Shlomo Finkelstein (Online-Aktivist)

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Shlomo Finkelstein (Pseudonym von Aron P.[1][2]; * 4. Mai 1996 in Krefeld[3]) ist ein deutscher rechtsextremer[4] Online-Aktivist. Er verbreitet rassistische, islamfeindliche und antifeministische Inhalte. Zu den verbreitetsten, als Shlomo Finkelstein publizierten Formaten P.s gehört die Video-Reihe Die Vulgäre Analyse, die heute als „feste Instanz in der rechtsradikalen Online-Welt“ gilt.[5]

Wirken

Verurteilung u. a. wegen Volksverhetzung

Er wurde im November 2020 wegen Volksverhetzung, Verbreitens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und der Beschimpfung von Bekenntnissen und Religionsgemeinschaften zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, ausgesetzt zur Bewährung, verurteilt.[6] Das Urteil wurde im Juni 2021 rechtskräftig. Die Strafaussetzung zur Bewährung wurde im Februar 2022 widerrufen, da er gegen seine Bewährungsauflagen verstoßen hatte. Am 13. August 2024 wurde Aron P. in der Nähe von Berlin festgenommen und muss seitdem seine einjährige Haftstrafe absitzen.[7]

„Die vulgäre Analyse“ und der Podcast „Honigwabe“

Die Vulgäre Analyse startete 2015 auf YouTube. Laut eigener Aussage motivierte ihn vor allem der Anschlag auf Charlie Hebdo und der hiermit verbundene Angriff auf die Meinungsfreiheit zu seinem Aktivismus und zu seiner Anonymität.[8][3] Der Fokus der Video-Reihe lag, insbesondere in seiner Anfangszeit, auf Kritik am Feminismus, dem Islam und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, allen voran dem funk-Contentnetzwerk der Sender ARD und ZDF.[8] Zudem zeigte er im Hintergrund seiner Videos regelmäßig Bilder eines geschändeten Korans.[6][9]

Ein wiederkehrendes Element sind Porträts von Samuel Johnson, die er in seinen Videos anstelle seiner eigenen Person zeigt. Die Porträts sind teils graphisch verändert und wurden zu seinem Symbol.[6] Bis 2018 hatte der Kanal knapp 60.000 Abonnenten und seine Videos wurden millionenfach geschaut.[10] Er war außerdem prominent auf der (inzwischen eingestellten) Crowdfunding-Plattform Hatreon, einer Version von Patreon, vertreten, die der US-amerikanischen Alt-Right zugerechnet wird.[11] Einen großen Teil seiner Bekanntheit verdankt Finkelstein der von der ARD bewirkten Löschung seiner YouTube-Kanäle – offiziell wegen Urheberrechtsverstößen –, die insbesondere unter ÖR-kritischen YouTubern zu Solidaritätsbekundungen führte.[8]

In seinen Videos betreibt Shlomo Finkelstein Hetze gegen Muslime, Feministen, Schwarze, Migranten, Politiker sowie Medien und verbreitet antisemitische Mythen wie den „Kulturmarxismus“.[6] Anfangs ordnete die Person hinter dem Pseudonym Shlomo Finkelstein sich politisch dem Linksliberalismus zu und kritisierte den Islam aus jener Perspektive als unaufgeklärt und intolerant.[3] Den Namen „Shlomo Finkelstein“ erhielt er von den Followern eines rechtsextremen YouTubers, mit dem er in Konflikt geraten war, um ihn als „jüdischen Agenten“ darzustellen.[3] Später übernahm er diesen als Pseudonym.[3] Seit 2019 tritt er für die völkische Identitäre Bewegung auf.[8]

Auf YouTube wurde der Kanal Die Vulgäre Analyse gesperrt. Aufgrund der wiederholten Löschung seiner Ausweichkanäle gründete Finkelstein seine eigene Video-Plattform, die auf Personen im Ausland registriert ist.

Darüber hinaus betreibt er einen Podcast namens Honigwabe. In diesem waren Hans-Georg Maaßen (Werteunion), Björn Höcke (AfD), Maximilian Krah (AfD), Holger Kreymeier (Medienkritiker), Martin Sellner (Identitäre Bewegung), Heinz-Christian Strache (FPÖ) und Jason Miller (CEO von Gettr) zu Gast. Gettr gehörte seit November 2021 auch zu den Finanziers seiner Videos.[6]

Hackerskandal

In die öffentliche Wahrnehmung rückte P. alias Shlomo Finkelstein, als im Zuge der Ermittlungen um den Hack privater Daten deutscher Politiker und Prominenter 2018/2019 bekannt wurde, dass der Täter sich insbesondere auf Finkelsteins Kanälen radikalisiert hatte.[11][12][13] Unter den Opfern waren zahlreiche Personen, die sich kritisch mit Finkelstein beschäftigten oder gegen die er sich kritisch geäußert hatte.[14][11] Die Extremismusforscherin Julia Ebner erklärte, dass Die Vulgäre Analyse „viele junge Leute politisiert und teilweise wohl auch radikalisiert“ habe.[11] Finkelsteins Zuhörerschaft gilt zudem als wirkmächtige „Troll-Armee“, die von ihm ausgesuchte Ziele mit Hassnachrichten überschütten kann und so eine wichtige Rolle beim Kampf um die politische Meinungshoheit der extremen Rechten spielt.[6]

