Quadratische Gleichung
Eine quadratische Gleichung ist eine Gleichung, die sich in der Form
mit schreiben lässt. Hierbei sind Koeffizienten; ist die Unbekannte der Gleichung. Ist zusätzlich , also die quadratische Gleichung von der Form , so spricht man von einer reinquadratischen Gleichung.
In der Mathematik, bzw. genauer der Algebra, interessiert man sich für die Lösungen von quadratischen Gleichungen (aber auch allgemeineren Gleichungen), also für diejenigen Zahlen, die, wenn man sie für einsetzt, zu einer wahren Aussage führen. Das trifft im Beispiel auf zu. Die Lösungen einer allgemeinen quadratischen Gleichung lassen sich mithilfe der Formel
explizit bestimmen. Diese Formel wird als a-b-c-Formel oder Mitternachtsformel bezeichnet. Im Bereich der reellen Zahlen kann eine quadratische Gleichung keine, eine oder zwei Lösungen besitzen. Ist der Ausdruck unter der Wurzel (die sogenannte Diskriminante) negativ, so existiert keine Lösung; ist sie Null, so existiert genau eine Lösung; wenn sie positiv ist, so existieren zwei Lösungen. Insbesondere lässt sich die Anzahl der Lösungen einer quadratischen Gleichung oberer Form bereits durch eine Untersuchung der Diskriminante bestimmen, ohne die Lösungen selbst genau berechnen zu müssen.
Die linke Seite der Gleichung ist der Term einer quadratischen Funktion (allgemeiner ausgedrückt: ein Polynom zweiten Grades) ; der Funktionsgraph dieser Funktion im kartesischen Koordinatensystem ist eine Parabel. Geometrisch beschreibt die quadratische Gleichung – falls vorhanden – die Nullstellen dieser Parabel.
Konkrete Anwendungen haben quadratische Gleichungen etwa in der Elementargeometrie, da quadratische Terme mit Flächeninhalten von Rechtecken korrespondieren können. In der modernen Mathematik, aber auch in mathematischen Modellen, tauchen sie in ihrer einfachsten Form hingegen eher selten auf, oder sind lediglich ein einfacher Spezialfall einer weitaus umfangreicheren Theorie (etwa jene der algebraischen Gleichungen oder quadratischen Formen). Dennoch gehören quadratische Gleichungen und ihre Auflösung fest zum Lehrplan an vielen Schulen weltweit, da sie Beispiele von Gleichungen sind, die mit in der Schulmathematik zugänglichen Mitteln behandelbar sind, was auf die meisten Gleichungen nicht zutrifft.
In der höheren Algebra bzw. algebraischen Zahlentheorie werden quadratische Gleichungen auch über anderen Körpern betrachtet. Im Falle der komplexen Zahlen haben sie stets mindestens eine Lösung, womit der in der reellen Situation mögliche Fall „keine Lösung“ entfällt. Im Fall endlicher Primkörper führt die Frage nach Lösbarkeit zum quadratischen Reziprozitätsgesetz.
Einführung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Gleichungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Es ist
Beispiel einer wahren Gleichung: Beide Zahlen auf jeder Seite des Gleichheitszeichens sind identisch. Gleichungen können umgeformt werden. Dahinter steckt die Idee, dass, wenn zwei identische Größen auf identische Weise manipuliert werden, die Resultate wieder identisch sein müssen. Aus beidseitiger Addition von mit geht hervor – wieder eine gültige Gleichung. Oft beinhalten Gleichungen eine Unbekannte, etwa
Beidseitige Division durch formt dies zu um, womit die Unbekannte plötzlich „sichtbar“ wird. Im Nachhinein ist auch der einfache Zusammenhang leicht zu prüfen, und es war der „einzige Kandidat“, der mit schon unausweichlich bestimmt war. In vielen Problemen der wissenschaftlichen Praxis entstehen aus bekannten Beziehungen zunächst unbekannter Größen Gleichungen, weshalb Techniken zu deren Auflösen große Bedeutung zukommt. Die innerhalb einer wissenschaftlichen Theorie erarbeiteten kausalen Zusammenhänge oder ökonomische Forderungen „zwingen“ die Größen in einen begrenzten Raum an Möglichkeiten, doch erst ein Auflösen der entstehenden Gleichungen macht diese wenigen Möglichkeiten „sichtbar“.
