Wogastisburg

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Die Wogastisburg war eine in der sogenannten Fredegar-Chronik zum Jahr 631/632 erwähnte Burg oder Siedlung oder ein befestigtes Lager in Mitteleuropa. Hier wurde das austrasische Hauptheer von König Dagobert I. durch ein slawisches Heer des Samo vernichtend geschlagen. Die Lage des Ortes und damit des Schlachtfeldes sind unbekannt.

Die Schlacht um Wogastisburg

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Die Schlacht bei der Wogastisburg fand 631 (oder 632) zwischen den Wenden unter Samo und dem fränkischen König Dagobert I. statt.

Nachdem fränkische Kaufleute von Wenden beraubt und umgebracht worden waren, versuchte König Dagobert vergeblich, Samo zu Wiedergutmachungen zu veranlassen. Daraufhin marschierte ein starkes fränkisches Heer gegen Samo. Während zwei der drei fränkischen Heersäulen Erfolge verbuchen konnten und eine große Zahl von Wenden gefangen nahmen, stieß das Heer aus Austrasien auf größeren Widerstand. Bei der (bis heute nicht genau lokalisierten) slawischen Grenzfestung Wogastisburg blieb der Vormarsch stecken. Nach dreitägigen Auseinandersetzungen siegten die Slawen, die austrasischen Truppen mussten übereilt den Rückzug antreten, die angrenzenden fränkischen Ländereien wurden in der Folgezeit geplündert.

In der Fredegar-Chronik (IV 68) wird für das Jahr 631/32 von gescheiterten diplomatischen Verhandlungen zwischen einem Abgesandten des fränkischen Königs Dagobert I. mit Samo berichtet, dem ursprünglich selbst aus dem Frankenreich stammenden Herrscher eines slawischen Bevölkerungsverbandes. Daraufhin entschloss sich Dagobert zu einem großangelegten Feldzug gegen das Reich des Samo. Die mit ihm verbündeten Alamannen unter Herzog Chrodobert griffen die Randgebiete des Reichs an. Die verbündeten friulanischen Langobarden fielen sehr wahrscheinlich von Süden ein und besetzten die „regio Zellia“, wohl im heutigen Gailtal in Kärnten gelegen. Das vielleicht von Dagobert selbst angeführte austrasische Hauptheer sollte in das Herz des Reiches vordringen. Den einzelnen Heeren gelang es jedoch nicht, sich zu vereinigen. Während die ersten beiden Teilheere siegreich mit vielen Gefangenen zurückkehrten, wurde das austrasische Hauptheer nach einer dreitägigen vergeblichen Belagerung eines castrum vuogastisburc genannten Ortes total geschlagen. Die übrig gebliebenen Kämpfer Dagoberts mussten flüchten und sämtliche Waffen und Zelte zurücklassen.[1]

Ein Ergebnis der Schlacht war, dass die Unabhängigkeit dieses ersten überregionalen slawischen Reichs in Mitteleuropa erhalten blieb. Nach dieser Schlacht konnte Samo seine Stellung festigen. Unter anderem schloss sich ihm der sorbische Fürst Derwan (Dervan) an, dessen Stamm bislang dem Frankenreich unterworfen war.[2]

Grundsätzliches zur Lokalisierung

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Es existieren zahlreiche Lokalisierungsvorschläge für den Ort Wogastisburg. Da es sich jedoch um die einzige überlieferte Ortsangabe für das Reich des Samo handelt, bleiben diese Überlegungen allesamt spekulativ. Meistens wird angenommen, dass Dagobert ohne Umweg (das heißt vom Westen) ins „Zentrum“ des Reiches von Samo gelangen wollte, dieses aber nicht erreichte, so dass sich Wogastisburg irgendwo am westlichen Rande des Reiches des Samo befand. Genau genommen ist dies aber nur eine reine Annahme und mangels schriftlicher Hinweise steht einer Lokalisierung von Wogastisburg an fast jedem beliebigen Ort im östlichen Mitteleuropa nichts im Wege. Hinzu kommt, dass auch die genaue Lage des Reiches des Samo selbst und/oder seines Zentrums eher umstritten bleibt. Der Kern des Reiches lag mit hoher Wahrscheinlichkeit im Raum der mittleren Donau und March, das heißt im heutigen Mähren, Niederösterreich und der Südwestslowakei.

