Reinhard Schellenberg

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Reinhard Schellenberg

Karl Friedrich Reinhard Schellenberg (* 5. Dezember 1814 in Dinglingen; † 23. Februar 1890 in Karlsruhe) war ein evangelischer Theologe und Mitglied des badischen Oberkirchenrates.

Reinhard Schellenberg war ein Mitglied der Familie Schellenberg. Er wuchs in Gundelfingen auf, wo sein Vater Pfarrer war. Er besuchte das Berthold-Gymnasium Freiburg und das Karlsruher Lyzeum. 1835 begann er das Studium der Theologie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, wo er ein Anhänger der Lehre von Friedrich Schleiermacher wurde. Er setzte seine Studien an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg und am Predigerseminar in Heidelberg unter Richard Rothe fort. Nachdem er 1839 das theologische Staatsexamen bestanden hatte, trat er eine Vikar-Stelle bei seinem Vater in Gundelfingen an und wechselte danach nach Bahlingen am Kaiserstuhl, wo er den Pfarrer Karl Zittel vertrat, wenn dieser während der Sitzungen der Badischen Ständeversammlung abwesend war. Nach einer Zwischenstation in Freiburg war er 1845–1850 in Lörrach bei Kirchenrat Friedrich Wilhelm Hitzig tätig. Hier unterrichtete er auch am Pädagogium. Aufgrund seines Auftretens während der Badischen Revolution 1848/49 wurde er verdächtigt, mit den Revolutionären zu sympathisieren. Insbesondere eine am 3. Juni 1849 gehaltene Predigt zur Unterstützung der Reichsverfassungskampagne führte zu polizeilichen Untersuchungen.[1] und wurde 1850 nach Buchen versetzt, wo er an der höheren Bürgerschule lehrte.

1851 wurde er als Pfarrverweser nach Boxberg versetzt und 1853 erhielt er eine ordentliche Pfarrstelle in Weisweil. Seine nächste Station wurde Eberbach, wo er als Stadtpfarrer wirkte, bis er 1864 von der evangelischen Gemeinde Lörrach zum Stadtpfarrer gewählt wurde. Nach zwei Jahren übernahm er auch die Leitung des dortigen Kirchenbezirks. In den innerkirchlichen Auseinandersetzungen der 1860er Jahre war er auf der freisinnigen Seite zu finden. Zu Beginn des Deutsch-Französischen Krieges erklärte Schellenberg von der Kanzel den Krieg gegen den Erbfeind zum „heiligen Krieg“, womit er – wie eine Anzahl anderer Revolutionäre von 1848/49 – im Nationalismus das Heil suchte (durch Einheit zur Freiheit).[2]

1874 wurde er in den badischen Oberkirchenrat berufen. Er wurde hier auch als Prüfer in den Fächern Dogmatik und Philosophie eingesetzt und war maßgeblich am badischen Kirchenbuch von 1877 und der Perikopenordnung von 1881 beteiligt. 1876–1890 war er Vorsteher der Badischen Landesbibelgesellschaft.

Aufgrund gesundheitlicher Probleme ersuchte er 1889 um die Versetzung in den Ruhestand, den er aber nicht lange genießen konnte.

Auch Schellenbergs jüngere Brüder Emil Otto und Oskar[3] waren in der evangelischen Landeskirche Badens tätig und erwarben sich als Stadtpfarrer von Mannheim bzw. Heidelberg einen guten Ruf.

Werke (Auswahl)

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  • Die republikanische Schilderhebung des Oberlandes im Lichte der Religion, Lörrach, Gutsch 1848
  • Rede am Grabe von Johann Georg Hess, Pfarrer in Grenzach. Lörrach, Gutsch 1865. Volltext
  • „Der Krieg, den das deutsche Volk mit seinem Erbfeind zu kämpfen hat, ist ein heiliger Krieg!“ Predigt am Bettag 31. Juli 1870.

1873 wurde er von der Stadt Lörrach zum Ehrenbürger ernannt. 1877 erhielt er den Ehrentitel Geheimer Kirchenrat. 1883 wurde ihm von der theologischen Fakultät der Universität Heidelberg die Ehrendoktorwürde verliehen. Vom Großherzogtum Baden wurde Schellenberg mit dem Orden vom Zähringer Löwen ausgezeichnet, und zwar 1872 mit dem Ritterkreuz 1. Klasse[4] und 1888 mit dem Kommandeurskreuz.

  • G. Wallraff: Reinhard Schellenberg. In: Friedrich von Weech (Hrsg.): Badische Biographieen. Vierter Theil, Karlsruhe 1891, S. 379–383 Digitalisat der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe; dort übernommen aus der Beilage zur Karlsruher Zeitung Nr. 73 von 1890.
  • Theodor Scholz: Stadtvikar Schellenberg in Lörrach. In: Revolutionäre ... : Der Aufstand des Jahres 1849 und seine Folgen im Markgräflerland. Müllheim i. B. : Markgräfler Druckerei- u. Verlagsgesellschaft, 1926, S. 316–317.
  • Thomas K. Kuhn: Reinhard (1814-1890), Emil Otto (1816-1873) und Oskar Ernst (1824-1895) Schellenberg. Theologie und Kirchenpolitik im Zeitalter des Liberalismus. In: Johannes Ehmann (Hrsg.): Lebensbilder aus der evangelischen Kirche in Baden im 19. und 20. Jahrhundert, Bd. 2: Kirchenpolitische Richtungen. Heidelberg 2010, S. 197–241.
  • Carola Hoécker: Entschieden für die Demokratie. Der vergessene Ehrenbürger Schellenberg und die Revolution. In: Badische Zeitung vom 21. September 2019 online; abgerufen am 23. September 2019.

Einzelnachweise

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  1. Hierzu ausführlich Thomas K. Kuhn: Parlamentarische Sympathien zur Unzeit. Der Fall des Lörracher Stadtvikars Karl Friedrich Reinhard Schellenberg (1814–1890). In: Das Markgräflerland, Band 2/1999, S. 87–100 Digitalisat der UB Freiburg, hier S. 95–98; weitgehend gleich auch in Thomas K. Kuhn: Der Streit um die Zukunft. Religion und Revolution in Baden 1848/49. In: Zeitschrift für Neuere Theologiegeschichte 7 (2000), S. 20–65, hier S. 34–54.
  2. Peter Kunze: "Gottgewollter Kampf" für die Einheit. In: Badische Zeitung vom 24. September 2020; abgerufen am 24. September 2020
  3. W. Hönig: Oskar Schellenberg. In: Friedrich von Weech (Herausgeber): Badische Biographien, V. Theil, Heidelberg 1875, S. 695–696 Digitalisat der BLB Karlsruhe
  4. Hof- und Staats-Handbuch Baden - 1873, S. 99; bei Wallraff irrtümlich 1871