Megazystis
Klassifikation nach ICD-10 | |
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Q64.7 | Megazystis |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Die Megazystis, oder Megavesica, von altgriechisch μέγας megas, deutsch ‚groß‘ und altgriechisch κύστις kýstis, deutsch ‚Blase‘, ist eine zu große Harnblase mit angeborener abnormaler Erweiterung.[1][2]
Sie ist oft schon intrauterin nachweisbar (fetale Megazystis).[3][4]
Im Gegensatz zum Megaureter handelt es sich um eine funktionelle Vergrößerung.
Verbreitung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Häufigkeit wird für Pränataldiagnostik mit 1 zu 1500 Schwangerschaften angegeben[5] bzw. mit zwischen 1 zu 330 und 1 zu 1670 im ersten Schwangerschaftsdrittel. Das männliche Geschlecht ist im Verhältnis 8 zu 1 häufiger betroffen.[4]
Im Rahmen von Syndromen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bei folgenden Syndromen kann eine Megazystis vorkommen und wesentliches Merkmal sein:[6][5]
- Megazystis-Mikrokolon-intestinale Hypoperistaltik-Syndrom (MMIHS)
- Embryofetopathia diabetica
- Prune-Belly-Syndrom
- Pätau-Syndrom (Trisomie 13)
- Edwards-Syndrom (Trisomie 18)
- Down-Syndrom (Trisomie 21)
- Megazystis-Megaureter-Syndrom
- Rudd-Klimek-Syndrom (Nierendysplasie-Megazystis-Sirenomelie-Syndrom)
Ursache
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Es kommt eine Vielzahl von Ursachen infrage, die häufigsten sind:[5][4]
- Untere Harnwegsobstruktion
- Urethralklappen (57 %)
- Urethralstenose oder -atresie (7 %)
- Vesikorenaler Reflux (VUR)
- Oligohydramnion (bis zu 50 %)
- Chromosomenaberrationen (15 %)
- Prune-Belly-Syndrom (4 %)
- Megazystis-Mikrokolon-intestinale Hypoperistaltik-Syndrom (1 %)
- Kloakenfehlbildungen (0,7 %)
Einteilung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Je nach Vorliegen einer Obstruktion kann unterschieden werden zwischen:[2]
- Obstruktiver Form bei Urethralklappe, Prune-Belly-Syndrom, Störungen am Blasenhals, VUR und neurogener Blase
- Nicht obstruktive Form bei Diabetes insipidus, Hinman-Syndrom und viszeralem Muskelsyndrom
Diagnose
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Sonographisch ist im ersten Schwangerschaftsdrittel ein Längsdurchmesser der Harnblase von mehr als 7 mm, später ein Sagittaldurchmesser von mehr als 12+Gestationsalter (in Wochen) mm pathologisch im Sinne einer Megazystis.[4]
Auch Untersuchungen mit der Magnetresonanztomographie können hilfreich sein.[7]
Therapie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Behandlung hängt von der zugrunde liegenden Ursache ab.
Heilungsaussicht
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Liegt keine Chromosomenaberration vor, bildet sich die Blasenvergrößerung aus dem ersten Schwangerschaftsdrittel meistens spontan zurück, wenn der Blasendurchmesser nicht größer als 15 mm war; andernfalls besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich eine Obstruktive Uropathie entwickelt.[5]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- L. Chen, J. Guan, H. Gu, M. Zhang: Outcomes in fetuses diagnosed with megacystis: Systematic review and meta-analysis. In: European journal of obstetrics, gynecology, and reproductive biology. Band 233, Februar 2019, S. 120–126, doi:10.1016/j.ejogrb.2018.12.007, PMID 30594021.
- R. Tschannen, R. Gobet, J.: Fetale Megavesika – Ist die Vorhersage von Verlauf und Nierenfunktion möglich? In: Ultraschall in der Medizin - European Journal of Ultrasound. 39, 2018, S. 407, doi:10.1055/s-0043-105263.
- M. Schneider, I. Schmeh, A. Fruth, C. Whybra-Trümpler, E. Mildenberger: Monozygote, weibliche Zwillingsfrühgeborene diskordant für das seltene, schwere Fehlbildungssyndrom einer fetalen Megazystis mit Kloakenfehlbildung nach künstlicher Befruchtung – Fallbericht und Literaturübersicht. In: Zeitschrift für Geburtshilfe und Neonatologie. Band 220, Nummer 5, Oktober 2016, S. 223–227, doi:10.1055/s-0042-110324, PMID 27764886 (Review)
- A. C. Müller Brochut, D. Thomann, W. Kluwe, E. Di Naro, A. Kuhn, L. Raio: Fetal megacystis: experience of a single tertiary center in Switzerland over 20 years. In: Fetal Diagnosis and Therapy. Band 36, Nummer 3, 2014, S. 215–222, doi:10.1159/000358300, PMID 24943481.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Willibald Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch, 266., aktualisierte Auflage, de Gruyter, Berlin 2014, ISBN 978-3-11-033997-0 Stichwort„Megazystis“
- ↑ a b A. Sigel: Krankheitslehre der Harnblase des Kindesalters. In: A. Sigel, R.-H. Ringert (Hrsg.): Kinderurologie. 2. Auflage. Springer, Berlin 2001, ISBN 3-662-08081-8 (Print), ISBN 978-3-662-08080-1 (E-Book), S. 497.
- ↑ D. Manski: Urologielehrbuch
- ↑ a b c d Taghavi, K.; Sharpe, C.; Stringer, M. D. (February 2017). "Fetal megacystis: A systematic review". Journal of Pediatric Urology. 13 (1): 7–15. doi:10.1016/j.jpurol.2016.09.003. PMID 27889224.
- ↑ a b c d Radiopaedia
- ↑ Bernfried Leiber (Begründer): Die klinischen Syndrome. Syndrome, Sequenzen und Symptomenkomplexe. Hrsg.: G. Burg, J. Kunze, D. Pongratz, P. G. Scheurlen, A. Schinzel, J. Spranger. 7., völlig neu bearb. Auflage. Band 2: Symptome. Urban & Schwarzenberg, München u. a. 1990, ISBN 3-541-01727-9.
- ↑ M. A. Calvo-Garcia: Imaging Evaluation of Fetal Megacystis: How Can Magnetic Resonance Imaging Help? In: Seminars in ultrasound, CT, and MR. Band 36, Nummer 6, Dezember 2015, S. 537–549, doi:10.1053/j.sult.2015.05.017, PMID 26614135 (Review).