Paul Schoop (Komponist)

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Paul Schoop und seine Frau Bonnie Vallarino, 1957.

Paul Schoop (* 31. Juli 1909 in Zürich; † 1. Januar 1976 in Van Nuys, Los Angeles) war ein Schweizer Komponist, Pianist und Dirigent.

In den 1930er Jahren wurde er hauptsächlich bekannt als Komponist von Ballettmusiken für die Pantomimentänze seiner Schwester Trudi Schoop. 1940 wanderte er nach Los Angeles aus, wo er als freier Komponist arbeitete sowie als Dirigent und Konzertpianist, wie schon zuvor in Europa. Paul Schoops Werke sind in Vergessenheit geraten und werden nicht mehr aufgeführt.

Zur Quellenlage: Leben und Werk sind bis 1951 dokumentiert, das Jahr, in dem der biographische Artikel über Paul Schoop in Mize 1951 erschien (der Artikel beruht offenbar auf persönlichen Interviews und Auskünften Paul Schoops). Für die Zeit danach gibt es kaum Belege.

Paul Schoop wurde am 31. Juli 1909[1] in Zürich als Sohn von Friedrich Maximilian Schoop (1871–1924) und Emma Olga Schoop geb. Böppli (1873–1959) geboren. Paul entstammte väterlicherseits einer Familie von Gelehrten, Professoren und Lehrern, sein Grossvater Ulrich Schoop (1830–1911) war Lehrer an der Kunstgewerbeschule in Zürich.[2] Pauls Vater war Redakteur, unter anderem bei der Zürcher Post, und Präsident des Grand Hotel Dolder und, wie Pauls Schwester Trudi berichtet, ein angesehener und geschätzter Mann in Zürcher Intellektuellenkreisen.[3] Pauls freidenkende und unkonventionelle Mutter stammte von „toggenburgischen Wunderdoktoren“ ab und war eine warmherzige Frau mit einem unersättlichen Freiheits- und Lebensdrang. Die Familie wohnte am Zürichberg, wo sich auch das Hotel Dolder befand.[4][5]

Paul war das jüngste von vier Kindern. Seine älteren Geschwister waren der Maler Max Schoop (1902–1984), die Tänzerin Trudi Schoop (1903–1999) und die Kabarettistin und Bildhauerin Hedi Schoop (1906–1995). Die Kinder wurden in einer freien und ungezwungenen Atmosphäre grossgezogen, und die Eltern förderten die künstlerische Entwicklung ihrer Kinder, die alle künstlerische Berufe ergriffen.[4] Carl Seelig schrieb 1958 über Paul Schoop: Er „gilt innerhalb der Familie als Träumer, der manchmal hoch über der wolkigen Erde schwebt. Er ist ein geselliger, lieber Mensch.“[6]

Paul Schoop besuchte die Hochschule Musik und Theater in Zürich und das Konservatorium Zürich,[7] das er 1925 mit einem Diplom abschloss, 1929 die École Normale de Musique de Paris und von 1931 bis 1934 die Hochschule für Musik in Berlin. Seine Lehrer waren:

Neben seiner Tätigkeit als Komponist (siehe #Werk) betätigte sich Paul Schoop auch als Pianist und Dirigent. Schon als Zwölfjähriger begleitete er seine Schwester Trudi Schoop bei Tanzdarbietungen auf dem Klavier. Sein öffentliches Debüt als Konzertpianist hatte er 1930 während seines Studiums in Paris. In den USA war er einige Zeit als Operettendirigent in San Francisco tätig und trat seit 1943 bei vielen Konzerten als Mitglied eines Klavierduos auf.[1][9]

Während des Kriegs tourte Paul Schoop im Auftrag der amerikanischen Soldatenhilfsorganisation USO durch die „Kasernen, Spitäler und Camps“ und erfreute die Soldaten mit seinem Klavierspiel. „Mit einem auf Gummirädern laufenden Klavier fuhr er bei den Verwundeten von Bett zu Bett, um ihnen ihr Lieblingslied vorzuspielen.“[9]

