Simoné Goldschmidt-Lechner

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Simoné Goldschmidt-Lechner ist eine deutsche Autorin, Übersetzerin, Kuratorin, Herausgeberin und interdisziplinäre Künstlerin.

Simoné Goldschmidt-Lechners Mutter kommt aus der Camissa-Community in Kapstadt, die sich auch als Cape Coloured Community bezeichnet. Ihr Vater ist Deutscher. Goldschmidt-Lechner wuchs in Südafrika und Deutschland auf. Sie ist Doktorin der englischsprachigen Linguistik mit Schwerpunkt Spracherwerb, der Doktorgrad wurde ihr von der Universität Hamburg verliehen. Sie schloss einen Master im Zweitstudium in Literarischem Schreiben und Lektorieren an der Universität Hildesheim ab und arbeitete dort zwischen 2019 und 2021 in der Redaktion und für die Presse der Zeitschrift Bella Triste. In dieser Zeit war sie auch Teil der künstlerischen Leitung des Prosanova Literaturfestivals 2020 in Hildesheim. Für den Film No Hard Feelings / Futur Drei von Jünglinge Film unter der Regie von Faraz Shariat organisierte sie 2021 das Online-Release-Festival.[1] 2023 organisierte sie das interdisziplinäre Literatur-, Musik- und Kunstfestival We Were Always Here als Teil des Projektes Lieblingminne (basierend auf dem gleichnamigen Werk Elisàrs von Kupffer). Seit 2021 gibt sie das unter anderem von ihr gegründete experimentelle Literaturmagazin process*in (Wien/Hamburg/Basel) mit heraus.

Goldschmidt-Lechners Debütroman Messer, Zungen erschien 2022 bei Matthes & Seitz Berlin. In dem Roman geht es aus semi-autofiktionaler Perspektive um das Aufwachsen in der Cape-Coloured-Community und Deutschland, das Erfinden einer Vergangenheit und Geschichtsschreibung für diese Community und Sprachlosigkeit hinsichtlich der Allgegenwärtigkeit gesellschaftlicher Gewalt. Auszüge aus dem Roman wurden für den Open Mike nominiert und waren auf der Short List des FM4 Wortlaut. In einer Rezension bei Deutschlandfunk Kultur beschrieb Hans von Trotha Goldschmidt-Lechners Schreiben als Kampf, für den sie „die Waffe der Sprache selbst, also das Messer [wetze], das die Zunge ist. [SGL] tut es mit Selbstbewusstsein, Sicherheit und Konsequenz und spiegelt dabei eine zur Erinnerung endlich genötigte und jetzt um ihre Sprache ringende Gesellschaft.“[2] Michael Wolf beschrieb den Roman in der taz als ein Anschreiben „gegen die kursierenden Vorstellungen über Südafrika […].“ Es sei „ein poetisches Projekt mit einer ambitionierten politischen Agenda.“[3] Für Poeserausch attestierte Stefan Diezmann, der „Roman beschreit[e] neues erzählerisches Terrain, ist experimentell, dekonstruiert das Erzählen und entfernt damit auch Identifikationspotenziale mit einzelnen Personen der Handlung. Wer gerade so etwas sucht, wird hier glücklich, denn es ist ein gelungenes Experiment, das mit dem Fortschreiben kolonialer Strukturen und Traumata in globalisierten Familienstrukturen ein höchstaktuelles Thema behandelt.“[4] Isabella Caldert schrieb im Missy Magazine, Goldschmidt-Lechners Roman sei „ein poetisches, vielschichtiges Werk, das der Perspektive jener, die bisher selten gehört wurden, Beachtung schenkt.“[5] In SRF Kultur wurde der Roman im Podcastformat Zwei mit Buch besprochen. Simon Leuthold sprach davon, dass „[d]er Roman […] nicht trotz, sondern wegen seiner besonderen, verwirrenden Form ein Gewinn [sei]. Die vielen lose gereihten und ausdrucksstarken Bilder muten beim Lesen fast wie ein Traum an. Aus den vielen Stimmen ergibt sich am Schluss ein beeindruckendes Mosaikbild einer Gemeinschaft – und nichts weniger als ein neuer Blick auf Südafrika.“[6]

