Nicolò di Montalban

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Nicolò di Montalban[1] (auch: Nicolo de Montalban[2] und Nicolò Montalbano[3] oder Nicolaus de Montalbani;[4] geboren vor 1672[5] in Venedig;[4] gestorben 1695) war ein venezianischer Dichter, Architekt[2] und katholischer Geistlicher, der Philipp Christoph von Königsmarck, Liebhaber der Kurprinzessin Sophie Dorothea von Hannover, ermordete.[1]

Di Montalban[5] entstammte einer verarmten venezianischen Adelsfamilie. 1672 kam er in die Dienste des Herzogs Johann Friedrich von Braunschweig-Lüneburg und stand auch mit anderen Familienmitgliedern der Welfen[6] in enger Beziehung. Die spätere hannoversche Kurfürstin Sophie beispielsweise nannte ihn „nostre Montalban“.[6]

Di Montalban lieferte als Architekt die Entwürfe für die beiden[7] unter seiner Leitung errichteten Seitenflügel von Schloss Osnabrück,[6] die bis 1683 fertiggestellt wurden.[7]

Am Hof des Herzogs Johann Friedrich († 1679) und dessen Bruders und Nachfolgers Ernst August fand der di Montalban vielseitige Verwendung,[7] zunächst vor allem als Poet, der unter anderem verschiedene Dramen und Opern verfasste.[4] 1681 erschien sein gemeinsam mit Nikolaus Adam Strungk, Sophie Amalie, Regentin von Dänemark und Norwegen, Pier Antonio Fiocco, Ortensio Mauro und Marc’Antonio Ziani geschaffenes musikalisch darzubietendes Drama L’Alceste.[8] Im Juli 1681 war Montalban dazu ausersehen, anlässlich des Besuches der Celler Hofgesellschaft in Hannover die kleine Prinzessin Sophie Dorothea als deren Ehrenkavalier zu betreuen.[5]

Der zum Priester geweihte Höfling war jedoch auch wegen zahlreicher Affären und Spielschulden bekannt,[7] die er[9] bald nur noch mit Hilfe des jüdischen Hoffaktors Leffmann Behrens bewältigen konnte. Auch die Bauleitung und die Organisation des Osnabrücker Schlosses im Auftrag des damaligen Fürstbischofs Ernst August hatte di Montalban offensichtlich überfordert. Die Baukosten stiegen übermäßig, der Ausbau verzögerte sich und fand erst mit dem Tod Herzog Johann Friedrichs und dem Umzug Ernst Augusts als dessen Nachfolger nach Hannover einen weitgehenden Abschluss.[7]

Di Montalban war ein Zeitgenosse des damals ebenfalls in Hannover lebenden Gottfried Wilhelm Leibniz. Durch die Erwähnung im Briefwechsel von Leibniz wurde der Name Montalban Teil des Weltdokumentenerbes der UNESCO.[9]

Weltberühmt wurde „die politisch-erotische Königsmarck-Affäre“, in der die von ihrem Ehemann und späteren König von Großbritannien Georg Ludwig (George I.) vernachlässigte Kurprinzessin Sophie Dorothea ein Liebesverhältnis mit dem Obersten der Leibgarde des Herzogs, Philipp Christoph von Königsmarck, einging. Nachdem insbesondere durch den Schriftwechsel der beiden Liebenden die Amour fou bekannt geworden war, kam es zu einem, nicht zuletzt politisch motivierten,[10] Mordkomplott durch die vier Hofleute[1] Wilken von Klencke, Philipp Adam zu Eltz, Johann Christoph von Stubenvol[11] und Nicolò di Montalban, der in der Nacht vom 11. auf den 12. Juli 1694 im Leineschloss den tödlichen Streich gegen Königsmarck führte. Die Leiche wurde in die Leine entsorgt. Sophie Dorothea wurde anschließend geschieden und blieb durch den Ort ihrer lebenslangen Verbannung als „Prinzessin von Ahlden“ bekannt.[1]

Di Montalban erhielt für seine Tat eine hohe Geldbelohnung:[1] Der bis dahin regelmäßig mittellose und stark verschuldete Graf Montalban,[5] der üblicherweise mit einem Jahresgehalt von 200 Talern hätte haushalten müssen,[3] stand im Zeitraum des „spurlosen Verschwindens“ Königmarcks in den hannoverschen Kammerrechnungen von 1694/95 plötzlich als Darlehnsgeber mit einer Gesamtsumme von 15.000 Talern in den Büchern.[12][Anm. 1] Sein plötzlicher Vermögenszuwachs lieferte – unabhängig von den Einzelheiten des Mordes – das entscheidende Indiz für die Komplizenschaft mit der hannoverschen Regierung. Die von Historikern sowohl als Blutgeld als auch Schweigegeld bezeichnete Geldanlage erlaubte es der Landesherrschaft, „im Falle eines Falles die Verzinsung auszusetzen, ja, sogar das Stammkapital einzufrieren.“[12]

Montalban starb ein Jahr nach dem Mord. Doch wie er es in seinem Testament bestimmt hatte, zahlte die hannoversche Kammer der Geliebten Montalbans bis zu ihrem Lebensende 1743 jährlich „die Zinsen für 2000 Taler der Belohnung, 5 % per annum.“[12]

Werke (Auswahl)

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Gebäude:

