Pikraminsäure

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Strukturformel
Strukturformel von Pikraminsäure
Allgemeines
Name Pikraminsäure
Andere Namen
  • 2-Amino-4,6-dinitrophenol (IUPAC)
  • PICRAMIC ACID (INCI)[1]
  • Amidinitrophenylsäure (veraltet)
Summenformel C6H5N3O5
Kurzbeschreibung

rote Kristalle[2]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 96-91-3
EG-Nummer 202-544-6
ECHA-InfoCard 100.002.314
PubChem 4921319
ChemSpider 4103087
Wikidata Q283711
Eigenschaften
Molare Masse 199,12 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

1,69 g·cm−3[3]

Schmelzpunkt

168 °C[4]

pKS-Wert

4,6[5]

Löslichkeit
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[8] ggf. erweitert[7]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 201​‐​332​‐​312​‐​302​‐​412
P: ?
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Die Pikraminsäure (Trivialname, systematisch: 2-Amino-4,6-dinitrophenol) ist ein explosives organisches Nitrophenol, welches sich von der Pikrinsäure ableitet. Zum ersten Mal stellte es Aimé Girard her, der auch den ursprünglichen Trivialnamen auswählte.[9]

Darstellung und Gewinnung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Verbindung kann durch eine selektive Reduktion einer der ortho-Nitrogruppen aus Pikrinsäure z. B. mittels Natriumhydrogensulfid, Ammoniumsulfid oder Kupfer und Hydrazin gewonnen werden.[4][2] Bei der weiteren Reduktion, z. B. mit einem Überschuss von Ascorbinsäure, entsteht 2,6-Diamino-4-nitrophenol.[S 1]

Pikraminsäure ist ein kristalliner Feststoff. Die Verbindung ist im trockenen Zustand durch Schlag, Reibung, Wärme und andere Zündquellen explosionsgefährlich[10] und fällt im Umgang unter das Sprengstoffgesetz.[11] Die Explosion verläuft sehr heftig unter Freisetzung großer Gasmengen.[10] Eine Phlegmatisierung ist mit 20 % Wasser möglich.[10]

Tabelle mit wichtigen explosionsrelevanten Eigenschaften:
Bildungsenergie −1168,0 kJ·kg−1[4]
Bildungsenthalpie −1249,0 kJ·kg−1[4]
Sauerstoffbilanz −76,3 %[4]
Stickstoffgehalt 21,11 %[4]
Normalgasvolumen 961 l·kg−1[4]
Explosionswärme 2630 kJ·kg−1 (H2O (l))
2509 kJ·kg−1 (H2O (g))[4]
Spezifische Energie 668 kJ·kg−1 (68,1 mt/kg)[4]
Bleiblockausbauchung 16,6 cm3·g−1[4]
Verpuffungspunkt 240 °C[4]
Stahlhülsentest Grenzdurchmesser 2,5 mm[4]
Schlagempfindlichkeit 34 Nm[4]
Reibempfindlichkeit bis 353 N keine Reaktion[4]

Nach einer Diazotierung kann aus der Verbindung der Initialsprengstoff Diazodinitrophenol erhalten werden.[4] Die Verbindung dient weiterhin als Ausgangsstoff für Azofarbstoffe, als Indikator und als oxidativer Haarfarbstoff.[2]

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Eintrag zu PICRAMIC ACID in der CosIng-Datenbank der EU-Kommission, abgerufen am 21. März 2020.
  2. a b c d Eintrag zu Pikraminsäure. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 10. März 2014.
  3. Carl L. Yaws: The Yaws Handbook of Physical Properties for Hydrocarbons and Chemicals. Elsevier Science, 2015, ISBN 978-0-12-801146-1, S. 98 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. a b c d e f g h i j k l m n o Köhler, J.; Meyer, R.; Homburg, A.: Explosivstoffe, zehnte, vollständig überarbeitete Auflage, Wiley-VCH, Weinheim 2008, S. 233, ISBN 978-3-527-32009-7.
  5. Springer, A.; Jones, H.C.: A Study of the Conductivity and Dissociation of Certain Organic Acids in Aqueous Solution at Different Temperatures, in: Amer. Chem. J. 48 (1912) S. 411–452 (pdf).
  6. Rose, A.R.; Sherwin, C.P.: Surface Tension as a Factor in Detoxication, in: J. Biol. Chem. 68 (1926) S. 565–573.
  7. Eintrag zu 2-Amino-4,6-dinitrophenol in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 1. Februar 2016. (JavaScript erforderlich)
  8. Eintrag zu 2-amino-4,6-dinitrophenol im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. August 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  9. Aimé Girard: Ueber die Einwirkung des Schwefelwasserstoffs auf Pikrinsäure. In: Journal für Praktische Chemie. Band 59, Nr. 1, Januar 1853, S. 142–146, doi:10.1002/prac.18530590113.
  10. a b c Roth, L.; Weller, U.: Gefährliche Chemische Reaktionen, 65. Ergänzungslieferung, ecomed-Verlag 2011.
  11. Sprengstoffgesetz (Deutschland), Anhang I, Liste der explosionsgefährlichen Stoffe, auf die das Gesetz in vollem Umfang anzuwenden ist.

Externe Identifikatoren

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu 2,6-Diamino-4-nitrophenol: CAS-Nr.: 96859-45-9, Wikidata: Q130236195.