Martin Scherer

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Martin Scherer, 2015

Martin Scherer (* 27. Juli 1972 in Marburg) ist ein deutscher Allgemeinmediziner und Universitätsprofessor. Er ist Direktor des Instituts und Poliklinik für Allgemeinmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Seit 2019 ist er Präsident der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM), zuvor war er seit 2010 deren Vizepräsident.

Scherer studierte von 1993 bis 1999 Humanmedizin in Marburg, Wien und Paris. Nach Abschluss der Ausbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin 2004, war er bis 2009 wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Allgemeinmedizin der Universitätsklinik Göttingen, ab 2006 als Oberarzt. 2009 wurde Scherer auf die W2-Professur „Versorgungsforschung und ihre Methoden“ als stellv. Direktor an das Institut für Sozialmedizin der Universität Lübeck berufen.[1] Ebenfalls 2009 war er Gründungsmitglied und stv. Sprecher des akademischen Zentrums für Bevölkerungsmedizin und Versorgungsforschung.[2] Seit 2011 ist Scherer Direktor des Instituts und Poliklinik für Allgemeinmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.[3] Von 2015 bis 2020 war er zudem Schriftleiter des Hamburger Ärzteblatts.[4] Seit 2020 ist er Co-Host des Podcasts „EvidenzUpdate“ der Ärztezeitung, der sich mit der Einordnung neuer wissenschaftlicher Evidenz für die klinische Praxis beschäftigt.[5] Inzwischen sind über 120 Folgen erschienen. 2019 wurde Martin Scherer (Hamburg) als Präsident der DEGAM gewählt.[6] Er folgte damit auf Erika Baum (Marburg), die 2023 für ihr Engagement für die Allgemeinmedizin mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt wurde.[7] Vize-Präsidenten sind seit 2019 Eva Hummers (Göttingen) und Jean-François Chenot (Greifswald). In seiner Präsidentschaft hat sich Martin Scherer unter anderem für die Themen Digitalisierung sowie Klimawandel und Gesundheit in der Allgemeinmedizin eingesetzt. 2022 wurden zwei entsprechende DEGAM-Sektionen neu gegründet. 2023 hat die DEGAM unter Federführung von Martin Scherer zehn „Lessons learned aus der Pandemie“ vorgestellt und damit Empfehlungen erarbeitet, um das deutsche Gesundheitswesen in Hinblick auf künftige Pandemien widerstandsfähiger zu machen vorgestellt und damit Empfehlungen erarbeitet, um das deutsche Gesundheitswesen in Hinblick auf künftige Pandemien widerstandsfähiger zu machen.[8] Seit Juni 2024 ist Scherer zudem Sprecher des Center for Health Care Research & Public Health am UKE.[9]

Wissenschaftlicher Beitrag

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Ein Schwerpunkt der wissenschaftlichen Arbeit Scherers bildet die Entwicklung von Qualitätsindikatoren im Rahmen von Methoden der Versorgungsforschung. Ziel ist hier die Messbarkeit der Qualität im Gesundheitswesen mit Hilfe von Qualitätsindikatoren, die für diesen Zweck entwickelt werden.[10] Scherer arbeitete ferner an systematischen Übersichtsarbeiten und Meta-Analysen.[11][12][13] Als Sprecher der ständigen Leitlinienkommission der DEGAM war Scherer mit der Entwicklung von Leitlinien befasst. Ein weiterer Fokus Scherers ist die Multimorbidität.[14][15][16][17] Im Rahmen der Studie Chronic Disease Score wurde ein Multimorbiditätsindex entwickelt und validiert, mit dem anhand von Medikationsdaten eine Einschätzung der Krankheitslast von chronisch kranken Patienten in Deutschland vorgenommen werden kann. In seiner Funktion als Co-Principal Investigator (Co-PI) entwickelte Scherer zusammen mit Hendrik van den Bussche (Principal Investigator) die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte MultiCare Claims Study. Diese befasste sich mit der Frage, ob der Ansatz, wonach Einzelerkrankungen und deren Interaktionen für Multimorbidität eher relevant sind oder ob es weniger die Erkrankungen sind als vielmehr die subjektiven Folgen für den Patienten. Ebenfalls in der Funktion als Co-Principal Investigator arbeitete Scherer zusammen mit Wolfgang Maier federführend an der AgeCoDe-Studie für Demenz[18][19] und war Principal Investigator der RECODE-Studie für Herzinsuffizienz.[20] Scherer befasst sich schließlich mit Über-, Unter- und Zielversorgung. Hierzu wurde eine Leitlinie entwickelt, mit der ein Beitrag zur Vermeidung von Über- und Unterversorgung geleistet wird.[21] Während der Covid-Pandemie arbeitete er an wichtigen Fragestellungen zu Impfbereitschaft[22], Nocebo-Effekt[23], Folgen für das Versorgungssystem[24][25][26][27] und das Management chronischer Krankheiten[28][29]. Als Co-PI der GETFEEDBACK-GP-Studie konnte Scherer zusammen mit Bernd Löwe (Principal Investigator) einen RCT zu Depressionsscreening und nachgeschaltetem Feedbackverfahren in der Allgemeinmedizin hochrangig publizieren.[30] Das wissenschaftliche Gesamtwerk von Martin Scherer umfasst über 400 Medline-gelistete Publikationen.[31]

