Northern Army Group

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Verbandsabzeichen der NORTHAG
AFCENT-Kommandostruktur
Verantwortungsbereiche der Korps in Deutschland in den 1980er Jahren
Standorte der wichtigsten NORTHAG-Einheiten im Jahr 1989

Die Northern Army Group (NORTHAGHeeresgruppe Nord) war ein Zusammenschluss mehrerer westeuropäischer Heereskorps, die während des Kalten Krieges im Verteidigungsfall der NATO unterstellt werden sollten. Sie hätten so unter einem einheitlichen Kommando gestanden.

NORTHAG hatte seinen Verteidigungsschwerpunkt in der Norddeutschen Tiefebene und hätte mit der Verteidigung faktisch erst auf Höhe des Weserberglandes begonnen.[1] Auf einer Frontbreite von 380 Kilometern hatte NORTHAG neun Divisionen zur Verfügung.[2] NORTHAG hatte seinen Verantwortungsbereich in mehrere Verzögerungs- bzw. Verteidigungslinien (LIVERPOOL bzw. TORONTO auf der Höhe EmsSoestWinterberg,[3] Weser-Fulda-Linie)[4] unterteilt. Im Szenario des Jahres 1989 stellte der Elbe-Seitenkanal weitgehend den VRV dar. Ostwärtig davon im Wendland und im Raum Wolfsburg waren Verzögerungsverbände (u. a. 41. NL Panzerbrigade) eingesetzt. Die Schlüsselgelände befanden sich südlich von Hamburg, in der Nordheide, zwischen Celle und Hannover sowie zwischen Hannover und Salzgitter. Je nach Kriegsverlauf sollten vom I. NL Korps, I. DE Korps und I. BR Korps gepanzerte Gegenangriffe durchgeführt werden.[5]

Die Northern Army Group bestand aus folgenden Verbänden:

Operationsbereich

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Im Verteidigungsplan der NATO gegen eine potentielle Bedrohung durch den Warschauer Pakt war der NORTHAG der Bereich zwischen Hamburg und Kassel (Nord-Süd) und der deutsch-niederländischen, bzw.-belgischen Grenze bis zur (damaligen) innerdeutschen Grenze (West-Ost) zugewiesen. Die Standorte der NORTHAG-Streitkräfte befanden sich dementsprechend größtenteils in diesem Bereich. Nördlich schloss sich der Kommandobereich der Allied Forces Northern Europe (AFNORTH) und im Süden die Central Army Group (CENTAG) an.

Operationsplanung

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In den Planungen wurde von einem massiven Angriff des Warschauer Paktes von zwei strategischen Staffeln mit einem hohen Tempo[6] ausgegangen. Die hohe Truppenpräsenz dieser Streitkräfte ließen die Vermutung zu, dass im ungünstigen Fall[6] mit einem verdeckt vorbereiteten Angriff ohne vorherige Mobilmachung bei kurzer Vornwarnzeit zu rechnen sei. Nach sowjetischer Militärdoktrin bestanden die Angriffsverbände aus mobilen und vollmechanisierten Kampftruppen mit starken Artilleriegruppierungen, teilweise als Operative Manövergruppen (OMG) und von einer Luftarmee mit Frontfliegerkräften (Erdkampfflugzeuge und Kampfhubschrauber) unterstützt. Die Freigabe nuklearer Gefechtsfeldwaffen war bei tiefen nicht haltbaren Feindeinbrüchen[6] geplant. Die Verteidigungsplanung (Operationsplanung (OpPlan)) von NORTHAG richtete sich nach den geographischen Gegebenheiten entlang des Elbe-Seitenkanals, des Harzes, Sollings und Kaufunger Waldes und ermöglichte den Kampf aus Stellungsräumen aus Ortsrändern, Gewässerläufen und Waldrändern.