Beispiel einer quadratischen Gleichung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ein rechteckiges Zimmer ist zwei Meter länger als breit und hat den Flächeninhalt Quadratmeter – wie lang und wie breit ist es? Die Frage führt zur Gleichung
- ( = Breite des Zimmers in Metern),
also
Dies ist ein Beispiel einer quadratischen Gleichung. Will man diese auflösen, müssen beidseitig so oft Umformungen vorgenommen werden, bis das isoliert auf einer Seite steht (und auf der anderen Seite der oder die möglichen Werte, die die Gleichung lösen). Bei quadratischen Gleichungen erweisen sich die binomischen Formeln als nützlich. Die Grundidee ist, „umgekehrt“ zu denken: Schafft man es, irgendwo einen Term der Form zu erzeugen, kann eine Gleichung vereinfacht werden. Dies erfordert ein gewisses Geschick beim „Erkennen“ und zu Beginn meist etwas Übung. Im obigen Beispiel kann auf der linken Seite durch Hinzufügen eines nichtigen Terms wie folgt eine binomische Formel „erzwungen“ werden:
Die Quadratwurzel von ist , weshalb und somit oder sein muss (was letztlich der entscheidende Schritt zum „Auflösen“ der Gleichung ist). Daraus ergibt sich die Lösungsmenge . Damit hat das Zimmer die Breite .[Anm. 1] Dies war schon seit Aufstellung der Bedingungen an das Zimmer „unausweichlich“, wurde aber erst nach Auflösung der quadratischen Gleichung für Geist und Auge „sichtbar“.
Definition
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die allgemeine Form der quadratischen Gleichung lautet
Dabei heißt quadratisches Glied, lineares Glied und konstantes Glied (auch Absolutglied oder absolutes Glied) der Gleichung.[1] Die Voraussetzung ist wichtig, da mit das quadratische Glied entfallen würde.
Die Gleichung ist in Normalform, falls , wenn also das quadratische Glied den Koeffizienten 1 hat. Aus der allgemeinen Form lässt sich die Normalform durch Äquivalenzumformungen gewinnen, indem durch dividiert wird. Mit der Definition
- und
lässt sich die Normalform somit schreiben als[1]
Lösungen der quadratischen Gleichung mit reellen Koeffizienten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eine Lösung einer quadratischen Gleichung ist eine Zahl, die die Gleichung erfüllt, wenn sie für eingesetzt wird. Jede quadratische Gleichung hat, wenn man komplexe Zahlen als Lösungen zulässt, genau zwei (gegebenenfalls zusammenfallende) Lösungen, auch Wurzeln der Gleichung genannt. Betrachtet man nur die reellen Zahlen, so hat eine quadratische Gleichung null bis zwei Lösungen.
Anzahl der reellen Nullstellen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Anzahl der Lösungen lässt sich mit Hilfe der sog. Diskriminante bestimmen. Im allgemeinen Fall ist , im normierten Fall ist (zur Herleitung siehe unten):
Die Grafik zeigt den Zusammenhang zwischen der Anzahl der reellen Nullstellen und der Diskriminante:
- A Diskriminante positiv: Die Parabel hat zwei Schnittpunkte mit der -Achse, es gibt also zwei verschiedene reelle Nullstellen und
- B Diskriminante Null: Die Parabel hat genau einen Berührpunkt mit der -Achse, nämlich ihren Scheitelpunkt. Es gibt somit genau eine (doppelte) reelle Lösung. Die quadratische Gleichung lässt sich auf die Form bringen.
- C Diskriminante negativ: Die Parabel hat keinen Schnittpunkt mit der -Achse, es gibt keine reellen Lösungen der quadratischen Gleichung. Lässt man komplexe Zahlen als Grundmenge für die Lösungen zu, erhält man zwei verschiedene komplexe Lösungen. Diese sind zueinander konjugiert, das heißt, sie haben den gleichen Realteil und ihre Imaginärteile unterscheiden sich nur durch das Vorzeichen.
