Nomen atque omen (Sutermeister)

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Anzeige des Hans Huber Verlags im Organ der Freidenker-Vereinigung der Schweiz, 1945

Nomen atque omen: Die Fortschritte der psychologischen Forschung und ihre weltanschauliche Tragweite (mit besonderer Berücksichtigung des Neuroseproblems) ist ein Buch von Hans Martin Sutermeister. Das populärwissenschaftliche Werk erschien 1942 in der Buchdruckerei W. Friedli in Bern als 92-seitige Broschur. Es stellt eine Verteidigung des „rationalen Geistes“ gegen irrationale, gefühlsbasierte Denkweisen dar und ruft zur konsequenten Anwendung der Logik auf, um die „geistige Krise“, die zum Zweiten Weltkrieg führte, zu überwinden.[1] Sutermeister widmete die Publikation dem Andenken seines Vaters Friedrich Sutermeister und seines Bruders Adrian.[2]

Nomen atque Omen richtet sich gegen vorherrschende psychologische und gesellschaftliche Strömungen seiner Zeit. Sutermeister setzt sich für eine rein logische, metaphysikfreie Weltanschauung ein und kritisiert die prälogische Haltung der Gesellschaft, die er als affektgesteuert und unlogisch beschreibt. Er sieht die Ursachen der geistigen Krise in der Rückkehr zu irrationalen Denkmustern und der Unfähigkeit, naturwissenschaftliche Erkenntnisse im Leben anzuwenden.[1]

Sutermeister fordert eine Entwicklung hin zu einer logischen und empirischen Lebensauffassung und betrachtet Metaphysik, Religion, Kunst und soziale Schichtungen als Anzeichen dieser prälogischen Haltung. Er sieht die Oberschicht als Trägerin veralteter Ideologien, die ein Doppelleben führt und dadurch seelische Unsicherheit und Neurotisierung hervorruft. Diese inneren Spannungen und der Verlust der Logik führen laut ihm zu einer allgemeinen „Weltneurose“ und letztlich zu Krieg.[1]

Für Nomen atque omen liess sich Sutermeister durch eine Tagung der Schweizerischen Gesellschaft für Psychiatrie im Jahr 1942 inspirieren. Diese Tagung zeigte gemäss Sutermeister, dass Psychologie oft als «Ersatzreligion» von geisteswissenschaftlichen Schulen behandelt werde anstatt als echte Wissenschaft. Er kritisierte, dass diese Schulen abstrakte, schwer verständliche Begriffe verwendeten und die wissenschaftlich-genetische Forschung vernachlässigten, die als Grundlage der Psychologie gesehen werde. Nomen atque omen zielte darauf ab, den «Preis» zu ermitteln, den die Psychologie zahlen müsste, um eine echte Wissenschaft zu werden.[3]

Das Buch beabsichtigte, einer zukünftigen «Einheitswissenschaft» und einer wissenschaftlichen Psychologie den Weg zu bereiten. Trotz bewusster Polemik bleibe das Ziel die Wahrheitssuche. Die Psychologie eröffne neue Perspektiven, die zu einem wissenschaftlich begründeten globalen Frieden führen könnten.[4]

Sutermeister schliesst das Buch mit einer Literaturliste: Mit Beispielen «neuerer geisteswissenschaftlicher Verdunklungsversuche […] die also sozusagen auf einen ‹psychohygienischen Index› zu setzen wären».[5]

Emil J. Walter lobte Nomen atque omen 1943 als Durchbruch modernen wissenschaftlichen Denkens in die stagnierende Geisteswissenschaft und sah es als Zeichen einer Kulturrebellion in der Schweiz.[6]

Gustav Bally erkannte darin marxistischen historischen Materialismus und kritisierte das Werk scharf. Er bezeichnete die Schrift als Ausdruck persönlicher Schwierigkeiten und lehnte Sutermeisters Verurteilung der Geisteswissenschaften sowie seine Kritik an Philosophie, Christentum und Kunst ab.[7]

Gemäss Mario von Galli (1945) fordert Nomen atque omen, dass politische und soziale Maskierungen fallen gelassen werden. Galli bemängelt, dass Sutermeister in seinen Ansichten eine übermäßig abstrakte und unwissenschaftliche Herangehensweise an den Tag legt und moderne psychologische Entwicklungen wie die Tiefenpsychologie eines Carl Gustav Jung ignoriert.[1]

1945 wurde das Buch im Organ der Freidenker-Vereinigung der Schweiz als «Gewinn für jeden Freidenker» angepriesen, zusammen mit Psychologie und Weltanschauung und drei anderen Schriften Sutermeisters.[8]

  • Hans Martin Sutermeister: Nomen atque omen: Die Fortschritte der psychologischen Forschung und ihre weltanschauliche Tragweite (mit besonderer Berücksichtigung des Neuroseproblems). Buchdruckerei W. Friedli, Bern 1942, DNB 576605611, OCLC 83971932. Volltext in e-Helvetica.

Einzelnachweise und Anmerkungen

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  1. a b c d Mario von Galli: Neue Psychologie auf der Suche nach den Ursachen der geistigen Gegenwartskrise: Zu den Thesen Hans Sutermeisters. In: Apologetische Blätter. Band 9, Nr. 9. Zürich 15. Mai 1945, S. 81–83 (orientierung.ch [abgerufen am 2. November 2024]).
  2. Sutermeister: Nomen atque omen. 1942, S. 2.
  3. Sutermeister: Nomen atque omen. 1942, S. 3.
  4. Sutermeister: Nomen atque omen. Nachwort. 1942, S. 91.
  5. Sutermeister: Nomen atque omen. Nachwort. 1942, S. 92.
  6. Emil J. Walter: Kulturelle Gesundungskrise? In: Rote Revue: Sozialistische Monatsschrift. 22. Jahrgang, Mai 1943, Heft 9, S. 305–308. doi:10.5169/seals-334642
  7. Gustav Bally: Dr. Hans Martin Sutermeister: Nomen atque omen. In: Schweizerische Zeitschrift für Psychologie und ihre Anwendungen. Band 2 (1943/1944), 1944, S. 221–222.
  8. Anzeige in: Freigeistige Vereinigung der Schweiz (Hrsg.): Der Freidenker, Band 28, Nr. 9, 1945, S. 72. online