Kurzgeschichten, Lyrik und Übersetzungen von Goldschmidt-Lechner erschienen bislang in verschiedenen Literaturzeitschriften und Anthologien, unter anderem bei Hanser Akzente, die horen und Edit. Für Jünglinge Film und andere Film- und Fernsehproduktionen wirkt sie an verschiedenen Projekten beratend mit. Außerdem war sie Teil des Projekts Vergangenheit vorhersagen von Luna Ali am Schauspielhaus Düsseldorf. 2024 war sie Teil des Schreibkollektivs, das an dem Roman Wir kommen (DuMont) mitwirkte. Sie arbeitete für die Komponistin Molly Joyce als Übersetzerin und war Teilnehmerin an deren Projekt Perspective, einem Projekt über künstlerischen Ausdruck, chronische Krankheit und Behinderung.

Goldschmidt-Lechner arbeitete interdisziplinär an zwei Musikproduktionen für Podium Esslingen 2023 und 2024 mit, für die sie Texte und Lyrik verfasste. Sie schreibt gelegentlich auch für das Theater. Das Bühnenstück Juden, Juden, Juden, für das sie Text beisteuerte[7], wurde 2024 zum Heidelberger Stückemarkt eingeladen. Von 2024 bis 2026 ist sie Co-Head-Writerin für den Writers Room Formation Now** presents Reclaim unter der Leitung von Mable Preach und Rike Maerten.

Stipendien und Auszeichnungen (Auswahl)

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  • 2024: Hamburger Literaturpreis in der Kategorie „Buch des Jahres“ für Ich kann dich noch sehen (an diesen Tagen)[8]
  • 2024: Kaleidoskop Kunstpreis
  • 2023/24: Schloss-Solitude-Stipendium
  • 2023: Murinsel-Kaffeehausstipendium
  • 2023: Styria-Artist-in-Residence-Stipendium des Landes Steiermark betreut von Andreas Unterweger (Manuskripte)
  • 2022: 2. Preis Illustrationswettbewerb zeitgenössische Illustration für die Graphic Novel Umsetzung zu Adonis (zeichnerische Umsetzung von Xiyu Tomorrow) des Illustrationszentrums Branzoll, Italien
  • 2022: Zukunftstipendium der Hamburgischen Kulturstiftung für die Videospielumsetzung von Messer, Zungen
  • 2021: Short List FM4 Wortlaut
  • 2021/22: start.up-Stipendium (Claussen-Simon-Stiftung)
  • 2021/22: Teilnahme Schreiblabor Vergangenheit vorhersagen mit Luna Ali (Schauspielhaus Düsseldorf)
  • 2020: Finalistin 28. open mike
  • 2020/21: Stipendiatin der LCB Autor*innenwerkstatt Prosa 2020–21
  • 2019: 1. Preis Literaturwettbewerb Prenzlauer Berg
  • 2019: Autorin der Bieler Gespräche

Veröffentlichungen (Auswahl)

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Romane und Novellen

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Beiträge in Anthologien und Literaturzeitschriften

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Einzelnachweise

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  1. Sabrina Vetter: Verlosung zum Festival FUTUR 3.0: DVDs+Blu-rays von FUTUR DREI. In: Filmlöwin. 9. April 2021, abgerufen am 20. April 2024.
  2. Hans von Trotha: Buchkritik – „Messer, Zungen“ von Simoné Goldschmidt-Lechner. In: https://www.deutschlandfunkkultur.de/. 1. August 2022, abgerufen am 20. April 2024.
  3. Michael Wolf: Heimat muss man erfinden. In: taz. 8. August 2022, abgerufen am 20. April 2024.
  4. Stefan Diezmann: SGL: Messer, Zungen. In: Poesierausch. 28. August 2022, abgerufen am 20. April 2024.
  5. Isabella Caldart: Sprachmosaik. In: https://missy-magazine.de/. Missy Magazine, 12. September 2022, abgerufen am 20. April 2024.
  6. Simon Leuthold: Diese Autorin verleiht Südafrikas Vergessenen eine Stimme. SRF, 30. August 2022, abgerufen am 20. April 2024.
  7. Peter Helling: Lichthof Theater: Wie sieht jüdisches Leben in Hamburg aus? In: NDR. 15. Juni 2023, abgerufen am 20. April 2024.
  8. Hamburger Literaturpreise 2024. Abgerufen am 20. November 2024.