Mitgliedschaften in wissenschaftlichen Vereinigungen

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Ehrungen und Auszeichnungen

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2009 und 2018 erhielt Scherer den Dr. Lothar Beyer-Preis für Forschung in der Allgemeinmedizin der DEGAM.

  • PubMed Publikationsliste Scherer Martin
  • Chenot, J.-F., & Scherer, M. (Hrsg.). (2021). Allgemeinmedizin. Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH.
  • Hierdeis, H., & Scherer, M. (Hrsg.). (2018). Psychoanalyse und Medizin: Perspektiven, Differenzen, Kooperationen. Vandenhoeck & Ruprecht.
  • Scherer, M., Berghold, J., & Hierdeis, H. (Hrsg.). (2020). Medizinische Versorgung zwischen Fortschritt und Zeitdruck: Auswirkungen gesellschaftlicher Beschleunigungsprozesse auf das Gesundheitswesen. Vandenhoeck & Ruprecht.
  • Scherer, M., Berghold, J., & Hierdeis, H. (Hrsg.). (2021). Klimakrise und Gesundheit: Zu den Risiken einer menschengemachten Dynamik für Leib und Seele. Vandenhoeck & Ruprecht.
Commons: Martin Scherer – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Universität Lübeck Berufungen
  2. Akademisches Zentrums für Bevölkerungsmedizin und Versorgungsforschung
  3. Martin Scherer, Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin an der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf
  4. Hamburger Ärzteblatt
  5. EvidenzUpdate: Über Wahrheiten und Weisheiten in der Medizin. Abgerufen am 6. März 2024.
  6. Martin Scherer: Neuer DEGAM-Präsident. Abgerufen am 24. August 2024.
  7. https://staatskanzlei.hessen.de/presse/pressearchiv/prof-dr-erika-baum-aus-biebertal-erhaelt-bundesverdienstorden. Abgerufen am 24. August 2024.
  8. "Lessons Learned aus der Pandemie". Abgerufen am 20. August 2024.
  9. UKE - Versorgungsforschung - Public Health - Team. Abgerufen am 30. Juli 2024.
  10. H. Herzberg, K. Bernateck, F. Welti, S. Joos, N. Pohontsch, E. Blozik, M. Scherer: Patientenbeteiligung bei der Entwicklung von Qualitätsindikatoren am Beispiel der Nationalen VersorgungsLeitlinie Chronische Herzinsuffizienz - Eine qualitative Analyse kollektiver Sichtweisen. In: Gesundheitswesen. 2015.
  11. Metamizole-associated adverse events: a systematic review and meta-analysis. Abgerufen am 24. August 2024.
  12. Metamizole-associated adverse events: a systematic review and meta-analysis. Abgerufen am 24. August 2024.
  13. Meta-analysis: chondroitin for osteoarthritis of the knee or hip. Abgerufen am 24. August 2024.
  14. C. Löffler, A. Altiner, W. Streich, C. Stolzenbach, A. Fuchs, E. Drewelow, A. Hornung, G. Feldmeier, H. van den Bussche, H. Kaduszkiewicz: Multimorbidität aus Hausarzt- und Patientensicht. In: Z Gerontol Geriatr. 2015.
  15. O. von dem Knesebeck, M. Scherer, H. van den Bussche, I. Schäfer: Zusammenhang von sozialem Status und Multimorbidität. In: Hamburger Ärzteblatt. 69(6), 2015, S. 12–15.
  16. H. Hansen, N. Pohontsch, H. van den Bussche, M. Scherer, I. Schäfer: Reasons for disagreement regarding illnesses between older patients with multimorbidity and their GPs - a qualitative study. In: BMC FAM PRACT. 16(1), 2015, S. 68.