Bereits 1933 war Pauls Schwester Hedi Schoop mit ihrem jüdischen Mann Friedrich Hollaender aus Deutschland geflohen und in die USA emigriert. Ihre Mutter und ihre Brüder Max und Paul folgten ihr um 1939 in die „freiwillige Emigration“ (als Schweizer Staatsbürger waren sie nicht durch die Nazis gefährdet), so dass die „wie eine Klette zusammenhaltende Familie“[10] spätestens 1940 fast komplett wieder in Los Angeles vereint war (Trudi Schoop gesellte sich erst nach dem Tod ihres Mannes 1951 wieder zur Familie). Zum Zeitpunkt der Volkszählung 1940 wohnten die Mutter und ihre beiden noch unverheirateten Söhne Max und Paul gemeinsam in einer Mietwohnung in Los Angeles, 8764 Lookout Mountain Drive, in den Hollywood Hills.[11]

Am 27. Juli 1945 heiratete Paul Schoop die Schauspielerin und Balletttänzerin Bonnie Vallarino (1914–1961). Aus der Ehe ging die 1952 geborene Tochter Paula hervor, die (1958) „bereits instinktiv zum Tanz und zum Klavier strebt“.[12][13][14]

1959 starb Paul Schoops Mutter im Alter von 86 Jahren. Zwei Jahre später 1961 starb seine Frau im Alter von nur 47 Jahren.[15] Nach ihrem Tod heiratete er Frances Schoop, mit der er 1973 gemeinsam zwei Songs veröffentlichte.[16] Paul Schoop starb am 1. Januar 1976 im Alter von 66 Jahren in Los Angeles im Stadtteil Van Nuys. Er wurde wunschgemäss eingeäschert, ein Grab existiert nicht.[17]

Trudi Schoop suchte Ende der 1920er Jahre zusammen mit ihrem Bruder Paul verzweifelt nach einer passenden Musik für ihre selbsterfundenen Pantomimen. „Eines Tages setzte sich mein Bruder Paul mit mir hin und begann meine Ideen in musikalische Sequenzen zu übertragen. Mein Komponist war gefunden!“[18] In den 1930er Jahren komponierte Paul, meist in Zusammenarbeit mit Huldreich Früh (1903–1945)[19], die Ballettmusiken für Trudis Pantomimen (siehe #Ballettmusik), vor allem für ihr Ballett „Fridolin unterwegs“, mit dem Trudi den Durchbruch schaffte und 1932 in Paris bei dem „Grand Concours Internationale de Chorégraphie“ den zweiten Preis errang. Ein Tanzkritiker urteilte über den Zusammenklang zwischen Tanz und Musik: „The music is apparently created for her and her particular style of dancing and is very definitely subjected to the dancing.“[20]

Nach Carl Seelig „zeigte sich immer deutlicher, daß Paul als Musiker einen ausgesprochenen Sinn für Pantomimik und »musicals«, das heißt Operetten besitzt.“ Neben den Balletten, die er für seine Schwester komponierte, schuf er in den 1930er Jahren eine Ballettmusik für das Königlich Dänische Ballett, die er selbst dirigierte. 1939 wurde in Solothurn seine Operette „Der Glückstrompeter“ uraufgeführt, die aber wegen des „ziemlichen erbärmlichen“ Librettos keinen Erfolg hatte. In der Emigration schrieb er unter anderem das Eulenspiegel-Scherzo „Imp’s Holiday“, die Orchestersuite „Fata Morgana“, ein parodistisches Zirkusballett, das tänzerische Indianerdrama „Maria del Valle“ und das marschartige Ballett „Satire on Radetzky“.[1][21][22]

1933 hatte Paul Schoop bereits seine erste Filmmusik für den Schweizer Spielfilm „Wie d’Wahrheit würkt“ komponiert. In Hollywood gelang es ihm jedoch nicht, eine einträgliche Position als Filmkomponist zu erringen. Er hatte gehofft, sein ehemaliger Schwager Friedrich Hollaender (der seit 1938 von seiner Schwester Hedi geschieden war) könnte ihm helfen, aber der „konnte Paul nicht so fördern, wie dieser hoffte“.[9] Es sind lediglich drei Filme bekannt, bei denen Kompositionen von ihm ohne Namensnennung Verwendung fanden (siehe #Filmmusik).