Es standen sich folgende Kräfte gegenüber:[6]

Die „Erste Schlacht“ der militärischen Konfrontation sollte möglichst mobil und grenznah entlang des VRV geführt werden. In den Korpssektoren verteidigten jeweils zwei Divisionen eine Gefechtsbreite von 40 bis 45 Kilometern. Die operative Reserve von NORTHAG stellte die 7. Panzerdivision und das 3. US-Korps.[6] Da die 3. Panzerdivision im niederländischen Korpssektor bis zum Eintreffen der Hauptkräfte verteidigen sollte, spielten die Fähigkeiten des I. DE-Korps eine besondere Rolle bei der Operationsführung von NORTHAG. Alle vier nationale Korps hatten sich auf taktischer Ebene auf eine bewegliche Gefechtsführung[6] aus Stellungen, Sperren und Feuerfeldern geeinigt. Bis auf das I. BR-Korps hielten sie sich an das Konzept der Vorneverteidigung. Im britischen Sektor sollte unter der Preisgabe von Raum in der Tiefe verteidigt werden. Erst auf Nachdruck von AFCENT sollte die Vorverlegung an der Weser stattfinden.

Neue operative Konzepte wurden von General Sir Nigel Bagnall mit dem GDP 1984[6] eingebracht. Das BR-Korps wurde in Divisionen, Field Forces und Battle Groups eingeteilt und in drei Panzerdivisionen mit je drei Brigaden, einer Sicherungsdivision und einer Artilleriedivision reorganisiert.[6] Zur Modernisierung gehörten Challenger-Kampfpanzer, Warrior-Schützenpanzer, MLRS-Mehrfachraketenwerfer sowie Panzerabwehr- und Transporthubschrauber. CINCENT General Leopold Chalupa widersprach diesem Konzept und versagte ihm die Zustimmung,[6] weil es den Prinzipien der Vorneverteidigung nicht entgegenkam.

Das Oberkommando (HQ) NORTHAG wurde am 1. November 1952 in Bad Oeynhausen aufgestellt und 1954 nach Mönchengladbach-Rheindahlen verlegt. Am Standort Mönchengladbach wurde das HQ NORTHAG mit drei weiteren Kommandostellen, dem Hauptquartier der Second Allied Tactical Air Force (2 ATAF), dem Hauptquartier der British Army of the Rhine (BAOR) und dem Hauptquartier der Royal Air Force Germany (RAFG) zusammengeführt.

In den 1960er Jahren hatte der Operationsplan von NORTHAG[7] die Kanalisierung feindlicher Verbände bis zum Erreichen des Abwehrraumes im Bereich Weser zum Ziel. In dieser Zeit wurde auch eine operative Tiefenaufklärung in einer Tiefe bis zu 500 Kilometer auf dem Territorium der DDR und Polens betrieben. Diese Aufklärungsarbeit wurde vom britischen 23rd Special Air Service Regiment (SAS)[8] unterstützt. Um sich vor einem möglichen Überraschungsangriff[9] des Warschauer Paktes zu schützen und eine sinnvolle Truppeneinteilung an den Schwerpunkten vorzunehmen, wurden den Aufklärungsergebnissen, die innerhalb der ersten 48 Stunden nach Eintreten eines bewaffneten Konfliktes gewonnen werden konnten, beigemessen.

In den 1980er Jahren wurde im Stab des I. DE Korps an der Taktik „Halten am VRV“[10] festgehalten. Der GDP 88 des I. BR Korps sah eine weitaus mobilere Verteidigung bis auf Linie der Weser vor. Die Norddeutsche Tiefebene wurde von der NATO als einer der wichtigsten und gleichzeitig auch verwundbarsten Abschnitte[11] in der Verteidigung Deutschlands angesehen. Beim I. NL Korps ging man von circa 48 Stunden aus, bis die GDP-Stellungen erreicht werden konnten. Das I. DE Korps hatte die Aufgabe, so lange das Verzögerungsgefecht zu führen, bis das I. NL Korps die volle Gefechtsbereitschaft erreicht hatte. Das I. BR Korps hielt einen Teil seiner Streitkräfte in Großbritannien zurück. Die „schwächere“ Division war im schwierigeren Gelände eingesetzt. Ähnliches galt für das I. BE Korps, welches ebenfalls schwieriges Gelände zu behaupten und nur zwei Divisionen zur Verteidigung des sogenannten „Streifens von Göttingen“ zur Verfügung hatte. Es hielt rund 50 % seiner Truppen in Belgien. Für die REFORGER-Bereitstellung des III. US-Korps ging man von etwa 30 Tagen aus.

