Rasch progressive Glomerulonephritis

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Klassifikation nach ICD-10
N01.- Rapid-progressives nephritisches Syndrom
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ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Bei der rasch progressiven Glomerulonephritis oder rapid progressiven Glomerulonephritis (englisch rapidly progressive glomerulonephritis, kurz RPGN) handelt es sich um eine schubweise auftretende extrakapilläre Glomerulonephritis, die mit einem raschen Verlust der Nierenfunktion einhergeht. Unbehandelt kann es innerhalb von Wochen bis Monaten zum Nierenversagen kommen. Weitere Synonyme für diese Erkrankung sind rasch progrediente Glomerulonephritis und crescentic glomerulonephritis (deutsch halbmondförmige Glomerulonephritis), sowie nekrotisierende intra-/extrakapillär-proliferierende Glomerulonephritis mit Halbmondbildung.[1]

Inzidenz: < 1/100.000 / Jahr

Es handelt sich bei der RPGN um eine Immunkomplexglomerulonephritis oder eine Antibasalmembran-Glomerulonephritis. Die RPGN kann ohne erkennbaren Grund (idiopathisch) oder häufiger bei Systemerkrankungen wie der Granulomatose mit Polyangiitis, dem Goodpasture-Syndrom oder der mikroskopischen Polyangiitis auftreten.

Die Nieren sind eventuell leicht vergrößert und weisen einzelne punktförmige Blutungen auf.

Das histologische Bild ist bunt, da die Erkrankung schubweise verläuft. Typisch ist die ausgeprägte Halbmondbildung in den Glomeruli. Weiterhin sind einzelne Monozyten zu finden. Die Umgebung des Glomerulus ist meist entzündlich infiltriert. In der elektronenmikroskopischen Aufnahme zeigen die Gomerulusschlingen sich rupturiert und der Kapselraum des Glomerulus ist mit Fibrin ausgefüllt. Mit einer bestimmten Färbemethode, der Immunfluoreszenz, lassen sich die Anlagemuster der Immunglobuline nachweisen. Dies wird benutzt, um die verschiedenen Formen der RPGN zu unterscheiden (s. u.).

Die ANCA-assoziierte rasch progressive Glomerulonephritis wird nach dem Anteil der Glomeruli mit entzündlichen Halbmonden und dem Anteil vernarbter Glomeruli (globale Sklerose) eingeteilt in:

Klasse Einschlusskriterien
Fokal ≥ 50 % normale Glomeruli
Halbmondbildung ≥ 50 % Glomeruli mit zellulären Halbmonden
Gemischt < 50 % normale, < 50 % sklerotische < 50 % Glomeruli mit Halbmonden
Sklerotisch ≥ 50 % komplett vernarbte Glomeruli

Diese Einteilung erlaubt eine Abschätzung der Prognose: Patienten mit fokaler ANCA-assoziierter Glomerulonephritis haben die beste Prognose. Patienten mit vorwiegender Halbmondbildung haben ein hochakutes frühes Krankheitsstadium, die Chance, dass die Erkrankung auf eine immunsuppressive Therapie anspricht, ist aber relativ gut. Die Prognose der Mischform ist schlechter. Patienten mit einem hohen Anteil vernarbter Glomeruli befinden sich bereits in einem fortgeschrittenen Krankheitsstadium, die Chance, dass dieses auf eine Behandlung anspricht, ist gering.[2]

Es wird zwischen drei Formen der RPGN unterschieden:

