Ottendorf (Hainichen)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Ottendorf
Große Kreisstadt Hainichen
Koordinaten: 50° 59′ N, 13° 8′ OKoordinaten: 50° 58′ 52″ N, 13° 8′ 6″ O
Höhe: 310 m ü. NN
Fläche: 5,62 km²
Einwohner: 1000 (1. Juli 1950)
Bevölkerungsdichte: 178 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Juli 1950
Postleitzahl: 09661
Vorwahl: 037207
Ottendorf (Sachsen)
Ottendorf (Sachsen)
Lage von Ottendorf in Sachsen
Siegelmarke der ehemaligen Gemeinde Ottendorf

Ottendorf ist ein unmittelbar nordöstlich der Kernstadt gelegener Ortsteil von Hainichen im Landkreis Mittelsachsen in Sachsen. Er wurde am 1. Juli 1950 eingemeindet und wird nicht als eigenständiger Ortsteil, sondern als Stadtteil zu Hainichen gezählt. Zum Zeitpunkt der Eingemeindung im Jahr 1950 verfügte Ottendorf über rund 1000 Einwohner und eine Ausdehnung von 562 ha.

Geographische Lage

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ottendorf liegt im Nordosten der Stadt Hainichen. Nördlich des Orts befindet sich das Tal der Kleinen Striegis mit dem stillgelegten Teil der Bahnstrecke Roßwein–Niederwiesa. Etwas nördlicher verläuft die Bundesautobahn 4 an Ottendorf vorbei.

Crumbach Schlegel Kaltofen
Hainichen Kompassrose, die auf Nachbargemeinden zeigt Pappendorf
Cunnersdorf

12. bis 18. Jahrhundert

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Ruinen der Lohmühle am Ufer der kleinen Striegis 2009

Ottendorf wurde als Waldhufendorf und Teil einer zum Pfarrdorf Pappendorf gehörenden Rodungseinheit im 12. Jahrhundert gegründet.[1][2] Hainichen wurde etwas später als Ottendorf angelegt, sodass die östlich der Kleinen Striegis angelegten Felder zu Ottendorf und nicht zu Hainichen gehörten.[3]

1573 wurde die Katzenmühle am Pahlbach (damals Katzenbach) erstmals erwähnt. 1585 hauste die Pest in Ottendorf.[4] 1593 errichteten die Hainichener Tuchmacher eine Walkmühle auf der Flur von Ottendorf.[5] Diese Mühle befand sich im Striegistal in unmittelbarer Nähe des späteren Haltepunktes Kratzmühle.

Bezüglich der politischen Verwaltung stellte Ottendorf eine Besonderheit dar. Umgeben von Orten, die zum kursächsischen Nossen oder zum kursächsischen Kreisamt Freiberg (Exklave der Herrschaft Wingendorf) gehörten, unterstand Ottendorf als Exklave der Grundherrschaft Arnsdorf,[6] die zunächst zum Amt Döbeln, nach 1588 zum Döbelner Bezirk des Amts Leisnig im Leipziger Kreis gehörte. 1719 klagte die Gerichtsherrschaft Arnsdorf gegen das Tuchmacherhandwerk in Hainichen wegen der Walkmühle in Ottendorf.[7] Die Walkmühle wurde später durch die Lohmühle ersetzt, deren Ruinen 2014 noch sichtbar waren. Die zu erbringenden Frondienste und Abgaben führten zu zahlreichen Auseinandersetzungen, von denen insbesondere die Folgenden aktenkundig sind:[8]

1740 wurde eine Schenke und 1766 eine gemeindeeigene Schmiede in Ottendorf erwähnt.[9][10] 1790 wird in den „sächsischen Meilenblättern“ von einem herrschaftliches Vorwerk sowie zwei Gemeindehäusern in Ottendorf berichtet. Die 16 Bauern-, 4 Gärtner- und 13 Häuslerfamilien wurden von 19 Quellbrunnen mit Wasser versorgt.[11] 1790 wird der Abbau von Steinkohle in der Ottendorfer Flur aktenkundig.[12]

19. Jahrhundert

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1821 wird berichtet, dass die Bewohner von Ottendorf dem Feldbau, der Viehzucht, der Weberei sowie Spinnerei nachgehen. Außerdem wird ein bei den Hainichnern beliebtes Schankgut sowie das jährliche Vogelschießen erwähnt.[13]

Ottendorf gehörte bis 1836 als Exklave der Herrschaft Arnsdorf zum kursächsischen bzw. königlich-sächsischen Amt Leisnig (Döbelner Bezirk).[14] Danach wurde der Ort durch Umgliederung in das ihn umgebende Amt Nossen integriert.[15] 1840 schloss die Herrschaft Arnsdorf einen Ablösungsvertrag mit den fronpflichtigen Einwohnern in Ottendorf[16]. Dem waren Beschwerden der Häusler in Ottendorf an die Landesregierung wegen Frondiensten und anderen Benachteiligungen in den Jahren 1831–1833 vorausgegangen[17]. 1842 ersucht der Katzenmüllers Carl Friedrich Otto um die Errichtung einer neuen Mühle.[18] In der Neumühle (Nossener Str. 59, unweit der ehemaligen Katzenmühle) wurde Terpentinstein geschliffen.[19]

