Praefectus annonae

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Widmungsinschrift für den Senator Attius Caecilius Maximilianus um das Jahr 357, der als Praefectus annonae für die Getreideversorgung in Rom zuständig war (CIL 06, 41332)

Der praefectus annonae besorgte im Römischen Reich die Getreideversorgung der Stadt Rom, in der Spätantike auch Konstantinopels. Ob es diese Funktion bereits zu Zeiten des Zwölftafelgesetzes gab, gilt als unsicher. Ab 7 n. Chr. ernannte erstmals Augustus aus der Mitte des Ritterstandes einen ständigen praefectus annonae.[1]

Getreideversorgung

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Annona (lat. zunächst: der jährliche Ertrag, später: Vorrat an Lebensmitteln, besonders Getreide) bedeutet die Stillung des Getreidebedarfs in Rom und den Municipien, aber auch Marktpreis, besonders Getreidepreis, sowie Naturallieferung an die Provinzen.[2] Die annona civica bezeichnet den für Rom bestimmten Anteil der Naturallieferungen Ägyptens und Afrikas.[3]

Die cura annonae beinhaltete die staatliche Getreidevorsorge, die in der römischen Republik zum Amtsbereich der Ädilen gehörte.[4] Der Staat sorgte für eine ausreichende Menge Getreide zu einem günstigen Preis. Gegen Getreidewucher schritten die Ädilen ein.[5] Nach dem Zweiten Punischen Krieg nahm die römische Bevölkerung zu und der Getreideanbau ab, weshalb Sizilien und Sardinien zu Getreidelieferungen verpflichtet wurden.[6] Den Verkauf (frumentatio) von im Preis herabgesetztem Getreide an eingeschriebene Bürger (1 Modius für 6 1/3 Asse je Monat)[7] auf Kosten der Staatskasse (aerarium) sah die lex frumentaria des Gaius Sempronius Gracchus 123 v. Chr. vor.[8] Publius Clodius Pulcher begann die kostenlose Getreideverteilung 58 v. Chr.[9] Gaius Iulius Caesar setzte die Zahl der Berechtigten aus Kostengründen von 320.000 auf 170.000 herab;[10] Augustus erhöhte sie.[11] Die Berechtigten bekamen eine Marke (tessera) und mit dieser das Getreide in einem Magazin (horreum). Die Getreideverteilung stellte den Lebensunterhalt des verarmten Teils der Bevölkerung sicher und sollte diese für die Amtsinhaber der Republik und nachher die Kaiser einnehmen.[12]

Praefectus annonae

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Die Ädilen konnten manchmal die cura annonae nicht wahrnehmen, weshalb außerordentliche Beamte ernannt wurden. Im Jahr 57 v. Chr. erlangte Gnaeus Pompeius Magnus auf fünf Jahre die cura annonae durch Volksgesetz.[13] Zwei neue Ädilen (Aediles ceriales) betraute Caesar mit der cura annonae.[14] 22 v. Chr. übernahm Augustus die cura annonae und ernannte zwischen 8 und 14 n. Chr. einen ständigen praefectus annonae aus dem Ritterstand, der mit seinem Personal (officium annonae) die Verantwortung für die Getreideversorgung trug.[15] Seneca beschreibt dessen Aufgaben: Transport ausreichenden Getreides in die Magazine ohne Verlust durch Betrug oder Nachlässigkeit sowie Schutz vor Schwund und Verderben durch Feuchtigkeit.[16] Das Personal bestand in Rom neben dem praefectus annonae aus: subpraefectus annonae (annonae urbis, annonae sacrae urbis), adiutor praefecti annonae, dispensator annonae, tabellarius ex officio annonae, cornicularius praefecti annonae (militärischer Adjutant), subcenturio praefecti annonae. Außerdem gab es Personal in den Häfen Ostia, Portus, Puteoli sowie den Provinzen. In den Municipien oblag die cura annonae den Ädilen und auch besonderen Beamten.[17] Der praefectus annonae zählte nicht zum Magistrat, sondern war extra ordinem utilitatis causa constitutus mit vom Kaiser verliehener richterlicher Gewalt und Berufung an den Kaiser.[18] In der Spätantike gab es auch einen praefectus annonae für Konstantinopel, einen praefectus annonae Africae wegen der Getreidelieferungen nach Rom und seit Konstantin I. einen praefectus annonae Alexandriae wegen der Getreidelieferungen nach Konstantinopel.[1]