COMNORTHAG General Martin Farndale ließ im Jahr 1987[12] auf der Übung „Certain Strike“ (10.–25. September 1987) ein neues multinationales Operationskonzept üben, bei der erstmals[13] ein komplettes US-Korps nach Deutschland verlegt[14] wurde.

Manöver (Auswahl)

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Verbandsabzeichen

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Beim Bau des Hauptgebäudes für das gemeinsame Hauptquartier, dem JHQ (Joint Headquarters), wurde eine fränkische Streitaxt (Franziska) gefunden. Sie wurde als Verbandsabzeichen für die NORTHAG gewählt, da sie den Sieg eines westlichen Heeres gegen Angreifer aus dem Osten symbolisiert. Die Franken besiegten im Jahre 451 n. Chr. eine Armee unter der Führung von Attila bei Châlons-sur-Marne und beendeten somit eine Eroberung Westeuropas durch die Hunnen.

In der NATO-Kommandostruktur unterstand das HQ NORTHAG den Allied Forces Central Europe (AFCENT), welches dem Supreme Headquarters Allied Powers Europe (SHAPE) unterstellt war.

Oberbefehlshaber des HQ NORTHAG war grundsätzlich ein britischer General, gleichzeitig Oberkommandierender der britischen Rheinarmee (BAOR). Chef des Stabes war ein deutscher Generalmajor, mit je einem belgischen und niederländischen Generalmajor als Stellvertreter.

Dem HQ NORTHAG wurden folgende nationale Verbände zugeordnet:

Diese Verbände unterstanden ihren jeweiligen nationalen Kommandostellen. Die gesamte Führungsgewalt über die Korps sollte erst im Verteidigungsfall auf die NATO, und somit auf das HQ NORTHAG, übergehen. Die Luftunterstützung sollte durch die 2 ATAF gewährleistet werden.

Dem HQ NORTHAG waren neben dem multinationalen Stabspersonal, schon im Frieden, folgende nationale Truppenteile unterstellt:

  • die belgische 13. Fernmeldekompanie (13. Cie T Tr)
  • das britische 28. Fernmelderegiment (NORTHAG)
  • das deutsche Fernmeldebataillon 840 (NORTHAG)
  • eine niederländische Fernmeldekompanie und die
  • NORTHAG-Fernmeldekompanie (NORTHAG Air Support Radio Squadron), welche aus Soldaten aller vier Nationen zusammengesetzt war.

Intern war für die Kommunikation zwischen dem Hauptquartier und den Verbänden die NORTHAG Signal Group zuständig. Diese war eine multinationale Abteilung, die sich der unterstellten Fernmeldeverbände bediente, welche jeweils eine andere Art der Verbindung aufbauen musste (Richtfunk, Kabelverbindung etc.).

Im Verteidigungsfall war für die Hauptquartiere der NORTHAG und der 2 ATAF die Verlegung in das JOC (Joint Operation Centre), einer Bunkeranlage im Cannerberg bei Maastricht, vorgesehen.[17]

Liste der Kommandeure

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In der Regel hatte der COMNORTHAG eine Doppelfunktion[18] als Kommandeur der BAOR und gleichzeitig als COMNORTHAG. Als COMNORTHAG dienten:

Am 24. Juni 1993 wurden die Hauptquartiere der NORTHAG und der 2 ATAF im Rahmen eines militärischen Festaktes offiziell aufgelöst. Letzter Befehlshaber der NORTHAG war General Sir Charles Guthrie. Letzter Chef des Stabes war Generalmajor Helmut Willmann, später Befehlshaber des Eurokorps.

  • Heeresgruppe Nord. Broschüre. Herausgeber: HQ NORTHAG, 1987.
  • Die fünf Hauptquartiere in Mönchengladbach. Broschüre. Mönch-Verlag, Koblenz 1987.
  • The History of Northern Army Group. HQ NORTHAG, Herausgeber 1993.
  • C. McInnes: New Thinking in NORTHAG: The BAOR/NORTHAG Concept of Operations. Paper presented at 1988 International Studies Association Annual Convention, United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland, 01/04/1988 – 30/04/1988.
  • Jan Hoffenaar, Dieter Krüger: Blueprints for Battle: Planning for War in Central Europe, 1948–1968. Foreign Military Studies, University Press of Kentucky, 2012.
  • Friedrich K. Jeschonnek: Die NORTHAG-Operationsplanung im Wandel der 1980er Jahre. Operatives Denken im Kalten Krieg. In: Österreichische Militärische Zeitschrift. Bd. 61 (2023), Heft 6, S. 742–754.
  • J. J. G. Mackenzie, Brian Holden Reid: The British Army and the Operational Level of War. Tri-Service Press. 1989, ISBN 978-1-85488-009-3.