Die Herrschaft Arnsdorf trat am 6. Mai 1850 die ihnen zustehende Patrimonialgerichtsbarkeit ab, welche vom Freistaat an das Justizamt Nossen übertragen wurde. Ab 1856 gehörte Ottendorf zum Gerichtsamt Hainichen und ab 1875 zur Amtshauptmannschaft Döbeln,[20] welche 1939 in Landkreis Döbeln umbenannt wurde.[21]

20. Jahrhundert bis zur Gegenwart

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Letzter Besitzer des Rittergutes Arnsdorf bis zur Enteignung im Zuge der Bodenreform im Jahr 1945 war Christoph Moritz Max von Beschwitz.[22]

Am 1. Juli 1950 wurde Ottendorf nach Hainichen eingemeindet.[23][24] Mit der zweiten Kreisreform in der DDR kam Ottendorf als Ortsteil der Stadt Hainichen im Jahr 1952 zum Kreis Hainichen im Bezirk Chemnitz (1953 in Bezirk Karl-Marx-Stadt umbenannt).

1989/1990 wurde das Wohngebiet Ottendorfer Hang auf dem ehemaligen Gemeindegebiet erbaut.[25] Seit 1990 gehörte Ottendorf als Stadtteil der Stadt Hainichen zum sächsischen Landkreis Hainichen, der 1994 im Landkreis Mittweida und 2008 im Landkreis Mittelsachsen aufging.

Ortsnamensformen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die folgenden Schreibweisen des Namens von Ottendorf sind bekannt[26]:

  • 1385: Ottindorf
  • 1412: Ottendorff
  • 1555: Ottendorff
  • 1875: Ottendorf b. Hainichen

Einwohnerentwicklung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Jahr Einwohner
1551[26][27] ca. 100
1748[26][27] ca. 100
ca. 1820[13] ca. 400 (ca. 50 Häuser)
1834[26] 330
1871,[26] 749
1890[26] 856
1910[26] 897
1925[26] 925
1946[26] 995

Ottendorf war bis 1875 nach Pappendorf gepfarrt. Anschließend gehörte es zur Kirchgemeinde Hainichen.[26]

Die große Mehrheit der Einwohner (871 von 925 im Jahr 1925) war evangelisch.

Wirtschaft und Infrastruktur

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ottendorf lag an der alten Poststraße Dresden – Wilsdruff – Nossen – Altzella – Pappendorf – Hainichen – Frankenberg – Chemnitz. Von Kaltofen aus führte diese eine steile Schlucht hinab zum Pahlbach, überquerte ihn auf einer 1966 noch existierenden Steinbrücke, vorbei an der nicht mehr vorhandenen Katzenmühle durch das Heldental und die Gemeinde über den Ottendorfer Berg nach Hainichen.[28]

Da diese Verbindung durch Ottendorf dem zunehmenden Warenhandel nicht mehr standhalten konnte, wurde insbesondere auf Initiative von Wilhelm Richard Kirbach, dem Inhaber der Pappendorfer Flanellfabrik, diese Straße am Südrand der Gemeinde (heutige Nossener Straße) ausgebaut und 1888 eröffnet. Ebenfalls auf Initiative von Herrn Kirbach wurde bis 1901 eine Umfahrung des Ottendorfer Berges bis zur Oederaner Straße erbaut.[29]

Am 23. April 1945 wurde die Autobahnbrücke der Autobahn A4 über die Kleine Striegis in Schlegel gesprengt. Bis zum einspurigen Wiederaufbau der Brücke im Jahr 1953 führte die Umleitung der Autobahn über diese Straßen in Ottendorf, die aus diesem Grund auch kurzfristig gepflastert wurden.

Öffentliche Einrichtungen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Gemeinde Ottendorf verfügte bis 1952 über ein eigenes Schulhaus mit jahrgangsübergreifendem Unterricht.

Kultur und Sport

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Gasthof Ottendorf

1899 wurde der Männergesangsverein Lyra in Ottendorf gegründet. Dieser trat 1921 dem Deutschen Sängerbund bei und nahm ab 1928 an nationalen und europäischen Sängerfesten teil. 1959 wurde der Chor in Männerchor Hainichen-Ottendorf und 1990 in Männerchor Lyra Hainichen e.V. umbenannt.[30]

1834 wurde ein Schießvereins in Ottendorf sowie ein Schießstand bei der Schenke des Karl Gottlieb Löffler in Ottendorf aktenkundig[31].