  17. H. Hansen, N. Pohontsch, H. van den Bussche, M. Scherer, I. Schäfer: Reasons for disagreement regarding illnesses between older patients with multimorbidity and their GPs - a qualitative study. In: BMC FAM PRACT. 16(1), 2015, S. 68.
  18. S. Roehr, T. Luck, K. Heser, A. Fuchs, A. Ernst, B. Wiese, J. Werle, H. Bickel, C. Brettschneider, A. Koppara, M. Pentzek, C. Lange, J. Prokein, S. Weyerer, E. Mösch, H. König, W. Maier, M. Scherer, F. Jessen, S. Riedel-Heller: Incident Subjective Cognitive Decline Does Not Predict Mortality in the Elderly - Results from the Longitudinal German Study on Ageing, Cognition, and Dementia (AgeCoDe). In: PLOS ONE. 11(1), 2015, S. e0147050.
  19. K. Heser, M. Wagner, B. Wiese, J. Prokein, A. Ernst, H. H. König, C. Brettschneider, S. G. Riedel-Heller, M. Luppa, S. Weyerer, S. Eifflaender-Gorfer, H. Bickel, E. Mösch, M. Pentzek, A. Fuchs, W. Maier, M. Scherer, M. Eisele, AgeCoDe Study Group: Associations between Dementia Outcomes and Depressive Symptoms, Leisure Activities, and Social Support. In: Dementia and geriatric cognitive disorders extra. Band 4, Nr. 3, 2015, S. 481–493.
  20. UKE - Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin (IPA). Abgerufen am 6. August 2024.
  21. DEGAM-Leitlinie: Schutz vor Über- und Unterversorgung. Abgerufen am 6. August 2024.
  22. Odette Wegwarth, Ulrich Mansmann, Fred Zepp, Dagmar Lühmann, Ralph Hertwig, Martin Scherer: Vaccination Intention Following Receipt of Vaccine Information Through Interactive Simulation vs Text Among COVID-19 Vaccine-Hesitant Adults During the Omicron Wave in Germany. In: JAMA network open. Band 6, Nr. 2, 1. Februar 2023, ISSN 2574-3805, S. e2256208, doi:10.1001/jamanetworkopen.2022.56208, PMID 36795411, PMC 9936332 (freier Volltext) – (nih.gov [abgerufen am 6. August 2024]).
  23. Ingmar Schäfer, Jan Hendrik Oltrogge, Yvonne Nestoriuc, Claire V Warren, Stefanie Brassen, Maximilian Blattner, Dagmar Lühmann, Alexandra Tinnermann, Martin Scherer, Christian Büchel: Expectations and Prior Experiences Associated With Adverse Effects of COVID-19 Vaccination.
  24. Ines Schäfer, Alena Haack, Marie Neumann, Uwe Koch-Gromus, Martin Scherer, Elina Petersen: [Non-utilisation of medical services during the COVID-19 pandemic among persons with chronic diseases]. In: Bundesgesundheitsblatt, Gesundheitsforschung, Gesundheitsschutz. Band 66, Nr. 3, März 2023, ISSN 1437-1588, S. 275–282, doi:10.1007/s00103-023-03665-9, PMID 36723636, PMC 9891187 (freier Volltext) – (nih.gov [abgerufen am 6. August 2024]).
  25. Ingmar Schäfer, Heike Hansen, Agata Menzel, Marion Eisele, Daniel Tajdar, Dagmar Lühmann, Martin Scherer: The effect of COVID-19 pandemic and lockdown on consultation numbers, consultation reasons and performed services in primary care: results of a longitudinal observational study. In: BMC family practice. Band 22, Nr. 1, 23. Juni 2021, ISSN 1471-2296, S. 125, doi:10.1186/s12875-021-01471-3, PMID 34162343, PMC 8221278 (freier Volltext) – (nih.gov [abgerufen am 6. August 2024]).
