Portal Diskussion:Marxismus/Bilder/23

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Letzter Kommentar: vor 14 Jahren von Gonzo Greyskull in Abschnitt Bild ist fehl am Platz
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Bild ist fehl am Platz

[Quelltext bearbeiten]

Dieses Bild über die (auf dem Foto noch junge) Situationistische Internationale ist in diesem Portal fehl am Platz: Was hat diese Anarcho-Verbindung [1] [2] [3] [4] eigentlich in einem Portal über Marxismus zu suchen? Ist die Situationistische Internationale eine marxistische Organisation gewesen? (Handfeste Belege?) Ich glaube nicht, denn sie widersprechen Marx und Engels und ihrem "wissenschaftlichen Sozialismus" fundamental und nicht nur in Einzelfragen und näheren Details. Der Begriff "Wissenschaftlicher Sozialismus" ist zu Zeiten Marxens doch gerade entstanden, um sich von utopischen Sozialisten und Anarchisten abzugrenzen.

Marx und Engels standen beide für die Erringung der politischen Macht durch die Arbeiterklasse, welches sich dazu in Arbeiterparteien organisieren müsse, ein [5] und vertraten die Theorie vom "Absterben des Staates"[6] in einer höheren Phase des Kommunismus (der klassenlosen Gesellschaft), im Gegensatz zur Abschaffung jeglicher staatlicher Institutionen. Dies bedeutet logischerweise zwangsläufig, dass es nach der Zerschlagung des bürgerlichen Staates im "niederen Kommunismus" einen Arbeiterstaat geben müße, weil dieser eben noch notwendig sei für die Herrschaft der Arbeiterklasse. Siehe zusätzlich auch einige Zitate von Marx und Engels:

"Der Staat wird nicht abgeschafft, er stirbt ab." -Friedrich Engels, Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft. MEW 19, S. 224, 1880.

"Aber die Antiautoritarier fordern, daß der autoritäre politische Staat auf einen Schlag abgeschafft werde, bevor noch die sozialen Bedingungen vernichtet sind, die ihn haben entstehen lassen. Sie fordern, daß der erste Akt der sozialen Revolution die Abschaffung der Autorität sei.... Also von zwei Dingen eins: Entweder wissen die Antiautoritarier nicht, was sie sagen, und in diesem Fall säen sie nur Konfusion; oder sie wissen es, und in diesem Fall üben sie Verrat an der Bewegung des Proletariats. In dem einen wie in dem anderen Fall dienen sie der Reaktion." Friedrich Engels, Von der Autorität; MEW 18, S. 305-308, 1872/73

"In einer höheren Phase der kommunistischen Gesellschaft, nachdem die knechtende Unterordnung der Individuen unter die Teilung der Arbeit, damit auch der Gegensatz geistiger und körperlicher Arbeit verschwunden ist; nachdem die Arbeit nicht nur Mittel zum Leben, sondern selbst das erste Lebensbedürfnis geworden; nachdem mit der allseitigen Entwicklung der Individuen auch ihre Produktivkräfte gewachsen und alle Springquellen des genossenschaftlichen Reichtums voller fließen - erst dann kann der enge bürgerliche Rechtshorizont ganz überschritten werden und die Gesellschaft auf ihre Fahne schreiben: Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!" - Karl Marx, Kritik des Gothaer Programms, MEW 19, 21

"Zwischen der kapitalistischen und der kommunistischen Gesellschaft liegt die Periode der revolutionären Umwandlung der einen in die andre. Der entspricht auch eine politische Übergangsperiode, deren Staat nichts andres sein kann als die revolutionäre Diktatur des Proletariats." - Karl Marx, Kritik des Gothaer Programms, MEW 19, 28

Die Situationistische Internationale (SI, 1957 - 1971/72) hingegen wollte nicht die proletarische Erringung politischer Macht, sondern wollte den Staat "abschaffen" (also nicht die Theorie vom Absterben des Staates).

Guy Debord schrieb beispielsweise über die proletarische Revolution, so wie er sie sich vorstelle: "Sie kann unbeschwert überall beginnen, wo autonome proletarische Versammlungen die Trennung der Individuen, die Warenwirtschaft und den Staat abschaffen werden, indem sie außerhalb ihrer selbst weder die Autorität noch das Eigentum von irgend jemanden anerkennen und ihren Willen über alle Gesetze und alle Spezialisierungen stellen. Die Revolution wird jedoch nur triumphieren, wenn sie sich weltweit durchsetzt, ohne irgendeiner noch bestehenden Form der entfremdeten Gesellschaft auch nur den kleinsten Raum zu überlassen."