  • Richard Witzsch: Zwischen Chemnitz und Freiberg, Ein Heimatbuch für Schule und Haus, Die Dörfer an der Striegis, Frankenberg 1929.
  • Wolfgang Schwabenicky und Uwe Richter: Die Geschichte von Hainichen und Umgebung bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts. Hainichen 1988.
Commons: Ottendorf – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Ottendorf im Historischen Ortsverzeichnis von Sachsen.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Digitales Historischen Ortsverzeichnis von Sachsen
  2. Die Rodungen waren bis 1162 abgeschlossen, sodass auch Ottendorf vor 1162 gegründet sein muss. Vgl. Schwabenicky, Wolfgang; Richter, Uwe: Die Geschichte von Hainichen und Umgebung bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts. Hainichen 1988. S. 13
  3. Schwabenicky, Wolfgang; Richter, Uwe: Die Geschichte von Hainichen und Umgebung bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts. Hainichen 1988. S. 13
  4. Thomas Liebert: Katzenmühle zu Ottendorf. Abgerufen am 25. Mai 2014.
  5. Thomas Liebert: Wirtschaftliche und soziale Entwicklung in Hainichen im 15. und 16. Jahrhundert, 9. März 2013
  6. Das Rittergut Arnsdorf auf www.sachsens-schlösser.de (Memento des Originals vom 11. August 2020 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/xn--sachsens-schlsser-c0b.de
  7. Klage der Gerichtsherrschaft Arnsdorf gegen das Tuchmacherhandwerk in Hainichen wegen der Walkmühle in Ottendorf. Sächsisches Staatsarchiv, StA-L, 20335 RG Arnsdorf, Nr. 134
  8. Sächsisches Staatsarchiv, StA-L, 20335 RG Arnsdorf, Nr. 130ff
  9. Schankrecht der Schenke in Ottendorf. Sächsisches Staatsarchiv, StA-L, 20335 RG Arnsdorf, Nr. 487
  10. Verpachtung der Schmiede in Ottendorf durch die Gemeinde an Johann Christoph Schultze Sächsisches Staatsarchiv, StA-L, 20335 RG Arnsdorf, Nr. 492
  11. Siegfried Störzel (14. Juli 2004): Beiträge zur Heimatgeschichte – Erläuterung zu den Meilenblättern. In Gellertstadt-Bote Hainichen, 14. August 2004
  12. Abbau von Steinkohle in der Ottendorfer Flur Sächsisches Staatsarchiv, StA-L, 20335 RG Arnsdorf, Nr. 544
  13. a b Ottendorf (Hainichen). In: August Schumann: Vollständiges Staats-, Post- und Zeitungslexikon von Sachsen. 8. Band. Schumann, Zwickau 1821, S. 63–65.
  14. Karlheinz Blaschke, Uwe Ulrich Jäschke: Kursächsischer Ämteratlas. Leipzig 2009, ISBN 978-3-937386-14-0; S. 58 f.
  15. Codex Saxonius, S. 929, Abschnitt X
  16. Sächsisches Staatsarchiv, StA-L, 20335 RG Arnsdorf, Nr. 480,481
  17. Sächsisches Staatsarchiv, StA-L, 20335 RG Arnsdorf, Nr. 472
  18. Gesuch des Katzenmüllers Carl Friedrich Otto in Ottendorf um Errichtung einer neuen Mühle. Sächsisches Staatsarchiv, StA-L, 20335 RG Arnsdorf, Nr. 365
  19. Thomas Liebert: Neumühle zu Ottendorf. Abgerufen am 25. Mai 2014.
  20. Die Amtshauptmannschaft Döbeln im Gemeindeverzeichnis 1900
  21. Michael Rademacher: Doebeln. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  22. Sächsisches Staatsarchiv, StA-L, 20335 RG Arnsdorf Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 11. September 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.archiv.sachsen.de
  23. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Gemeinden 1994 und ihre Veränderungen seit 01.01.1948 in den neuen Ländern. Metzler-Poeschel, Stuttgart 1995, ISBN 3-8246-0321-7 (Digitalisat in: Statistische Bibliothek des Bundes und der Länder).
  24. Verzeichnisse der seit Mai 1945 eingemeindeten Gemeinden und Nachweis über die Aufgliederung der selbständigen Gutsbezirke und Staatsforstreviere, 1952, Hrsg.: Ministerium des Innern des Landes Sachsen
  25. Die Wohngebiete der Genossenschaft. Abgerufen am 25. Mai 2014.
  26. a b c d e f g h i j Ottendorf im Historischen Ortsverzeichnis von Sachsen
  27. a b Kalkuliert unter der Annahme von fünf Einwohnern pro besessene(r) Mann
  28. Siegfried Störzel: Alte Straßen und Wegweiser – Die Armsäulen in Pappendorf. Ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 25. Mai 2014.@1@2Vorlage:Toter Link/www.striegistal.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  29. Franz Schubert: Ein Straßenbau vor 100 Jahren. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 25. Mai 2014; abgerufen am 25. Mai 2014.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.striegistal.de
  30. Männerchor Lyra Hainichen e.V. (2007): Chronik und Selbstdarstellung im Bürgerportal Hainichen
  31. Sächsisches Staatsarchiv, StA-L, 20335 RG Arnsdorf, Nr. 364