In #Mize 1951, Saunders 1948.2 und #Seelig 1958, S. 108–108, werden die Titel weiterer Werke aufgeführt. Angaben zur Rezeption sind rar, und Kritiken zu Paul Schoops Werken scheint es keine zu geben. Offenbar sind Paul Schoops Werke heute vergessen und werden nicht mehr aufgeführt.

  • 1929: Impressionen für Klavier, Opus 5, 10 und 12.[1]
  • 1939: Der Glücksritter, Operette, Libretto: Eva Thorsten, Uraufführung: 25. Februar 1938, Stadttheater Solothurn.[21]
  • 1939: Am Zürisee … am Zürisee …! Foxtrot-Lied, Musik: Paul Schoop, Text: Max Werner Lenz.[1]
  • The Wishing Tree, Musical Fantasy, Besetzung: Narrator, 2111-1100-timp+2, pno, str.[23] – Einführung in die Orchesterinstrumente für Kinder.
  • 1933: Wie d’Wahrheit würkt, Schweiz.[26]
  • 1941: Here Comes Mr. Jordan, USA, Zusatzmusik (additional music), ohne Namensnennung.[27]
  • 1942: The Man Who Returned to Life, USA, Produktionsmusik (stock music), ohne Namensnennung.[27]
  • 1948: Triple Threat, USA, Produktionsmusik (stock music), ohne Namensnennung.[27]

Anne Lief Barlin, eine „führende Pionierin des Kreativtanzes für Kinder“,[28] veröffentlichte ab 1964 eine Bilderbuchreihe, die Kindern als Leitfaden zum Kreativtanz dienen sollten. Für einige Titel der Reihe lieferte Paul Schoop die auf den beigegebenen LPs enthaltene Musikuntermalung.

  • Anne Lief Barlin; Paul Barlin; Paul Schoop (Musik); Lois Zener Thomas (Illustration): Dance-a-story … , je ein Buch mit LP, Ginn & Company, Boston MA / RCA Victor
    • … about Noah’s ark, 1964.
    • … about Little Duck, 1964.
    • … about the magic mountain, 1964.
    • … about balloons, 1964.
    • … about at the beach, 1966.

Veröffentlichungen

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Mitgliedschaften

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  • The National Society of Music and Art, Mitglied des National Board of Directors.[29]
  • American Federation of Musicians (AFM).[1]

Leben und Werk

  • J. T. H. Mize (Hrsg.): Schoop, Paul. In: The international who is who in music. Chikago 1951, S. 370.
  • Richard Drake Saunders (Herausgeber): Music and dance in California and the West. Hollywood 1948; archive.org
  • Richard Drake Saunders (Herausgeber): Schoop, Paul. In: #Saunders 1948.1, S. 252.
  • Carl Seelig: Der Komponist Paul Schoop. In: Originelle Gestalten der Familie Schoop. In: Thurgauer Jahrbuch, 33. Jahrgang, 1958, S. 108–109. (e-periodica.ch)