Nach neueren archäologischen und dendrochronologischen Untersuchungen wurden im 7. Jahrhundert in Ostmitteleuropa noch keine befestigten Burganlagen errichtet. Es ist daher die Frage zu stellen, ob die Wogastisburg genannte Lokalität überhaupt mit einem der bekannten Burgwälle verbunden werden kann, und ob sie nicht trotz der Benennung als castrum (= in der Regel „befestigter Ort“) viel eher eine nur leicht befestigte Anlage zum Beispiel in Form einer Wagenburg oder eines offenen Lagers (ähnlich den awarischen „Ringen“) war. Eine sicherlich hölzerne Befestigung könnte in der Konfliktsituation durchaus auch in sehr kurzer Zeit errichtet worden sein, wobei auch eine Wiederbenutzung einer älteren Wallanlage möglich ist. Für diese Interpretation spricht auch, dass Fredegar das Wort castrum bei der Beschreibung anderer Feldzüge auch im Sinne „kurzfristig errichtete Befestigung“ oder „bewaffnetes militärisches Lager“ verwendet.

In eine ähnliche Richtung weisen sprachwissenschaftliche Überlegungen, nach denen der in den fränkischen Quellen vuogastisburc genannte Ort wahrscheinlich auf eine Bildung aus dem altslawischen gost/gast/gošc = Kaufmann und dem lateinischen burgus, das heißt nichtagrarische, stadtähnliche Siedlung beziehungsweise wiederum Kaufmannsniederlassung, zurückgeht. Siehe auch unten (c). Anderen Theorien zufolge steht jedoch „gast“ im Namen Wogastisburg für Hochwald (tschechisch und slowakisch „hvozd“) oder es handelt sich einfach um einen Personennamen.

Lokalisierungsvorschläge

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Zu den zahlreichen Lokalisierungsvorschlägen zählen vor allem (von West nach Ost):

