kurfürstentum Hessen gehörenden Gebietsteilen neu ordnete. Die bisherigen Gerichtsbehörden sollten aufgehoben und durch Amtsgerichte in erster, Kreisgerichte in zweiter und ein Appellationsgericht in dritter Instanz ersetzt werden.[12] Im Zuge dessen erfolgte am 1. September 1867 die Umbenennung des bisherigen Justizamtes in Amtsgericht Marburg. Die Gerichte der übergeordneten Instanzen waren das Kreisgericht Marburg und das Appellationsgericht Kassel.[13]

Auch mit dem in Kraft treten des Gerichtsverfassungsgesetzes von 1879 blieb das Amtsgericht unter seinem Namen bestehen. In der Bundesrepublik Deutschland sind die übergeordneten Instanzen das Landgericht Marburg, das Oberlandesgericht Frankfurt am Main sowie der Bundesgerichtshof als letzte Instanz.

Einwohnerstruktur 2011

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Ginseldorf 756 Einwohner. Darunter waren 16 (2,1 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 141 Einwohner unter 18 Jahren, 251 zwischen 18 und 49, 156 zwischen 50 und 64 und 108 Einwohner waren älter.[14] Die Einwohner lebten in 336 Haushalten. Davon waren 114 Singlehaushalte, 78 Paare ohne Kinder und 99 Paare mit Kindern, sowie 48 Alleinerziehende und 27 Wohngemeinschaften. In 42 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 258 Haushaltungen leben keine Senioren.[14]

Einwohnerentwicklung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
• 1664: 15 Hausgesesse[4]
• 1838: Familien: 28 nutzungsberechtigte Ortsbürger, 14 Beisassen[4]
Ginseldorf: Einwohnerzahlen von 1747 bis 2019
Jahr  Einwohner
1747
  
137
1800
  
?
1834
  
231
1840
  
250
1846
  
286
1852
  
279
1858
  
259
1864
  
259
1871
  
220
1875
  
231
1885
  
217
1895
  
212
1905
  
205
1910
  
224
1925
  
244
1939
  
272
1946
  
387
1950
  
379
1956
  
342
1961
  
322
1967
  
381
1977
  
?
1987
  
611
1991
  
680
1995
  
767
2000
  
858
2005
  
794
2010
  
787
2011
  
756
2015
  
765
2019
  
742
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: LAGIS[4]; Stadt Marburg:1987–1998[15], 1999–2003[16], 2005–2010[17],2011–2015[18], 2019:[2]; Zensus 2011[14]

Historische Religionszugehörigkeit

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Quelle: Historisches Ortslexikon[4]
• 1861: 247 römisch-katholische, 3 evangelisch-lutherische, 6 evangelisch-reformierte Einwohner
• 1885: ein evangelischer (= 0,47 %), 211 katholische (= 99,53 %) Einwohner
• 1961: 012 evangelische (= 3,73 %), 307 katholische (= 95,34 %) Einwohner
• 1987: 140 evangelische (= 22,9 %), 386 katholische (= 63,2 %) Einwohner[15]

Historische Erwerbstätigkeit

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
• 1838: Familien: 26 Ackerbau, 8 Gewerbe.[4]
• 1961: Erwerbspersonen: 87 Land- und Forstwirtschaft, 56 Produzierendes Gewerbe, 12 Handel und Verkehr, 21 Dienstleistungen und Sonstiges.[4]
Sitzverteilung im Ortsbeirat nach den Kommunalwahlen 2021
  
Insgesamt 5 Sitze
  • GLG: 3
  • CDU: 2
  • GLG = Gemeinschaftsliste Ginseldorf

Für den Stadtteil Ginseldorf besteht ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung. Er umfasst das Gebiet der ehemaligen Gemeinde Ginseldorf.[7] Für die Sitzverteilung siehe die nebenstehende Grafik.[19] Der Ortsbeirat wählte Harald Reitze (GLG) zum Ortsvorsteher.[20]

Kultur und Sehenswürdigkeiten

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sport und Freizeit

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In wenigen Kilometern Entfernung befinden sich eine Golfanlage mit einem 18-Loch-Meisterschaftsplatz (Oberhessischer Golf-Club Marburg) sowie ein Flugplatz (Cölbe-Schönstadt). Gut zu erreichen sind auch die Radwege entlang Ohm und Lahn. Ein beliebtes Ausflugsziel für Wanderer ist der Spiegelslustturm auf den Lahnbergen mit seinem Café und der nahegelegenen Gaststätte.

Kulturdenkmäler

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Siehe Liste der Kulturdenkmäler in Ginseldorf

  • Katholische Jugend Ginseldorf (KJG Ginseldorf)
  • Gesangverein Cäcilia 1888 Ginseldorf e. V.
  • Tischtennisclub 1951 Ginseldorf e. V.
  • Tanz- und Trachtengruppe Ginseldorf e. V.
  • Bürgerverein Ginseldorf e. V.
  • Dorfladen Ginseldorf e. V.
  • Geflügelzuchtverein Ginseldorf[21]

Wirtschaft und Infrastruktur

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der nahe gelegene Bahnhaltepunkt in Bürgeln mit Blick in Richtung Ginseldorf

Durch die Nähe zum Universitätsgelände auf den Lahnbergen ist der Ort zu einem beliebten Wohngebiet für Bedienstete und Studierende der Philipps-Universität Marburg geworden. Ginseldorf verfügt über einen Dorfladen, in dem man alle Dinge des täglichen Bedarfs erwerben kann. Auch ein Kindergarten, eine Grillhütte und ein Backhaus sind vorhanden. Es verkehren regelmäßig Busse, Direktanbindung des Marburger Hauptbahnhofes über die Züge auf der Main-Weser-Bahn und die nahegelegene Bundesstraße 3.