Quellen

  • Verna Arvey: Choreographic Music: music for the dance. New York 1941, S. 398 – Über Trudi und Paul Schoop.
  • Paul Barlin: In White America: Interracial Children and Adoption. Bloomington 2011, S. 67–68, 145, 154, books.google.de.
  • Sol Hurok: A Swiss Comedian. In: The World of ballet. London 1955, S. 46–47. – Trudi Schoops Manager über Trudi Schoop.
  • Bruno Oetterli: Die zwei Leben der Trudi Schoop. In: Musik-, Tanz- und Kunsttherapie, Band 20, 2009, S. 162–164.
  • Hugo Wolfgang Philipp: Brief an Margherita Gonzenbach, 8. September 1938. In: Nur weg möchte ich von hier: Briefe und Schriften aus dem Exil. Göttingen 2005, S. 278 (Paul Schoops Operette „Der Glücksritter“), online:.
  • Trudi Schoop; Peggy Mitchell; Hedi Schoop (Illustration): Won’t you join the dance? A dancer’s essay into the treatment of psychosis. Palo Alto, Calif. 1974, Ausschnitt:.
  • Trudi Schoop; Peggy Mitchell; Hedi Schoop (Illustration); Marigna Gerig (Übersetzung): Komm und tanz mit mir!: komm, so komm doch, komm, so komm doch, komm und tanz mit mir!; ein Versuch, dem psychotischen Menschen durch die Elemente des Tanzes zu helfen. Zürich 2006, Ausschnitt (PDF) – Deutsche Übersetzung von #Schoop 1974.
  • Karl Toepfer: Empire of Ecstasy: Nudity and Movement in German Body Culture, 1910–1935. Berkeley 1997. S. 199–200, online.
Commons: Paul Schoop – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g Mize 1951.
  2. Oetterli 2009, S. 162.
  3. Friedrich Maximilian Schoops Brüder Max Ulrich Schoop und Paul Schoop waren bekannte Techniker und Erfinder. Max Ulrich Schoops Sohn war der Bildhauer Uli Schoop.
  4. a b Schoop 1974
  5. Seelig 1958, S. 100.
  6. Seelig 1958.
  7. Die beiden Institutionen sind heute in der Zürcher Hochschule der Künste zusammengefasst.
  8. Saunders 1948.2.
  9. a b c Seelig 1958, S. 108.
  10. Seelig 1958, S. 101.
  11. ancestry.com.
  12. Seelig 1958, S. 103 (Foto), 109
  13. Mize 1951 und Saunders 1948.2 geben den Familiennamen fälschlich als Vallarina bzw. Vallarini an
  14. Bonnie Vallarino. Internet Movie Database, abgerufen am 30. Januar 2023 (englisch).
  15. California Death Index: geboren am 22. Oktober 1914 in England, gestorben am 25. Dezember 1961 in Los Angeles (familysearch.com).
  16. Catalog of Copyright Entries 1973.
  17. Paul Schoop in der Datenbank Find a Grave, abgerufen am 30. Januar 2023.
  18. Schoop 2006, Arvey 1941.
  19. Dominik Sackmann: Huldreich Georg Früh. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 14. April 2005, abgerufen am 8. Juli 2019.
  20. Arvey 1941. – Übersetzung: „Die Musik ist offenkundig massgeschneidert für sie und ihren speziellen Tanzstil und ordnet sich dem Tanz bedingungslos unter.“
  21. a b Philipp 2005.
  22. Seelig 1958, S. 108–109, Carl Seelig schreibt Paul Schoop auch die Musik für Thornton Wilders Stück „The merchant of Yonkers“ zu, das 1943 in Los Angeles uraufgeführt worden sein soll. Tatsächlich fand die Uraufführung jedoch 1938 in New York am Broadway statt (englische Wikipedia: en:The Merchant of Yonkers).
  23. Siehe: Kurzschrift Orchesterbesetzung.
  24. Toepfer 1997, S. 199–200.
  25. a b c Toepfer 1997, S. 200.
  26. Paul Schoop. In: filmportal.de. Deutsches Filminstitut, abgerufen am 22. Oktober 2018.
  27. a b c Paul Schoop. Internet Movie Database, abgerufen am 22. Oktober 2018 (englisch).Vorlage:IMDb/Wartung/Unnötige Verwendung von Parameter 2
  28. Center for Movement Education and Research.
  29. Saunders 1948.1, S. 308.