#Stolzmonat

P. war 2023 Mitinitiator der Social-Media-Kampagne „#Stolzmonat“, bei der er dazu aufrief, soziale Medien während des Pride Month mit nationalistischen und queerfeindlichen Postings zu fluten. Anstatt der Regenbogenfahne zeigten die Postings eine in sieben Farben gestaffelte Deutschlandflagge. Gleichzeitig sollte die Aktion ein Gegennarrativ verbreiten, wonach Deutsche durch LGBT-Akteure unterdrückt würden. Neben Finkelsteins Anhängern beteiligte sich auch die AfD an der Verbreitung der Kampagne.[1][15]

Privatleben

Aron P.[6][16] wuchs in Köln auf.[3]

Einzelnachweise

  1. a b Samira Alshater: Björn Höcke zu Gast im rechtsextremen Troll-Podcast. In: Belltower.News. 12. Juli 2023, abgerufen am 27. Juli 2023.
  2. Adrian Froschauer: Faktencheck: „Integrier dich, weiße Frau!“ – was wirklich hinter dem provokanten Banner steckt. In: saarbruecker-zeitung.de. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 30. April 2024; abgerufen am 18. August 2024: „Der rechtsextreme Aktivist Aron Pielka, der online unter dem Pseudonym Shlomo Finkelstein auftritt, hat das Plakatmotiv entworfen.“
  3. a b c d e f Vincent Steinkohl: Kritischer YouTuber. Shlomo Finkelstein – Vater der Bewegung. auf www.jungefreiheit.de (29. September 2023).
  4. Felix Huesmann: Twitter-Klon Gettr: Was steckt hinter dem sozialen Netzwerk von rechts? In: rnd.de. RND Redaktionsnetzwerk Deutschland, 18. Januar 2022, abgerufen am 3. August 2023.
  5. Karolin Schwarz: Hasskrieger: Der neue globale Rechtsextremismus. Verlag Herder GmbH, 2020, ISBN 978-3-451-82001-4, S. 51 (google.com [abgerufen am 14. Juli 2023]).
  6. a b c d e f g Samira Alshater: Troll-Armee: „Shlomo Finkelstein“ – Menschenverachtung als Witz verpackt. In: Belltower.News. 28. Januar 2022, abgerufen am 14. Juli 2023.
  7. Gabriele Scherndl: Organisierter Stimmenfang auf Tiktok: Verurteilter Volksverhetzer wirbt für die AfD. In: correctiv.org. 22. August 2024, abgerufen am 22. August 2024 (deutsch).
  8. a b c d Patrick Stegemann: Die rechte Mobilmachung wie radikale Netzaktivisten die Demokratie angreifen. Berlin 2020, ISBN 978-3-430-21022-5.
  9. Julia Ebner: Going Dark: The Secret Social Lives of Extremists. Bloomsbury Publishing, 2021, ISBN 978-1-5266-4209-7, S. 115 (google.com [abgerufen am 14. Juli 2023]).
  10. Samira Alshater: Die Vulgäre Analyse: Plumpe Provokation und Hass auf YouTube. In: Belltower.News. 18. Januar 2018, abgerufen am 14. Juli 2023.
  11. a b c d (S+) YouTube-Hetzkanal „Die Vulgäre Analyse“: Die Hetzer hinter dem Hacker. In: Der Spiegel. 22. Januar 2019, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 14. Juli 2023]).
  12. Bettina Biron, Bettina Pospisil, Gerhard Backfried, Edith Huber: Kriminalität auf Social Media auf der Spur – mit Methode. In: Christian Grafl, Monika Stempkowski, Katharina Beclin (Hrsg.): Sag, wie hast du's mit der Kriminologie?: Die Kriminologie im Gespräch mit ihren Nachbardisziplinen. Kriminologische Gesellschaft, 2021, ISBN 978-3-96410-018-4 (krimg.de [PDF; abgerufen am 14. Juli 2023]).
  13. Julia Ebner: Radikalisierungsmaschinen: Wie Extremisten die neuen Technologien nutzen und uns manipulieren. Suhrkamp Verlag, 2019, ISBN 978-3-518-76322-3, S. 190 (google.com [abgerufen am 14. Juli 2023]).
  14. H. Denker, A. Vahid Roodsari, L. Wienand, B. Kartheuser: Nach Festnahme: Wie konnte ein 20-Jähriger den Hackerangriff schaffen? In: t-online. 8. Januar 2019, abgerufen am 14. Juli 2023.
  15. Kompetenznetzwerk Rechtsextremismusprävention: #Stolzmonat – Rechtsradikale Social Media Kampagne gegen den Pride Month. In: Amadeu Antonio Stiftung. 6. Juni 2023, abgerufen am 2. August 2023.
  16. I: Gemeinsame Strategie, Medienlandschaft und Ideologie, afdwatchbo.noblogs.org, 25. Januar 2021.