Nationalsozialistische Massenkundgebung 1939 im Madison Square Garden

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Ansprache von Fritz Julius Kuhn im Madison Square Garden, 20. Februar 1939. Aufnahme aus dem Nationalarchiv der USA

Am 20. Februar 1939 fand in New York City eine nationalsozialistische Massenkundgebung im Madison Square Garden statt. Vor über 20.000 Zuhörern sprach als einer der Hauptredner Fritz Julius Kuhn, Führer des nationalsozialistisch gesinnten Amerikadeutschen Bundes.

Kundgebung im Madison Square Garden
Ankündigung der Kundgebung

Die Kundgebung fand zu einem Zeitpunkt statt, als der Amerikadeutsche Bund rückläufige Mitgliederzahlen aufwies. Kuhn hoffte, dass eine medienwirksame Großveranstaltung diese Entwicklung rückgängig machen würde. Der Bund stand in New York in schlechtem Ansehen, und Kritiker forderten ein Verbot der Veranstaltung. Bürgermeister Fiorello La Guardia genehmigte jedoch die Veranstaltung mit Hinweis auf die Redefreiheit. Die Veranstaltung war als „Massendemonstration für wahren Amerikanismus“ angekündigt und fand zwei Tage vor Washington’s Birthday statt. Auf der Bühne prangte ein zehn Meter hohes Porträt von George Washington, beidseitig von amerikanischen Flaggen und Hakenkreuz-Symbolik flankiert. Die Bund-Mitglieder waren uniformiert, trugen ebenfalls amerikanische Flaggen und Hakenkreuz-Fahnen und zeigten den Hitlergruß, der in seiner Gestik dem damals in den USA üblichen Bellamy-Gruß ähnelte.

Vor der Halle versammelten sich Tausende von Gegendemonstranten. In seiner Rede verglich Kuhn Hitler mit Präsident Washington und griff Franklin D. Roosevelt scharf an.[1] Dabei nannte er den amtierenden Präsidenten „Frank D. Rosenfeld“ und bezeichnete Roosevelts New Deal als „Jew Deal“.[2] Im Saal war Kuhns parteieigener „Ordnungs-Dienst“ mit 3000 Mann präsent und ging während seiner Rede im Stil der SA gegen Störer vor. Darunter zählte auch ein jüdischer Hilfsarbeiter namens Isadore Greenbaum (1912–1997), der mit dem Ruf „Nieder mit Hitler“ die Bühne zu stürmen versuchte, als Kuhn in seiner Rede die Juden attackierte. Die deutsche Presse behauptete daraufhin, auf Kuhn sei „von jüdischer Seite ein Anschlag verübt“ worden.[3]

Der Unruhestifter Greenbaum wurde von der New Yorker Polizei verhaftet und vor Gericht gestellt. Er wurde zu einer Geldstrafe von 25 US-Dollar verurteilt, die tags darauf von Unterstützern bezahlt wurde, worauf er aus der Haft entlassen wurde.[4][5]

Unmittelbar nach der Kundgebung im Madison Square Garden erlebte der Amerikadeutsche Bund einen schnellen Niedergang.[6] Im Laufe des Jahres 1939 wurde Kuhn wegen Fälschung und Veruntreuung einer fünfstelligen Summe vor Gericht gestellt und ins Gefängnis Sing Sing verbracht. Als Bund-Führer wurde er durch den Propagandachef Gerhard Wilhelm Kunze ersetzt.[7]

Die Kundgebung im Madison Square Garden wurde zunächst in The Nazis Strike, dem zweiten Teil der siebenteiligen Propaganda-Filmreihe Why We Fight von 1943, unter der Regie von Frank Capra dokumentiert.[8]

Im Jahr 2018 veröffentlichte Marshall Curry in Zusammenarbeit mit Laura Poitras und Charlotte Cook einen Dokumentar-Kurzfilm A Night at the Garden, in dem mit Hilfe von Archivmaterial die Ereignisse im Jahr 1939 dokumentiert werden.[9]

Einzelnachweise

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  1. Francis MacDonnell: Insidious Foes. The Axis Fifth Column and the American Home Front. Princeton (NJ) 1995, S. 43–45.
  2. Lois H. Gresh, Robert Weinberg: Die Wissenschaft bei Indiana Jones. Weinheim 2008, S. 175–177.
  3. Documents On German Foreign Policy, 1918–1945. From the Archives of the German Foreign Ministry. Band IV, Serie D. Washington 1951, Doc. No. 527 (Schreiben Generalkonsul an AA v. 27. Februar 1939); Fotos der Attacke von Isadore Greenbaum: It Can Happen Here. In: Life. 6. März 1939, S. 23; Deutsche Pressereaktion: Hamburger Tageblatt (Memento vom 29. November 2015 im Internet Archive). Nr. 53 v. 22. Februar 1939 (Faksimile im HWWA); Die Nationalsozialistische Gemeinde 1939, S. 154.
  4. Philip Bump: When Nazis rallied in Manhattan, one working-class Jewish man from Brooklyn took them on. In: The Washington Post. 17. Oktober 2017, abgerufen am 22. Januar 2019.
  5. Isadore Greenbaum: One Jew and 20,000 Nazis. In: HAMEC Blog (Holocaust Awareness Museum and Education Center). 2. März 2019, abgerufen am 2. Juli 2020.
  6. When Nazis filled Madison Square Garden Politico, 26. August 2017. Abgerufen am 12. November 2024
  7. Vonsiatsky Espionage FBI. Abgerufen am 12. November 2024
  8. Matthew C. Gunther: The Capra Touch: A Study of the Director's Hollywood Classics and War Documentaries, 1934–1945 McFarland, 2011. S. 159
  9. Q&A with 'A Night at The Garden' director Marshall Curry. In: Field of Vision. 13. Oktober 2017, abgerufen am 22. Januar 2019.