Paul Türpe

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Paul F.C. Türpe, ca. 1930

Paul Friedrich Carl Türpe (* 16. Juni 1859 in Berlin; † 20. Juni 1944) war ein deutscher Bildhauer.

Paul Türpe war das jüngste der sechs Kinder des Bäckermeisters Johann Andreas Türpe und dessen Ehefrau Marie Louise, geb. Woelfert in Berlin, Prenzlauer Str. 12a (zuvor Neue Königstr. 20). Außer Paul Türpe erreichte nur dessen zwei Jahre ältere Schwester Hedwig das Erwachsenenalter. Mit dieser Schwester lebte Türpe, der nie heiratete, sein Leben lang zusammen.

Türpe wurde an der Unterrichtsschule des Deutschen Gewerbemuseums in Berlin in praktischer Bildhauerei (Modelleur) ausgebildet und studierte dann von 1879 bis 1885 bei Fritz Schaper an der Akademie der Künste in Berlin. Er war seit 1896 bis zu seinem Tod Mitglied im Verein Berliner Künstler.

1893 beteiligte er sich an der Weltausstellung in Chicago mit einer Plastik „Laughing Boy“ aus Marmor und einer weiteren „Boy and Cat“ aus Bronze.[1] Für diese ausgestellten Plastiken erhielt er eine Bronzemedaille. Sein Hauptwerk ist der Stuhlmannbrunnen (s. u.) in Altona, heute (nach Versetzung von zwei anderen Standpunkten) da auf dem Platz der Republik. Zusammen mit seinen Berufskollegen Wilhelm Haverkamp und Heinrich Günther-Gera war Türpe 1900/02 beteiligt an der plastischen Ausschmückung des städtischen Museums Altona.

Für ein Modell betitelt „Mairegen“ erhielt Türpe 1881 zwei Preise zu je 300 M.[2] Die gleiche Quelle berichtet, dass Türpe eine Terrakottafigur, ein zierliches Mädchen mit Trauben im Arm darstellend und „Weinlese“ betitelt, sowie eine weibliche Büste zu einer Ausstellung beitrug. Aus derselben Zeit stammen weitere Figuren Türpes aus Gips und genannt „Affe und Neger“[3], sowie eine andere genannt „Der Gesellige“,[4] und Modelle für Gedenkmünzen.[5]

1898 beteiligte sich Türpe an einem Preisausschreiben für einen zu errichtenden Brunnen in Bromberg. Wie sechs andere Künstler, die nicht den Preis gewannen, darunter Heinrich Günther-Gera, deren Entwürfe jedoch gewürdigt wurden, erhielt Türpe für sein eingereichtes Modell (den Ritter St. Georg den Drachen tötend darstellend) 600 M.[6] Ein Werk von Türpe befand sich auch in Danzig.[7]

Mit seiner Bronzeplastik „Der Flieger“ beteiligte sich Türpe 1929 an der Ausstellung „100 Jahre Berliner Kunst im Schaffen des Vereins Berliner Künstler“.[8]

Er stellte auch an anderen Orten, etwa in Paris, aus. Auszeichnungen erhielt er von den Städten Göttingen, Bonn, Mühlhausen und Danzig. Bekannt ist auch, dass Türpe einen Beethoven-Kopf in natürlicher Größe entwarf, von dem es Gipsreplikate gab – vermutlich anlässlich des 100. Todestages von Beethoven 1927. In Posen und Elberfeld standen Werke Türpes nach einem Bericht zu Türpes 75. Geburtstag.[9] Andere Quellen sprechen von Portalfiguren am Rathaus von Elberfeld – gemeint sind wahrscheinlich kleinere Figuren, da die großen Standbilder am Portal vom o. g. Heinrich Günther-Gera gestaltet wurden.

Mangels Nachfrage nach bildhauerischen Werken nach dem Ersten Weltkrieg und der Inflationszeit verlegte sich Türpe danach mehr auf die Malerei von Landschaften, Stillleben und Porträts und kopierte Gemälde anderer Künstler, die in der damaligen Zeit populär waren, wie z. B. Arnold Böcklin und Claus Meyer. Dennoch blieb er der Bildhauerei treu und erhielt z. B. einen Auftrag zum „100-jährigen Bestehen des Hauses G.E. Dellschau, Berlin“, eine Bronzetafel (0,63 mal 0,34 Meter groß) und „Gewidmet von den Angestellten, 1. April 1921“, zu erstellen. Dies war eine Tafel mit architektonischem Rahmen, auf der in Relief Handel und Industrie auf dem Hintergrund der Silhouette Berlins in allegorischer Form dargestellt werden. Eine weitere Arbeit, die er damals schuf, war eine 0,7 Meter hohe Bronzestatuette, genannt „Ikarus.“ In der zweiten Hälfte der 1920er Jahre arbeitete der später in Dresden und in der DDR bekannt werdende Prominenten-Bildhauer Johannes Friedrich Rogge als Plastiker im Atelier von Türpe. Dieser schuf auch eine Büste von Türpe, die im Krieg zerstört wurde.[10]

1944 wurden Paul Türpe und seine Schwester nach Bombardierung ihrer Wohnung aus Berlin nach Güldenau in Posen (poln. :Polajewo Provinz Pila) in eine Senioren-Notunterkunft evakuiert, wo beide verstarben.