  1. Antibasalmembran-RPGN (10–20 %), Nachweis von Antikörpern gegen die glomeruläre Basalmembran im Serum, histologischer Nachweis von Immunglobulinen Typ G und C3-Komplement in linearer Anordnung an der Basalmembran.
    • ohne Lungenbeteiligung, sehr selten
    • mit Lungenbeteiligung = Goodpasture-Syndrom, oft Männer vor dem 40. Lebensjahr
  2. Immunkomplex-RPGN (30–40 %), Anlagerung von Immunkomplexen in Haufen (sogenannte "Humps"), z. B. bei Lupus erythematodes
  3. ANCA-assoziierte Vaskulitis (40–50 %), z. B. als renale Verlaufsform der Granulomatose mit Polyangiitis
  4. Mischtyp aus 1 und 3
  • Rascher Beginn, Hypertonie,
  • Nierenversagen bis zu Dialysepflichtigkeit innerhalb von Wochen bei sonographisch nicht vergrößerten Nieren,
  • Proteinurie mit eventuellem nephrotischen Syndrom,
  • Lungenblutungen bei Goodpasture-Syndrom
Feingewebsschnitt einer RPGN

Die Klinik und rasch ansteigende Retentionswerte, immunologische Diagnostik (s. o.). Nierenbiopsie mit folgender Histologie kann die Diagnose sichern. Die Differentialdiagnosen sind das akute Nierenversagen (Anamnese des auslösenden Ereignisses) und die akute abakterielle Nephritis, hier sollte dann die Medikamenteneinnahme erfragt werden.

Durch die exakte Bestimmung antizytoplasmatischer Antikörper gegen neutrophile Granulozyten (ANCA) mit den entsprechenden Verteilungsmustern lässt sich die Ursache der RPGN differenzieren. Bei der Granulomatose mit Polyangiitis finden sich c-ANCA. Bei dem Typ p-ANCA sollte eher an eine mikroskopische Polyangiitis gedacht werden.

Entsprechend der Immunpathogenese besteht die Therapie aus einer hoch dosierten Immunsuppression mit Steroiden in Kombination mit Cyclophosphamid. Das Goodpasture-Syndrom wird in Kombination mit Plasmaseparation behandelt.

Die auftretende Niereninsuffizienz muss mit der Dialyse behandelt werden.

Verlauf und Prognose

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Der Verlauf und die Prognose hängt vom Therapiebeginn ab. Das Vorliegen der dialysepflichtigen Niereninsuffizienz oder einer Fibrose des Interstitiums sind prognostisch ungünstig.

Beim Goodpasture-Syndrom (Antikörper gegen die Basalmembranen von Lungenalveolen und Glomeruli) können pulmonale und renale Symptomatik zusammen (wie beim pulmorenalen Syndrom[3]), aber auch getrennt vorkommen. Es kommt zu Lungeninfiltraten, Bluthusten, mikrozytärer Anämie und zu einem progredienten Nierenversagen.

Das Goodpasture-Syndrom führt unbehandelt innerhalb weniger Tage zum Tode. Bei frühzeitiger Diagnose und Therapie hat sich die Prognose deutlich gebessert.

Entwicklung einer terminalen Niereninsuffizienz mit Lungenödem, Hypertonie, Hyperkaliämie, evtl. Lungenblutungen.

  • Riede, Schäfer: Pathologie. ISBN 3-13-683303-1
  • Herold: Innere Medizin. 2016 (Epidemiologie)
  • Duale Reihe Innere Medizin, 2012

Einzelnachweise

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  1. Herbert Renz-Polster, Steffen Krautzig, Jörg Braun: Basislehrbuch Innere Medizin. 4. Auflage. Urban & Fischer / Elsevier, 2008, ISBN 3-437-41053-9.
  2. Annelies E Berden et al.: Histopathologic classification of ANCA-associated glomerulonephritis. In: Journal of the American Society of Nephrology. Band 21, Nr. 10, Oktober 2010, ISSN 1533-3450, S. 1628–1636, doi:10.1681/ASN.2010050477, PMID 20616173.
  3. Franz Hrska, Wolfgang Graninger, Michael Frass: Systemerkrankungen. In: Anästhesiologie Intensivmedizin Notfallmedizin Schmerztherapie. Band 38, Nr. 11, (November) 2003, S. 719–740, hier: S. 730.