  • Werner Eck: Der praefectus annonae: Ein Superminister im Imperium Romanum? Heeresversorgung und praefectura annonae: nicht eine Großadministration, sondern zwei getrennte administrative Welten. In: Xantener Berichte. Band 14, 2006, S. 49–57.
  • Peter Herz: Der praefectus annonae und die Wirtschaft der westlichen Provinzen. In: Ktèma. Civilisations de l’Orient, de la Grèce et de Rome antiques. Jahrgang 13, 1988, S. 69–85.
  • Peter Herz: Studien zur römischen Wirtschaftsgesetzgebung. Die Lebensmittelversorgung. Franz Steiner, Stuttgart 1988, ISBN 3-515-04805-7.
  • Evelyn Höbenreich: Annona. Juristische Aspekte der stadtrömischen Lebensmittelversorgung im Prinzipat. Leykam, Graz 1997, ISBN 3-7011-8970-6.
  • Geoffrey Rickman: The Corn Supply of Ancient Rome. Clarendon Press, Oxford 1980, ISBN 0-19-814838-0.
  • James George Schovanek: The praefectus annonae from Augustus to Severus Alexander. Diss., Liverpool University, 1972.
  1. a b Titus Livius, Ab urbe condita 4,12,8; dazu Hans Volkmann: Praefectus, praefectura, 4. p. annonae. In: Der Kleine Pauly (KlP). Band 4, Stuttgart 1972, Sp. 1098 f.
  2. Johann Oehler: Annona. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band I,2, Stuttgart 1894, Sp. 2316.
  3. Johann Oehler: Annona civica. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band I,2, Stuttgart 1894, Sp. 2320.
  4. Titus Livius, Ab urbe condita 4,12,10f.; 30,26,6; 31,4,6; 33,42,8. Dazu Gerhard Schrot: Frumentum. In: Der Kleine Pauly (KlP). Band 2, Stuttgart 1967, Sp. 622 f.
  5. Titus Livius, Ab urbe condita 2,9; 34; 10,11. Dazu Walther Sontheimer: Annona. In: Der Kleine Pauly (KlP). Band 1, Stuttgart 1964, Sp. 363 f.
  6. Johann Oehler: Annona. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band I,2, Stuttgart 1894, Sp. 2317.
  7. Marcus Tullius Cicero, Pro Sestio 103; Gerhard Schrot: Frumentum. In: Der Kleine Pauly (KlP). Band 2, Stuttgart 1967, Sp. 622.
  8. Titus Livius, Ab urbe condita, Epitome zu Buch 60. Dazu Hans Volkmann: Lex, leges, 30. Sempronia. In: Der Kleine Pauly (KlP). Band 3, Stuttgart 1969, Sp. 608.
  9. Cassius Dio 38,13.
  10. Cassius Dio 43,21.
  11. Cassius Dio 50,10.
  12. Gerhard Schrot: Largitio. In: Der Kleine Pauly (KlP). Band 3, Stuttgart 1969, Sp. 497.
  13. Cicero, ad Atticum 4,1,7.
  14. Digesten 1,2,2,32.
  15. Johann Oehler: Annona. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band I,2, Stuttgart 1894, Sp. 2318.
  16. Seneca, De brevitate vitae, übersetzt von J. Moser (1782–1871), Stuttgart 1829, 18–19, S. 591ff. S. 551–595 (PDF: S. 11–55) S. 551–595 (pdf: S. 5–49).
  17. Johann Oehler: Annona. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band I,2, Stuttgart 1894, Sp. 2318–2320.
  18. Cassius Dio 52,33,1