  • Ulrich Hussong (Hrsg.): Ginseldorf : vom Rottland bis auf’s Gebrannte ; Beiträge zur Dorfgeschichte / Festausschuss 750 Jahre Ginseldorf. (Reihe: Marburger Stadtschriften zur Geschichte und Kultur, Band 76), Marburg 2009, ISBN 3-923820-76-3.
  • Literatur über Ginseldorf nach Register nach GND In: Hessische Bibliographie
  • Literatur über Marburg-Ginseldorf nach GND In: Hessische Bibliographie
Commons: Ginseldorf – Sammlung von Bildern

Anmerkungen und Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anmerkungen

  1. Bis zur Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung waren die Ämter und frühen Gerichte sowohl Gericht als auch Verwaltungsorgan.
  2. Durch den Reichsdeputationshauptschluss.
  3. Infolge der Napoleonische Kriege.
  4. Infolge der Beschlüsse des Wiener Kongresses.
  5. Trennung von Justiz (Landgericht Marburg) und Verwaltung
  6. Infolge des Deutschen Krieges.
  7. Infolge des Zweiten Weltkriegs.

Einzelnachweise

  1. Marburger Zahlen von 2009–2010 auf der Website der Stadt Marburg (pdf; S. 4)
  2. a b Haushalt 2021. (PDF; 6,6 MB) Einwohnerzahlen von 2019. In: Webauftritt. Stadt Marburg, S. 7, abgerufen im Juli 2021.
  3. Kirche Johannes der Täufer In; Webauftritt der Pfarrei, abgerufen am 10. Mai 2019.
  4. a b c d e f g h Ginseldorf, Landkreis Marburg-Biedenkopf. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 18. November 2019). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  5. Gesetz zur Neugliederung der Landkreise Biedenkopf und Marburg und der Stadt Marburg (Lahn) (GVBl. II 330-27) vom 12. März 1974. In: Der Hessische Minister des Innern (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1974 Nr. 9, S. 154, § 1 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 3,0 MB]).
  6. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 387 (Statistische Bibliothek des Bundes und der Länder [PDF]).
  7. a b Hauptsatzung. (PDF; 161 kB) § 3. In: Webauftritt. Stadt Marburg, abgerufen im Juli 2021.
  8. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  9. Kur-Hessischer Staats- und Adress-Kalender: 1818. Verlag d. Waisenhauses, Kassel 1818, S. 128 f. (online bei Google Books).
  10. Verordnung vom 30sten August 1821, die neue Gebiets-Eintheilung betreffend, Anlage: Übersicht der neuen Abtheilung des Kurfürstenthums Hessen nach Provinzen, Kreisen und Gerichtsbezirken. Sammlung von Gesetzen etc. für die kurhessischen Staaten. Jahr 1821 – Nr. XV. – August. (kurhess GS 1821) S. 73 f.
  11. Neueste Kunde von Meklenburg, Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und den freien Städten, aus den besten Quellen bearbeitet. im Verlage des G. H. G. privil. Landes-Industrie-Comptouts., Weimar 1823, S. 158 ff. (online bei HathiTrust’s digital library).
  12. Verordnung über die Gerichtsverfassung in vormaligen Kurfürstentum Hessen und den vormals Königlich Bayerischen Gebietstheilen mit Ausschluß der Enklave Kaulsdorf vom 19. Juni 1867. (PrGS 1867, S. 1085–1094)
  13. Verfügung vom 7. August 1867, betreffend die Einrichtung der nach der Allerhöchsten Verordnung vom 19. Juni d. J. in dem vormaligen Kurfürstentum Hessen und den vormals Königlich Bayerischen Gebietstheilen mit Ausschluß der Enklave Kaulsdorf, zu bildenden Gerichte (Pr. JMBl. S. 221–224http://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A10509837~SZ%3D%3F~doppelseitig%3D~LT%3DPr.%20JMBl.%20S.%20221%E2%80%93224~PUR%3D)
  14. a b c Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,8 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 30 und 70, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. Oktober 2020;.
  15. a b Einwohnerzahlen von 1995 bis 1998. (PDF; 3,7 MB) In: Webauftritt. Stadt Marburg, S. 9 ff, abgerufen im Januar 2019.
  16. Einwohnerzahlen von 1999 bis 2003. (PDF; 7,75 MB) In: Webauftritt. Stadt Marburg, S. 8 ff, abgerufen im Januar 2019.
  17. Einwohnerzahlen von 2005 bis 2010. (PDF; 1,13 MB) In: Webauftritt. Stadt Marburg, S. 10 ff, abgerufen im Januar 2019.
  18. Einwohnerzahlen von 2011 bis 2016. (PDF; 46 kB) In: Webauftritt. Stadt Marburg, S. 4 ff, abgerufen im Januar 2019.
  19. Ergebnis der Ortsbeiratswahlen 2021 in Ginseldorf In: votemanager-gi.ekom21cdn.de
  20. Ortsbeirat Ginseldorf. In: Webauftritt. Stadt Marburg, abgerufen im September 2023.
  21. Vereine – Ginseldorf.de. Abgerufen am 18. Januar 2021.