Ramosch
Ramosch | |
---|---|
Staat: | Schweiz |
Kanton: | Graubünden (GR) |
Region: | Engiadina Bassa/Val Müstair |
Politische Gemeinde: | Valsot |
Postleitzahl: | 7556 |
frühere BFS-Nr.: | 3751 |
Koordinaten: | 824607 / 191125 |
Höhe: | 1236 m ü. M. |
Fläche: | 84,04 km² |
Einwohner: | 485 (31. Dezember 2012) |
Einwohnerdichte: | 6 Einw. pro km² |
Website: | www.valsot.ch |
Ramosch mit der Florinus-Kirche
| |
Karte | |
Ramosch (deutsch veraltet und bis 1943 offiziell Remüs) ist ein Ort im Unterengadin und war der Name einer bis Ende 2012 bestehenden politischen Gemeinde im gleichnamigen Kreis, Bezirk Inn, des Kantons Graubünden in der Schweiz.
;Am 21. Oktober 2011 stimmten die getrennt tagenden Gemeindeversammlungen von Tschlin und Ramosch einem Fusionsvertrag zu, dieser wurde im April 2012 vom Kantonsparlament gebilligt. Die seit 1. Januar 2013 fusionierte Gemeinde heisst Valsot.
Geographie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ramosch liegt auf ca. 1236 m ü. M. auf der linken Talseite des Inns ausgangs der Val Sinestra. Zu Ramosch gehörten Vnà, Seraplana und Raschvella. Ebenfalls zu Ramosch gehörten Griosch und der obere Teil des Fimbatals (rätoroman. Val Fenga) im ansonsten österreichischen Paznauntal.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Ort wurde 930 als in vico Remuscie (Kopie) und 1070 bis 1078 als Rhemuscie erwähnt.
Auf der Kuppe Mottata (ca. 1,5 km nordöstlich von Ramosch) wurde 1956 bis 1958 eine bedeutende urgeschichtliche Fundstelle mit drei Siedlungshorizonten aus der mittleren und späteren Bronzezeit (Laugen-Melaun-Kultur) sowie der jüngeren Eisenzeit (Fritzens-Sanzeno-Kultur) ausgegraben. Ramosch, das am Kreuzungspunkt der transalpinen Route durchs Fimbertal mit dem Inntalweg liegt, dürfte im Frühmittelalter das wichtigste Engadiner Dorf gewesen sein; hier befand sich im 6. Jahrhundert die erste christliche Kirche des Engadins, Zentrum der Urpfarrei des Unterengadins. Im 7. Jahrhundert wirkte Florin als Pfarrer. Dessen Grab wurde bald Ziel einer intensiven Wallfahrt, die erst mit der Reformation 1530 ein Ende nahm. 930 schenkte König Heinrich I. die Kirche St. Florinus zusammen mit der Kirche von Sent dem Priester Hartpert, dem nachmaligen Bischof von Chur. Dessen Nachfolger Hildibald übertrug Kirche und Grosshof Ramosch dem Domkapitel Chur.[1]
Im 12. Jahrhundert sind mehrere Herren von Ramosch als bischöfliche Ministeriale und als Dienstleute der Herren von Herrschaft Tarasp bezeugt, welche in Ramosch einen Hof besassen; 1161 kam dieser ans Kloster Marienberg. Die Burg Ramosch, die vom 16. Jahrhundert an Tschanüff genannt wurde, ist eine ausgedehnte Anlage mit Haupt- und Vorburg, einem Hauptturm (13. Jahrhundert) und einer imposanten westlichen Schildmauer mit Vormauerung. Sie war ein bedeutendes Verwaltungszentrum des Unterengadins und ging von den Herren von Ramosch 1369 an die Vögte von Matsch und nach deren Fehde mit dem Bischof von Chur 1421 an jenen über. Kastellane waren im 15. und 16. Jahrhundert die Planta, Porta und Mohr. 1652 kaufte sich Ramosch zusammen mit dem übrigen Tal von Österreich los. 1780 wurde die Burg aufgegeben.[1]
Die gotische Pfarrkirche von 1522 wurde von Bernardo da Poschiavo erbaut und war dessen bedeutendstes Werk. Vor 1851 gehörte die Nachbarschaft Ramosch zum Gericht Ramosch, das mit den weit entfernten Gerichten Stalla (heute Bivio) und Avers eines der elf Hochgerichte des Gotteshausbunds bildete. 1851 entstand aus dem Gericht der Kreis Ramosch mit Ramosch, Tschlin und Samnaun.[1]
Ramosch galt als Kornkammer des Engadins; der Ackerbau war bis ins 20. Jahrhundert sehr bedeutend und die Ackerterrassen beeindrucken immer noch. Seit dem Mittelalter wurde auch Obstbau betrieben. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts stand die Viehwirtschaft im Vordergrund. Auf der Suche nach Weidegebieten expandierte Ramosch im Spätmittelalter über die Bergkämme nach Norden, wovon die Exklave im Fimbertal zeugt. Grossen Einfluss hatte Ramosch auf die Besiedlung des Samnauntals. Dorf und Burg wurden 1499, 1565 und 1622 zerstört, das Dorf brannte 1880 fast vollständig ab, der Wiederaufbau erfolgte im italienischen Stil mit flachen Dächern.[1]
Bevölkerung und Sprache