Einfache Spezialfälle
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ist der Koeffizient des linearen Gliedes oder das absolute Glied , so lässt sich die quadratische Gleichung durch einfache Äquivalenzumformungen lösen, ohne dass eine allgemeine Lösungsformel benötigt würde.
Fehlendes lineares Glied
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die reinquadratische Gleichung mit ist äquivalent zu
Die Lösungen lauten
Im Fall existieren zwei Lösungen. Im Fall existieren keine reellen Lösungen. Die komplexen Lösungen sind dann
Zum Beispiel hat die Gleichung die Lösungen . Die Gleichung hat keine reellen Lösungen, die komplexen Lösungen lauten .
Der Fall und wegen damit , also eine doppelte Lösung, tritt nur bei Gleichungen vom Typ mit ein und sie lautet .
Fehlendes konstantes Glied
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Aus der Gleichung ergibt sich durch Ausklammern , d. h., es muss oder gelten. Die beiden Lösungen lauten also
- und
Zum Beispiel hat die Gleichung die Lösungen und .
Gleichung in Scheitelpunktform
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Scheitelpunktform
ist eine Variation der reinquadratischen Gleichung . Sie kann wie diese durch „Rückwärtsrechnen“ gelöst werden: Zunächst subtrahiert man und dividiert durch . Dies führt zu
Für ergibt sich daraus
Durch Addition von erhält man die Lösungen
- und
Für erhält man entsprechend die beiden komplexen Lösungen
- und
Beispiel:
Lösen mit quadratischer Ergänzung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Beim Lösen mit quadratischer Ergänzung werden die binomischen Formeln benutzt, um eine quadratische Gleichung in allgemeiner Form oder in Normalform auf die Scheitelpunktform zu bringen, die dann einfach aufgelöst werden kann.
Man verwendet die erste bzw. zweite binomische Formel in der Form
Dazu wird die quadratische Gleichung so umgeformt, dass die linke Seite die Form hat. Danach wird auf beiden Seiten addiert. Dies ist die „quadratische Ergänzung“. Die linke Seite hat nun die Gestalt und kann mit der binomischen Formel zu umgeformt werden. Danach liegt die Gleichung in der leicht aufzulösenden Scheitelpunktform vor.
Dies wird am besten anhand eines konkreten Zahlenbeispiels erklärt. Betrachtet wird die quadratische Gleichung
Zunächst wird die Gleichung normiert, indem man durch den Leitkoeffizienten (hier 3) dividiert:
Das konstante Glied (hier 6) wird auf beiden Seiten subtrahiert:
Nun folgt die eigentliche quadratische Ergänzung: Die linke Seite muss so ergänzt werden, dass sich eine binomische Formel (hier die zweite) rückwärts anwenden lässt. Das aus der obigen binomischen Formel ist dann , also muss auf beiden Seiten der Gleichung addiert werden:
Die linke Seite wird nach der binomischen Formel umgeformt, die rechte Seite vereinfacht:
Dies führt zu
- ,
also zu den beiden Lösungen und
Allgemeine Lösungsformeln
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Man kann quadratische Gleichungen auch lösen, indem man eine der mit Hilfe der quadratischen Ergänzung hergeleiteten allgemeinen Lösungsformeln verwendet.
Lösungsformel für die allgemeine quadratische Gleichung (a-b-c-Formel)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Lösungen der allgemeinen quadratischen Gleichung lauten:
- .
Die Formel wird in Teilen Deutschlands und der Schweiz umgangssprachlich als Mitternachtsformel bezeichnet, weil „Schüler sie aufsagen können sollen, selbst wenn man sie um Mitternacht weckt und nach der Formel fragt“.[2] In Österreich ist der Ausdruck große Lösungsformel gebräuchlich.[3]
Alternative Formen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Alternative Formulierungen der a-b-c-Formel, die mehr der weiter unten behandelten p-q-Formel ähneln, sind:
Wenn man die quadratische Gleichung in der Form
angibt (d. h. mit ), erhält man die etwas einfachere Lösungsformel:
Durch Erweitern der a-b-c-Formel mit dem Term erhält man eine Formel, welche auch für den linearen Fall anwendbar ist, dafür jedoch im Fall die Berechnung der Lösung wegen einer Division durch Null nicht mehr liefern kann. In beiden Fällen wird die Lösungsformel ohnehin nicht benötigt. Für betragsmäßig sehr kleine ist die alternative Form jedoch robuster gegenüber numerischer Auslöschung.