  26. Marion Eisele, Nadine Janis Pohontsch, Martin Scherer: Strategies in Primary Care to Face the SARS-CoV-2 / COVID-19 Pandemic: An Online Survey. In: Frontiers in Medicine. Band 8, 2021, ISSN 2296-858X, S. 613537, doi:10.3389/fmed.2021.613537, PMID 34150788, PMC 8206267 (freier Volltext) – (nih.gov [abgerufen am 6. August 2024]).
  27. Martin Härter, Daniel Bremer, Martin Scherer, Olaf von dem Knesebeck, Uwe Koch-Gromus: [Impact of COVID-19-pandemic on Clinical Care, Work Flows and Staff at a University Hospital: Results of an Interview-study at the UKE]. In: Gesundheitswesen (Bundesverband Der Arzte Des Offentlichen Gesundheitsdienstes (Germany)). Band 82, Nr. 8-09, September 2020, ISSN 1439-4421, S. 676–681, doi:10.1055/a-1226-6828, PMID 32823355, PMC 7516358 (freier Volltext) – (nih.gov [abgerufen am 6. August 2024]).
  28. Ingmar Schäfer, Daniel Tajdar, Laura Walther, Lasse Bittner, Dagmar Lühmann, Martin Scherer: Impact of two COVID-19 lockdowns on HbA1c levels in patients with type 2 diabetes and associations with patient characteristics: a multicentre, observational cohort study over three years. In: Frontiers in Public Health. Band 11, 2023, ISSN 2296-2565, S. 1272769, doi:10.3389/fpubh.2023.1272769, PMID 38249413 (nih.gov [abgerufen am 6. August 2024]).
  29. Daniel Tajdar, Dagmar Lühmann, Laura Walther, Lasse Bittner, Martin Scherer, Ingmar Schäfer: Effects of Two COVID-19 Lockdowns on HbA1c Levels in Patients with Type 1 Diabetes and Associations with Digital Treatment, Health Literacy, and Diabetes Self-Management: A Multicenter, Observational Cohort Study Over 3 Years. In: Diabetes Therapy: Research, Treatment and Education of Diabetes and Related Disorders. Band 15, Nr. 6, Juni 2024, ISSN 1869-6953, S. 1375–1388, doi:10.1007/s13300-024-01574-x, PMID 38642263 (nih.gov [abgerufen am 6. August 2024]).
  30. Bernd Löwe, Martin Scherer, Lea-Elena Braunschneider, Gabriella Marx, Marion Eisele, Tina Mallon, Antonius Schneider, Klaus Linde, Christine Allwang, Stefanie Joos, Stephan Zipfel, Sven Schulz, Liliana Rost, Katja Brenk-Franz, Joachim Szecsenyi, Christoph Nikendei, Martin Härter, Jürgen Gallinat, Hans-Helmut König, Alexander Fierenz, Eik Vettorazzi, Antonia Zapf, Marco Lehmann, Sebastian Kohlmann: Clinical effectiveness of patient-targeted feedback following depression screening in general practice (GET.FEEDBACK.GP): an investigator-initiated, prospective, multicentre, three-arm, observer-blinded, randomised controlled trial in Germany. In: The Lancet. Psychiatry. Band 11, Nr. 4, April 2024, ISSN 2215-0374, S. 262–273, doi:10.1016/S2215-0366(24)00035-X, PMID 38432236 (nih.gov [abgerufen am 6. August 2024]).
  31. Martin Scherer - Search Results - PubMed. Abgerufen am 6. August 2024 (englisch).
  32. Präsidium - DEGAM. Abgerufen am 24. August 2024.
  33. UKE - Versorgungsforschung - Public Health - Team. Abgerufen am 30. Juli 2024.
  34. Stiftungsrat - Deutsche Stiftung für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Abgerufen am 30. Juli 2024.
  35. Impressum | Stiftung Gesundheitswissen. Abgerufen am 6. August 2024.