Michael Stone (Journalist)

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Michael Stone (* 12. Oktober 1922 in Berlin als Michael Kuh; † 20. April 1993 ebenda) war ein österreichisch-britischer Journalist, Schriftsteller, Literatur- und Theaterkritiker, und Übersetzer.[1]

Grab auf dem Jüdischen Friedhof Heerstraße in Berlin-Westend (Feld M III)

Der in Berlin geborene Michael Kuh war der uneheliche Sohn der Wienerin Marianne Kuh (1894–1948), die beim Malik-Verlag als Sekretärin arbeitete. Sein Vater[2] war Marianne Kuhs Lebensgefährte, der Schriftsteller Alexander Solomonica (1889–1942).[3] Sein Großvater Emil Kuh (1856–1912) war ein bedeutender Journalist und Zeitungsherausgeber in Österreich gewesen, sein Onkel Anton Kuh Journalist und Schriftsteller.

Die jüdische Familie floh nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 aus Berlin nach Wien, die Geburtsstadt der Mutter. Aufgrund ihrer Kontakte nach einer Aupair-Anstellung in England, die Michael Kuhs Halbschwester Sophie (1916–2021), aus einer früheren Beziehung der Mutter mit dem Psychoanalytiker Otto Gross stammend, hatte, gelang es ihr erst selbst nach England zu emigrieren, um später ihre Geschwister und ihre Mutter nachzuholen.[4] Nach anderen Quellen konnten Michael und seine jüngere Schwester Eva (geb. 1929[5]) nach dem „Anschluss Österreichs“ 1938 mit einem Kindertransport nach England geschickt werden; im Jahr darauf, 1939, folgten Mutter und Halbschwester Sophie nach.[5] Der Vater Alexander Solomonica, für den zwar Stefan Zweig in England bürgte, konnte als staatenloser rumänischer Jude jedoch kein Visum bekommen; im Oktober 1941 wurde er ins Ghetto Litzmannstadt deportiert und vermutlich dort 1941 oder 1942 ermordet.[3]

Nach Kriegsbeginn wurde Michael Kuh zunächst als Enemy Alien interniert und nach Kanada verschifft. 1942 meldete er sich zur British Army und änderte 1943 seinen Namen in Michael Stone. Als Soldat kam er 1945 wieder nach Wien, lebte aber nach der Demobilisierung weiterhin in England. Ab 1962 verlegte er seinen Lebensmittelpunkt nach Berlin. Er wurde Kulturkorrespondent der österreichischen Tageszeitung Die Presse. Ab 1963 arbeitete er als Journalist in West-Berlin und schrieb u. a. ab 1974 bis zu seinem Tod die Fernsehkolumne Auf dem Fernsehbildschirm West für den Tagesspiegel. Seine Theaterkritiken erschienen u. a. im Guardian und in der Welt.

Ab Sommer 1963, nachdem er bei ihr als Untermieter eingezogen war, lebte Stone, der sich auch politisch betätigte, mit der zehn Jahre älteren Künstlerin Anneliese „Kuki“ Kuhk-Stone (1913–2001)[6] zusammen. Mit ihr war er bis zu seinem plötzlichen Herztod im Jahr 1993 verheiratet. Aus einer früheren Beziehung in England brachte er seine jüngste Tochter Mara Stone (geb. 1961 in Billericay, Grafschaft Essex[5]) mit, deren Ziehmutter Kuhk-Stone wurde.[7][8]

Schriften (Auswahl)