Lösung der a-b-c-Formel bei negativer Diskriminante
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ist die oben eingeführte Diskriminante negativ, so ist für die Lösungen die Wurzel einer negativen Zahl zu berechnen. Im Zahlbereich der reellen Zahlen gibt es hierfür keine Lösungen. Im Bereich der komplexen Zahlen gilt . Dieser Term bestimmt den Imaginärteil der beiden zueinander konjugierten Lösungen, einmal mit positivem, einmal mit negativem Vorzeichen. Der Term davor mit wird zum konstanten Realteil der beiden Lösungen:
- (komplexer Fall bei negativer Diskriminante).
Herleitung der a-b-c-Formel
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Aus der allgemeinen Form ergibt sich durch Umformen nach dem Verfahren der quadratischen Ergänzung:
Rechenbeispiel
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bei der quadratischen Gleichung
ist und . Durch Einsetzen dieser Werte in die a-b-c-Formel erhält man die Lösungen
- .
Lösungsformel für die Normalform (p-q-Formel)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bei Vorliegen der Normalform lauten die Lösungen nach der p-q-Formel:
In Österreich ist diese Formel als kleine Lösungsformel bekannt.[3]
Lösung der p-q-Formel bei negativer Diskriminante
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Wie bei der a-b-c-Formel gibt es, wenn negativ ist, im Zahlbereich der reellen Zahlen keine Lösungen. Die komplexen Lösungen ergeben sich dann zu:
Herleitung der p-q-Formel
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Formel ergibt sich aus der Normalform der quadratischen Gleichung durch quadratische Ergänzung:
Eine andere Möglichkeit, die Formel herzuleiten, besteht darin, dass man in der a-b-c-Formel , und setzt und den Nenner 2 in die Wurzel hineinzieht.
Zerlegung in Linearfaktoren
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Mit den Lösungen lässt sich das quadratische normierte Polynom in Linearfaktoren zerlegen:
und das nicht normierte in
Satz von Vieta
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Liegt die quadratische Gleichung in Normalform vor und hat die Lösungen und , so gilt
Durch Koeffizientenvergleich erhält man den Satz von Vieta
- und
Insbesondere wenn und ganze Zahlen sind, lassen sich so durch Ausprobieren, ob Teilerpaare von als Summe ergeben, mit einiger Übung oft die Lösungen rasch finden. Beispielsweise erhält man für die Lösungen und durch die Zerlegung mit
Numerische Berechnung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Wenn die Lösungen numerisch ermittelt werden und sich um Größenordnungen voneinander unterscheiden, kann durch folgende Variation der obigen Formeln das Problem der Auslöschung vermieden werden:
Hierbei hat den Wert für und sonst den Wert . Die erste Formel ergibt die betragsgrößte Lösung. Die zweite Formel beruht auf dem Satz von Vieta.
Grafische Lösungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Mithilfe des Carlyle-Kreises
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Lösungen der Gleichung sind die Nullstellen der Parabel . Diese erhält man u. a. auch mit Hilfe des Carlyle-Kreises (Bild 1):
- Zeichne in einem kartesischen Koordinatensystem einen Kreis um den Mittelpunkt derart, dass er durch den Punkt geht. Die Schnittpunkte mit der X-Achse sind, sofern vorhanden, die reellen Lösungen der Gleichung.
Mithilfe des Steinerschen Kreises
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Auflösung einer quadratischen Gleichung durch bloßes Ziehen von geraden Linien bei Benutzung eines gezeichneten Kreises.[4]
Die im Folgenden beschriebene Konstruktion ist prinzipiell anwendbar für Lösungen der Gleichungen, in denen und rationale Zahlen sind. Die im Bild 2 eingezeichnete Parabel ist nicht Teil der Konstruktion, sie dient lediglich der Verdeutlichung.
Gegeben sei beispielsweise die Gleichung .
