Naval Reactors
Naval Reactors (oft abgekürzt als NR, oder NAVSEA-08) hat als US-Regierungsbehörde die Verantwortung für das Kernenergieprogramm der United States Navy, das sogenannte Naval Nuclear Propulsion Program.
Die Behörde ist beim Marineministerium im Naval Sea Systems Command (NAVSEA) angesiedelt und zusätzlich noch direkt dem Chief of Naval Operations und Energieministerium (DOE) unterstellt.[1] Es wird von einem Offizier der Navy im Dienstgrad eines Admirals geführt. Des Weiteren ist die National Nuclear Security Administration (NNSA), einem der Nachfolger der Atomic Energy Commission (AEC), für die Planung und Entwicklung aller US U-Boot-Klassen und deren Kernreaktoren und Brennstoffkreisläufe verantwortlich.
Aufgabe des Programms ist die Entwicklung nuklearer Antriebsanlagen und die Gewährleistung des sicheren, zuverlässigen und langlebigen Betriebes.[2]
Atom-U-Boote gelten als Waffen-Trägersysteme und sind damit Teil der nuklearen Abschreckung. Sie werden hauptsächlich von den fünf Atommächten betrieben. Die Technik der U-Boot-Kernreaktoren ist seit jeher als Verschlusssache (Restricted Data) eingestuft. Missbrauch wird z. B. vom FBI verfolgt und geahndet, wie in einem Beispielfall aus dem Jahr 2021.[3]
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Naval Reactors bzw. das Naval Nuclear Propulsion Program wurde 1948 gegründet und die Forschungsabteilung von Admiral Hyman G. Rickover geleitet. Aus den Aktivitäten von NR ging der erste Atom-U-Boot-Reaktor, Submarine Thermal Reactor, Mark 1, abgekürzt auch STR Mark I, hervor.[4] Der Reaktor, auch identifiziert als S1W, war zu Testzwecken am Idaho National Laboratory nur kurz in Vollbetrieb, später über den Zeitraum von 1953 bis 1989 zu Trainingszwecken genutzt worden. Weitere Entwicklungen finden auch bei Knolls Atomic Power Laboratory (KAPL) statt.
Das erste US Atom-U-Boot war die USS Nautilus (SSN 571). Ende der 1950er wurden die ersten strategischen Atom-U-Boote (SSBN) bereitgestellt, angefangen mit der George-Washington-Klasse, welche mit Polaris-Raketen ausgestattet wurde. Polaris SLBMs wurden auch von der Royal Navy gekauft (Polaris Programm) und auf U-Booten der Resolution-Klasse eingesetzt. Zwischen 1960 and 1967 wurden von der US Navy 41 SSBNs in Dienst gestellt. Ab 1980 erfolgte die Indienststellung der Ohio-Klasse und der Umstieg auf Trident SLBMs. Die Royal Navy stellte bis in die 1990er Jahre alle Boote auf die Vanguard-Klasse um. Als Nachfolger der Ohio-Flotte wird derzeit an der Columbia-Klasse gebaut. GB baut derzeit an der Dreadnought-Klasse.
NR feierte 2023 seine 75-jähriges Bestehen.[5]
Kernreaktoren
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Es wurden viele verschiedene Baureihen entwickelt. Die Entwicklung lässt sich anhand der Bezeichnung ablesen.
US Navy
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- S1W: Der erste Buchstabe (S) steht für submarine platform; die Zahl (1) steht für die Reaktorgeneration; der letzte Buchstabe (G) steht für den Auftragnehmer: W für Westinghouse, G für General Electric usw.
Royal Navy
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Britische Kernreaktoren werden PWR1, PWR2, PWR3 (viz. Pressurized Water Reactor) identifiziert und wurden bisher in Dounreay (genauer dem Vulcan Naval Reactor Test Establishment) entwickelt und getestet.
- Britische U-Boot-Reaktoren sind eine Eigenentwicklung und werden hier nur im Zusammenhang (Polaris und Trident) erwähnt. Beide Atommächte kooperieren seit 1958 in Sachen der nuklearen Verteidigung ("Special Relationship").
Organisation
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Director of Naval Reactors leitet das Programm, er ist in Personalunion stellvertretender Direktor der National Nuclear Security Administration.[2] Bisherige Leiter waren:
Beginn | Ende | Name |
---|---|---|
1949 | 1982 | Admiral Hyman G. Rickover („Vater der Nuklearmarine“) |
1982 | 1988 | Admiral Kinnaird R. McKee |
1988 | 1996 | Admiral Bruce DeMars |
1996 | 2004 | Admiral Frank „Skip“ Bowman |
2004 | 2012 | Admiral Kirkland H. Donald |
2012 | 2015 | Admiral John M. Richardson |
2015 | 2024 | Admiral James F. Caldwell[6] |
2024 | Admiral William J. Houston |
Andere Hersteller nuklearer Antriebstechnik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- OKBM – Einer der russischen Kernreaktordesigner für die Russische Marine
- TechnicAtome – Französischer Reaktordesigner für die Marine Nationale
- Vickers und Rolls-Royce – Britischer Kernreaktorhersteller für die Royal Navy
- Nuclear Power Institute of China (NPIC) – Kernreaktorforschungsinstitute für die Marine der Volksrepublik China
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- AUKUS – Militärbündnis zwischen USA, GB und AU. Im Mittepunkt des Abkommens stehen Atom-U-Boote.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Francis Duncan, Richard G. Hewlett: Nuclear Navy 1946-1962. University of Chicago Press, 1974 (englisch, archive.org).
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ NASA/Navy Benchmarking Exchange (NNBE) (PDF; 850 kB), Volume II, NASA Office of Safety & Mission Assurance, NAVSEA 08 Naval Reactors, NAVSEA 07Q Submarine Safety & Quality Assurance Division, 15. Juli 2003, abgerufen am 21. November 2010.
- ↑ a b Powering the Navy. National Nuclear Security Administration, abgerufen am 4. August 2024 (amerikanisches Englisch).
- ↑ Office of Public Affairs | Maryland Nuclear Engineer Pleads Guilty to Espionage-Related Offense | United States Department of Justice. FBI, 14. Februar 2022, abgerufen am 29. November 2024 (englisch).
- ↑ They Harnessed the ATOM - the first Navy prototype nuclear plant. American Nuclear Society, 11. Oktober 2014, abgerufen am 12. Januar 2024 (englisch).
- ↑ Naval Reactors Celebrates 75 Years. In: NAVSEA. web.mil, abgerufen am 12. Januar 2024 (amerikanisches Englisch).
- ↑ Powering the Navy. Abgerufen am 12. Januar 2024 (englisch).