Stuhlmannbrunnen

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Detail des Stuhlmannbrunnens

Das bekannteste Werk Türpes ist der Stuhlmannbrunnen in Altona. Türpe gewann die Ausschreibung um den Brunnen, die aus dem Vermächtnis des Altonaer Bürgers Günther Ludwig Stuhlmann hervorgegangen war, aber erst 1897, etwa 25 Jahre nach dem Tod des Stifters, in die Tat umgesetzt wurde. Türpe brachte der Sieg im Wettbewerb gegen 57 Konkurrenten 1000 Mark ein. Das Denkmal wurde von Otto Bommer in Kupfer getrieben und am 1. Juni 1900 eingeweiht. Der Brunnen hat seitdem mehrfach seinen Standort gewechselt.[11] Die über sieben Meter hohen Brunnenfiguren stellen zwei Kentauren im Kampf um einen riesigen Fisch dar und werden meist als bildhafte Darstellung der Konkurrenz zwischen Altona und Hamburg auf dem Gebiet der Fischerei gedeutet. Laut Familienüberlieferung durch Harald Müller-Kirsten stellt der am Netz zerrende Kentaur außerdem ein Selbstporträt Paul Türpes dar.

Im Jahr 2008 begann der Altonaer Stadtarchiv e.V. Führungen ins Innere des Brunnens anzubieten. Über eine Leiter können die Besucher bis in die Köpfe der Brunnenfiguren steigen.[12]

Bilder von Werken

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  • Birgit Gewehr, Der Bildhauer Paul Türpe, in: Stadtteilarchiv Ottensen, Stiftung Denkmalpflege Hamburg (Hrsg.), Der Stuhlmannbrunnen. Sinnbild und Wahrzeichen im Herzen Altonas, Hamburg (Dölling und Galitz) 2000, ISBN 3-933374-72-3, S. 55–57.
  • Weltausstellung Chicago 1893, World’s Columbian Exposition 1893, Official Catalogue, W.B. Conkey Publ. Co. 1893, Part X, page 91: Türpe, Paul Berlin: 107. Laughing Boy (marble), 108. Boy and Cat (bronze); Amtlicher Katalog der Ausstellung des Deutschen Reiches, Nrn. 5519, 5520.
  • Allgemeines Künstler-Lexikon, Leben und Werke der berühmtesten Künstler, Band 6, Hrsg.: Hermann Alexander Müller und Hans Wolfgang Singer, Rütten und Loening, Frankfurt am Main (1922), Türpe, Paul, S. 284 (Digitalisat).
  • Dresslers Kunsthandbuch, 1930/II, Türpe, Paul B. – Berlin-Steglitz, Berlin geb. 16. Juni 1859, Kunstgewerbeschule u. Akad. Berlin, a.: Med., Chicago 1893. Werke: Stuhlmannbrunnen Altona,; Portalfiguren Rathaus Elberfeld.
  • Katalog der Ausstellung „100 Jahre Berliner Kunst“ (1929), S. 213: Türpe, Paul: Der Flieger, Bronze, H. 30.
  • Verlag der Neuen Photographischen Gesellschaft A.G. Berlin-Steglitz: Skulpturen erster Meister (ca. 1917), Nr. 1503: Paul Türpe: Der Schelm.
  • F. Jansen, Deutsche Bildende Künstler in Wort und Bild, Leipzig (1912), Türpe, Paul, S. 603.
  • Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler, Bd. 33, Verlag Seemann. Leipzig (1939).
  • Harald J.W. Müller-Kirsten, Paul Türpe und der Stuhlmannbrunnen in Altona, Schleswig-Holstein, Nr. 10 (1967) S. 268–269.
Commons: Paul Türpe – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Weltausstellung Chikago 1893/World's Columbian Exposition 1893, Official Catalogue, W.B. Conkey Co. Publ., Chicago (1893), Part X, p. 91.
  2. Centralblatt der Bauverwaltung (1881), Vol. 1–10 (1881–1890), Vol. 11–20 (1891–1900).
  3. Zeitschrift für Bildende Kunst, K.F.A. von Lützow (1897); Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe, 1899/1900, Jg. 11.
  4. Graudenzer Zeitung 1898, 12.10, Jg. 73, Nr. 289
  5. Posener Zeitung, Jg. 97, Nr. 803 (16. November 1890).
  6. Architekturwelt (1898), Abb. 561, Sn. 437–438.
  7. Danziger Neueste Nachrichten 288/1898.
  8. Katalog der Ausstellung ,,100 Jahre Berliner Kunst" (1929), Nr. 218, S. 213.
  9. „Paul Türpe-Südende 75 Jahre“, Berliner Kunstchronik (1934), Seitenzahl unbekannt.
  10. Bild von Türpe und der Büste in der Biographie von Johannes Friedrich Rogge bzw. https://www.rogge-museum.de, da unter Rogge-Museum, Dresden, s. Biographisches.
  11. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 29. Oktober 2007 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.patriotische-gesellschaft.de
  12. Führungen um und in den Stuhlmann-Brunnen. In: Mien leeves Altona. Neuigkeiten aus Altonas Gegenwart und Vergangenheit. Internet-Zeitung Nr. 6 des Altonaer Stadtarchivs, Hamburg, Juli 2008, S. 26–27.