In einem kartesischen Koordinatensystem wird zuerst der Kreisbogen mit Radius gleich um den Mittelpunkt eingezeichnet und anschließend die zueinander parallelen Tangenten an den Punkten und eingetragen. Nun sind auf den entsprechenden Tangenten die Punkte und zu bestimmen. Eine Verbindung des Punktes mit erzeugt auf dem Kreisbogen die Schnittpunkte und . Die abschließenden beiden geraden Linien ab Punkt durch und liefern auf der -Achse die Punkte und . Die Längen und entsprechen den beiden Lösungen der quadratischen Gleichung .
Beispiele
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Rechenbeispiel
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Für die Gleichung
ergeben sich als Lösungen nach der a-b-c-Formel
- ,
also und
Zur Nutzung der p-q-Formel wird die allgemeine Form zuerst in die Normalform überführt, indem die Gleichung durch 4 dividiert wird:
Mit der p-q-Formel ergeben sich die Lösungen
- ,
also somit ebenfalls und
Mit Hilfe der Zerlegungen und erhält man dieselben Lösungen mit dem Satz von Vieta.
Weitere Beispiele
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Diskriminante ist positiv. Es ergeben sich die beiden reellen Lösungen und
Die Diskriminante ist null. Die (doppelte) reelle Lösung ist
Die Diskriminante ist negativ, daher gibt es keine reellen Lösungen. Die komplexen Lösungen ergeben sich zu und
Verallgemeinerungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Komplexe Koeffizienten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die quadratische Gleichung
mit komplexen Koeffizienten , hat stets zwei komplexe Lösungen , die genau dann zusammenfallen, wenn die Diskriminante gleich null ist.
Die Lösungen lassen sich wie im reellen Fall durch quadratische Ergänzung oder mit den oben angegebenen Lösungsformeln berechnen. Dabei muss allerdings im Allgemeinen eine Quadratwurzel einer komplexen Zahl berechnet werden.
Beispiel
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Für die quadratische Gleichung
hat die Diskriminante den Wert . Es ergeben sich die beiden Lösungen und
Quadratische Gleichungen in allgemeinen Ringen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Allgemein nennt man in der abstrakten Algebra eine Gleichung der Form
mit Elementen eines Körpers oder Rings eine quadratische Gleichung. In Körpern und allgemeiner in Integritätsbereichen hat sie höchstens zwei Lösungen, in beliebigen Ringen kann sie mehr als zwei Lösungen haben.
Falls Lösungen existieren, dann erhält man sie in kommutativen Ringen ebenfalls mit der p-q-Formel, falls die Charakteristik des Ringes ungleich 2 ist. Hierbei sind allerdings alle möglichen Quadratwurzeln der Diskriminante zu berücksichtigen. Für einen endlichen Körper der Charakteristik 2 macht man den Ansatz und gelangt mittels zu einem linearen Gleichungssystem für die n Koeffizienten ai aus .
Beispiel
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die quadratische Gleichung
hat im Restklassenring die vier Lösungen 1, 3, 5 und 7.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bereits vor 4000 Jahren im Altbabylonischen Reich wurden Probleme gelöst, die äquivalent sind zu einer quadratischen Gleichung. Zum Beispiel enthält die unter der Inventarnummer BM 34568 im British Museum archivierte Tontafel gemäß der von Otto Neugebauer in den 1930er Jahren gelungenen Keilschrift-Übersetzung als neuntes Problem[5] die Frage nach den Seitenlängen eines Rechtecks, bei dem die Summe von Länge und Breite 14 ergibt und dessen Fläche gleich 48 ist.[6]
Zwar lässt der auf der Tontafel dokumentierte Lösungsweg keine Begründung erkennen, aber Zwischenwerte, wie sie auch bei der üblichen Lösungsformel oder äquivalenten geometrischen Überlegungen auftauchen:
„Länge und Breite addiert ist 14 und 48 ist die Fläche.
Die Größen sind nicht bekannt. 14 mal 14 (ist) 196. 48 mal 4 (ist) 192.
192 von 196 ziehst Du ab und es bleiben 4. Was mal was
soll ich nehmen, um 4 (zu erhalten)? 2 mal 2 (ist) 4. 2 von 14 ziehst Du ab und es bleibt 12.
