Sonn-Müller-Reaktion
Die Sonn-Müller-Reaktion (auch als Sonn-Müller-Methode bekannt) ist eine Namensreaktion der Organischen Chemie, die 1919 erstmals beschrieben wurde und nach ihren Entdeckern Adolf Sonn (1867–1942) und Ernst Müller (1881–1945) benannt ist.
Übersichtsreaktion
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Aromatische Anilide werden mit Phosphorpentachlorid, Zinn(II)-chlorid, verdünnter Salzsäure und Wasser zu aromatischen Aldehyden umgesetzt:
Reaktionsmechanismus
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im ersten Schritt findet eine Additionsreaktion des Phosphorpentachlorids an das Anilid 1 statt. Diese ergibt die Bildung des Intermediats 2. Anschließend wird das zentrale, positiv polarisierte Kohlenstoffatom vom Chloridanion angegriffen, wodurch Verbindung 3 entsteht. Durch Eliminierung eines Salzsäure- und Phosphoroxychloridmoleküls wird das Imidoylchlorid 4 gebildet:[1]
4 wird nun mit Zinn(II)-chlorid reduziert. Das Zinnkation überträgt ein Elektron auf das Chloratom. Ein weiteres Elektron aus der Bindung zwischen dem Kohlenstoff- und Chloratom wird dem Chloratom zugeordnet. Das entstandene Chloridanion koordiniert an das formal positiv geladene Zinnkation, sodass das Radikal 5 und Zinn(III)-chlorid entsteht. Ein weiterer Elektronenübergang vom Zinnkation auf das Radikal bewirkt die Bildung des Carbanions 6.
Das Carbanion 6 wird mittels verdünnter Salzsäure protoniert. Das dabei entstehende Chloridanion koordiniert an das Zinnsalz. Zinn(IV)-chlorid entsteht als Abfallprodukt. Das entstandene Imin 7 wird nun über Struktur 8 hydrolytisch gespalten.[2]
Im gewählten Beispiel entsteht, neben dem Anilinsalz 10, Benzaldehyd 11 als Hauptprodukt. Durch die Auswahl anderer Arylreste können andere aromatische Aldehyde gewonnen werden.
Praktische Bedeutung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Aufgrund der vielen Synthesemöglichkeiten von Carbonylverbindungen erlangte die Sonn-Müller-Reaktion keine größere präparative Bedeutung. Dennoch wurde sie im Verlauf der Geschichte immer wieder angewendet.[3][4] Gegenüber der Reduktion von Carbonsäurechloriden ist sie nur vom Vorteil, wenn das Anilid leicht zugänglich ist. Kurz nach Entdeckung der Reaktion waren Anilide durch die Friedel-Crafts-Acylierung von Isocyanaten mit Aromaten leichter zugänglich, weshalb die Synthese bestimmter aromatischer Aldehyde günstiger wurde.[5] Diese waren häufig auf geruchschemischem Gebiet von Bedeutung.[6] Aus medizinischer Sicht ist der Beitrag der Reaktion zur Synthese von Anästhetika zu erwähnen.[7]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Z. Wang: Comprehensive Organic Name Reactions and Reagents, Vol 2. John Wiley & Sons, Hoboken, New Jersey 2009, S. 2625–2627, ISBN 978-0-471-70450-8.
- A. Ingendoh, J. Falbe (Hrsg.): Methoden der organischen Chemie: Aldehyde. Erweiterungs- und Folgebände, Vol 4. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, New York 1983, S. 473, ISBN 3-13-217304-5.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ F. Effenberger, R. Gleiter: Synthese substituierter Benzoesäuren, Benzonitrile und Benzaldehyde, Chemische Berichte 1964, 97, S. 480–482, doi:10.1002/cber.19640970223.
- ↑ A. Sonn, E. Müller: Über eine neue Methode zur Umwandlung von Carbonsäuren in Aldehyde, Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft 1919, 52, S. 1927–1934, doi:10.1002/cber.19190521002.
- ↑ P.E. Papadakis, W. Boand: Synthesis of 5-(2',3',4'-Trimethoxyphenyl)-4,6-dicarbethoxycyclohexanedione-1,3 and Derivatives, Journal of Organic Chemistry 1960, S. 2075–2077, doi:10.1021/jo01065a096.
- ↑ T. S. Work: 80. The synthesis of amines from amides through the amidodichlorides, Journal of the Chemical Society 1942, S. 429–432, doi:10.1039/JR9420000429.
- ↑ L. F. Fieser, L. M. Joshel: 5-Methylchrysene, Journal of the American Chemical Society 1940, S. 1211–1214, doi:10.1021/ja01862a064.
- ↑ J. v. Braun, W. Rudolph: Amid‐ und Imidchloride nicht‐aromatischer Säuren, VIII. Mitteil.: Darstellung α,β‐ungesättigter Aldehyde, Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft 1934, 67, S. 269–281, doi:10.1002/cber.19340670223.
- ↑ R. C. Roberts, T. B. Johnson: The preparation of derivatives of diphenic acid possessing the properties of local anesthetics, Journal of the American Chemical Society 1925, S. 1396–1402, doi:10.1021/ja01682a026.