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bevölkerungsentwicklung | ||||||
---|---|---|---|---|---|---|
Jahr | 1835 | 1850 | 1900 | 1950 | 2000[1] | |
Einwohner | 681 | 621 | 558 | 565 | 440 |
Die Sprache der Bewohner ist Vallader, ein bündnerromanisches Idiom. Im Jahr 1880 gaben 86 %, 1910 95 % und 1941 92 % Romanisch als Muttersprache an. Trotz einer wachsenden deutschsprachigen Minderheit hat sich daran wenig geändert. Einzige Behördensprache ist Romanisch. Die Entwicklung der letzten Jahrzehnte zeigt folgende Tabelle:
Sprachen in Ramosch | ||||||
Sprachen | Volkszählung 1980 | Volkszählung 1990 | Volkszählung 2000 | |||
Anzahl | Anteil | Anzahl | Anteil | Anzahl | Anteil | |
Deutsch | 44 | 9,69 % | 59 | 13,35 % | 61 | 13,86 % |
Rätoromanisch | 399 | 87,89 % | 363 | 82,13 % | 370 | 84,09 % |
Italienisch | 9 | 1,98 % | 15 | 3,39 % | 2 | 0,45 % |
Einwohner | 454 | 100 % | 442 | 100 % | 440 | 100 % |
Fast alle Einwohner Ramoschs verwenden Romanisch aktiv und passiv (1990 90 %, 2000 gar 92 %). In Schul- und Gemeindeangelegenheiten wird Romanisch konsequent verwendet.
Von den Ende 2005 479 Bewohnern waren 443 (92 %) Schweizer Staatsangehörige.
Wirtschaft und Infrastruktur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Sport
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ramosch ist Ausgangsort vieler Wanderungen in die Umgebung. Es gibt einen Schlittelweg von Vnà nach Ramosch. Das nächstgelegene Skigebiet Motta Naluns liegt auf dem Territorium der Nachbargemeinde Scuol. In Ramosch wird im Winter eine Langlaufloipe angelegt. Die Gemeinde liegt zudem an der Langlaufloipe entlang des Inns von Scuol nach Martina.
Wappen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Blasonierung: In Silber (Weiss) ein schwarzes, rot bewehrtes Einhorn. Übernahme des überlieferten Siegelbildes der Gemeinde. Das Einhorn ist Wappenbild der Herren von Remüs, Ministerialen des Bischofs von Chur, und erscheint ebenfalls in einem Feld des Wappens der Familie Planta, die Rechte in Ramosch besass.
Kunst, Kultur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Sehenswürdigkeiten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Gotische Florinuskirche (16. Jahrhundert)
- Barockes Portal[2]
- Burgruine Tschanüff
Brauchtum
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In der Tradition der Übernamen der Engadiner Dörfer heissen die Ramoscher ils süblats, zu deutsch: "die Ahlentreiber".
Persönlichkeiten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Bernardo da Poschiavo (* um 1475 in Scharans ?; † nach 1522 in Ramosch), Baumeister der Pfarrkirche Ramosch[3]
- Johannes Martinus (1644–1733), reformierter Engadiner Theologe, Dichter, Übersetzer und Liedersammler der Barockzeit
- Balser Puorger (1864–1943), Autor und Lehrer, geboren und aufgewachsen in Seraplana
- Luisa Famos (1930–1974), Lyrikerin, stammte aus Ramosch
- Tim Guldimann (* 1950), Schweizer Diplomat, wohnt in Ramosch und Berlin
- Clà Riatsch (* 1956), Romanisch-Professor an der Universität Zürich
- Adam Quadroni, Whistleblower, der die Absprachen des Bündner Baukartells aufdeckte.[4]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Erwin Poeschel: Die Kunstdenkmäler des Kantons Graubünden III. Die Talschaften Räzünser Boden, Domleschg, Heinzenberg, Oberhalbstein, Ober- und Unterengadin. (= Kunstdenkmäler der Schweiz. Band 11). Hrsg. von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK. Bern 1940. DNB 760079625.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ramosch auf der Plattform ETHorama
- Offizielle Website der Gemeinde Valsot (romontsch / deutsch)
- Tourismus-Website von Ramosch
- Bundesinventar ISOS: Vnà (Ramosch)
- Ramosch auf eLexikon
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c d e
Paul Eugen Grimm: Ramosch. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 15. März 2017.
Diese Abschnitte basieren weitgehend auf dem Eintrag im Historischen Lexikon der Schweiz (HLS), der gemäss den Nutzungshinweisen des HLS unter der Lizenz Creative Commons – Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International (CC BY-SA 4.0) steht. - ↑ Barockes Portal (Foto) auf baukultur.gr.ch.
- ↑ Nott Caviezel: Bernardo da Poschiavo. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- ↑ Nau.ch