12 mal ½ (ist) 6. 6 ist die Breite. Zu 2 wirst Du 6 addieren, 8 ist es. 8 (ist) die Länge.“
Die im Text aufgeführten Zwischenwerte, die auf der Tontafel im babylonischen Sexigesimalsystem notiert sind,[7] ergeben sich ebenfalls dann, wenn die zugehörige quadratische Gleichung mit der üblichen Lösungsformel gelöst wird. Dabei erhält man die beiden Lösungen 8 und 6, die geometrisch den beiden gesuchten Seitenlängen des Rechtecks entsprechen:
Nach Høyrup ist davon auszugehen, dass der von den Babyloniern beschrittene Lösungsweg der zitierten und ähnlicher Aufgaben wie schon die Aufgabenstellungen geometrisch motiviert waren.[8]
Bei den antiken Griechen wurden diverse geometrische Probleme graphisch gelöst, die äquivalent zu quadratischen Gleichungen sind. Zum Beispiel findet man in Euklids Elementen die Aufgabe:
„Eine gegebne gerade Linie, AB, so zu schneiden, daß das Rectangel aus der Ganzen und Einem der Abschnitte, dem Quadrat des anderen Abschnitts gleich sey.“
Die Aufgabe entspricht in heutiger Notation der Gleichung
- ,
die man umformen kann zur Gleichung der Rechtecke
Im um 628 entstandenen Buch Brāhmasphuṭasiddhānta („Vervollkommnung der Lehre Brahmas“) des indischen Gelehrten Brahmagupta wurden Lösungsmethoden für quadratische Gleichungen verbal beschrieben. Dabei verwendete Brahmagupta bereits negative Zahlen und deren Rechenregeln wie
„Das Produkt einer Negativen und einer Positiven ist negativ, von zwei Negativen positiv, von zwei Positiven positiv; das Produkt von null und einer Negativen, von null und einer Positiven oder von zwei Nullen ist null.“
Dadurch konnte Brahmagupta Fallunterscheidungen vermeiden, wenn er zur quadratischen Gleichung, die man heute in der Form
- mit und
notiert, folgenden Lösungsweg beschrieb:
„Verringere mit der mittleren [Zahl] [gemeint: der Koeffizient der Unbekannten, also ] die Quadratwurzel des Absolutwertes multipliziert mit dem Vierfachen des Quadrats [gemeint: Koeffizient des Quadrats der Unbekannten] und erhöht um das Quadrat der mittleren Zahl; teile den Rest durch das doppelte des Quadrats [gemeint: Koeffizient des Quadrats der Unbekannten]. [Das Ergebnis] ist die mittlere [Zahl] [gemeint: die Unbekannte ]“
Das entspricht der Lösungsformel
Wie auch die indisch-arabischen Ziffern fanden die Erkenntnisse der indischen Gelehrten ihre Verbreitung und Fortentwicklung über islamische Wissenschaftler. Eine besonders herausragende Rolle spielte der Mathematiker Al-Chwarizmi, dessen ungefähr um 825 verfasstes Buch al-Kitāb al-muḫtaṣar fī ḥisāb al-ğabr wa-ʾl-muqābala („Das kurzgefasste Buch über die Rechenverfahren durch Ergänzen und Ausgleichen“) erstmals allgemeine Techniken der Behandlung von Gleichungen, wenn auch weiterhin verbal beschrieben, enthält. Mit den Äquivalenzumformungen von Gleichungen, die Al-Chwarizmi ausführlich beschrieb, konnte jede beliebige quadratische Gleichung auf einen von sechs Typen reduziert werden. Sechs Typen waren notwendig, da Al-Chwarizmi anders als Brahmagupta keine negativen Zahlen verwendete.