  • Entwürfe, Bauleitung und Organisation für die beiden von 1679 bis 1683 erbauten Seitenflügel von Schloss Osnabrück[7]

Porträt des Bischofs von Monteban

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In der Toilettkammer der Königin von Preußen, Sophie Charlotte von Hannover auf Schloss Lietzenburg, das ihr zu Ehren später Schloss Charlottenburg benannt wurde, ließ die Königin zahlreiche Porträtgemälde zumeist schöner, adliger Damen aufhängen. In diesem halb „privatem“ Raum hingen aber auch weitere, oftmals von dem Maler Anthonis Schoonjans geschaffene Bilder, darunter auch „das Porträt des Bischofs von ‚Monteban‘, wahrscheinlich der italienische Geistliche Don Nicolo Montalban“. Der heutige Standort des Gemäldes ist unbekannt.[13]

  • Rosemarie Elisabeth Wallbrecht: Das Theater des Barockzeitalters an den welfischen Höfen Hannover und Celle. Mit 27 Tafeln (= Quellen und Darstellungen zur Geschichte Niedersachsens. Band 83), zugleich Dissertation 1972 an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien, Hildesheim: August Lax, 1974, S. 21.
  • Ansgar Westermeyer: Das Schloss in Osnabrück – Planung und Bau im Zeitraum 1668–1698. In: Franz-Joachim Verspohl: Das Osnabrücker Schloss. Stadtresidenz, Villa, Verwaltungssitz (= Osnabrücker Kulturdenkmäler. Band 5), Rasch, Bramsche 1991, ISBN 3-922469-55-8, ISBN 3-922469-56-6.
  1. Davon abweichend nannte Hatton 150.000 Taler; vergleiche Ragnhild Marie Hatton: George I (2001), S. 59

Einzelnachweise

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  1. a b c d e Georg SchnathKönigsmarck, Philipp Christoph Graf von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 12, Duncker & Humblot, Berlin 1980, ISBN 3-428-00193-1, S. 362 (Digitalisat).
  2. a b o. V.: Montalban, Nicolo de in der Datenbank Niedersächsische Personen (Neueingabe erforderlich) der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek – Niedersächsische Landesbibliothek [ohne Datum], abgerufen am 9. Juli 2020.
  3. a b Ragnhild Marie Hatton: George I ( = Yale English Monarchs), new edition, New Haven; London: Yale University Press, 2001, ISBN 0-300-08883-3, S. 59 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. a b c de Montalbani (Nicolaus). In: Christian Gottlieb Jöcher (Hrsg.): Allgemeines Gelehrten-Lexicon. Band 3: M–R. Johann Friedrich Gleditsch, Leipzig 1751, Sp. 621 (Textarchiv – Internet Archive).
  5. a b c d Georg Schnath: Geschichte Hannovers im Zeitalter der neunten Kur und der englischen Sukzession 1674-1714. Im Anschluss an Adolf Köcher's unvollendete „Geschichte von Hannover und Braunschweig 1648-1714“ ( = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen. Band 18), Band 2: 1693 - 1698, Hildesheim: August Lax, 1976, ISBN 3-7848-2402-1, S. 172, 173, 385 u.ö.; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  6. a b c Ansgar Westermeyer: de Montalban, Nicolo. In: Biographisches Handbuch zur Geschichte der Region Osnabrück. S. 211.
  7. a b c d e f Wolfgang Adam, Siegrid Westphal, Claudius Sittig (Hrsg.): Handbuch kultureller Zentren der Frühen Neuzeit. Band 1: Augsburg - Gottorf. De Gruyter, Berlin / Boston / Massachusetts 2012, ISBN 978-3-11-020703-3, S. 1632; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  8. Nikolaus Adam, Sophie Amalie, Fiocco, Pier Antonio, Mauro, Ortensio, Montalban, Nicolò, Ziani, Marc'Antonio Strungk: L’Alceste: Drama per Musica Da rapresentarsi di nuova nel Theatro D'Hannover, L’Anno 1681… Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel 1681, OCLC 833792920.
  9. a b Montalban, Niccolò conte, Kavalier und Poet am hannoverschen Hof in der Personen- und Korrespondenz-Datenbank der Leibniz-Edition [ohne Datum], abgerufen am 13. Juni 2020.
  10. Joachim Wolschke-Bulmahn, Sabine Albersmeier (Hrsg.): Herrenhausen - Gärten, Geist und Kunst. Sommerakademie Herrenhausen 2013 ( = Herrenhäuser Schriften. Band 1), 1. Auflage, München: Akademische Verlagsgemeinschaft München, 2014, ISBN 978-3-96091-016-9, v. a. S. 58; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  11. Tim Blanning: George I. The lucky King ( = Penguin monarchs), UK: Allen Lane, 2017, ISBN 978-0-14-197683-9; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  12. a b c Wolfgang Reinhard (Hrsg.): Krumme Touren. Anthropologie kommunikativer Umwege ( = Veröffentlichungen des Instituts für Historische Anthropologie e.V.. Band 10), Böhlau, Wien; Köln; Weimar 2007, ISBN 978-3-205-77572-0, S. 213; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  13. Franziska Windt (SPSG): BildGeschichte #11: Matthäus des Angles‘ „Die Frau des russischen Gesandten Matwejew“ auf der Seite des Research Centers Sanssouci (RECS) vom 24. April 2017