Einzelnachweise

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  1. Martin Rink: Die Bundeswehr 1950/55-1989 (Beiträge zur Militärgeschichte – Militärgeschichte kompakt, Band 6). De Gruyter Oldenbourg, 2015, ISBN 978-3-11-044096-6, S. 192.
  2. Heiner Möllers und Rudolf J. Schlaffer: Sonderfall Bundeswehr?: Streitkräfte in nationalen Perspektiven und im internationalen Vergleich (Sicherheitspolitik und Streitkräfte der Bundesrepublik Deutschland, Band 12). De Gruyter Oldenbourg. 2014, ISBN 978-3-11-034812-5, S. 86.
  3. Helmut R. Hammerich, Dieter H. Kollmer und Martin Rink: Das Heer 1950 bis 1970: Konzeption, Organisation und Aufstellung (Sicherheitspolitik und Streitkräfte der Bundesrepublik Deutschland, Band 3), De Gruyter Oldenbourg, 2006, ISBN 978-3-486-57974-1, S. 137.
  4. Helmut R. Hammerich und Dieter H. Kollmer: Das Heer 1950 bis 1970: Konzeption, Organisation und Aufstellung. (Sicherheitspolitik und Streitkräfte der Bundesrepublik Deutschland, Band 3). De Gruyter Oldenbourg. 2006, S. 137. 978-3486579741.
  5. Martin Rink: Die Bundeswehr 1950/55-1989 (Beiträge zur Militärgeschichte – Militärgeschichte kompakt, Band 6). De Gruyter Oldenbourg, 2015, ISBN 978-3-11-044096-6, S. 193.
  6. a b c d e f g h i Jahrbuch 2020. Clausewitz-Gesellschaft e. V. Kapitel I. NATO und Bündnisverteidigung im Wandel der Zeit. Friedrich K. Jeschonnek: Die Planung von Operationen in der Northern Army Group (NORTHAG) im Wandel, ISBN 978-3-9816962-6-4, S. 58–88.
  7. Dieter Krüger und Felix Schneider: Die Alpen im Kalten Krieg: Historischer Raum, Strategie und Sicherheitspolitik (Beiträge zur Militärgeschichte, Band 71). De Gruyter Oldenbourg. 2011, ISBN 978-3-486-58817-0, S. 261.
  8. Günter Weiße, Andre Klump und Michael Frings: NATO-Intelligence: Das militärische Nachrichtenwesen im Supreme Headquarters (Shape): 1985–1989. ibidem, 2013, ISBN 978-3-8382-0563-2.
  9. Richard J. Aldrich: Strategy and Counter-Surprise: Intelligence within BAOR and NATO’s Northern Army Group. University of Warwick
  10. Helmut R. Hammerich: Defense at the Forward Edge of the Battle or rather in the Depth? Different approaches to implement NATO’s operation plans by the alliance partners. 1955–1988
  11. Northern Army Group (NORTHAG). Abgerufen am 19. Juni 2018.
  12. The exercise involved a complex passage of line in which 3 Corps passed through 1 Panzer-Division's lines in order to mount a counter-attack across River Aller in Anthony King: The Transformation of Europe's Armed Forces: From the Rhine to Afghanistan, Cambridge University Press, 2011, ISBN 978-0-521-76094-2, S. 110.
  13. REFORGER 87 – Certain Strike. The Cold War's Largest Transatlantic Bridge
  14. REFORGER Übung Certain Strike 1987
  15. REFORGER '83 After Action Report
  16. NATO Autumn Forge exercises: victilll of Vienna conventional forces talks? 1989
  17. NATO-Bunker. Kommandostand "Cannerberg" b. Maastricht. ACE-High Journal. Transmitter Journal
  18. British Army Comand