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  • Leslie A. Fiedler: Liebe, Sexualität und Tod. (Aus dem US-Englisch ins Deutsche übersetzt von Michael Stone und Walter Schürenberg; Originaltitel Love and death in the American novel.) Propyläen, Berlin 1964.
  • mit Malcolm Werner: Die Computer-Gesellschaft. (Aus dem Englischen übersetzt von Urs Schnitlin; Originaltitel The data bank society.) List, München 1972, ISBN 978-3-471-79118-9.
  • mit Jürgen Henschel: Unterwegs in West-Berlin. (Bildband mit Fotos von Jürgen Henschel.) Edition Neue Wege, Berlin 1981, ISBN 978-3-88348-035-0.
  • mit Johann G Scheibner: Berlin. (Bildband mit Fotos von Scheibner.) Reich, Luzern 1986, ISBN 978-3-7243-0232-2.
  • Ansichten, Einsichten. Mackensen, Berlin 1988, ISBN 978-3-926535-01-6.
  • West-Berlin, Ost-Berlin und Potsdam. Reihe Prestel-Städteführer Berlin. Prestel, München 1989, ISBN 978-3-7913-0863-0.
  • mit Walther Willmer: Alexander Solomonica: Herr Heckfisch und andere Schriften. Mackensen, Berlin 1990, ISBN 978-3-926535-02-3. (Mit Beiträgen von Stone und Willmer editierte Neuauflage von: Alexander Solomonica: Herr Heckfisch. S. Fischer, Berlin 1916.[2])
  • Das Blindeninstitut. Bruchstück einer Jugend. Kupfergraben, Berlin 1991, ISBN 978-3-89181-110-8.
  • Siglinde Bolbecher, Konstantin Kaiser: Zwei vergessene Autoren – Alexander Solomonica und Michael Stone. In: Mit der Ziehharmonika. Zeitschrift für Kultur des Exils und des Widerstands. Theodor Kramer Gesellschaft, 16. Jg., Heft 3, 1999, ISSN 1563-3438 S. 4–6.
  • Siglinde Bolbecher, Konstantin Kaiser: Lexikon der österreichischen Exilliteratur. Deuticke, Wien 2000, ISBN 3-216-30548-1, S. 618f.
  • Klaus G. Saur: Stone, Michael. In: Karin Peter, Gabriele Bartelt-Kircher, Anita Schröder (Hrsg.): Zeitungen und andere Drucksachen. Die Bestände des Dortmunder Instituts für Zeitungsforschung als Quelle und Gegenstand der Forschung. Klartext-Verlag, Essen 2014, ISBN 978-3-8375-1015-7, S. 509.

Einzelnachweise

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  1. Michael Stone. Eintrag in der Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB), abgerufen am 30. Oktober 2022.
  2. a b Literatur von und über Alexander Solomonica im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
  3. a b M. Krist: Solomonica, Alexander. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 12, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2005, ISBN 3-7001-3580-7, S. 405.
  4. David Ensikat: 1916–2021: Nachruf auf Sophie Templer-Kuh: Heimatlos und guter Dinge. In: tagesspiegel.de. 27. Februar 2021, abgerufen am 30. Oktober 2022.
  5. a b c Peter Schulz: Springen, solange der Boden trägt. Leute im Kiez. In: Prenzlauer Berg Nachrichten. 9. November 2021, abgerufen am 30. Oktober 2022.
  6. Uwe Sernow-Rose, Claudia-Karina Rose (Hrsg.): Anneliese Kuhk. In: Die Abgründliche. Website zu einer Ausstellung zum 20. Todestag von Anneliese Kuhk im Juli 2021, abgerufen am 30. Oktober 2022.
  7. Uwe Sernow-Rose, Claudia-Karina Rose (Hrsg.): Zur Künstlerin Anneliese Kuhk. Über ihr Leben & Werk. In: Die Abgründliche. Website zu einer Ausstellung zum 20. Todestag von Anneliese Kuhk im Juli 2021, abgerufen am 30. Oktober 2022: „Sie war gut im Geschäft, als sie 1963 Michael Stone, ihre große Liebe, kennen lernt. […] ist Journalist, Schriftsteller und politisch aktiv. […] Seine jüngste Tochter Mara hat er aus England mitgebracht, […] sie muss sich nicht nur um ihn und um das Essen, sondern auch um die kleine Mara kümmern.“ – „Ihr Ehemann Michael Stone verstirbt 1993 plötzlich an einem Herzinfarkt. […] Nie hätte [Kuki] damit gerechnet, dass sie ihren zehn Jahre jüngeren Ehemann überleben würde.“
  8. Christine-Felice Röhrs: Berlin: Anneliese „Kuki“ Kuhk-Stone, geb. 1913. Die ersten acht Jahre ihres Lebens ist Kuki einsam. Doch die Bäume trösten sie. Nachruf. In: tagesspiegel.de. 30. August 2001, abgerufen am 30. Oktober 2022: „… Es ist im Sommer 1963, als der aus der Emigration heimkehrende jüdische Journalist bei Kuki als Untermieter einzieht. […] 30 Jahre werden sie zusammen sein, bis zu Michaels Tod. …“