    • Das Gebiet der Bavaria Slavica in Nordostbayern:
    • In einer gefälschten Urkunde des Jahres 1017 wird ein allodium Wugastesrode genannt, das möglicherweise im Bereich der Gleichberge lag. Ob dieses Wugastesrode mit der Wogastisburg in Verbindung steht, ist allerdings unklar.[3]
    • Der Ringwall Banzer Berg, dessen Pfostenschlitzmauer mit umlaufenden Hanggräben für eine frühmittelalterliche Befestigung spricht[4].
    • Staffelberg bei Bad Staffelstein
    • Burk bei Forchheim, dessen Besiedlung im frühen Mittelalter durch Testgrabungen bestätigt ist[4], bzw. das Flurgebiet zwischen den Orten Burk und Hausen, das den Namen Pilodes trägt und mit der Sage um die Geburt des Pontius Pilatus in Verbindung steht. Der Münchener Slawist Heinrich Kunstmann stellte erstmals 1979 in insgesamt vier Aufsätzen in der Zeitschrift „Die Welt der Slaven“ die heftig umstrittene Wogastisburg-Hypothese auf, weil er den Flurnamen Pilodes von dem altslawischen Satz „poti byl otec“ (er war der Vater der Straße) herleitete, womit angeblich der Feldherr Samo bezeichnet worden sein soll. Für den Ort Burk vermutet Kunstmann, es sei eine Handelsniederlassung gewesen und habe slawisch „v gosti burc“ (in der Kaufmannsburg) geheißen, was er als Wogastisburg deutete. Außer diesen ungesicherten sprachwissenschaftlichen Vermutungen, für die es keinerlei schriftliche Belege gibt, konnte Kunstmann auch keine sonstigen Beweise vorlegen, so dass seine Theorie aufgrund intensiver wissenschaftlicher Auseinandersetzung inzwischen als widerlegt gelten kann.
    • Nach H. Büttner lokalisiert eine örtliche Sage die Wogastisburg im Flurbereich „Wüstenburg“ in der Nähe des Ortes Oberaufseß im Aufseßtal
    • andere Orte im oberen Main-Gebiet, in denen im 7. Jahrhundert Slawen lebten
    • Böhmen:
      Südböhmen:
    • Berg Tuhošť bei Domažlice: Dies war eine Idee des tschechischen Historikers František Palacký im 19. Jahrhundert.
    Nordböhmen, Duppauer Gebirge:
    • Úhošť: Bei Úhošť handelt es sich um die linguistische Herleitung: Wogast=Ugast=Úhošť + Burg. Die vorgeschlagene Übersetzung wäre die Burg (im heutigen Sinne) von Wogast/Uogast/Ugošč. Bei Ausgrabungen wurde hier aber nur ein Burgwall aus der Eisenzeit entdeckt.
    • Hradec u Kadaně: Die slawische Besiedlung setzt nach Ausweis der Funde aber erst im 8. Jahrhundert ein.
    • Rubín bei Podbořany: Dies ist der jüngste Vorschlag. Die Burg ist strategisch am Übergang nach Westböhmen gelegen. Tschechische Archäologen fanden hier ein „Zentrum mit Kampfcharakter, das in groben Zügen (auch) ins 7. Jahrhundert datiert werden kann“, sowie die größte bekannte Sammlung von Gegenständen awarischer Herkunft in Böhmen aus dem 7. und 8. Jahrhundert.
    • Das Gebiet der mittleren Donau im heutigen Niederösterreich und der Südwestslowakei.
      Die Donau war in allen Zeiten ein wichtiger Handelsweg. Die meisten großen Feldzüge des fränkischen Reiches gegen die Slawen wurden entlang der Donau vorgenommen. Die Gegend um Carnuntum und Bratislava war zudem sehr wahrscheinlich der Ort des Slawenaufstandes, der zur Entstehung des Reiches von Samo führte, und ein Ort von außerordentlicher strategischer Wichtigkeit (Übergang zwischen den Alpen und den Karpaten, Kreuzung der Handelswege Bernsteinstraße (Nord-Süd) und Donaustraße). Burgwälle aus dem 7. Jahrhundert wurden – genauso wenig wie in den übrigen slawisch besiedelten Gebieten Europas – bis heute nicht gefunden. Die Lage an der Donau wird auch dadurch begründet, dass die Endung -burc bis zum 10. Jahrhundert gerade von Ortschaften (Regensburg, Straßburg, Pressburg) getragen wurde, die vormals ein Burgus des Limes Romanus entlang der Donau waren und sich nun zu Handelsstätten entwickelten. Dafür spricht auch die Tatsache, dass Fredegar von einem castrum vuogastisburc (statt nur vuogastisburc) spricht, dagegen spricht allerdings die Tatsache, dass das Wort burg/burc von Fredegar an anderen Stellen sehr wohl (auch) in der Bedeutung Burgwall oder ähnliches verwendet wurde. Der erste Teil vuogastis- kann dann einfach von gast/gost 'Kaufmann' abgeleitet sein. Wenn man allerdings davon ausgeht, dass sich in diesem Bereich auch das Zentrum des Reiches von Samo befand, sind diese Orte an der Donau eher nicht mit der Wogastisburg gleichzusetzen, denn dann hätte Fredegar wohl darauf hingewiesen, dass die fränkischen Truppen die Hauptstadt erreicht hatten:
    • Melk, Wien, Carnuntum, Hainburg etc.
    • Burg Devín: Siehe unter Samo – geografische Lage. Von den auf der Burg tätigen Archäologen wird eine Identifizierung der eigentlichen Burg mit Wogastisburg jedoch abgelehnt, da trotz großangelegter Ausgrabungen dafür jeder Beleg fehlt.
    • Bratislava: Hierfür spricht vor allem, dass es der einzige bekannte Ort mit awarischen Funden aus dieser Zeit mit der Endung -burc in seinem Namen (907: Brezalauspurc, später Pressburg) ist und dass es ein wichtiger Handelsort war.
    • Das Gebiet der March und ihrer Nebenflüsse in Mähren:
      Hier gilt allerdings wieder wie bei (c), dass wenn man davon ausgeht, dass sich in diesem Bereich auch das Zentrum des Reiches von Samo befand, diese Orte eher nicht mit der Wogastisburg gleichzusetzen sind.
    • Mikulčice: War später auch eines der wichtigsten Zentren des Mährischen Reiches
    • Hostýn
    • Znojmo: sehr unwahrscheinlich
    • Das Gebiet der Waag (slawisch Váh). Die Verbindung dieses Flussnamens mit der slawischen Endung für Siedlung „-gast“ ergibt Namen wie Váh-gast oder Waag-gast, was Ähnlichkeit mit Wogastisburg hat.
    • Zuweilen werden in älteren Darstellungen noch das Gebiet der Niederlausitz und der Elbe-Saale-Raum mit den dort siedelnden Sorben angegeben, die zur Zeit der Auseinandersetzung mit Samo unter der Führung ihres dux dervanus standen. Allerdings konnte inzwischen zweifelsfrei belegt werden, dass es sich bei den Burgwällen der Lausitz im Siedlungsgebiet der Lusitzi nicht um die ältesten slawischen Burganlagen handelt, sondern diese im Gegenteil erst im späten 9. und frühen 10. Jahrhundert angelegt worden sind. Dieses Gebiet kann damit definitiv aus der Suche nach der Wogastisburg ausscheiden.