Al-Chwarizmis Buch enthält zu allen Typen anhand eines Zahlenbeispiels ein geometrisches Lösungsverfahren, sodass nur positive Lösungen möglich sind. In der nachfolgenden Liste bedeutet Wurzel die gesuchte Lösung und Vermögen das Quadrat der Lösung . Ferner bezeichnen und nichtnegative Koeffizienten:[12][13]
- Was anlangt die Vermögen, die gleich sind den Wurzeln (heute: ),
- Was anlangt die Vermögen, die gleich sind der Zahl (heute: ),
- Was anlangt die Wurzeln, die gleich sind einer Zahl (heute: ),
- Was anlangt die Vermögen und die Wurzeln, die gleich sind der Zahl (heute: ),
- Was anlangt die Vermögen und die Zahl, die gleich sind den Wurzeln (heute: ) und
- Was anlangt die Wurzeln und die Zahl, die gleich sind dem Vermögen (heute: ).
Zur Lösung der quadratischen Gleichungen verwendete al-Chwarizmi keine Äquivalenzumformungen, also keine algebraische Argumentation, sondern in Anlehnung an die griechische Tradition geometrische Argumente (siehe Bild 1). Als Beispiel soll die Gleichung, wie sie bei al-Chwarizmi auftritt,[14][15]
als Spezialfall von mit geometrisch gelöst werden. Man fasst dazu die linke Seite der Gleichung (siehe Bild 2) auf als ein Quadrat EFIH der Seitenlänge (und somit der Fläche ) und zwei Rechtecke DEHG und BCFE mit den Seiten und (und somit jeweils der Fläche ). Das Quadrat und die beiden Rechtecke werden wie im Bild 2 gezeigt zu einem Gnomon mit den Eckpunkten BCIGDE zusammengesetzt. Dieses Gnomon hat nach Voraussetzung eine Fläche von . Ergänzt man es mit dem Quadrat ABED der Seitenlänge (und somit der Fläche ) zu dem Quadrat ACIG, so besitzt dieses die Fläche . Andererseits hat aber dieses Quadrat ACIG nach Konstruktion die Seitenlänge und somit den Flächeninhalt . Wegen schließt man und somit . Die quadratische Gleichung wird also »quadratisch ergänzt« zu mit der (positiven) Lösung (siehe Bild 3).[16] Man beachte, dass man mit dieser geometrischen Methode nicht die negative Lösung erhält.
Bei Heron von Alexandria und auch bei al-Chwarizmi wird die Lösung von
verbal beschrieben; in heutiger Schreibweise als
Allerdings schiebt Heron den euklidischen Weg als geometrische Begründung nach.
Um 1145 übersetzte Robert von Chester und etwas später Gerhard von Cremona die Schriften von al-Chwarizmi ins Lateinische.[17]
Dadurch gelangte die Klassifizierung und die geometrischen Lösungsmethoden nach Europa.
Michael Stiefel verfasste 1544 das Buch Arithmetica integra, das auf das Buch Behend vnnd Hubsch Rechnung durch die kunstreichen regeln Algebre so gemeincklich die Coss genennt werden von Christoph Rudolff aufbaut. Es gelingt dem Autor durch Verwendung negativer Zahlen die Fallunterscheidung für quadratische Gleichungen zu vermeiden. Aber er lässt negative Zahlen noch nicht als Lösungen zu, da er sie als absurd empfindet.[18]
Einen neuen Ansatz zur Lösung einer quadratischen Gleichung bot der Wurzelsatz von Vieta, der posthum 1615 in seinem Werk De Aequationem Recognitione et Emendatione Tractatus duo publiziert wurde.
Im Jahr 1637 beschrieb René Descartes in seiner Schrift La Géométrie eine Methode zur Lösung quadratischer Gleichungen mit Zirkel und Lineal. Er zeigte weiter, dass Gleichungen höheren Grades im Allgemeinen nicht ausschließlich mit Zirkel und Lineal gelöst werden können.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Franz Lemmermeyer: Mathematik à la Carte – Babylonische Algebra. Springer Verlag, Berlin 2022, ISBN 978-3-662-66286-1.
- Günther Rolles, Michael Unger (Hrsg.): Duden Basiswissen Schule: Mathematik, 5. bis 10. Klasse. 7. Auflage, Bibliographisches Institut GmbH, Berlin 2021, ISBN 978-3-411-71045-4.