"autonome proletarische Versammlungen", "Staat abschaffen", das klingt alles nach Anarchismus und hat mit Marx nichts zu tun. Die Eroberung der politischen Macht durch das Proletariat wird von den Situationisten (auch dementsprechend) abgelehnt. Die SI setzte auf Abschaffung des Staates und auf die so genannte "generalisierte Selbstverwaltung" in verallgemeinerten Räten. Räte ähnlich auch wie bei Theoretikern des kommunistischen Anarchismus. Aus Kritiker Augen läßt sich bei der SI eine Art Rätefetischismus feststellen. Was von den Räten für Jedermann verwaltet werden soll bleibt bei ihnen indes vermutlich unklar. Das Situationen-Konzept der SI sieht vor, rein spontan revolutionäre Situationen zu schaffen (vgl. "Direkte Aktion")

Ein weiterer bekannter Autor der SI war, eine "bekannte""Person des Anarchismus", Raoul Vaneigem ("The Revolution of Everyday Life", auf dt. "Handbuch der Lebenskunst für die jungen Generationen", 1967), der 1970 die SI verließ, weil er sie für gescheitert hielt.

Von "Kommunisten" und einer festen Organisation ("Kommunistische Partei"/Arbeiterpartei/Partei der Arbeiterklasse) der Arbeiter, wie es noch Marx befürwortete/anstrebte, z.B. auch im Manifest der Kommunistischen Partei 1848 und in der Kritik des Gothaer Programms (1875 verfasst und 1891 postum veröffentlicht), und so wie es Marxens und Engels' bestreben in der ersten Internationale (Internationale Arbeiterassoziation) zum Beispiel auf dem Londoner Kongress im September 1871 war, wo erklärt wurde dass "die Arbeiterklasse gegen diese Gesamtgewalt der besitzenden Klassen nur als Klasse handeln kann, indem sie sich selbst als besondere politische Partei konstituiert, im Gegensatz zu allen alten Parteibildungen der besitzenden Klassen." (Karl Marx, "Londoner Konferenz der Internationalen Arbeiterassoziation", MEW 17, S.422), findet sich bei der Situationistischen Internationale nichts und zwar mit Absicht (stattdessen, z.B.: "autonome proletarische Versammlungen").

Es mag sein, dass sie sich bei Marx' Kapitalismus-Analyse (wobei sie ganz andere Schlüße als Marx zogen) bedienten und einige Begriffe (Übernahme und Veränderung des frühen "Proletariats"-Begriffs, veränderte "Entfremdung"s-Theorie + ) von Marx, als Versatzstücke, entlehnten/entnahmen, aber diese dann teilweise auch wieder ganz anders benutzten. (Begriffe entlehnen, für anderen Inhalt.) Ihre Grundorientierung war aber anarchistisch (jegliche Staatliche Institution "abschaffen", keine Partei der Arbeiterklasse und ihre aktionistische Situations-Konzeption), siehe auch references. Auch wenn es von den Situationisten vereinzelt auch ein wenig Kritik an den anarchistischen Klassikern/Ideologen geben sollte. Die SI stellt sich als anarchistisch dar, meinetwegen als "undogmatisch" anarchistisch oder neu anarchistisch.

Nicht nur reine Analyse und Kritik des Kapitalismus (vorallem "Das Kapital" 1-3) gab es von Marx und Engels, sondern eben auch welche programmatischen Schlüße sie daraus gezogen haben (in: "Manifest der Kommunistischen Partei", "Kritik des Gothaer Programms", "Der Bürgerkrieg in Frankreich", "Von der Autorität", "Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft" und die auch zitierte "Londoner Konferenz der Internationalen Arbeiterassoziation"). Diese Programmatik von Marx/Engels wurde bereits dargestellt. Diese Dinge sind es, die den wissenschaftlichen Sozialismus von Marx und Engels, der Werkzeug im Kampf gegen den Kapitalismus ist, vom Anarchismus, so eben auch von den Situationisten, unterscheiden.

Einzelnachweise

  1. [1] "Die Situationistische Internationale hatte einen anarchistischen Grundcharakter." Günther Bartsch; 1976
  2. http://www.asger-jorn.de/index.shtml "der anarchistisch geprägten "Situationistischen Internationale" "
  3. http://www.bibliothekderfreien.de/texte/verlorene-Kunst-wieder-entdeckte-freiheit.html Thorsten Hinz: Verlorene Kunst, wieder entdeckte Freiheit: "die von der Anarchie inspirierten Situationisten"
  4. "Anarchismus als Idee der herrschaftsfreien Gesellschaft" Von Jasmin Becker (Hauptseminararbeit) 2004. Auch im universitären Milieu wird die Situationistische Internationale als anarchistische Organisation gesehen: Situationistische Internationale = "neue" Anarchisten, [quasi Neoanarchisten ].
  5. Marx/Engels Gesamtausgabe
  6. Karl Marx und der Marxismus, 1967 Iring Fetscher

--Gonzo Greyskull 23:24, 21. Jun. 2010 (CEST)Beantworten