Wogastisburg
im 20. Jahrhundert am häufigsten gesuchte Orte (Grau hinterlegt ist das Gebiet Tschechiens)
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Legende:

  • (1) Staffelberg bei Staffelstein
  • (2) Burk bei Forchheim
  • (3) Úhošť bei Kadaň
  • (4) Rubín bei Podbořany
  • (5) Niederlausitz
  • (6) Melk
  • (7) Znojmo
  • (8) Wien
  • (9) Mikulčice
  • (10) Bratislava
  • (11) Hostýn

Einzelnachweise

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  1. Dagobertus superveter iubet de universum regnum Austrasiorum contra Samonem et Winidis movere exercitum; ubi trebus turmis falange super Wenedos exercitus ingreditur, etiam et Langobardi solucione Dagoberti idemque osteleter in Sclavos perrixerunt. Sclavi his et alies locis e contrario preparantes, Alamannorum exercitus cum Crodoberto duci in parte qua ingressus est victuriam optinuit. Langobardi idemque victuriam obtenuerunt, et pluremum nummerum captivorum de Sclavos Alamanni et Langobardi secum duxerunt. Aostrasiae vero cum ad castro Wogastisburc, ubi plurima manus forcium Venedorum inmuraverant, circumdantes, triduo priliantes, pluris ibidem de exercito Dagoberti gladio trucidantur et exinde fugaceter, omnes tinturius et res quas habuerunt relinquentes, ad propries sedebus revertuntur. – B. Krusch (Hrsg.): Fredegarii et aliorum Chronica. Vitae sanctorum. MGH SS rer. Merov. 2. Hannover 1888, S. 155 Z. 2-11. Online-Edition: http://daten.digitale-sammlungen.de/~db/bsb00000749/images/index.html?id=00000749&&seite=164.
  2. L. Dralle: Derwan. In: Lexikon des Mittelalters. Bd. 3, Sp. 714.
  3. Ruprecht Konrad: Das „allodium Wugastesrode“ <1017> und die urkundliche Überlieferung im Frankenwald. Zur mittelalterlichen Siedlungs- und Herrschaftsgeschichte im östlichen Frankenwald. 174. Bericht des Hist. Vereins Bamberg 2011 S. 49 ff) online link.
  4. a b Björn-Uwe Abels, Walter Sage, Christian Züchner: Oberfranken in vor- und frühgeschichtlicher Zeit. Bayreuth 1986. (S. 199, 242) ISBN 3-87052-991-1

Weitere Literaturhinweise unter Samo.