Martje Flohrs
Martje Flohrs, auch Martje Floris (* 21. April 1689 in Katharinenheerd auf der Halbinsel Eiderstedt; † 31. Januar 1747),[1] war eine nordfriesische Bauerntochter, die zu einer Sagengestalt wurde.
Sage
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Karl Viktor Müllenhoff führt die Geschichte nach einer mündlichen Überlieferung durch P. W. Cornils, einen Gardinger Ober- und Landgerichtsadvokaten[2], in seiner Sammlung schleswig-holsteinischer Sagen, Märchen und Lieder von 1845 auf. Der Erzählung nach hatte sich während der Belagerung von Tönning (1700) im Großen Nordischen Krieg eine Gruppe feindlicher Offiziere im nahe gelegenen Katharinenheerd auf einer Bauernstelle mit Schankwirtschaft einquartiert. Sie verhielten sich wie die Herren, ließen Speisen und Wein auftragen und zechten und lärmten ohne Hemmungen. Martje Floris, die zu der Zeit zehnjährige Tochter des Hauses, sah dem wilden Treiben traurig und voller Mitgefühl für ihre Eltern, die das alles hilflos erdulden mussten, zu. Als einer der Offiziere sie aufforderte, doch auch einmal einen Toast auf die Gesundheit auszubringen, zögerte Martje zunächst, erhob dann ein Glas und sprach mit ernstem Gesicht: It gah uns wol op unse ole Dage (Hochdeutsch: Es gehe uns wohl auf unsere alten Tage).[3]
Damit endet die Sage bei Müllenhoff; in den späteren Wiedergaben waren die Offiziere nach Martjes Trinkspruch beschämt und verließen den Hof.
Brauchtum
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Infolge der Begebenheit kennt und ehrt man auf Eiderstedt und über seine Grenzen hinaus bis heute Martje Flohrs und ihren Trinkspruch. Seltener gebräuchlich ist die vollständige Version Dat gah uns wohl op unse oolen Dage, häufiger werden die Verkürzungen Op Martje Flohrs Gesundheit oder Op Martje Flohrs gewählt.[4] Im Jahre 2014 beging der Heimatbund Landschaft Eiderstedt Martje Flohrs’ 325. Geburtstag mit einem Vortrag von Richard-Flohrs Richardsen, einem Nachfahren in siebenter Generation.[1]
Würdigungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- In Katharinenheerd und in Tönning wurden Straßen nach Martje Flohrs benannt.
- In Tönning gibt es eine Martje-Flohrs-Schule und den „Boßelverein Martje-Flohrs“.[5]
- In Garding trägt ein Alten- und Pflegeheim den Namen Martje-Flohrs-Haus.[6]
- In Rendsburg gab es bis 2002 am Ufer des Nord-Ostsee-Kanals ein Ausflugslokal namens Martje Flor.[7]
Rezeptionen in Kunst und Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ein Relief an der Kirche St. Katharina (Katharinenheerd) erinnert an die Sage der tapferen Martje Flohrs.[8]
- Ein Hängeschrank von Christian Carl Magnussen aus dem Jahre 1881, der im Museum Landschaft Eiderstedt in Tönning ausgestellt wird, zeigt in einem Kerbschnitt eine Szene aus der Sage.[9]
- Theodor Storm adaptierte die Sage für seine Novelle Eine Halligfahrt.[10]
- Adelbert Dreesen verfasste das Gedicht Martje Floris Gesundheit.[11]
- Klaus Groth diente die Sage als Grundlage für die plattdeutsche Ballade Martje Flor.[12]
- Detlev von Liliencron verarbeitete sie in der hochdeutschen Ballade Martje Flors Trinkspruch.[13]
- Kurt Tucholskys Erzählung Schloß Gripsholm endet mit einer Anlehnung an die Sage.[12]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Willy Krogmann (Hrsg.): Dichtungen um Martje Floris' Gesundheit. Wachholtz-Verlag, Neumünster 1940.
- Hans Hinrichs: De beiden Döschers. Eiderstedter Sagen und Geschichten in plattdeutscher und hochdeutscher Sprache. Deilandenverlag, Tating 1997, ISBN 978-3-929860-07-8.
- Gundula Hubrich-Messow: Von Ekke Nekkepenn bis Martje Floris – Märchen und Sagen Nordfrieslands. In: Thomas Steensen (Hrsg.): Das große Nordfrieslandbuch. Ellert und Richter, Hamburg 1999, ISBN 978-3-89234-886-3.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b Heimatbund Landschaft Eiderstedt gut aufgestellt. Abgerufen am 28. September 2024.
- ↑ Land und Leute in Nordfriesland und an der Westküste. In: schimmelrieder.de. 2006, abgerufen am 26. September 2024.
- ↑ Karl Müllenhoff (Hrsg.): Sagen Märchen und Lieder der Herzogthümer Schleswig Holstein und Lauenburg. Schwerssche Buchhandlung, Kiel 1845, S. 540 (Digitalisat [abgerufen am 27. September 2024]).
- ↑ Nordfriesisches Lexikon: Begriffe und Persönlichkeiten. In: nordfriiskfutuur.eu. Abgerufen am 27. September 2024.
- ↑ Boßelverein Martje-Flohrs – Unterverband Eiderstedter Boßler. In: uv-eiderstedt.de. 2023, abgerufen am 26. September 2024.
- ↑ Das Martje-Flohrs-Haus Garding auf der offiziellen Webpräsenz des Unternehmensverbunds Stiftung Diakoniewerk Kropp, abgerufen am 13. November 2024.
- ↑ Martin Westphal: Erinnerungen an „Martje Flor“ – das legendäre Ausflugslokal am Rendsburger Kanalufer. In: Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag, 26. August 2024 (Online mit Bezahlschranke, Hörversion zugänglich).
- ↑ Katharinenheerd. In: st-peter-ording.de. Abgerufen am 26. September 2024.
- ↑ Christian Carl Magnussen: Hängeschrank. In: museen-nord.de. Abgerufen am 26. September 2024.
- ↑ Theodor Storm: Eine Halligfahrt. In: storm-gesellschaft.de. Abgerufen am 26. September 2024.
- ↑ Adelbert Dreesen: Perlen aus Schleswigs Sagenschatz: Gedichte (digitalisiert). (PDF) In: kb.dk. Dänische Königliche Bibliothek, S. 112, abgerufen am 28. September 2024.
- ↑ a b Die Theodor-Storm-Gesellschaft. In: storm-gesellschaft.de. Abgerufen am 26. September 2024.
- ↑ Martje Flors Trinkspruch. In: liliencron.de. Abgerufen am 26. September 2024.
Personendaten | |
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NAME | Flohrs, Martje |
ALTERNATIVNAMEN | Floris, Martje |
KURZBESCHREIBUNG | nordfriesische Bauerntochter und Sagengestalt |
GEBURTSDATUM | 21. April 1689 |
GEBURTSORT | Katharinenheerd |
STERBEDATUM | 31. Januar 1747 |