Scholia Sinaitica
Die sogenannten Scholia Sinaitica (hergeleitet aus Scholion, altgriechisch σχόλιον ‚Schulstückchen‘, latinisiert im Plural: scholia; kurz: SS) sind Papyrusfragmente eines griechisch abgefassten Kommentars zu Ulpians libri ad Sabinum. Die Entstehung wird im langen Zeitraum zwischen 438 und 529 n. Chr. vermutet, nachdem wohl verschiedene Autoren nacheinander daran gearbeitet hatten.[1] Aufgefunden hatte die Schriftenrolle (vor den Jahren 1879/1880) der griechische Klassische Philologe Gregorios Bernardakis in der Bibliothek des Katharinenklosters am Fuß des namengebenden Berg Sinai.[2]
Die Handschrift enthält Bearbeitungen der Bücher 35 bis 38 des ursprünglich 51 Bücher umfassenden ulpianischen Werks. Ulpian hatte diese an Masurius Sabinus gerichtet, der ein bedeutender Rechtslehrer des 1. Jahrhunderts war. Da die Verfasser der Nachbearbeitungen offensichtlich fundierte Kenntnisse über die spätklassische Literatur und die gültigen Kaiserkonstitutionen hatten, vermutet die Forschung weiterhin, dass das Werk aus der seinerzeit florierenden Rechtsschule von Beirut stammt.[1] Zitiert werden juristische Textpassagen aus den Kodizes Gregorianus, Hermogenianus und Theodosianus.[3]
Das Werk gilt als bedeutendstes Zeugnis des vorjustinianischen Rechtsunterrichts.[4]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Detlef Liebs: Die zweite Auflage von Ulpians Sabinuskommentar, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte (Romanistische Abteilung), Band 130, Heft 1, 2013. S. 413–418.
- Salvatore Riccobono: Scholia Sinaitica, in: Bullettino dell'Istituto di Diritto Romano. Band 9, 1898, S. 217–300.
- Lothar Thüngen: Anmerkungen zu den Scholia Sinaitica, in: Revue Internationale des Droits de l’Antiquité Band 64, 2017. S. 313–363.
Anmerkungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b Wolfgang Kunkel, Martin Schermaier: Römische Rechtsgeschichte. 14. Auflage. UTB, Köln/Wien 2005, § 12 (Das Recht der römischen Spätzeit, Kapitel 4, Die Renaissance des klassischen Rechts), S. 196.
- ↑ José Luis Alonso, Ulrike Babusiaux: Papyrologische und epigraphische Quellen. In: Ulrike Babusiaux, Christian Baldus, Wolfgang Ernst, Franz-Stefan Meissel, Johannes Platschek, Thomas Rüfner (Hrsg.): Handbuch des Römischen Privatrechts. Mohr Siebeck, Tübingen 2023, ISBN 978-3-16-152359-5. Band I, S. 222–317, hier S. 232 (Rn. 21).
- ↑ Wolfgang Kaiser: Authentizität und Geltung spätantiker Kaisergesetze. Studien zu den „Sacra privilegia concilii Vizaceni“, in: Münchner Beiträge zur Papyrusforschung und antiken Rechtsgeschichte. Heft 96. Beck, München 2007, ISBN 978-3-406-55121-5, S. 316.
- ↑ Wolfgang Kaiser: Zur äußeren Gestalt der Novellen Justinians (2011) S. 174 (FN 81).