Medinetz Dresden
Der Medinetz Dresden e. V. ist eine Menschenrechtsinitiative in Dresden, die anonym und kostenlos medizinische Hilfe für Flüchtlinge und Migranten ohne Aufenthaltsstatus vermittelt. Sie ist eines von rund 20 Medinetzen und -büros in Deutschland.[1]
Verein
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Verein ist ein unabhängiges Netzwerk, das unter anderem aus Ärzten, Psychotherapeuten, Hebammen, Dolmetschern und Medizinstudenten besteht. Es ist aus der Dresdner Studentengruppe des Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verantwortung e. V. (IPPNW) hervorgegangen und wurde 2005 gegründet.[2] Patienten ohne Papiere werden von den Medinetz-Mitgliedern an Ärzte, Krankenhäuser oder Hebammen vermittelt, welche sie ggf. kostenlos behandeln. Kostenintensivere Behandlungen wie Geburten oder Operationen (teil-)finanziert das Netzwerk auch über Spenden, die die Mitglieder selbst einwerben. Im Jahr 2007 und 2008 war der Verein beispielsweise Veranstalter eines Kleinkunstabends. Ein Teil der Einnahmen kam dabei der Initiative selbst zugute.[3]
Der Verein schützt die Patienten vor Abschiebung, indem keine Behörden in den Behandlungsprozess eingebunden werden und somit die Übermittlungspflicht entfällt. Zu diesem Zweck arbeitet der Verein mit mehr als 70 niedergelassenen Ärzten und zwei Hebammen zusammen. Der Kontakt von Patient zu Medinetz Dresden erfolgt in der Regel über andere Initiativen, Flüchtlingsräte und den Ausländerrat. Die Vermittlung zu Ärzten erfolgt über eine wöchentliche Sprechstunde bzw. ein geschaltetes Bereitschaftstelefon.[4] Mitglieder des Vereins organisieren auch Dolmetscher für die Patienten und begleiten zum Arzttermin.[5]
Im Jahr 2009 stellte der Radeburger NPD-Stadtrat Simon Richter einen Strafantrag gegen Medinetz Dresden wegen „Beihilfe zum illegalen Aufenthalt“.[6] Medinetz Dresden war 2010 Träger der Ausstellung Kein Mensch ist illegal, in der Bilder „das Alltagsleben von Menschen ohne amtliche Papiere in Deutschland“ zeigten.[7]
Gegenwärtig (2016) hat Medinetz Dresden rund 10 aktive Mitglieder, vorwiegend Medizinstudenten, einige Ärzte sowie eine Juristin.
Auszeichnungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Verein wurde 2009 unter 55 Bewerbern mit dem Sächsischen Förderpreis für Demokratie ausgezeichnet, der mit 15.000 Euro dotiert ist.[8] In der Jurybegründung hieß es, dass „der selbstlose Einsatz zur Linderung der Notlagen von Flüchtlingen und Einwanderern ohne Papiere […] bewundernswert [sei]“.[8]
Ein Vertreter des Vereins erhielt 2011 die mit 5000 Euro dotierte Reader’s-Digest-Auszeichnung „Ehrenamt des Jahres“,[9][10] ein weiterer wurde im selben Jahr zu einem der „Dresdner des Jahres“ gewählt.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Treffen der Medinetze in Leipzig – Medizinische Versorgung von Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus ( vom 25. August 2014 im Internet Archive), Sächsische Landesärztekammer Jg. 2010
- ↑ Illegal und krank (PDF) ( vom 15. Dezember 2013 im Internet Archive), Interview mit Vertretern des Medinetz Dresden, Ärzteblatt Sachsen, 4/2009, S. 156 ff.
- ↑ Ulrike Wotzlaw: Die Welt der Kleinkunst in der Mensa Zitronenpresse. In: Sächsische Zeitung, 16. Juni 2008, S. 20.
- ↑ Ralf Suermann: Sächsischer Förderpreis für Demokratie 2009. Angehende Ärzte kümmern sich um medizinische Versorgung illegal Eingereister. In: Sächsische Zeitung, 3. November 2009, S. 6.
- ↑ Engagiert für Demokratie und Toleranz. In: Sächsische Zeitung, 10. November 2009, S. 5.
- ↑ Alternative Dresden News: NPD stellt Strafanzeige gegen Medinetz Dresden e. V., 28. September 2009
- ↑ Dresdner Neueste Nachrichten, 11. Mai 2010, S. 14.
- ↑ a b Ehrung für Dresdner Medizinhelfer, Leipziger Fußballverein und Zittauer Sozio-Kultur-Verein. In: Dresdner Neueste Nachrichten, 10. November 2009, S. 5.
- ↑ dnn-online.de: Dresdner Medizinstudent wird mit dem Preis „Ehrenamt des Jahres 2011“ ausgezeichnet, 6. Juni 2011 ( vom 15. Dezember 2013 im Internet Archive)
- ↑ Doreen Hübler: Erste Hilfe für Patienten ohne Papiere. In: Sächsische Zeitung, vom 10. Juni 2011, S. 20.