- Bartel L. van der Waerden: Erwachende Wissenschaft. Band 1: Ägyptische, babylonische und griechische Mathematik. 2. Auflage. Birkhäuser 1966.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Video: Vom Lösen quadratischer Gleichungen – pq-Formel und Mitternachtsformel und der Satz von Vieta. Jakob Günter Lauth (SciFox) 2013, zur Verfügung gestellt von der Technischen Informationsbibliothek (TIB), doi:10.5446/17884.
Anmerkungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Es hat die andere Lösung hier keine sinnvolle Interpretation.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b Günther Rolles, Michael Unger (Hrsg.): Duden Basiswissen Schule: Mathematik, 5. bis 10. Klasse. 7. Auflage, Berlin 2021, S. 149.
- ↑ Guido Walz: Gleichungen und Ungleichungen. Klartext für Nichtmathematiker. Springer, 2018, ISBN 978-3-658-21669-6, S. 14 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ a b Franz Embacher: Quadratische Gleichungen. Skript auf mathe-online.at.
- ↑ August Adler: Theorie der geometrischen Konstruktionen. G. J. Göschensche Verlagshandlung, Leipzig 1906, V. Abschnitt, Aufgaben ersten und zweiten Grades., §32. Graphische Auflösung der Gleichungen zweiten Grades., S. 175–176, Fig. 137., S. 188–189 (Textarchiv – Internet Archive).
- ↑ Das sind die fünf oberen Zeilen der rechten Spalte. Siehe Foto auf der Homepage des British Museums (Gesamtbeschreibung).
- ↑ Otto Neugebauer: Quellen und Studien zur Geschichte der Mathematik, Astronomie und Physik, Abteilung A: Quellen, Dritter Band, Dritter Teil. Berlin 1937, S. 14–22 und Tafel 1.
- ↑ Die Zahlzeichen des Tontafeltextes werden erläutert in Jörg Bewersdorff: Algebra für Einsteiger. Von der Gleichungsauflösung zur Galois-Theorie. 6. Auflage. Wiesbaden 2019, ISBN 978-3-658-26151-1, S. 4, doi:10.1007/978-3-658-26152-8 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ Jens Høyrup: Lengths, widths, surfaces. A portrait of old Babylonian algebra and its kin. New York 2002, ISBN 978-1-4419-2945-7, S. 393–395, doi:10.1007/978-1-4757-3685-4 (englisch).
- ↑ Euklid, Johann Friedrich Lorenz (Übersetzer): Euklids Elemente, funfzehn Bücher. Halle 1781, S. 31–32 (digital.slub-dresden).
- ↑ Es gilt auch nach dem Höhensatz: Das Rechteck ABBH und das Quadrat AH haben den gleichen Flächeninhalt
- ↑ a b Zitiert nach der Übersetzung von Jörg Bewersdorff: Algebra für Einsteiger. Von der Gleichungsauflösung zur Galois-Theorie. 6. Auflage. Wiesbaden 2019, ISBN 978-3-658-26151-1, S. 6 f., doi:10.1007/978-3-658-26152-8.
- ↑ Hans Wußing: 6000 Jahre Mathematik. Band 1. Springer, 2008, ISBN 978-3-540-77189-0, S. 237–241, doi:10.1007/978-3-540-77192-0.
- ↑ Helmuth Gericke: Mathematik in Antike, Orient und Abendland. 7. Auflage. Fourier Verlag, 2003, ISBN 3-925037-64-0, S. 198.
- ↑ Louis Charles Karpinski: Robert of Chester’s Latin translation of the Algebra of al-Khowarizmi. London 1915, S. 77–83 (englisch, online bei archive.org).
- ↑ Franz Lemmermeyer: Mathematik à la Carte – Babylonische Algebra. Berlin 2022, S. 102.
- ↑ Franz Lemmermeyer: Mathematik à la Carte – Babylonische Algebra. Berlin 2022, S. 101–102.
- ↑ Hans Wußing: 6000 Jahre Mathematik. Band 1. Springer, 2008, ISBN 978-3-540-77189-0, S. 278, doi:10.1007/978-3-540-77192-0.
- ↑ Hans Wußing: 6000 Jahre Mathematik. Band 1. Springer, 2008, ISBN 978-3-540-77189-0, S. 341–342, doi:10.1007/978-3-540-77192-0.