Pull-Back

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Als Pull-Back (englisch zurückziehen) werden Maßnahmen bezeichnet, die Migranten an der Ausreise aus ihrem Heimatland hindern bzw. sie nach Ausreise ohne vorheriges Asylverfahren umgehend wieder in ihre Herkunftsländer rückverbringen.[1][2] Beim sogenannten Pushback werden Migranten hingegen lediglich von den Grenzen ihres Zielandes zurückgedrängt.

Pull-Backs kommen beispielsweise an der türkisch-bulgarischen Grenze vor, wenn die türkische Grenzpolizei Personen davon abhält, von der Türkei nach Bulgarien zu gelangen. Diese haben sich besonders seit dem Putschversuch 2016 verstärkt.[3] Am 24. Mai 2023 hielten türkische Behörden über 100 Personen der Ahmadiyya Minderheit unter Gewaltanwendung zurück, die von der Türkei den Grenzübergang Grenzübergang Kapitan Andreewo-Kapıkule überqueren wollten, um in Bulgarien Asyl zu beantragen. Die Gruppe wurde anschließend in Haft genommen.[4]

Auch die libysche Küstenwache führt Pull-Backs durch, in dem sie Personen, die zum Beispiel nach Italien wollen[5], auf dem offenen Meer abfängt und dann wieder zurück auf das libysche Festland bringt.[6] Diese Praktik führe laut Amnesty International dazu, dass für Flüchtlinge die Fluchtrouten noch gefährlicher würden.[7]

Die Parlamentarische Versammlung des Europarates hält einen Mitgliedstaat, der eine Pull-Back-Aktion anfordert, unter bestimmten Umständen für Verstöße gegen das Recht auf Asyl oder andere Menschenrechte verantwortlich – und zwar in „Fällen, in denen ein klarer Zusammenhang zwischen einer solchen bilateralen Zusammenarbeit, dem fehlenden Zugang zu Asyl und anderen Menschenrechtsverletzungen besteht“.[8] Die Versammlung forderte alle EU-Mitgliedstaaten nachdrücklich auf „von Push-Back-Aktionen oder Absprachen über Pull-Back-Aktionen an ihren Außen- oder Binnengrenzen abzusehen“[9] und „den an ihrer Grenze ankommenden Asylsuchenden, Flüchtlingen und Migranten einen angemessenen Schutz zu gewähren und somit von jeglichen Push-Backs abzusehen, unabhängige Überwachungen zuzulassen und sämtliche mutmaßlichen Push-Backs eingehend zu untersuchen“.[10]

Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestags wies in einer Ausarbeitung von 2020 auf eine weitere Problematik hin: „Durch die Mitwirkung an pull-back-Operationen können sich private Seenotretter und Handelsschiffkapitäne möglicherweise wegen „Aussetzung“ nach § 221 strafbar machen“. Er forderte den Gesetzgeber in Deutschland angesichts einer möglichen rechtlichen Grauzone dazu auf, „den unter deutscher Flagge fahrenden Schiffen größtmögliche Handlungs-und Rechtssicherheit zu verschaffen“.[11]

Einzelnachweise

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  1. Lena Riemer: From push-backs to pull-backs: The EU’s new deterrence strategy faces legal challenge. Netzwerk Flüchtlingsforschung vom 16. Juni 2018, abgerufen am 5. Februar 2021.
  2. Council of Europe: Pushback policies and practice in Council of Europe member States. Abgerufen am 25. Januar 2021 (englisch).
  3. Bordermonitoring Bulgaria: Push-Backs and Pull-Backs: Bulgaria and Turkey continue to collaborate closely as ‚gatekeepers‘ of the EU | Bordermonitoring Bulgaria. Abgerufen am 26. Januar 2021 (englisch).
  4. Mathias Fiedler: Kein Asyl in Bulgarien: Mitglieder der Ahmadiyya-Gruppe weiter in Haft. Abgerufen am 13. August 2023.
  5. Italy's deal with Libya to 'pull back' migrants faces legal challenge. 8. Mai 2018, abgerufen am 26. Januar 2021 (englisch).
  6. Wissenschaftlicher Dienst stärkt Rechte von Geflüchteten. 21. April 2020, abgerufen am 26. Januar 2021.
  7. Amnesty International: Between the devil and the deep blue sea. Abgerufen am 26. Januar 2021 (englisch).
  8. Entschließung 2299 (2019): Die Politik und Praxis der Push-Backs in den Mitgliedstaaten des Europarates. BT-Drs. 19/24611 S. 36–40. Siehe Abschnitt 8 auf S. 37.
  9. Entschließung 2299 (2019): Die Politik und Praxis der Push-Backs in den Mitgliedstaaten des Europarates. BT-Drs. 19/24611 S. 36–40. Siehe Abschnitt 16 auf S. 39.
  10. Empfehlung 2161 (2019): Die Politik und Praxis der Push-Backs in den Mitgliedstaaten des Europarates. BT-Drs. 19/24611 S. 40–41. Siehe Abschnitt 3 auf S. 40.
  11. Ausarbeitung, WD 2–3000–014/20. Wissenschaftlicher Dienst des Deutschen Bundestags, 2020, abgerufen am 13. Februar 2020. S. 23.